Wie teste ich eine Reflux Destille?

Selbstbau und Kauf von Destillen. Diskussionen über Bauweisen und Materialien
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azeotrop
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Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Hallo Leute

Meine 2 Zoll Boka ist fertig zum Ausprobieren.
Alles ist gereinigt. Auf 90cm Höhe mit SPP gefüllt, oben noch 30 cm Keramik Raschigringe 2x6 mm. Ich hatte nicht genug SPP.
2 Reinigungsbrände mit Alk. sind auch schon durchgelaufen.

Ich würde gerne wissen wie ich so eine Reflux an Besten testen kann.
Ich würde gerne herausfinden wie viele theoretische Böden ich erreichen kann. Einmal mit vollem Reflux und dann mehr oder weniger Destillat Entnahme.
Mir geht es um einen vernünftigen praktischen Ablauf. Hat jemand einen Tipp?
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derwo
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

Das ist glaub ich nicht so genau möglich, wie du es gerne hättest.
Der Unterschied zwischen 10 und 20 Böden ist glaube ich nicht messbar mit unseren Alkohlmetern. Von 10vol% ausgehen sind es mit 5 Böden laut unserem Rechner 93.1%. Mit 10 Böden 95.7%. Das lässt sich noch messen. Aber dann: 15 Böden 96.4%, 20 Böden 96.7%. Und in dem hohen %-Bereich kann man von dem Rechner auch nicht erwarten, daß diese feinen Unterschiede 100%ig stimmen.
Auch von der Dampftemperatur tut sich nach 10 Böden auch kaum noch was.
Was aber nicht heißt, daß weitere 10 Böden geschmacklich nichts bringen würden.
Oder du reduzierst den Reflux, um in den niedrigeren %-Bereich zu kommen und dort zu schauen. Aber erstens kannst du den Reflux Ratio ja nicht genau messen, also wie viel du abziehst und wieviel du zurück in die Kolonne leitest. Und zweitens verändert sich ja die Zusammensetzung in der Kolonne (viel mehr Dampf, viel weniger Flüssigkeit). Und theoretisch wäre dann eine feinere Packung besser als das Standard-SPP für so 2kW (inkl Reflux von 2kW!). Oder mehr Leistung. Also wenn du andere Parameter nimmst, als da, wo du die Bödenanzahl wissen willst, ist das dann schlecht übertragbar.
Außerdem musst du immer warten, bis alles gleich bleibt. ZB wenn du anfangs erst mal alles zurückleitest, sammelt sich ja viel Hochprozentiges in der Kolonne. Je breiter und länger die Kolonne, umso mehr. Das muss dann erstmal abfließen. Und dann sind die Prozente im Kessel schon gesunken...

Aber was du machen kannst:
Wenn der halbe Alkohol durch ist, also kein Einfluß von Vorlaufprodukten auf das spezifische Gewicht und den Siedepunkt des Destillats mssbar sein wird, refluxe nochmal alles 15-30min. Nimm dann ganz langsam ein Sample, miss den Alkoholgehalt und notier die Dampftemperatur. Dann rechne zurück, wie viel Alkohol noch im Kessel war und versuche mit dem Destillationsrechner ermitteln, wie oft du auf "Berechne" dücken musst, bis der Temperaturwert und der Alkoholgehalt erreicht werden.
Wenn deine Heizleistung gut für das SPP und den Durchmesser gewählt ist, hast du dann die maximale Anzahl von Böden.
Das ist aber wie gesagt recht ungenau und der Wert bei normalem Btrieb wird auch niedriger sein.
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Das klingt alles nicht so simpel.
Ich versuche es halt mal.
So ist mein Plan:
Was mich beim ersten Versuch genervt hat war die ständige Änderung der Werte durch den geringer werdenden Alkoholgehalt im Kessel.
Es dauert ja nach jeder Änderung seine Zeit bis das Gleichgewicht wieder erreicht ist. In der Zwischenzeit läuft das Destillat.
Ich habe nun einen Rücklauf in den Kessel gebaut. So ähnlich wie du deine Schwefelsäure-Einfüllöffnung gemacht hast (mit Kupferrohr bis deutlich unter den Flüssigkeitsspiegel im Kessel).
Da lasse ich alles Destillat direkt wieder in den Kessel laufen und kann in aller Ruhe warten bist die Destille eingeschwungen ist.
Ich habe eine Vorrichtung dran damit ich Destillatsamples entnehmen kann zur Alkmessung, oder auch die Destillatmenge/min bestimmen kann.

