Messungen mit Pyknometern

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derwo
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Messungen mit Pyknometern

Beitrag von derwo »

Pyknometer sind inzwischen mein Lieblingsinstrument, um den Alkoholgehalt zu messen. Es ist doch gar nicht so kompliziert, wie ich befürchtet hatte.

Ein Pyknometer ist ein dünnwandiger Glasbehälter mit einem Schliffanschluss oben. Obendrauf ist ein Stopfen gesteckt, durch den von unten bis oben eine Kapillare geht. Man befüllt das Pyknometer vollständig mit der zu messenden Flüssigkeit und wiegt es. Aus diesem Wert und dem Leergewicht und dem Volumen des Pyknometers kann man dann die Dichte der Flüssigkeit und somit zB ihren Alkohol- oder Zuckergehalt bestimmen:
Pyknometer.jpg
Pyknometer.jpg (21.82 KiB) 311 mal betrachtet

Ich hatte mir vor längerer Zeit mal eins gekauft und auch eine passende Waage dazu und war dann aber nicht ganz glücklich mit dem Aufwand, den man beim Messen damit hat. Aber inzwischen, auch, da ich inzwischen immer mehr an meinen Refraktometermessungen zweifel, habe ich etwas Praxis damit und sehe große Vorteile:

- Bei Alkohollösungen liegen die Brechungsindexe zu weit beinander, um wirklich genaue Messwerte zu bekommen. Und bei hohen vol% wird es immer schlimmer.
- Die Datenreihen, welche man über die Dichte von Alkohollösungen findet, sind einheitlicher als die Daten über deren Brechungsindex. Vor allem auch, wenn es um Temperaturen abseits von 20°C geht.
- Der Brechungsindex reagiert empfindlicher auf Temperaturänderungen als die Dichte.
- Beim Pyknometer kann man direkt die Temperatur der Flüssigkeit messen. Zwar nicht unbedingt gleichzeitig mit der Messung der Dichte, aber zumindest ein paar Sekunden vorher oder nachher.
- Für eine Pyknometermessung wird weniger Destillat gebraucht als für eine Messung mit einer ähnlich genauen (und damit sehr großen) Spindel.
- Es gibt ein klares Ergebnis. Keine Unklarheiten zB durch den Meniskusfehler bei einer Spindel oder die interpretierbare Ablesbarkeit beim Refraktometer.


Ein paar Tipps zum Kauf und zur Benutzung:

Als erstes sollte man sich darüber klar werden, welche Größe man haben möchte. Größere Pyknometer verlangen zwar mehr Destillat bei der Messung und sind etwas teurer, aber erreichen eine höhere Genauigkeit als kleinere, da viele Fehlerquellen bei ihnen weniger Auswirkungen haben: ZB ein Temperaturunterschied zwischen dem Messen der Temperatur und der Dichte durch die Wärme der haltenden Hand oder des Atems ist bei einem kleinen Volumen wahrscheinlicher. Und die Oberfläche pro Inhalt ist kleiner, es gibt also bei großen Pyknometern vergleichsweise weniger Platz für nicht ganz weggewischte Flüssigkeitsschlieren an der Außenseite oder Luftbläschen an der Innenseite.
Es gibt Pyknometer in allerlei Größen. Also zB auch nur 5ml oder sogar 1000ml.

Wenn man sich für eine Größe entschieden hat, ist es wichtig, daß man die Waage passend zur Pyknometergröße auswählt. Meine Waage geht bis 100g und das Pyknometer hat 50ml Inhalt. Leer wiegt es etwa 35g und mit Wasser befüllt etwa 85g. Das bedeutet, ich kann damit alle Alkohol- und Zuckerlösungen messen und nutze den Messbereich der Waage dabei ganz gut aus. Ein 25ml-Pyknometer würde dagegen eher zu einer 50g-Waage passen.

Es gibt sowohl 50g- als auch 100g-Waagen, die drei Stellen hinter dem Komma anzeigen und wo ein 50g- bzw 100g-Kalibriergewicht mitgeliefert ist. Diese Waagen und Kalibriergewichte müssen nicht unbedingt sehr genau und damit teuer sein, denn die Ungenauigkeiten beim Kalibrieren der Waage und die Ungenauigkeiten später beim Messen heben sich auf.

Ganz ohne Kalibriergewicht würde ich aber nicht arbeiten. Aber auch bei vielen sehr günstigen Waagen wird ein Kalibriergewicht mitgeliefert. Denn nur sehr genaue Kalibriergewichte sind ein Kostenfaktor. Das Kalibriergewicht muss natürlich zur Waage passen. Das klingt eigentlich selbstverständlich, ist es aber leider nicht. Es gibt zum Beispiel oft 500g-Waagen, wo dann nur ein 100g-Kalibriergewicht dabei ist.

