mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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BenDunker
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mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

Ich bin wie auch Derwo der festen Überzeugung, dass in der Regel für ein saubereren Aromabrand mehrere einzelne Durchläufe in der Potstill der bessere Weg sind als ein einzelner Durchlauf mit drei, vier oder fünf Platten in einer Kolonne.
Derwo und andere hier haben in vielen verschiedenen Themen darüber geschrieben und meine folgende Frage könnte ebensogut an einige Themen im Bereich "Destillation" oder unter "Geisten" angehängt werden.

Sicher stimmt es zwar, dass jede Platte sich wie eine Destillation auswirkt und es somit sicher viel Zeit spart seine Obstmaische in einem Durchgang mit einigen Platten zu brennen, aber es gibt hier irgendwo einen wunderbaren Beitrag von Derwo der dass hervorragend auf den Punkt bringt: die Zeitersparnis ist für uns eher zweitrangig, was zählt ist die Qualität des Destillat und es ist ein unbestreitbaren Vorteil, alle schlechten Anteile durch die zurückbleibende Schlacke abzuscheiden und einen separaten Durchlauf ohne diese Teile durchzuführen. Wie Derwo schreibt: "Destillieren ist hauptsächlich der Prozess der Trennung!"

Trotzdem ist mir aufgefallen, dass ein frisches Destillat, was gerade aus der Destille läuft, oft einen sehr leckeren, typischen und starken Geruch und Geschmack hat, aber wenn man es 24 Stunden lang ausatmen lässt, einige der schönen Obsttypischen Aromen sich weiterhin zu verflüchtigen. Besonders bei der Brombeeren ist mir das aufgefallen! Ich habe mehrere Versuche unternommen, Brombeeren zu destillieren (Außer die Wasser-Destillation steht noch aus), und jedes Mal, wenn ich es gerade gebrannt habe, war ich stolz darauf, wie stark es nach Brombeeren roch und dachte jedes Mal "jetzt hab ich es!", aber wenn ich es für einen Tag stehen ließ, verflog die Brombeere und weichte einem ungenauen "dunklen Beeren" -Geschmack / Geruch. Selbst im Laufe der Zeit kam die Brombeere bis jetzt nicht zurück.

Lange Rede kurzer Sinn, hier meine Frage:

Glaubt ihr, dass mehr Reflux (theoretische Böden) oder einige echte Böden dazu beitragen könnten, die Aromen besser mit dem Alkohol zu verbinden besonders die Aromen, die offensichtlich sehr flüchtig sind?

ODER

Wäre das eher kontraproduktiv, da diese Aromen hauptsächlich wasserlöslich sind, so dass sie es zwar in die Kolonne schaffen würden, aber aufgrund des höheren Alkoholgehalts in der Kolonne dort hängen bleiben und es nicht mehr weiter in das Destillat schaffen würden?

Ich weiss, dass Derwo mal geschrieben hat, dass professionelle Obst-Brennereien mit ihren fünf Böden diese nur haben weil sie a) immer dasselbe machen und b) eine Zeitersparnis dabei haben und somit eine Qualitäteinbuße für den Profit eingehen. Allerdings hatte ein Christoph Keller in seiner Stählemühle auch eine fünf-Böden Arnold Holstein stehen und hat großes Marketing mit seiner hochklassigen Qualität gemacht.

Ist es nicht doch theoretisch (und praktisch) möglich, dass durch einen gewissen Reflux, die Aromen besser mit dem Alkohol verschweißt werden können?
Mach ich irgendetwas falsch wenn ich meine cuts für 24h atmen lasse?

Entschuldigt wenn ich da so eigentlich längst geklärte Themen wieder raushole.
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Ich halte meinen Geruchssinn direkt während des Destillierens immer für beeinträchtigt: Man hat mit Maische oder low wines rumgepanscht, dann kam der Vorlauf, und man hat viel Kupfer angefasst, dadurch riechen die Hände. Und vielleicht noch einen müffelnden Glasballon heiß ausgewaschen.

Ist der Geruch während des ganzen Mittellaufs besser als dann 24h später? Oder ist es doch eher so, daß du irgendwann mal währenddessen, vielleicht beim Wechseln des Destillatbehälters, einen deutlichen Brombeergeruch identifizierst hast, also eine Momentaufnahme?
Dann ist dieser Moment halt leider zu kurz. Die Aromen kommen ja nacheinander, irgendwann war halt dieses Aroma kurz vorherrschend.
Ist nur eine Vermutung.
Ich glaube nicht, daß das was mit Mehhrfachpotstill- vs. Einfachrefluxbrennen zu tun hat.
Fruchtaromen sind meist weniger wasser- als alkohollöslich. Das bedeutet, je weniger Alkohol desto flüchtiger. Aber auch mit Alkohol sind sie meist genug flüchtig, sodaß es das Absinken des Alkoholgehalts gar nicht braucht. Also obwohl das Aroma bei 40vol% flüchtiger ist als bei anfangs 80vol%, ist aber dann, wenn der Alkoholgehalt auf 40vol% gesunken ist, gar nichts mehr vom Fruchraroma im Kessel.
In einer Kolonne ist es dann so, daß sie trotz ihrer unterschiedlichen Flüchtigkeit je nach Alkoholstärke sich in jedem Fall oben ansammeln, also unter den klassischen Vorlaufstoffen.
download/file.php?id=1447&mode=view
Also die Linie von Ethyl acetate ist immer über der dicken waagrechten Linie ist, es ist also in jedem Fall flüchtiger as Ethanol, zwar bei niedrigen Prozenten weniger als bei hohen, aber es wird immer früh an die Spitze der Kolonne kommen. Ähnlich auch die meisten Fruchtaromen. Koplizierte Verhältnisse, wie ein Feststecken in der Kolonne, gibt es nur in Fällen wo de Linie die waagrechte Linie kreuzt: Also Methanol kommt kaum hoch in die Kolonne. Das wenige aber, was es hineinschafft, schafft es dann auch nach oben. Und Isoamyl schafft es leicht in die Kolonne, steckt dann aber fest. Dieses Verhalten bezieht sich jetzt aber eher auf Kolonnen mit mehr Böden als so eine Holstein.

Es ist nicht nur das hochpreisige Segment, welches mit Kolonnen arbeitet, sondern auch der einfache Abfindungsbrenner auf dem Bauernhof im Schwarzwald. Zwar meist nicht mit sowas schickem, wie auf dem Bild, aber mit einer reinen Potstill wird da nicht gebrannt.
Der Brand mit Kolonne war einfach sauberer als der Doppeltgebrannte (weit runtergebrannte) aus der Potstill. Zeitersparnis, Energieersparnis, keine Behälter für die Raubrände notwendig usw... vielleicht auch höhere Mittellaufausbeute, so hat sich das durchgesetzt.
Die anderen Möglichkeiten der Qualitätsverbesserung:
- Entweder Dreifachbrennen: braucht mehr Zeit, mehr Energie und mehr Platz.
- Oder wenigstens früher abtrennen: kommt weniger dabei raus. Außer man verwertet die Nachläufe weiter. Dann aber also wieder mehr Zeit und Energie und Platzbedarf.