Ich plane dann bei verschiedenen Leistungen (und damit Dampfmengen) Messungen mit minimaler, mittlerer und voller Öffnung des Nadelventils durchzuführen.
Die Summe aus internem Reflux und entnommenem Destillat sollte ja (bei konstanter Leistung) konstant bleiben.
Wenn ich die Leistung ungefähr kenne. kenne ich auch ungefähr die Summe Reflux + Dest. Die durch das Nadelventil in den Kessel zurück geleitete Destillatmenge kann ich messen. Damit kann ich das Refluxratio ungefähr bestimmen.

Leider brauche ich derzeit mindestens 35ml Destillat um meine Spindel schwimmen zu lassen. Das stört das Equilibrium schon sehr deutlich.
Ich habe mir deshalb ein Refraktometer bestellt. Mal sehen wie das dann läuft.
Leider geht das Refraktometer nur bis 80%vol.
Ich werde mit einer Pipette 1ml Destillat entnehmen und 1ml Wasser mischen und dann messen.
Mit unserem Verdünnungsrechner sollte ich das ja rückrechnen können.

Wieviel reinen Alk muss ich in einer 10L Kesselfüllung haben um stabile Verhältnisse zu haben?
Der Alk verteilt sich ja auf die Packung, die Destillatleitung und den Kessel. Ich würde gerne mit möglichst schwacher Alkoholkonzentration im Kessel starten, aber das hat sicher seine Grenzen.
Oder habe ich einen Denkfehler? Ich möchte im McCabe-Thiele Diagramm halt möglichst weit links starten.

Ich habe noch einen zweiten Zugang durch den Kessel zur Maische eingebaut um mit einer Pipette direkt Samples des Kesselinhalts ziehe zu können.
Dann muss ich dem Kessel-Alkoholgehalt nicht rechnerisch bestimmen. Diese Samples hebe ich natürlich auf bis sie kalt sind und messe sie erst später.

Mit den ermittelten Wertepaaren sollte ich sollte ich eine einigermaßen annehmbare Abschätzung erhalten was die Destille mindestens leisten kann.
Natürlich im Rahmen der Grenzen die du schon aufgezeigt hast.

Was denkst du über meinen Plan?
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derwo
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

Viel Aufwand natürlich mit der Rückleitung. Aber so ist das nun mal...

Sowas wie nur 1% im Kessel ist das beste, damit du, wie du sagst, links im Diagramm bist.
Trotzdem nach 10 Böden bist du bei 95.46%. Wenn du bei 10vol% starten würdest, bei 95.72%. Der Unterschied ist ist also kaum merkbar.
Aber je weniger Alkohol im Kessel, desto mehr macht der in der Kolonne geparkte Alk aus.
Wie viel in der Kolonne steckt und dir die Werte verfälscht, weiß ich nicht. Lässt sich abschätzen, wenn du hast:
-Alkoholgehalt im Kessel vor der Destillation
-Alkoholgehalt im Kessel nach einer Zeit 100% Reflux
-Alkoholgehalt des Dampfes ganz oben, bzw des Destillats.

Es wird denke ich am Ende eine Schätzung werden.
Viel einfacher zu messen sind die Auswirkungen von Veränderungen. Wenn du also, zB nachdem du eine andere Packung oder eine andere Leistung einsetzt, eine um 0.2°C niedrigere Dampftemperatur erreichst als sonst.