Die Qualität des Pyknometers ist nicht entscheidend. Man braucht keines aus Borosilikatglas, da die Vorteile dieses Glases erst bei Temperaturen weit abseits der Kalibriertemperatur (20°C) zum Tragen kommen. Wenn wir im Bereich 10-30°C messen, ist es von der Genauigkeit her egal, aus welchem Glas das Pyknometer hergestellt ist.
Auch das Leervolumen muss nicht professionell bestimmt und dann eingraviert sein. Denn das kann man auch selber bestimmen. Und wenn man es selber bestimmt und die Waage dabei einen kleinen Fehler produziert, hebt dieser Fehler die künftigen Fehler bei Alkohol- oder Zuckermessungen auf, sofern man dieselbe Waage nimmt, wie bei der Volumenbestimmung. Also ich bin sogar der Meinung, daß, wenn man ein Pyknometer mit eingraviertem Volumen hat, man es trotzdem selber bestimmen sollte, zumindest wenn man keine amtlich geeichte Waage oder ein sehr genaues und damit teures Kalibriergewicht für die Waage besitzt.

Man sollte die Kalibrierung mit dem Kalibriergewicht und die Bestimmung des Leergewichts und des Leervolumens immer mal wieder neu machen, da sich die Waage verändern kann.


Nun der Ablauf einer Messung, so wie ich ihn am praktikabelsten finde:

Wichtiger, als daß man es genau so macht, ist wahrscheinlich, daß man es immer gleich macht, vor allem auch bei der Messung zur Bestimmung des Volumens. Und daß man sich nicht ewig Zeit lässt. Denn je mehr Zeit verstreicht, desto mehr verdunstet und desto mehr kann sich die Temperatur zwischen der Temperatur- und der Gewichtsmessung ändern:

1. Vorbereitung: Man braucht die Waage, das Pyknometer, ein dazu passendes Becherglas, ein gutes Thermometer, ein Taschentuch und man sollte Handschuhe anziehen, um eine Erwärmung des Pyknometers durch Berührung zu verhindern.

2. Bestimmung des Leergewichts des Pyknometers: Hier ist es wichtig, daß das Pyknometer komplett trocken ist. Das bedeutet, wenn man eine Messreihe macht und das Pyknometer zwischen den Messungen nicht komplett trocken bekommt, ist es besser, man misst dieses Gewicht nur bei der ersten Messung und übernimmt diesen Wert dann bei den weiteren Messungen.
Das Pyknometer wird mit dem Stopfen gewogen.

3. Nun stellt man das Pyknometer auf das Taschentuch und füllt die Flüssigkeit mit dem Becherglas langsam ein, sodaß keine Blasen entstehen, welche dann vielleicht an der Innenseite des Glases hängenbleiben. Das Pyknometer fast ganz voll füllen.

4. Nun misst man die Temperatur in der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit dabei mit dem Sensor durchrühren.

5. Nun setzt man den Stopfen drauf. Dabei spritzt etwas Flüssigkeit über die Kapillare hinaus und auch am Schliff tritt etwas aus. Wenn nicht, hat man zu wenig Flüssigkeit eingefüllt und muss das Pyknometer nochmal öffnen und etwas nachschütten.

6. Nun saugt man mit dem Taschentuch zuerst am Schliff die Flüssigkeit weg und dann wischt man das komplette Pyknometer inklusive des Stopfens ab. Nur ganz oben am Ende der Kapillare lässt man den Tropfen stehen.

7. Nun stellt man das Pyknometer auf die Waage. Dann nimmt den Tropfen ganz oben mit dem Tuch ab. Wenn der obere Teil der Kapillare leer ist, sieht man das. Idealerweise ist sie komplett befüllt aber über der Kapillare kein Flüssigkeitsfilm. Man darf also das Tuch nicht längere Zeit auf die Kapillare halten.
Dann liest man den Wert ab.
(Bei meinem 50ml-Pyknometer macht 1mm leere Kapillare übrigens etwa 1mg aus)

8. Mit diesen Werten füttert man unsere Rechner.


Hier die Rechner zur Volumenbestimmung, zum Messen des Alkoholgehalts und zum Messen des Zuckergehalts:
Rechner/PyknometerVolumen.html
Rechner/PyknometerAlkoholmessung.html
Rechner/PyknometerZuckermessung.html