Und bei Christoph Keller war es meines Wissens learning by doing. Er ist, so weit ich weiß, eher zufällig an das Brennrecht gekommen und hat sich deswegen entschieden, eine Brennerei zu eröffnen. Am Anfang hat er sich dann einfach wohl die beste Destille gekauft, die auf dem Markt war. Beim Stöbern auf seiner Seite kommt es mir auch so vor, als sei das Brennen gar nicht so der entscheidende Schritt für ihn gewesen. Sondern wichtig waren ihm vor allem die Grundstoffe. Und das ist ja auch nicht verkehrt. Und wichtig für ihn war, möglichst viele verschiedene Brände und vor allem auch Spezialbrände aus raren Früchten zu machen.
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BenDunker
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

vielen Dank Derwo für die ausführliche Erklärung.
Es stimmt, vor und während der Destillation hantiert man viel mit der Maische, den Behältern und dem Kupfer und bestimmt hat man das alles irgendwie auch in der Nase, das Gute sowohl auch das Muffige, aber irgendwie finde ich es doch durchgehend (im gesamten Verlauf der Destillation) auffällig wie gut es oft riecht. Manchmal sogar gar nicht direkt an einzelnen Gläschen sondern überhaupt im Raum.. Meine Frau kommt in den Raum und sagt: "Man das riecht ja toll nach Apfel!" und bei einem Himbeergeist rieche ich es im ganzen Haus, auch die Raubrände der Pflaumen riechen so deutlich nach leckeren Pflaumen. Wenn ich dann die Feinbrände mache ist es weniger intensiv aber dennoch deutlich sauberer und klarer im Geruch... und eben speziell bei der Brombeere bleibt dann am nächsten Tag nur noch ein dunkler Beeren-Geruch und Geschmack.
Für mich scheint es als würden manche der Aromen nach der Destillation weiterhin entweder flüchtig sein oder irgendwie instabil in sich zusammenfallen oder mit Säuren reagieren ect...
Fruchtaromen sind meist weniger wasser- als alkohollöslich. Das bedeutet, je weniger Alkohol desto flüchtiger. Aber auch mit Alkohol sind sie meist genug flüchtig, sodaß es das Absinken des Alkoholgehalts gar nicht braucht. Also obwohl das Aroma bei 40vol% flüchtiger ist als bei anfangs 80vol%, ist aber dann, wenn der Alkoholgehalt auf 40vol% gesunken ist, gar nichts mehr vom Fruchraroma im Kessel.
Ich muss unbedingt irgendwann die Wasserdestillation probieren und mich da mal reinfummeln. Das könnte tatsächlich den gewünschten Unterschied bringen bzw. sich eben durch diese Flüchtigkeiten positiv auf das Ergebnis auswirken.
Woraus bestehen denn "Aromen"? sind das Ester? Kann man diese Moleküle irgendwie binden, unterstützen oder wieder zusammenbauen? Sind das mikro-Mengen an Ölen und man braucht nur genug um einen Geschmack zu erzeugen?
Den Grapefruit-Geist den ich mal gemacht habe, hat sehr viel Öl-Anteil und hat einen unglaublich deutlichen starken sauberen Geschmack. Der ist immer wieder eine Lieblings-Kostprobe meiner Gäste von allen meinen Bränden.
Vielleicht kommen wir ja mit dem Verständnis auf was wir genau suchen bzw. isolieren wollen, auf eine Methode zur Herstellung eines deutlichen Aroma-Monsters!?

Lieber Derwo, darf ich dich um deine Hilfe bitten, mir das Bild nochmal ein wenig zu erläutern!?
Figure 8. Relative volatility of congeners and ethanol.PNG
Wir sehen hier wirklich nur eine Darstellung der relativen Verhältnisse zwischen den einzelnen Stoffen, richtig? hier ist nicht das Verhalten der Azeotrope berücksichtigt, sprich Methanol wird sich in einem Methanol/Ehtanol/Wasser-Gemisch noch anders verhalten als hier dargestellt, richtig?
Wie dem auch sei, was ist die 10, 1, 0.1 am linken Rand? Mengenangabe der Stoffe?
Die Prozente des Alkoholgehaltes vom Ethanol-Dampf ist die dicke Linie in der Mitte, alles was über der Linie ist, ist flüchtiger als Ethanol und alles was unter der Linie ist, ist weniger flüchtig als Ethanol? sprich alles was über der Linie ist wäre also auch im Dampf enthalten und unter der Linie theoretisch nicht mehr?

Demnach ist sowas wie Propanol in einer Alkohol-Dampf-Konzentration von 100% bis 40% nachweisbar und ab 40% Alkoholgehalt im Dampf nicht mehr flüchtig, sprich auch nicht mehr Teil des Dampfes.
Also die Linie von Ethyl acetate ist immer über der dicken waagrechten Linie ist, es ist also in jedem Fall flüchtiger as Ethanol, zwar bei niedrigen Prozenten weniger als bei hohen, aber es wird immer früh an die Spitze der Kolonne kommen.
Ich muss da was falsch interpretieren, denn wie ich das sehe würde ich auf den Schluss kommen, dass Ethyl Acetate dauerhaft flüchtiger sind, allerdings bei niedrigen Prozent des Alkohol-Dampfes weitaus flüchtiger als bei höherem Ethanol-Gehalt im Dampf (bei 10% ca. 7-8 auf der linken Skala und bei 90% bei ca. 4 auf der linken Skala).

Der Brand mit Kolonne war einfach sauberer als der Doppeltgebrannte (weit runtergebrannte) aus der Potstill.
Ich habe kein Problem und auch eher viel Freude an dem größeren Energie-, Platz- und Zeit-Aufwand, immerhin machen wir das ja nicht kommerziell sondern als Hobby, aber wenn deren Ergebnis auch sauberer ist, bringt mich das zum Grübeln.
Was ich will und sicher auch viele andere hier, ist ein Destillat, was sehr deutlich aber auch sehr sauber nach der Frucht schmeckt aus der es gebrannt wurde.
Meine Erfahrung mit Dreifachbränden ist nicht sehr groß. Das erste mal war es der Mohngeist, der nach dem dritten Brand so sehr an Aroma verloren hat, dass ich ihn noch einmal neu nur als Doppelbrand gemacht habe und der bis heute im Vergleich zum Dreifachbrand meiner Meinung nach "besser" ist. Und die zweite Erfahrung ist eine Frucht namens Feijoa, die es nur hier in NZ gibt und sehr parfümiert schmeckt. Der Doppelbrand ist anfänglich ok, aber schon nach ein paar Monaten Lagerung wird das Destillat viel zu stark, muffig und oll. Ein Dreifachbrand ist hier viel "besser" geworden und nötig auch nach einer längeren Lagerung ein schönes elegantes Aroma zu behalten.
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

Ich denke dass man pauschal nicht sagen kann dass jedes Destillat dreifach gebrannt werden muss. Hier geht es mehr um probieren und Erfahrungen sammeln. Einmal brennen oder erst Raubrennen und einen zweiten Feinbrand durchführen ergeben oft unterschiedliche Nuancen. Mit einen Dreifachbrand sind die verschiedenen cuts genial, aber das Gesamtprodukt wird halt ganz sicher erneut anders ausfallen. Ich habe es beim Zuckerrohrsaft so gesehen und ich meine sagen zu können dass bei aromatischen Früchten ja die Unterschiede nochmals viel gewaltiger ausfallen da oft viele Fruchtnoten sich eben zwischen einer und der anderen Destillation verflüchtigen bzw. gar nicht über die Kolonne kommen oder sich irgendwo verirren. Vieles hängt auch wahrscheinlich von der Destille ab, ich denke hier an die Dampfgeschwindigkeit, die Konfiguration usw...
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Ester sind ein wichtiger Teil der Fruchtaromen. Aber allein mit Estern kann man kein Kirscharoma zusammenmixen.
Daß die Aromen eher alkohollöslich sind, also bei niedrigen Alkoholstärken flüchtiger, lässt sich einfach dadurch beweisen, daß ein verdünntes Destillat mehr Geruch hat als ein unverdünntes. Da muss man gar nicht erst versuchen, die Namen und Eigenschaften der einzelnen Komponenten herauszufinden.