Der Brechungsindex verändert sich oberhalb 80vol% kaum noch und dreht dann sogar um. Lies mal das:
https://homedistiller.org/forum/viewtop ... 5#p7571336
Also anscheinend kann man mit dem Refraktometer mit einem Trick auch über 80% messen. Genauer ist aber wohl Messen nach Verdünnen 1:1.
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

derwo

Danke für diese Top Infos.
Ich bin ja auch hauptsächlich am Vergleich verschiedener Packungen interessiert.
So oder so werde ich meine Ergebnisse hier posten.
Mir fehlt nur noch ein Fitting. Dann müssen die Fittinge noch verkupfert werden und es kann los gehen.
So ungefähr wird es aussehen.
IMG_5087.jpeg
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hefezelle
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von hefezelle »

Was du auch überlegen kannst, ist die Kolonne nicht mit Ethanol/Wasser, sondern einem anderen Stoffgemisch zu testen. Man bräuchte halt Substanzen, die:
  • Sich durch Destillation schlecht trennen lassen, sodass man mit vielen Böden immer noch einen Unterschied in der Trennung hat,
  • eine bekannte und verlässliche Dampfgleichgewichtskurve haben,
  • deren Zusammensetzung im abgezogenen Destillat sich gut ermitteln lässt,
  • sich bei atmosphärischem Druck verdampfen und mit Leitungswasser kondensieren lassen,
  • nicht zu giftig sind bzw sich leicht aus der Kolonne reinigen lassen nach dem Experiment,
  • zu erschwinglichen Preisen für normalsterbliche erhältlich sind.
Bin etwas skeptisch ob man da was passendes findet, aber den Denkanstoß wollte ich dir mitgeben, dass es nicht unbedingt Ethanol/Wasser sein muss.
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Danke für den Tipp.
Ich schau mal was es so gibt.

Es gibt noch eine weitere Anforderung: Ich müsste die Konzentration des Destillates mit vorhandenen Mitteln feststellen können.
Mein Gas-Chromatograph ist gerade weg zur Wartung. 8-)
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Ich starte mal mit 10% Ethanol im Kessel.
Kann ich eigentlich Spiritus verwenden? Oder stört das Vergällungsmittel?
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derwo
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

Das Vergällungsmittel ist ja so gewählt, daß es nicht getrennt abdestilliert werden kann. Daher hat es wohl auch keinen Einfluss auf das Siedediagramm.
Aber erstens ist es schade, wenn du das Ergebnis nicht irgendwie nutzen kannst. Du könntest ja nach dem Experiment den Rücklauf wieder abbauen und gleich weiterdestillieren. Zweitens denke ich nicht, daß Spiritus frei von Vorlauf ist. Um es als Brennstoff oder Reinigungsmittel zu nutzen, ist das ja nicht nötig.
hefezelle
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von hefezelle »

azeotrop hat geschrieben: 22. Aug 2019, 20:25 Ich schau mal was es so gibt.

Es gibt noch eine weitere Anforderung: Ich müsste die Konzentration des Destillates mit vorhandenen Mitteln feststellen können.
Essigsäure ist ja recht unproblematisch, und hat den Vorteil dass man über pH-Messung die Konzentration sehr gut ermitteln kann. Wenn du ein gutes Datenset findest für Essigsäure/Wasser Dampfgleichgewichte, dann könnte man damit womöglich die Bödenanzahl gut ermitteln... :thinking:
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Heute bin ich erst einmal bei der Handhabung der Refraktometers hängen geblieben.
An meiner Brennlocation war es ziemlich warm. Trotz Kalibrierung war es nicht möglich konsistente Werte bekannter Ethanol-Konzentrationen abzulesen. Reines Lotteriespiel. Nachdem ich 2 Stunden verballert hatte, brachte ich Refraktometer und Proben ins Haus in einen Raum mit 22 Grad (einigermassen konstant).
Nach 2 Stunden Anpassung an die Raumtemperatur und Kalibrierung konnte ich zumindest Messwerte wiederholbar ermitteln.
Unter Messung verstehe ich aber auch das Einhalten einer bestimmten Fehlergrenze.
Ich muss da noch etwas weiter experimentieren um ein Gefühl für mein Schätzgerät zu bekommen. Ich verlange ja keine grandiose Genauigkeit, möchte aber mindesten das Messergebnis bezüglich seiner Fehlergrenzen beurteilen können. Für die China-Refraktometer gibt es ja keine Datenblätter.
Zuletzt geändert von azeotrop am 25. Aug 2019, 19:29, insgesamt 1-mal geändert.
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

