Druckmessung an Destillen

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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azeotrop
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Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Hügelwilli-Edit: Dieses Thema wurde von hier abgetrennt.


Hallo Alk
Hast du evtl. eine Skizze oder ein Foto wie du das mit der Druckmessung mit dem U-Rohr gemacht hast?
Ich würde das gerne nachbauen.
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

In amerikanischen Foren bauen manche Manometer für ihre Dampfdestillationsanlagen. ZB:
https://homedistiller.org/forum/viewtop ... 92&t=77367
https://homedistiller.org/forum/viewtop ... 92&t=81504
Ohne Gewähr. Ich habe mich nicht damit beschäftigt.
Würde mich aber interessieren, was du davon hältst.
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Alk52
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

Ich habe heute eine ganz einfache Version gesehen
hc_442.jpg
Bei direktem Anschluß funktioniert das Manometer auch, wenn etwas Kondensat hinein gelangt.

Statt des U-Rohres gibt es auch elektrische Lösungen, die aus Deutschland versendet werden.

Für meine Anwendung werde ich eine Wasserfalle vorschalten, die im Prinzip aus einem Glas mit Deckel und 2 Schlauchanschlüssen besteht, die beide von oben in das Glas gehen. So kann das Kondensat in das Glas tropfen und verstopft nicht die Leitung.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Steckt der Schlauch in der Flüssigkeit oder geht er nur durch die Wand?
Du hattest doch geschrieben dass du Druck bereits gemessen hast.
Hat das geklappt?
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Alk52
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

Der Schlauch im Bild misst den Dampfdruck. Genau so habe ich es auch gemacht, nur bei der letzten Messung hat es nicht funktioniert, weil ich in meiner 2m Zuleitung Kondensat hatte (deshalb die "Wasserfalle" obder besser gesagt "Kondensatfalle").
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 23. Mär 2021, 19:58 In amerikanischen Foren bauen manche Manometer für ihre Dampfdestillationsanlagen. ZB:
https://homedistiller.org/forum/viewtop ... 92&t=77367
Dieser erste Link ist gut. Er zeigt dass der Dampf über eine ansteigende Kupferleitung angezogen wird. Das Rohr wirkt als Kondensator so dass das Kondensat zurückläuft zur Destille. Oberhalb des Destillationspunktes ist das Rohr nur noch mit Luft gefüllt. Das U-Rohr Manometer wird am höchsten Punkt mit diesem Druck beaufschlagt. Das Kupferrohr muss dick genug sein dass Platz ist für das rücklaufende Kondensat und dass es keinen Druckstau gibt.
So werde ich es machen.
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Alk52
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

Ich habe einen Druckadapter gebaut, der für eine elektrische Messung gedacht ist.
hc_447.jpg
Ein 6mm Kupfer-Rohr in einem 8mm Rohr und als Kesselanschluss habe ich eine Kabelverschraubung M12 Fit 8 gewählt. Das metrische Gewinde ist etwas teurer als die Zollgewinde, aber notfalls kann mann schnell mal selbst ein Gewinde schneiden.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Ich habe mal ein normale U-Rohr gebaut, in Abmessungen die eine Messung bis knapp +-100 hPa erlauben.
Die Dampfdruckabnahme erfolgt am Helm mit einer 16mm Durchführung und einen langen 18mm Steigrohr. Dieses geht dann in den PVC Schlauch des Manometers über. Das U-Rohr hat einen sehr großen Durchmesser. Mit dünneren Schläuchen "klebte" bei mir das Wasser zu stark an der Wandung und es gab Lufteinschlüsse.
Den ersten Test habe ich mit Wasserdestillation gemacht. In der Potstill befand sich keine Packung. Der Liebig war nach oben gerichtet und erzeugte 100% Reflux. Geheizt habe ich mit einer Leistung zwischen 400W und 2500W.
Schon bei 400W wird das Manometersteigrohr ziemlich heiss, bei 2500W sieht man sogar oben am PVC Schlauch kondensierte Wassertröpfchen und der Schlauch wird dann schon gut warm.
Die Potstill hatte trotz hochgestelltem Liebig keinerlei Innendruck im Kessel.
Erst als ich den Liebigausgang mit einem Korken verschloss, stieg der Kesseldruck auf ca. 15hPa (15 cm U-Rohr Differenz). Die Kesseltemperatur stieg langsam um 0,2 °C an, was rechnerisch für diesen Druck korrekt ist.
Als ich den Korken aus dem Liebig entfernte, entwich mit einem Plopp kalte Luft.
Durch den Druckabfall war der Kessel nun um 0,2°C heißer als der Siedepunkt und kochte kräftiger als vorher. Im Liebig hörte man Gluckergeräusche weil durch den niedrigeren Kondensationpunkt auch mehr Destillat entstand. Aber nach ca. 10 Sek hatte sich die Sache wieder eingeschwungen und die Temperatur im Kessel fiel wieder auf den Wert der zum Umgebungsdruck gehörte.