In dem Bild ist die Flüchtigkeit mancher "congeners" (Begleitstoffe) im Vergleich zur Flüchtigkeit von Ethanol bei verschiedenen Alkohlstärken dargestellt. ZB bei 40vol% ist die Propanol-Linie genau auf der Linie "1". Das bedeutet, bei 40vol% Ethanol ist Propanol genauso flüchtig wie Ethanol. Flüchtigkeit(Propanol) / Flüchtigkeit(Ethanol) = 1. Im Destillat befindet sich dann also das gleiche Mengenverhältnis von Ethanol zu Propanol wie im Kessel. Propanol lässt sich also bei 40vol% in der Potstill nicht auch nur ein bisschen abtrennen. Weder im Kessel, noch im Vorlauf.
Wahrscheinlich hat auch die Propanolkonzentration einen Effekt auf die eigene Flüchtigkeit und die von Ethanol. Das wird aber hier gar nicht versucht darzustellen, da die Begleitstoffe ja in der Praxis nur einen winzigen Teil ausmachen, also das Bild wahrscheinlich immer recht ähnlich ist. Deswegen spielt auch ein Azeotrop zwischen Ethanol, Wasser und Begleitstoff hier keine Rolle, da solch hohe Konzentrationen der Begeleitstoffe bei uns nie auftreten werden.
Bei 20vol% ist Flüchtigkeit von Propanol bei ca 2. Also im Vergleich zur Flüchtigkeit von Ethanol. Das bedeutet, wenn ich im Kessel zB 1kg Ethanol und 1mg Propanol habe, also 0.0001% im Vergleich zu Alkohol, dann werde ich im Destillat 0.0002% Propanol im Vergleich zu Ethanol haben. Ich habe also Propanol (im Vergleich zu Ethanol) aufs Doppelte angereichert.
Daß die Mengen immer im Vergleich zu Ethanol gesehen werden, ist nur auf den ersten Blick verwirrend. Am Ende hat man auf diese Weise einen viel deutlicheren Eindruck, was das alles für den Schnaps bedeutet, denn der wird ja dann schlussendlich immer auf Trinkstärke eingestellt. 1l Destillat mit 90vol% und 1mg Propanol hat im Endeffekt halb so viel Propanol wie 1l Destillat mit 45vol% und 1mg Propanol. Nachdem beide auf die gleiche Trinkstärke eingestellt sind.
BenDunker hat geschrieben: 24. Feb 2020, 00:58 Die Prozente des Alkoholgehaltes vom Ethanol-Dampf ist die dicke Linie in der Mitte, alles was über der Linie ist, ist flüchtiger als Ethanol und alles was unter der Linie ist, ist weniger flüchtig als Ethanol? sprich alles was über der Linie ist wäre also auch im Dampf enthalten und unter der Linie theoretisch nicht mehr? alles über der Linie ist im Destillat anteilig mehr als im Kessel. Alles unter der Linie anteilig weniger.
Demnach ist sowas wie Propanol in einer Alkohol-Dampf-Konzentration von 100% bis 40% nachweisbar und ab 40% Alkoholgehalt im Dampf nicht mehr flüchtig, sprich auch nicht mehr Teil des Dampfes. Propanol ist von 0-40% über der Linie, also wird es im Dampf etwas angereichert, über 40% ist es unter der Linie, ist im Dampf also etwas reduziert.
Also die Linie von Ethyl acetate ist immer über der dicken waagrechten Linie ist, es ist also in jedem Fall flüchtiger as Ethanol, zwar bei niedrigen Prozenten weniger als bei hohen, aber es wird immer früh an die Spitze der Kolonne kommen.
Ich muss da was falsch interpretieren, denn wie ich das sehe würde ich auf den Schluss kommen, dass Ethyl Acetate dauerhaft flüchtiger sind, allerdings bei niedrigen Prozent des Alkohol-Dampfes weitaus flüchtiger als bei höherem Ethanol-Gehalt im Dampf (bei 10% ca. 7-8 auf der linken Skala und bei 90% bei ca. 4 auf der linken Skala). Wir beginnen die Destillation halt nunmal mit einer hohen Alkoholkonzentration im Kessel und diese sinkt dann mit der Zeit. Also wenn wir mit 40vol% im Kessel anfangen, ist das ganze Ethylacetat längst weg, wenn wir bei 35vol% im Kessel unten sind. In der Praxis ist diese Linie vor allem interessant, weil sie zeigt, daß man Ethylacetat (Klebstoffgeruch) bei jeder Alkoholkonzentration mit dem Vorlauf abtrennen kann. Also sowohl beim Raubrand als auch beim Feinbrand. Beim Raubrand sogar etwas besser.
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BenDunker
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

Ahhhaaaa.... Das ist alles sehr einleuchtend und verständlich! Danke für die geduldsame und ausführliche Erklärung. Ich werde das mal so auf mich wirken lassen.
Jetzt verstehe ich das Diagram auch viel besser.
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

derwo hat geschrieben: 6. Apr 2020, 23:06 Ich verwende die Kolonne eigentlich nur noch für Neutralalkohol.
Es stimmt schon, die Kolonne ist ein Allrounder und man ist etwas schneller unterwegs, und der Vodka oder Neutrale ist mit einer Potstill nicht auch nur annähernd zu erreichen. Aber für alles andere sehe ich bei der Potstill inzwischen Vorteile. Ich weiß, ich habe das auch mal anders gesehen...
Anfagen sollte man mit der Potstill. Dann kann man weiterüberlegen.
ich poste hier Wo's off topic Beitrag, da mir dieser nun doch schon den ganzen Tag im Kopf rumschwirrt :lol:
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

was spricht z.B. beim Rumbrennen gegen einer Kolonne, was gegen der Potstill?
Selbst bei den Profis sehe ich scheiden sich da die Geister... viele brennen noch herkömmlich, andere mit thumper, noch andere mit Glockenböden oder Sieben.
Wie der Wo schon sagte ist die Kolonne der Allrounder, auch was die Qualität und das Endprodukt betrifft kann man ja viel durch den Reflux Steuern.
Bekommt man auch alles Gute - beim Rum vielleicht auch genügend 'dreckiges' - rüber wie mit einer Potstill? Es ist ja eher vorteilhaft z.B. den Raubrand ohne Vorlaufabtrennung zu brennen, also sicherlich ein Pluspunkt für die Potstill, das liegt soweit auf der Hand.
Wie sieht's beim Feinbrand aus? Saubere cuts wie mit der Kolonne wird man eher mit der Potstill nicht bewerkstelligen können, kriegt man aber alles Aroma aus den Raubrand raus oder fällt der Mythos dass die Kolonne Aromen konzentriert und die Potstill nur alles auf die verschiedenen Fraktionen verteilt?