hefezelle

Ich habe eine Versuchsbeschreibung zum Thema Essigsäure mit Diagrammen der notwendigen Daten gefunden.
Leider keine detaillierten Tabellen. Aber die gibt es sicher irgendwo.
Wenn ich die Messabläufe mit Ethanol und Refraktometer sauber erledigt habe, werde ich versuchen das Ganze mit Essigsäure/Wasser zu wiederholen.
Mich hat schon immer interessiert was bei einem Essig Reinigungsbrand denn nun genau passiert.

https://extern.hobbybrennen.ch/files/Gl ... e_2017.pdf

Ist ganz interessant ab pdf-Seite 22
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Heute habe ich den ersten Test gefahren und bin grandios auf die Schnauze gefallen.
Konstruktionsfehler!!
Ich konnte das Destillat durch das Rückführungs-Rohr durch den Topfdeckel in den Kessel leiten.
Da das Rohr deutlich unter dem Maischespiegel endet, konnten auch keine Maischedämpfe austreten.
Aaaber...
Das Destillat hat die Maische nur teilweise erreicht.
Das hochprozentige Destillat mit seinem niedrigen Siedepunkt ist natürlich nicht vollständig in die Maische gesickert um sich zu verdünnen. Nein, es ist größtenteils direkt in den oberen Zentimetern des Durchführungsrohres wieder verdampft.
Klar, die Kesseltemperatur mit niedrig prozentiger Maische ist viel höher als der Siedepunkt der hochprozentigen Destillatrückführung.
Mein Rückführungsrohr hat gespuckt wie ein Geysir.

Konstruktionsfehler!! :dontknow: :uärgs: :doh:

Ich hirne nun wie ich das verbessern kann. Vorschläge sind willkommen. :study: :?: :?: :?:
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gorbi73
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von gorbi73 »

Wenn was zurück geschüttet werden soll dann geht das Dank der offenen Konstruktion doch ganz einfach oben wieder in die Kolonne rein.
So mache ich das jedenfalls. Trichter auf den Liebig und reinrieseln lassen. Vorher aber noch das Abzugsventil schließen ;)
Früher war alles anders, da waren sogar die Gummistiefel noch aus Holz.
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derwo
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

gorbi,
azeotrop will halt die Packung umgehen, damit er, obwohl er Produkt nicht in die Kolonne zurückleitet, trotzde stabile Verhältnisse hat. Macht natürlich nur als Experiment Sinn.

azeotrop,
wenn du den Rücklauf nicht bis in die Maische machst, kommt Dampf raus, das ist das Problem. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, das zu verhindern. ZB wenn der Rücklauf einen kleinen Looping macht, ist dann unten eine Sperre aus kondensiertem Dampf und dann später aus Rücklaufdestillat. So muss der Rücklauf nicht bis in die Maische gehen.
Der Kringel muss halbwegs kühl sein, daß da nichts kocht. Daher denke ich, er sollte nicht zu nahe am Kessel sein. Und vielleicht ist ein Ventilator davor ganz hilfreich. Wenn das nicht reicht, braucht der Bereich unterhalb des Kringels einen wasserdurchflossenen Kühlmantel. Überhaupt, mit Kühlmantel bräuchte es dann den Kringel wahrscheinlich gar nicht. Auch eine Möglichkeit.
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von hefezelle »