Ich habe dann den Liebig mit dem Finger verschlossen und konnte den Druckaufbau beobachten. Beim leichten Lösen des Fingers spürte ich wie ein Gas entwich. Es war definitiv kalt. Es kann also kein Wasserdampf sein. Aber wo soll hier Luft herkommen? Der Kessel hatte schon 30 min gekocht.

Morgen werde ich das untersuchen.

Das Manometer arbeitet wunderbar empfindlich und lässt sich gut ablesen.
Weitere Tests werden folgen.

IMG_6985.jpg
IMG_6993.JPG
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Alk52
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

azeotrop hat geschrieben: 26. Mär 2021, 14:24 Geheizt habe ich mit einer Leistung zwischen 400W und 2500W.
Schon bei 400W wird das Manometersteigrohr ziemlich heiss, bei 2500W sieht man sogar oben am PVC Schlauch kondensierte Wassertröpfchen und der Schlauch wird dann schon gut warm.
Du machst mir Angst, dass mein Rohr zu kurz ist und zu warm wird. ;) Vielleicht muss ich ja einen Mini-LIebig bauen....
azeotrop hat geschrieben: 26. Mär 2021, 14:24 Ich habe dann den Liebig mit dem Finger verschlossen und konnte den Druckaufbau beobachten. Beim leichten Lösen des Fingers spürte ich wie ein Gas entwich. Es war definitiv kalt. Es kann also kein Wasserdampf sein. Aber wo soll hier Luft herkommen? Der Kessel hatte schon 30 min gekocht.
Wenn Du den Liebig hochdrehst, dann ist das kalte Wasser oben, deshalb die kalte Luft.
Kannst Du bei Deinem Versuch oben am Liebig mal einen Syphon anbringen, um zu sehen, ob der Liebig Fremdluft zieht oder Luft heraus drückt und wie lange.
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

Also egal ob 400 oder 2500W, du hattest ohne Korken keinen Überdruck. Mit nach untem gestellten Liebig würde es dann wohl auch nicht anders gewesen sein. Das sagt ja immerhin schon, daß das Thema Druckunterschiede nur Destillen mit Kolonnen betrifft. Ob auch welche mit passiver Kolonne, wissen wir noch nicht.

Wenn du den Liebig-Ausgang vor dem Aufheizen draufgesteckt hättest, wäre es aber nicht bei 15hPa geblieben und wenn du ihn draufgelassen hättest und dann ausgeschaltet hättest, wäre der Druck ordentlich ins Minus gerutscht. Je nach Destille hätte das auch gefährlich werden können.

Ich dachte, wenn man den Liebig-Ausgang verstopft, würde der Druck um den Umgebungsdruck herum schwingen, also kurz Auftretende Über- oder Unterdrücke würden nicht einfach durch Atmen ausgeglichen werden können. Daß es eine stabile Druckerhöhung gibt, habe ich nicht vermutet. Bei welcher Heizleistung war es 15hPa? Hast du mehrere Heizleistungen ausprobiert?

Daß dann kalte Luft entweicht, ist doch keine Überraschung? Was soll sonst entweichen? Der Wasserdampf erreicht ja nicht das Ende des Liebigs. Es ist immer Luft im Ende des Liebigs. Der Überdruck pustet diese dann teilweise raus. Danach stellt sich wieder das System von vor dem Verstopfen ein, also wenn das kurzzeitig stärkere Sieden sich gelegt hat, ist auch wieder Luft reingesogen worden.