@Wo, teile mal mit uns allen deine Erfahrungen in diesen Bereich. Auch was meinst du, es gibt ja sicherlich auch deutliche Unterschiede zwischen CM, LM und VM.
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Man kann mit einer Kolonne sicherlich einen guten Rum machen. Man kann mit einer Kolonne alles gut machen.
Bei meinen Neutralbränden war es aber offensichtlich, daß ein voriger Raubrand den folgenden Feinbrand viel schneller macht und auch den Mittellaufanteil erhöht. Und zwar mehr als es einfach nur durch die höhere Ausgangskonzentration begründet werden könnte. Woran liegt das, habe ich mich dann gefragt. Warum kann die Kolonne das nicht ausgleichen durch etwas mehr Reflux?
Ich hatte dann einen halbwegs direkten Vergleich: Drei experimentelle Whiskies aus Spezialmalzen. Getreidebrände hatte ich einfach wegen der Menge bis dahin immer doppelt gebrannt (Raubrände Potstill, Feinbrand Reflux). Aber hier wollte ich kleinere Mengen machen, deswegen waren zwei der Spezialwhiskies (ein mitteldunkles und ein sehr dunkles Malz) als Einfachbrand mit der Reflux geplant und einer (das abgepresste Malz von den beiden ersten aufgezuckert und vergärt) wie gewohnt doppelt, zuerst mit Potstill, dann mit Reflux. Hier konnte ich nun sehen, wie schwieriger es im Einfachbrandverfahren ist, die Qualität hochzuhalten, also wie früh man dadurch den Nachlaufschnitt machen muss. Die Mittellaufausbeute beim doppeltgebrannten war viel höher und ich fand ihn von Anfang an geschmacklich am besten.
Dann habe ich viel nachgeschaut, wie die großen Malt Whisky-Brennereien ihre Raubrände machen, und gesehen, daß sie den Raubrand viel weiter runterbrennen als die meisten Hobbybrenner. Und zwar auch in einen Bereich, wo es ökonomisch keinen Sinn macht. In die Richtung bin ich dann weitergegangen und habe begonnen, anstelle wie bei Hobbybrennern üblich etwa 1/4 des Kesselinhalts beim Raubrand als Destillat rauszuholen, 1/3 zu sammeln.
Um die recht hohe Prozent beim Feinbrand der großen Brennereien zu erreichen, muss man dann allerdings sehr früh den Mittellauf beenden. Ich habe auch Zeitangaben gefunden, die darauf hinweisen, daß der Nachlauf beim Feinbrand sehr viel Zeit (und Energie) verschlingt. Der Nachlauf wird dann wieder eingeschleust natürlich. Und weil er eben einen großen Teil des Feinbrands ausmacht, bedeutet das, daß ein großer Teil des Whiskies also dreifach oder noch öfter gebrannt ist, auch wenn doppelt gebrannt draufsteht.
Dann habe ich versucht, genaue Daten zu bekommen von Dreifachdestillationen. Fündig bin ich nur bei Woodford Reserve geworden, also Bourbon. Und dieses Brennprotokoll habe ich dann mal versucht zu verwenden und dabei gemerkt (bzw vorher auch schon ausgerechnet), daß ewig lange Destillationen nötig sind, also ewig lang im Bereich 0% Alkohol noch Destillat gesammelt werden muss, sowohl beim Raubrand als auch beim Mittelbrand. Also wieder ein höchst unökonomisches Verfahren.
Ich fand es dann toll, wie lange man bei so einem Dreifachbrand am Ende den Mittellauf machen kann, wie lange man also die "guten Tails" sammeln kann ohne die "schlechten Tails" zu bekommen. Daß man also durch das Dreifachbrennen nicht nur einfach ein saubereres Destillat bekommen kann, sondern auch ein aromatischeres.
Woran kann das liegen?
Ich erkläre es mir so, daß man bei drei Bränden mit der Potstill zweimal vor dem Feinbrand den Kessel geleert hat und dadurch zweimal anteilig weitaus mehr schlechte Dinge als gute Dinge losgeworden ist. Das geht bei einem Einfachbrand mit Reflux nicht. Da hat man immer den ganzen Müll mit im Kessel blubbern, welcher durch seine hohe Konzentration es auch geschmacklich bemerkbar hoch durch die Kolonne schafft. Bei der Potstill ist der Müll einfach weg, bzw beim Feinbrand hat man viele gute Tails im Kessel und nur wenige schlechte Tails.

Und die tolle Vorlaufkonzentration der Reflux ist in der Praxis meiner Meinung nach nicht so wichtig. Außer bei Neutralalkohol. Ich habe keinen einzigen Schnaps im Keller, wo ich im Nachhinein denke, Mönsch da hätte ich aber mehr Vorlauf abtrennen sollen. Und man könnte durch Lüften des Destillats immer auch später noch den Vorlauf loswerden. Eine sehr gering offene Lagerung (ein Nadelloch im Deckel abgedeckt mit ein paar Lagen Kaffeefilter) und einfach zwei Wochen oder halt länger warten. Das ist auch eine sehr präzise weil langsame Vorlaufabtrennung.

Die Unterschiede zwischen CM, LM und VM sind in der Theorie nicht vorhanden, da es ja nur Steuerungen sind. In der Praxis bedeutet die unterschiedliche Steuerung halt aber doch, daß das Ergebnis dann unterschiedlich ausfallen kann. Das hat aber hier mit dem Thema eigentlich nichts zu tun.


Das habe ich mal an anderer Stelle geschrieben:
Ob man Aroma verliert, hängt von vielen Dingen ab. Fruchtaromen kommen am Anfang, egal ob 10 oder 50% im Kessel sind. Die kann man höchstens durch Rektifikation dann zusammen mit dem Vorlauf verlieren. Man muss natürlich aber recht viel vorne Abtrennen dann. Andere Aromen kommen oft erst im niedrigprozentigen Bereich rüber. Die guten von den schlechten zu trennen, ist meist auch dann Gechmacksfrage und Kompromiss. Aber das letzte Destillat hat immer ein besseres Aroma als der Kesselinhalt nach dem Brennen. Also, je länger man brennt, desto anteilig mehr gute Aromen holt man rüber und wird trotzdem die ganz schlechten Aromen anteilig mehr los. Und dann leert man den Kessel und brennt nochmal. Diesen "Trick" kann keine Refluxdestille. Das ist der Vorteil von Potstillmehrfachbrand gegenüber Refluxeinfachbrand: Man kann zwischendrin den Kessel leeren.
Also wenn du sagts, beim Dreifachbrennen verliert man Aroma, dann sag ich, nein, bei der früheren Beendigung des Raubrands, welche beim Doppeltbrennen nötig ist, verliert man Aroma. Dreimal wenig Aroma verlieren ist besser als zweimal viel. Ich empfehle mal einen dreifachgebrannten Mortlach zu probieren. Ich meine den 15jährigen von Gordon & McPhail. Leider sehr teuer, ich hatte auch nur mal ein kleines Sample. Bzw 2.81fach gebrannt sagen die... Trotz des Mehrfachbrennens ein sehr aromastarker, vollmundiger Malt. Da wo Nachlauf sein müsste, hat er ein tolles tiefes Aroma. Sauber UND aromastark.
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