derwo hat geschrieben: 27. Aug 2019, 14:38 azeotrop will halt die Packung umgehen, damit er, obwohl er Produkt nicht in die Kolonne zurückleitet, trotzdem stabile Verhältnisse hat.
Aber mit der plötzlichen Änderung der Zusammensetzung im Kessel hat man ja keine stabilen Verhältnisse in der Kolonne, oder denk ich da falsch? Es muss sich dann doch die Kolonne wieder neu stabilisieren, weil vom Kessel auf einmal hochprozentiger Dampf raufkommt, der sich erst langsam mit Gleichgewichtbildung auf jeder Höhe wieder bis ganz nach oben kämpfen muss. Ich würde tippen dass man in jedem Fall neu stabilisieren muss, wenn man abgezogenes Destillat zurückschüttet. Mein Bauchgefühl sagt das wird schneller gehen wenn man's oben in die Kolonne leert, da bin ich ganz bei gorbi.
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derwo
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

Wenn er es oben wieder reinschüttet, dann braucht er es ja gar nicht erst abzuziehen. Der Refluxkühler schüttet es ja alleine zurück.
Azeotrop will die Leistung der Destille bei verschiedenen Rücklaufverhältnissen testen. Dafür muss das, was sonst als Produkt abgezogen werden würde, unten wieder reinkommen. Nur dann bleiben die Verhältnisse stabil. Also zB der Alkoholgehalt in der Destille.
Wie lange die Stabilisierung dauern wird, weiß ich aber nicht. Es kann sein, daß die Dampftemperatur oben bzw die vol% dort ewig rauf- und runtergehen. Dann ist es schwer, etwas aus den Werten zu ziehen.

Also dadurch daß er es unten zurückschüttet, entnimmt er Alkohol, ohne daß der Alkoholgehalt in der Destille sinkt.
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Die Destille sollte von dem Bypass-Rücklauf eigentlich nicht viel merken.
Wenn wir eine Produktentnahme von 20ml/min als Beispiel nehmen kann man sehen dass die Einspeisung von derart geringen Mengen keinen merklichen Einfluss auf die Kesseltemperatur haben sollte.
Das Rückführungsrohr steht im Kessel ja "unter Wasser" und sein Inhalt wird direkt wieder verdünnt. Der Alkoholgehalt im Kessel bleibt also weitgehend konstant.
Die Verdampfung der Maische im Kessel findet überwiegend an der Oberfläche statt. Die Verdampfungsrate sollte durch die Rückführung nicht beeinflusst werden, sie hängt überwiegend von der Heizleistung ab.
Ich glaube deshalb dass die Packung und der Boka-Head von der Bypass-Rückführung nicht viel mitbekommen werden.
Aber das muss erst noch in der Praxis klappen.

Ich habe heute mal den Geysir näher angeschaut.
Das Durchführungsrohr (siehe Handskizze ein paar Beiträge weiter hinten) spuckt nicht von selbst.
Ich kann es offen lassen während der Kessel kocht. Es spritzt nichts raus und es kommt auch kein Dampf.
Wenn ich 10%igen Alkohol reinschütte passiert auch nichts, der Geysir schläft. Auch bei 30% ist noch alles ruhig.
Ab 70% erwacht der Geysir und spuckt im Rhythmus von einigen Sekunden das Reingeschüttete wieder aus.
Und zwar als mehr oder weniger feine Tröpfchen und vermutlich auch Dampf. Der Druckstoß dauert nur eine viertel Sekunde, oder so.

Ich vermute dass das in der kochenden Maische stehende Rohr als Durchlauferhitzer arbeitet. Aussen ca. 92 Grad siedende Maische, innen rinnt eine winzige Menge 70% Alkohol der einen Siedepunkt von ca. 80 Grad hat. Scheinbar verdampft der 70% Alk schon im Rohr noch bevor er auf die Maische trifft und verdünnt werden kann.