Aber warum überhaupt ein Überdruck im System ist, weiß ich nicht. Es wäre interessant, ob die Heizleistung egal ist oder ob der Überdruck proportional mit ihr ansteigt.

Schön, daß das Manometer zuverlässig zu sein scheint, also daß es nicht so ausschaut, also müssen wir dauernd überlegen, ob da nicht ein Fehler ist.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Da gibt es sicher noch einige Überraschungen bis alles verstanden ist.
Aber wir haben ja Zeit.

Als Vorbereitung für die nächste Messung habe ich etwas recherchiert.
Alles bezieht sich auf 1013 hPa und reines Wasser.
Wasserdampf hat bei 100°C eine Dichte von 0,59 kg/m3
Trockene Luft hat bei 20°C eine Dichte von 1,204 und bei 100% Feuchte 1,193
Bei 100°C hat trockene Luft eine Dichte von 0,946 und bei 100% Feuchte hat sie 0,579

Das bedeutet dass Luft immer schwerer ist als Wasserdampf, ausser bei 100°C und 100% Feuchte.
Während des Aufheizvorgangs bleibt die schwere Luft also im Kessel liegen. Sie sättigt sich mit Feuchte und wird heißer.
Erst in der Phase wenn der Kessel siedet und kräftig Dampf entsteht wird die Luft leichter bis sie am Ende minimal leichter ist als der Dampf.
Von der Menge her ist in meinem teilgefüllten Kessel und den Rohren vielleicht Platz für max. 20 L Luft, das sind bei 20°C und geringer Feuchte etwa 24 g Luft. Wenn die Luft 100°C und 100% Feuchte erreicht würde sie ein Volumen von 41,5 Liter erreichen. Es strömen also 21,5 L Luft nach aussen.
Dem gegenüber stehen 5 L Wasser die 5 kg Dampf ergeben, also ein Volumen von ca. 3000 L Dampf ergäben.
Der Luftanteil ist also vernachlässigbar im Vergleich zum Dampf, auch wenn man noch berücksichtigen würde dass sich CO2 und andere Gase im Wasser gelöst sind.
Aber die überschüssige Luft muss raus. Sie kommt ziemlich gleichzeitig mit dem Dampf am Liebig an. Der Dampf wird kondensiert, die Luft strömt am Liebig Ausgang aus.

Wenn ich lange genug warten würde müssten irgendwann die 21,5 Liter überschüssige feuchte Luft ausgeströmt sein. Es wird sogar etwas weniger sein, denn im Liebig wird auch die Luft kühler und überschüssige Luftfeuchte kondensiert um Liebig und läuft als Wasser zurück in den Kessel.
Die trockenere kältere Luft ist wieder dichter und schwerer als Wasserdampf. Es wird also schwerere Luft wieder zurück in den Kessel fallen.

Ich kann also durch Überlegen schlecht abschätzen wieviel Luft überhaupt ausströmt und noch interessanter, ob das irgendwann aufhört.

Ich werde also Plastikbeutel verschiedener Größe über den Liebig Ausgang binden und beobachten was passiert.

Eigentlich wollte ich nur Druck messen. Aber nichts ist so einfach wie es scheint und dieses Rätsel interessiert mich.
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

Ich glaube nicht, daß es Schichtungen gibt, also Wasserdampf oben, Luft unten oder so. Dafür ist einfach zu viel Bewegung in der Destille. Es erinnert mich etwas an das Rätsel, warum wir nicht alle ersticken, denn das ganze CO2 der Athmosphäre müsste doch zu Boden sinken und eine dicke Schicht bilden. Gase getrennt zu halten und zu schichten ist nicht so einfach wie bei Flüssigkeiten.

Ich denke, es ist eine homogene Mischung aus Wasserdampf und Luft im Kessel, am Anfang der Destillation noch viel Luft und wenig Dampf, dann immer mehr Dampf und weniger Luft. Diese Mischung wird durch den Dampfdruck zum Liebig getrieben und dort trennt sich der Dampf von der Luft. Der Dampf kondensiert, die Luft geht nach außen. Irgendwann ist die ganze Luft aus dem Kessel, nur im Liebig gibt es noch welche.