Also meinst du dass grundsätzlich für ne 3fach Destillation 3x Potstill-modus besser ist als 2x Potstill + 1x Reflux um Vorlauf zu konzentrieren?
Wäre eigentlich toll da man auch weniger Zeitverlust hat. Ich denke dass du beim Feinbrand mit der Potstill einfach tiefer in die Nachlauffraktionen gehst weil sich da auch ziemlich viel Mittellauf verirrt hat. Mit Reflux wird man halt früher den cut machen müssen da am Ende des Mittellaufes sehr schnell nur noch kratziges müffiges Destillat kommt. Dass man aber nicht nur 1x brennt auch nicht mit Reflux sollte eh klar sein, tut schätzungsweise auch kein Abfibdungsbrenner, nicht mal wenn er ne noch so hübsche Glockenböden-Destille hat.
Das mit der Brennblase entleeren und vom brennen frei von Schlempe und Hefesatz leuchtet mir ein, spricht auch wieder gegen ein 1x brennen.
Werde mal sicherlich beim Arrack versuchen dein Tipp vom richtig tief in die 0% zu sammeln zu folgen. Bin schon auf das Resultat gespannt.
Ob ich den Feinbrand im Potstill-modus oder Reflux machen werde muss ich mir noch überlegen... das mit dem länger lüften wäre vielleicht eine Option. Geschieht sowas ähnliches eigentlich auch beim Angel's share bei der Lagerung in Holzfässern? Ist der Vorlauf das erste was dabei flöten geht?
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BenDunker
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

Genau das Zitat von Derwo habe ich neulich wieder entdenkt und mir das gesamte Thema diesbezüglich nochmal durchgelesen. Ich war damals überzeugt, dass ich generell doppelt Potstill gebrannten Obstbrand besser fand, weil er mir aromatischer und voller vorkam. Heute sehe ich das anders, ich mag meine Dreifach Potstill gebrannten Brände viel lieber, sie erscheinen sauberer, vornehmer und nach einer Zeit der reife ebenso aromatisch wie ein Doppelt-Gebrannter, leider und das ist eventuell mein Fehler bei der Abtrennung, haben sich einige Doppelt-Gebrannte nicht unbedingt schön verändert. Sie sind genauso aromatisch geblieben wurden aber zunehmend ein wenig muffig und unsauberer im Geschmack, vielleicht auch nur im direkten Vergleich zum immer noch sauberen Dreifachbrand. Ich bin inzwischen sehr sensibel auch Nachlauf-Geschmäcker und mag die gar nicht.

So langsam wurden meine Trauben zum Destillieren fertig. ca. 160l Tafeltrauben-Maische wartete auf sieben 23l Raubrände. Bei solchen Mengen habe ich angefangen mal alles durchzurechnen eigentlich nur damit ich mich nicht irgendwann mal zwischen einem 30l Kesselfüllung (da wäre meine Destille Besorgnis-erregend Randvoll) oder zwei 15l Kesselfüllungen (zweimal weniger als die Hälfte im Kessel :naughty: ) entscheiden muss. Ich wollte das durch eine geschickte Abfolge von Rau- und Mittel-Brand Erträgen so steuern, dass ich beim Feinbrand entweder eine oder zwei volle aber nicht zu volle Kesselfüllungen erreiche. Was aus dieser Rechnerei entstanden ist hat mir sehr die Augen geöffnet.

Es mag sein, dass ich noch sehr naiv bin in dem ganzen Mehrfachbrennen, aber es scheint mir, als würde eher Gefahr vor Aroma-Verlusten oder schlechte Mittellauf-Gewinne bei zu frühem Abtrennen bestehen, allerdings ist ein ewig Laufen lassen nur unökonomisch, aber nicht schädlich für das Aroma. Selbst wenn man bei jeden Brand nicht nur 1/3 sondern sogar 1/2 Kesselinhalt als Destillat aus dem Kessel holt und man dann einen zweiten Mittelbrand machen muss (als insgesamt vier Brände machen muss) um genug Prozente für den Feinbrand im Kessel zu haben ist das für das Aroma und die Mittelausbeute nicht schlimm. Unökonomisch, Arbeitsaufwändig, Lagerproblematik sind keine Frage die Kehrseite, aber im Grunde macht man da das gleiche wie ein Glockenboden nur eben irgendwie doch besser, da man (wie Derwo schon so oft und gut erklärt hat) jeweils bei jedem Brand die schlechten Dinge aus dem Rennen nimmt.

Eine kleine Besonderheit ist mir allerdings doch aufgefallen!
Es scheint mir, als sollte man für das best mögliche Ergebnis (allen Arbeits- und Energie-Aufwand mal unbeachtet lassen) doch nicht immer bis 1/2 runterbrennen, bzw. den Raubrand habe ich auf die 1/2 des Kesselinhalten ins Destillat gebrannt, weit unter dem Bereich in dem sich überhaupt noch Alkohol im Dampf befindet. Allerdings haben meine Rechnungen ergeben, dass der Gewinn und die Alkoholkonzentration des finalen Destillates dabei leidet wenn man die 1/2 Regel bis zum Mittelbrand durchzieht. Zumindest wenn man dabei beim Feinbrand bei nur 25% im Kessel landet. In dem Falle werde ich einen zweiten Mittelbrand einfügen um meine 25% auf 50% hoch zu konzentrieren um dann einen Feinbrand zu brennen.
Bis 70% im aktuellen Destillat wäre das rein Rechnerisch ein Unterschied von 0.995l mit 74% (bei 6l 25% im Kessel) zu 1.6l mit 80% (bei 3l 50% im Kessel), ein deutlicher Unterschied im Gewinn.

Ich glaube ich werde mich mal dahin Probieren, denn für mich treten dabei mehrere Dinge in Kraft, die ich denke sich sehr positiv auf den Geschmack und das Erlebnis des finalen Brandes auswirken:
-ich werde viermal schlechte Dinge im Kessel zurücklassen
-ich werde bei jedem Brand viel wenn nicht alle der guten Aromen ins Destillat mit rüberholen, da ich jedes Mal lange und weit runterbrenne.
-ich werde dabei trotzdem den Alkohol und den Gewinn sehr hoch konzentrieren
-und ich werde bei keiner Destillation Alkohol verlieren dadurch, dass ich zu früh abtrenne und nicht nur Aromen sondern auch Alkohol im Kessel zurück lasse.

Ich bin neu in diesem Mehrfach-brennen und gebe gerne zu wenn ich hier etwas nicht bedenke oder etwas nicht mit meiner Theorie stimmt und freue mich auf was ihr so dazu denkt.