Ich habe ein Stück Teflonschlauch mit 4mm Innendurchmesser rumliegen.
Morgen werde ich diesen Schlauch durch das Durchführungsrohr bis in die Maische stecken und den Bypass-Rücklauf durch diesen Schlauch führen.
Dadurch sollte die Effizienz des "Durchlauferhitzers" deutlich sinken und hoffentlich nichts mehr verdampfen.
Ich hoffe dass der Schlauch nicht zu dünn ist.
Bin gespannt was raus kommt.
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gorbi73
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von gorbi73 »

Wahrscheinlich denke ich auch einfach viel zu praktisch. Mein altes Problem.
Wenn es möglichst kompliziert sein sollte würde sich eine kleine Pumpe mit Rückschlagventil anbieten. Aber dann müsste man auch wieder die geänderten Druckverhältnisse und die damit einhergehende Siedetemperaturverschiebungen berücksichtigen. Ein Teufelskreis...
Früher war alles anders, da waren sogar die Gummistiefel noch aus Holz.
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PuhBär
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von PuhBär »

Azeotrop
Ich sehe dein Rohr, als Kessel im Kessel, bei der geringen Menge wird der Alkohol nicht ankommen
können, du bläst ihn in die Luft, nach sehr langer zeit wird nur noch Wasser im Kessel sein.

Der Vorschlag vom Wo müsste die Lösung sein, das was du einleitest muss unter 78 grad bleiben
und innerhalb des Kessels im freien fall wieder verdampfen.

Dazu vielleicht ein Experiment:

1 Liter Wasser zum kochen bringen, von der Herdplatte ziehen, warten bis sich das Wasser
beruhigt hat, jetzt etwas Alkohl hineinschütten und beobachten was passiert.
Dabei musst du dir den Topf als dein Rohr vorstellen, oder du probierst es auch mit einem
Rohr den Alkohol nach unten in den Topf zu leiten.
Solange das Wasser über 78 grad bleibt wird dein Alkohol nicht nach unten kommen können.

Das ist meine Meinung rein Theoretisch, also so stelle ich mir das vor, genau weiß ich es
auch nicht.

Lg.
Ich weiß, PuhBär klingt Gefährlich, mir fiel aber nichts anderes ein
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azeotrop
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

PuhBär hat geschrieben: 28. Aug 2019, 08:23 Azeotrop
Ich sehe dein Rohr, als Kessel im Kessel, bei der geringen Menge wird der Alkohol nicht ankommen
können, du bläst ihn in die Luft, nach sehr langer zeit wird nur noch Wasser im Kessel sein.
Genau das meinte ich mit Durchlauferhitzer. Das hab ich ja so beschrieben.
Deshalb will ich versuchen den hochprozentigen Rücklauf durch einen temperaturisolierten Schlauch in die Maische zu leiten.


Der Vorschlag vom Wo müsste die Lösung sein, das was du einleitest muss unter 78 grad bleiben
und innerhalb des Kessels im freien fall wieder verdampfen.
Nein, es darf eben nicht gleich wieder im freien Raum des Kessels verdampfen. Es muss in der Flüssigkeit landen und sich vermischen.
Puhbär, welchen Vorschlag von derwo meinst du?

Dazu vielleicht ein Experiment:

1 Liter Wasser zum kochen bringen, von der Herdplatte ziehen, warten bis sich das Wasser
beruhigt hat, jetzt etwas Alkohl hineinschütten und beobachten was passiert.
Dabei musst du dir den Topf als dein Rohr vorstellen, oder du probierst es auch mit einem
Rohr den Alkohol nach unten in den Topf zu leiten.
Solange das Wasser über 78 grad bleibt wird dein Alkohol nicht nach unten kommen können.

Das ist meine Meinung rein Theoretisch, also so stelle ich mir das vor, genau weiß ich es
auch nicht.