Ich denke, der Plastikbeutel wird sich mit kalter Luft aufblähen und platzen.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 26. Mär 2021, 19:05 Diese Mischung wird durch den Dampfdruck zum Liebig getrieben
Der Dampfdruck des Wassers hat beim Siedepunkt immer genau die Größe des Umgebungsdruck, solange es keinen Stau gibt.
Der Differenzdruck Innen zu Aussen ist also 0. Das habe ich ja auch gemessen.

Was den Dampf nach aussen treibt ist die ständige Neuproduktion die im Kessel keinem Platz hat. Da es keinen Druckstau gibt, wird der überschüssige Dampf "überlaufen".

Aber das sind Feinheiten die vielleicht später wichtig werden.
Es gibt sowieso wieder neue Fragen wenn wir das Verhalten beobachtet haben.

Ich habe ein kleines Windgeschwindigkeitsmessgerät. Vielleicht kann ich die Austrittsgeschwindigkeit der Luft damit bestimmen.
Falls ja, dann lasse ich die Destille mit 100% Reflux laufen bis entweder die Luft weniger wird oder die Stromkosten zu teuer.
Erst im zweiten Schritt werde ich versuchen mit Beuteln das Volumen zu bestimmen. Wichtig ist erstmal zu sehen wie lange ohne Gegendruck überhaupt Luft ausströmt.
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Alk52
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

Ich würde mein Handy nehmen und den Joghurtglas-Syphon, dort den Liebigausgang eintauchen, filmen und später die Blasen zählen. Ich glaube nicht, dass der Windmesser genug Volumen /Druck sieht.
Wenn Du es richtig aufwendig haben willst, dann füllst Du Messgläser mit Wasser tauchst sie im Eimer unter Wasser und sammelst wie beim Knallgasversuch die Luft. Dann hast Du Volumen/Zeit bei definiertem Druck (=Tauchtiefe).
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

azeotrop hat geschrieben: 26. Mär 2021, 20:03
derwo hat geschrieben: 26. Mär 2021, 19:05 Diese Mischung wird durch den Dampfdruck zum Liebig getrieben
Der Dampfdruck des Wassers hat beim Siedepunkt immer genau die Größe des Umgebungsdruck, solange es keinen Stau gibt.
Der Differenzdruck Innen zu Aussen ist also 0. Das habe ich ja auch gemessen.

Was den Dampf nach aussen treibt ist die ständige Neuproduktion die im Kessel keinem Platz hat. Da es keinen Druckstau gibt, wird der überschüssige Dampf "überlaufen".

Aber das sind Feinheiten die vielleicht später wichtig werden.
Es gibt sowieso wieder neue Fragen wenn wir das Verhalten beobachtet haben.
Die Frage ist, wann beginnt es ein "Stau" zu sein? Schon, wenn das Steigrohr einen Durchmesser von 54mm hat und die Heizleistung 1000kW beträgt? Eher nicht. Bei 10mm und 5kw gibt es aber sicher einen Überdruck. Aber es ist immer das gleiche Prinzip, was den Dampf nach außen trägt: Es entsteht neuer Dampf und der drückt nach oben. Je nach Heizleistung und Abtransportmöglichkeit herrscht im Dampfraum dann mehr oder weniger Überdruck. Daß er in deinem Fall nicht messbar ist, bedeutet nur, daß er sehr klein ist. Kleiner als ich gedacht habe.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Einen Millimeter kann ich bei dem Manometer noch gut sehen. Das entspricht 0,1 hPa.
Der Differenzdruck ist jedenfalls kleiner als dieser Wert.

Ich habe heute experimentiert und bin gerade dabei einen kleinen Film zu schneiden. Das wird sicher interessant.
Heute habe ich nur ausprobiert wie lange Luft aus der Destille ausströmt, wenn sie mit 100% Reflux läuft und mit welchen Druck dies geschieht.
Ich habe begonnen mit 2500W aufzuheizen.
Wenn der Liebig Ausgang offen ist, spürt man einen leichten Luftzug aus dem Liebig kommen. Die Lufttemperatur des lauen Lüftchens betrug durchgehend ca. 22 °C. Der Differenzdruck lag bei offenem Liebig bei Null, zumindest kein erkennbarer Auschlag des Manometers.