Apropos: meine Trauben haben leider nur 6.5% Alkohol in der Maische, ich musste früh ernten weil ich sonst die Trauben an die Vögel verloren hätte, sie waren aber sehr lecker und essbar beim ernten, also denke ich dassAroma genug vorhanden ist.

23l 6.5% Maische
12l 12.5% Raubrand
6l 25% 1.Mittelbrand
3l 50% 2.Mittelbrand
Feinbrand bis 70% aktuell dann Gläschen anfangen.
Die Bitterkeit der schlechten Qualität bleibt lange nach dem Vergessen der Süße des niedrigen Preises bestehen.
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Grog hat geschrieben: 9. Apr 2020, 00:37 Also meinst du dass grundsätzlich für ne 3fach Destillation 3x Potstill-modus besser ist als 2x Potstill + 1x Reflux um Vorlauf zu konzentrieren? Dreifachdestillation 2xPot + 1xReflux habe ich noch nie gemacht. Du meinst wahrscheinlich, mit der Reflux scharf den Vorlauf abtrennen und dann den Rückfluss auf 0 runterfahren, also die Reflux wie eine Potstill verwenden.
1xPot und 2x Reflux nehme ich aber gerne für Neutralalkohol. Wobei ich zwischen den Destillationen auf 30vol% verdünne und die Refluxbrände relativ schnell mache. Also ich erreiche keine 95vol%, aber durch das Kesselentleeren und verdünnen ist es trotzdem sauber. Ist insgesamt schneller als 1xPot und 1xsehr langsam Reflux. Mit einer längeren Kolonne als 1m mit SPP könnte es aber anders sein.

Wäre eigentlich toll da man auch weniger Zeitverlust hat. Ich denke dass du beim Feinbrand mit der Potstill einfach tiefer in die Nachlauffraktionen gehst weil sich da auch ziemlich viel Mittellauf verirrt hat. Ist aber anhand des Alkoholgehalts oder der Dampftemperatur nicht feststellbar. Man hat ja trotzdem insgesamt höhere Prozente dauernd. Aber der Mittellaufanteil steigt. Mit Reflux wird man halt früher den cut machen müssen da am Ende des Mittellaufes sehr schnell nur noch kratziges müffiges Destillat kommt. Dass man aber nicht nur 1x brennt auch nicht mit Reflux sollte eh klar sein, tut schätzungsweise auch kein Abfibdungsbrenner, nicht mal wenn er ne noch so hübsche Glockenböden-Destille hat. Doch, das machen sie alle. Das ist der Sinn der Glockenbodenkolonnen von Holstein oder auch der Packungskolonnen von istill: Einfachbrennen direkt von der Maische zum fertigen Destillat.
...
... das mit dem länger lüften wäre vielleicht eine Option. Geschieht sowas ähnliches eigentlich auch beim Angel's share bei der Lagerung in Holzfässern? Ist der Vorlauf das erste was dabei flöten geht? Das ist die Theorie. In der Praxis zeigt sich aber, daß sehr lange fassgelagerte Brände nicht unbedingt weniger Vorlauf und fruchtige Noten haben. Also scheint es nicht so recht zu funktionieren. Besser sind die lange gelagerten aber trotzdem.
BenDunker hat geschrieben: 9. Apr 2020, 07:45 Eine kleine Besonderheit ist mir allerdings doch aufgefallen!
Es scheint mir, als sollte man für das best mögliche Ergebnis (allen Arbeits- und Energie-Aufwand mal unbeachtet lassen) doch nicht immer bis 1/2 runterbrennen, bzw. den Raubrand habe ich auf die 1/2 des Kesselinhalten ins Destillat gebrannt, weit unter dem Bereich in dem sich überhaupt noch Alkohol im Dampf befindet. Allerdings haben meine Rechnungen ergeben, dass der Gewinn und die Alkoholkonzentration des finalen Destillates dabei leidet wenn man die 1/2 Regel bis zum Mittelbrand durchzieht. Zumindest wenn man dabei beim Feinbrand bei nur 25% im Kessel landet. In dem Falle werde ich einen zweiten Mittelbrand einfügen um meine 25% auf 50% hoch zu konzentrieren um dann einen Feinbrand zu brennen.
Bis 70% im aktuellen Destillat wäre das rein Rechnerisch ein Unterschied von 0.995l mit 74% (bei 6l 25% im Kessel) zu 1.6l mit 80% (bei 3l 50% im Kessel), ein deutlicher Unterschied im Gewinn. Je höher die % beim Feinbrand im Kessel, bei desto höheren % im Dampf wirst du den Mittellauf beenden Und desto mehr Mittellauf wirst du auch rausbekommen. Stimmt.

23l 6.5% Maische
12l 12.5% Raubrand
6l 25% 1.Mittelbrand
3l 50% 2.Mittelbrand
Feinbrand bis 70% aktuell dann Gläschen anfangen.
Da hätte auch ich beim Raubrand nicht 1/2 gesammelt, sondern eher 1/3. Dann hättest du vielleicht 18% beim Mittelbrand und dann 35% beim Feinbrand.
Oder wenn ich Vierfach brennen möchte, hätte ich bei den Mittelbrände noch verlängert, sodaß ich dann bei eher 40% beim Feinbrand gelandet wäre.
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

Da hätte auch ich beim Raubrand nicht 1/2 gesammelt, sondern eher 1/3. Dann hättest du vielleicht 18% beim Mittelbrand und dann 35% beim Feinbrand.
Oder wenn ich Vierfach brennen möchte, hätte ich bei den Mittelbrände noch verlängert, sodaß ich dann bei eher 40% beim Feinbrand gelandet wäre.
Ja, so hatte ich das auch gedacht und so hätte das auch schön mit den Kesselfüllungen geklappt, aber ich hatte dein Zitat im Kopf, dass du mal irgendwo meintest, dass man bei Dreifachbränden die einzelnen Brände weiter runter brennen sollte.. Ich hab das aufgenommen und wollte das ausprobieren. Im Grunde bleibt dabei ja einfach jeweils etwas mehr Nachlauf im Destillat, aber ich dachte, dass dabei eben auch alle Aromen von Anfang an garantiert komplett durch getragen werden. Hätte ich die Raubrände bei 1/3 abgetrennt hätte ich auch allen Alkohol und bestimmt auch alle guten Aromen rübergeholt. Stimmt.