Lg.
Ich habe hier eine Versuchsbeschreibung gefunden die genau das macht, was ich vorhabe.
Wenn es bei denen klappt, muss ich es auch hinbekommen.
Allerdings arbeiten die mit Methylcyclohexan Siedepunkt 101 Grad und n-Heptan Siedepunkt 98,42 Grad.
Die arbeiten auch mit Glasrohren statt Kupfer und die Durchführung ist thermisch mit Teflonstopfen isoliert.
Deshalb möchte ich auch eine Temperaturisolierung mit dem Teflonschlauch versuchen.

@hefezelle: Das wäre ein Stoffpaar das zu deinem Vorschlag passt. Eng zusammenliegende Siedepunkte.
Aber vorher versuche ich es mit Ethanol mal grundsätzlich zu lösen.

Hier kann man den Versuchsaufbau kaufen. Unter Downloads und Dokumente kann man die PDFs dowloaden.
https://www.phywe.de/de/rektifikation-b ... html#tabs4
https://repository.curriculab.net/files ... 031501.pdf
https://repository.curriculab.net/files ... 31501e.pdf
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von PuhBär »

Mit Wo meinte ich seinen Looping.

Ich habe mal nach dem Brennen denn Bodensatz der Maische in die
noch recht heiße Destille geschüttet, ein Vulkan sage ich dir :D

Die restliche Maische im Kessel war noch viel zu heiß,ich habe
noch ein bisschen herausgeholt, aber keinen Hefegeschmack
bekommen, obwohl ich die ganze Hefe mit in den Kessel gegeben
habe

Deswegen kann ich mir nicht vorstellen wie du deinen schon
hochprozentigen durch das Rohr nach unten bekommen willst.

Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren, bin gespannt.

Lg.
Ich weiß, PuhBär klingt Gefährlich, mir fiel aber nichts anderes ein
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Puhbär
Da stimme ich dir zu dass das schwierig wird.
Kein Zweifel.
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von derwo »

Ja, ich denke inzwischen auch, daß das Rohr nach möglichst ganz unten in die Maische nötig ist. Und das mit dem Kringel, könne auch eher hinderlich sein, da es einen Druckausgleich behindert.
Vielleicht muss es von den Dimensionen her einfach besser passen. Also vielleicht könnte ein größerer Durchmesser des Rohrs, welches in den Topf zurückgeht, helfen. Allgemein ist das Leiten von Flüssigkeiten durch nur teilweise gefüllte Rohre ja nicht ganz einfach.
Oder du probierst es mal geschlossen. Also den Rückfluss luftdicht direkt mit einem Schlauch oder Rohr mit dem Produktkühler verbunden. Dann würde auch Dampf nicht mehr entweichen können, sondern im Liebig kondensieren. Es versteht sich von selbst, daß die Anlage dann erstmal nicht allzu stark beheizt werden sollte, bis du siehst, ob es klappt. Auch durch das Produktventil solltest du erstmal nur tropfenweise Alkohol nach unten lassen.

Ich war anfangs entwas skeptisch, was das Experiment bringen soll. Inzwischen denke ich, man bekommt so wertvolle Informationen darüber, ob man bei Refluxdestillen für Neutralalk den Alkohol wirklich nur tropfenweise sammeln soll. In manchen Beiträgen habe ich die Behauptung aufgestellt, daß das Energie- und Zeitverschwendung wäre. Das könnte ich bewahrheiten oder widerlegt werden. Oder noch besser: präzisiert werden.
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Re: Wie teste ich eine Reflux Destille?

Beitrag von azeotrop »

Heute konnte ich nicht viel tun, da mir andere Aufträge zugwiesen wurden. GöGa`s Wunsch ist mir Befehl.

Zum testen habe ich einen Silikonschlauch in das 15mm Tauchrohr bis tief in die Maische gesteckt. Ich hoffe dass die Temperaturisolierung ausreicht.
Morgen wird der Versuch laufen.
Das Material muss am Ende Teflon werden, zum Testen taugt es.
Hier ist der Aufbau:
IMG_5111.jpeg
IMG_5110.jpeg
IMG_5109.jpeg
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