Sag mal vor Jahren hast du mit mit einem Mitglied names Hydroxyethan auf dem Malle-Forum über das (zer-)Kochen der Aromen geschrieben. Ich habe gestern darüber mal nachgedacht, wenn ich jetzt meine Maische bis zur 1/2 runterbrenne, dann koche ich das Obst ja auch wesentlich länger und dabei kommen sicher andere bzw. veränderte Aromen rüber. Was am Anfang noch frisch nach Apfel duftet wird nach einiger Zeit nach Bratapfel und noch später nach sehr verkochtem Apfelmus riechen / schmecken... das mischt sich ja auch alles dann im Destillat und wird sicher auch bis zum End-Destillat so durch getragen, oder was meinst du?
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Die Aromen, die bei 100°C ins Destillat kommen, sind natürlich nicht fehlerfrei. Aber viel besser als das, was im Kessel zurückbleibt. (und dadurch also wird man bei jedem Kesselleeren mehr schechtes als gutes los)

Wir müssen trotz Dreifachdestillation die % untenhalten. Sonst bekommen wir am Ende ein zwar duftiges aber sehr körperloses Destillat, also nach dem Vorlauf viele der flüchtigen Aromen und dann erstmal ganz viel ziemlich neutralen Alkohol. Das ist halt meist nicht das richtige. Also müssen wir entweder zwischen den Bränden verdünnen oder weiter runterbrennen. Und für trotz Dreifachdestillation möglichst aromatische Brände ist das weiter runterbrennen halt der bessere Weg.
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BenDunker
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von BenDunker »

Verstehe.
Ich kann noch reagieren. Die Raubrände sind zwar durch und ich bin jetzt bei meinem letzten Mittelbrand der ersten Runde. Der Alkoholgehalt des gesamten ersten Mittelbrand ist dann bei 24%.
den 2. Mittelbrand werde ich dann bis 40% im Destillat brennen. Das wären dann ungefähr 60% des Kesselinhalts zu entnehmen, ein bisschen weit, aber ich höre auf dein Rat lieber jetzt mehr runterzubrennen als später ein Körperloses Destillat zu haben. Ideal wäre sicher wie du gesagt hast, die Raubrände nicht so weit runterzubrennen und eh nur dreifach brennen.

Wie meinst du wird sich jetzt mein Brenn-Verlauf auf das Destillat auswirken?

Im Vergleich zum Dreifach-Brand:
sondern eher 1/3. Dann hättest du vielleicht 18% beim Mittelbrand und dann 35% beim Feinbrand

oder zum Vierfach-Brand
beim Raubrand 1/3 gesammelt, dann Vierfach brennen, dabei die Mittelbrände verlängert, sodaß ich dann bei eher 40% beim Feinbrand gelandet wäre.
??

Ich kann mir immer weniger vorstellen, dass ein Einzelbrand mit Reflux ein gute Lösung ist.. Ich meine, mal abgesehen von dem ganzen "schlechte Dinge durch mehrere Destillationen auszusieben", da hat man doch bei der einen Destillation durch die Kolonne oder Glockenböden kaum Einfluss auf die einzelnen Böden aka. die einzelnen Destillationen!? man kann zwar auf die % des Destillates achten und auch da die 78% versuchen zu halten, aber wie wir sehen kann man auf ganz verschiedene Wege zu diesen Prozenten im End-Destillat kommen. Wenn man es erst mal so auseinander nimmt wie ich jetzt mit den vier Einzel-Destillationen, wird deutlich, dass das Endergebnis die gleiche Stärke haben kann aber durch die einzelnen unterschiedlichen Brennlängen kann man den Brand in seinem Charakter offensichtlich schon sehr beeinflussen. Das scheint mir bei der Einzeldestillation kaum noch eine Steuer-Möglichkeit, wie tendenziell sehr duftig oder Körper-voll das Destillat wird. Ich meine wenn man immer das gleiche Produkt machen will, ist dass sicher ein guter Autopilot, aber wenn man wirklich etwas möglichst Feines und Ausgewogenes kreieren will, scheint mir der manuelle Weg Schritt für Schritt in der Potstill Mehrfach zu brennen viel schlüssiger.
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

[quote=derwo post_id=7411 time=1586421470 user_id=50]
[quote=Grog post_id=7408 time=1586385434 user_id=104]
Also meinst du dass grundsätzlich für ne 3fach Destillation 3x Potstill-modus besser ist als 2x Potstill + 1x Reflux um Vorlauf zu konzentrieren? Dreifachdestillation 2xPot + 1xReflux habe ich noch nie gemacht. Du meinst wahrscheinlich, mit der Reflux scharf den Vorlauf abtrennen und dann den Rückfluss auf 0 runterfahren, also die Reflux wie eine Potstill verwenden.
1xPot und 2x Reflux nehme ich aber gerne für Neutralalkohol. Wobei ich zwischen den Destillationen auf 30vol% verdünne und die Refluxbrände relativ schnell mache. Also ich erreiche keine 95vol%, aber durch das Kesselentleeren und verdünnen ist es trotzdem sauber. Ist insgesamt schneller als 1xPot und 1xsehr langsam Reflux. Mit einer längeren Kolonne als 1m mit SPP könnte es aber anders sein.

yup, meinte den Reflux für die Vorlaufabtrennung zu nutzen. Macht denke ich kein Sinn bei ein 3fach Brand wie verrückt zu refluxen. Schon bei ein 2fach Brand sehe ich da kein Sinn. Ich verwende normalerweise die Spule nur für die Foreshot- und Head cuts, sowie am Ende um die Feints aus dem Kessel zu saugen.
Wäre eigentlich toll da man auch weniger Zeitverlust hat. Ich denke dass du beim Feinbrand mit der Potstill einfach tiefer in die Nachlauffraktionen gehst weil sich da auch ziemlich viel Mittellauf verirrt hat. Ist aber anhand des Alkoholgehalts oder der Dampftemperatur nicht feststellbar. Man hat ja trotzdem insgesamt höhere Prozente dauernd. Aber der Mittellaufanteil steigt. Mit Reflux wird man halt früher den cut machen müssen da am Ende des Mittellaufes sehr schnell nur noch kratziges müffiges Destillat kommt. Dass man aber nicht nur 1x brennt auch nicht mit Reflux sollte eh klar sein, tut schätzungsweise auch kein Abfibdungsbrenner, nicht mal wenn er ne noch so hübsche Glockenböden-Destille hat. Doch, das machen sie alle. Das ist der Sinn der Glockenbodenkolonnen von Holstein oder auch der Packungskolonnen von istill: Einfachbrennen direkt von der Maische zum fertigen Destillat.
gut, nun weiß ich warum man die Abfindungsbrenner nennt ;)
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Grog
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von Grog »

BenDunker hat geschrieben: 10. Apr 2020, 06:03 Verstehe.
Ich kann noch reagieren. Die Raubrände sind zwar durch und ich bin jetzt bei meinem letzten Mittelbrand der ersten Runde. Der Alkoholgehalt des gesamten ersten Mittelbrand ist dann bei 24%.
den 2. Mittelbrand werde ich dann bis 40% im Destillat brennen. Das wären dann ungefähr 60% des Kesselinhalts zu entnehmen, ein bisschen weit, aber ich höre auf dein Rat lieber jetzt mehr runterzubrennen als später ein Körperloses Destillat zu haben. Ideal wäre sicher wie du gesagt hast, die Raubrände nicht so weit runterzubrennen und eh nur dreifach brennen.

Wie meinst du wird sich jetzt mein Brenn-Verlauf auf das Destillat auswirken?

Im Vergleich zum Dreifach-Brand:
sondern eher 1/3. Dann hättest du vielleicht 18% beim Mittelbrand und dann 35% beim Feinbrand

oder zum Vierfach-Brand
beim Raubrand 1/3 gesammelt, dann Vierfach brennen, dabei die Mittelbrände verlängert, sodaß ich dann bei eher 40% beim Feinbrand gelandet wäre.
??

Ich kann mir immer weniger vorstellen, dass ein Einzelbrand mit Reflux ein gute Lösung ist.. Ich meine, mal abgesehen von dem ganzen "schlechte Dinge durch mehrere Destillationen auszusieben", da hat man doch bei der einen Destillation durch die Kolonne oder Glockenböden kaum Einfluss auf die einzelnen Böden aka. die einzelnen Destillationen!? man kann zwar auf die % des Destillates achten und auch da die 78% versuchen zu halten, aber wie wir sehen kann man auf ganz verschiedene Wege zu diesen Prozenten im End-Destillat kommen. Wenn man es erst mal so auseinander nimmt wie ich jetzt mit den vier Einzel-Destillationen, wird deutlich, dass das Endergebnis die gleiche Stärke haben kann aber durch die einzelnen unterschiedlichen Brennlängen kann man den Brand in seinem Charakter offensichtlich schon sehr beeinflussen. Das scheint mir bei der Einzeldestillation kaum noch eine Steuer-Möglichkeit, wie tendenziell sehr duftig oder Körper-voll das Destillat wird. Ich meine wenn man immer das gleiche Produkt machen will, ist dass sicher ein guter Autopilot, aber wenn man wirklich etwas möglichst Feines und Ausgewogenes kreieren will, scheint mir der manuelle Weg Schritt für Schritt in der Potstill Mehrfach zu brennen viel schlüssiger.
eben... und da auch die so hochgepriesenen Brände oftmals nur einfach gebrannt sind, bestätigt sich (bis auf einzelne Ausnahmen) dass die meisten Brennereien NUR auf Gewinn aus sind und so mancher Hobbybrenner denen weit voraus ist, in Qualität und wahrscheinlich sogar Fachwissen. Da ist sogar die Tradition und die Liebe zu den was du produzierst flöten gegangen.
Die Prohibition dient nur die Pandoravase geschlossen zu halten und brav das Ertragssystem 'Alkohol' aufrecht zu erhalten. Ein Dreifachbrand kostet den Brenner Unmengen an Heiz- und Kühlkosten mehr und so manche Fledermausflasche würde wahrscheinlich dann für 30€ auch in den Regalen stehen bleiben anstatt spottbillig für die Mixkultur in die Massen geschleudert zu werden...
Aber jetzt bin ich off topic :lol:
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Ben,
ich denke, durch das Vierfachbrennverfahren zusammen mit dem meiner Meinung nach zu kurzen 2. und 3. Brenndurchgang wirst du beim Feinbrand ein bisschen dazu verführt werden, zu viel Mittellauf zu holen. Denn es wird sehr lange kein merkbarer Nachlauf kommen. Aber halt auch sonst wenig Geschmack. Wenn du also nur so denkst: "Kein Nachlaufgesschmack, also ist das Mittellauf", wirst du den aromatischen ersten Teil des Brandes mit relativ viel neutralem Alkohol verdünnen.

Deine Nachbesserung mit dem einen längeren Lauf sehe ich als Schritt in die richtige Richtung. Aber die Tendenz bleibt. Nicht schlimm. Wird trotzdem gut werden.


Grog,
die sehen das aber mit vollem Herzen so, daß Einmalbrennen nun mal am meisten Geschmack bringt. Dagegen zu argumentieren ist auch gar nicht so einfach bzw verlangt sehr viel Text. Dagegen "Einmalbrennen -> mehr Geschmack" ist sehr kurz und leuchtet sofort ein.
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aragones
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von aragones »

... Abfindungsbrenner sind auch nur Hobbybrenner.... nur eben mit Lizenz zum brennen und( müssen sich) an die vielen Vorgaben sind Auflagen halten. 300 l reiner Alkohol im Jahr und den noch mit ca. 10 Euro pro Liter versteuert und dazu eine Ablage im Bereich eines neuen Kleinwagens ... da bleibt auch bei höheren Preisen pro Liter nicht viel übrig um davon zu leben... außer man betrachtet es als Hobby um deine eigenen Produkte zu veredeln oder überhaupt zu vermarkten....
nur mal so nebenbei bemerkt😎

Ist wie bei der Modelleisenbahn ... manchen reicht ein kleiner Kreis und manche besuchen ne Riesen Anlage 🤓 zum spielen
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derwo
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von derwo »

Ich hatte mal eine Führung durch eine Abfindungsbrennerei. Ein alter Bauernhof mit richtig vielen alten Obstbäumen. Die Destille war uralt, aber funktionell, Mantelkessel, ein paar Böden, ganz normal. Sowohl von dem, was erzählt wurde, als auch, was am Ende der Führung gekauft wurde, wurde klar, daß der meiste Gewinn mit Likören gemacht wird. Die Obstbrände waren muffig. Die Leute haben sich gewundert, daß das Kirschwasser so wenig nach Kirschen schmeckt und der Apfelbrand auch nicht so viel anders. Nach Schnaps halt. Der Bauer hat gemeint, ein Kirschwasser soll ja auch gar nicht wirklich nach Kirschen schmecken. Naja, in gewisser Weise ist das nicht falsch. Kommt halt darauf an, wie es genau gemeint ist und was man damit rechtfertigen will. Schlussendlich haben dann alle die Liköre gekauft, denn die waren weniger scharf, aber süss, hatten einen frischen Eindruck gemacht, waren ein bisschen billiger, und der Kirschlikör hat auch nach Kirschen geschmeckt. Es wurde auch erwähnt, daß es in der Familie regelmäßig Streit gibt, welcher Alkohol als Brand verkauft wird und welcher für die Liköre verwendet wird. Und da liegt wohl der Hase im Pfeffer: Die Abfindungsbrenner haben seit dem Kippen des Monopols keinen gewinnbringenden Abnahmestelle mehr für die Nachläufe. Also werden diese mehr oder weniger aufbereitet als Ansatzalkohol für die Liköre verwendet. Also Kirschnachlauf wird wahrscheinlich nochmal gebrannt, dann Kischen damit angesetzt und dann abgefiltert und gesüßt, in eine Flasche mit edler und kreativer Form gefüllt, dann händisch was draufgeschrieben und ein Etikett drumgehängt.
Meiner Meinung nach kann man mit reinen Obstbränden als kleiner Betrieb nur noch mit höchster Qualität Gewinn machen. Und dafür müsste man alles ändern in so einem Betrieb, wo die Nachkommen von den Eltern lernen. Die Innovation geht dann leider nur in die Richtung und soweit, wo die Eltern sofort sehen, daß ja auch unbestreitbar sofort mehr in die Kasse kommt.
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aragones
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Re: mehrere Einzeldestillationen vs. eine Destillation mit Reflux

Beitrag von aragones »

.... stimmt .... ist wie überall, aber dennoch mehr oder weniger eben auch nur Hobby ... haben nur den Vorteil das die verkauften können... wie gut die Qualität ist liegt auch bei denen an dem Können und der Philosophie des einzeln Brenners und nicht an der Destille...
es gibt auch da unbestritten sehr gute und begnadete.... wie bei uns eben auch.... ich mit meinem kaputten Sensor bin da so oder so außen vor ...
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