Als das Wasser im Kessel über 30°C erreichte hatte, begann ich zu filmen und steckte den Liebigausgang ca. 1 cm in Wasser um die Luft als Bläschen zu beobachten.

Das Video ist sehr groß, ca. 350MB. Ich habe es deshalb nur verlinkt.
Falls möglich und erwünscht, darf es aber auch fest hier hochgeladen werden.
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von Alk52 »

Ein sehr informatives Video hast Du erzeugt (mach noch etwas Kaliumpermanganat (Apotheke) ins Wasser). 8-)
Für mich war, die Reduzierung des Blubberns kurz vor dem SIedepunkt, runter bis auf Null sehr interessant. Das hatte ich (gefühlsmäßig) nicht erwartet.

OK. Hättest Du Methanol gekocht, wäre dieser Effekt bei ca. 65°C aufgetreten.

"Ein Liter Luft (1000cm3) dehnt sich bei der Erwärmung um 10°C (bzw. 10 K) um ca. 37cm3 aus. Dies ist sehr viel mehr als die entsprechende Volumenzunahme bei Festkörpern und auch deutlich mehr als die entsprechende Volumenzunahme bei Flüssigkeiten". (Quelle: Google Ausdehnung von Luft).
Das heißt für uns, solange die Luft sich durch die Erwärmung ausdehnt, sehen wir das Blubbern. Sind wir am Siedepunkt, dann ist die Temperatur und das Luftvolumen konstant.
Der Dampf aus dem Kessel wird bei 100% Reflux vollständig kondensiert. Das passiert aber anscheinend nicht sauber kontinuierlich, sondern unregelmäßig und sorgt so für die Druckschwankungen, die im Kesseldruck sichtbar werden.
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

Sehr schönes Video! Der Hammer!

Meine Interpretation dazu:

Die Luft wird beim Aufheizen im Kessel feuchter. Es ist also Wasser im Dampfraum. Dieser vertreibt die Luft aus der Destille. Deswegen blubbert es. Nicht weil sich die Luft ausdehnt. Das würde nicht so viel ausmachen, daß es so blubbert.
Das wird dann immer mehr wie im Dampfbad, also immer weniger Luft und immer mehr Dampf. Kurz vor dem Sieden hat der Dampf schon die ganze Luft aus der Destille gepustet. Nur im hinteren Teil des Liebigs ist noch Luft. Wenn man beim Aufheizen den Kühler nicht angeschaltet hat, kann natürlich auch etwas Wasserdunst entweichen. Wenn er angeschaltet ist, wird das Wasser von der Luft getrennt.

Wenn die Destille dann siedet, hängt es vom Kühler ab, ob noch Restluft blubbert. Hier hättest du mal am Kühlwasser drehen können. Reduzierst du das Kühlwasser etwas, würde wieder etwas Restluft rausgeblubbert werden, der "Luftpropfen" im Liebig wird kleiner, da mehr Kühlerlänge benötigt wird, um den ganzen Dampf zu kondensieren. Erhöhst du das Kühlwasser, saugt der Liebig entweder Luft oder -wenn er eingetaucht ist- Wasser von außen.

Mich persönlich hat überrascht, daß die Luft schon vor dem Sieden so komplett ausgetrieben wird. Im Nachhineien finde ich es aber logisch.
Eine praktische Konsequenz fürs Schnapsbrennen daraus könnte sein: Ob man den Refluxkühler beim Aufheizen an oder aus hat, könnte einen Unterschied machen. Denn natürlich wird nicht nur die Luft aus dem Kessel getrieben sondern auch Dunst mit diversen Aromen. Auch beim PK könnte es einen Unterschied machen, ob der Dunst als einzelne Tropfen in den Destillatbehälter tropft oder als Dunst mit der Luft entfleucht.

Daß es keinen messbaren Überdruck gibt, liegt halt daran, daß alle Durchmesser groß genug sind. Habe ich nicht erwartet, daß so eine Destille mit dieser Heizleistung ohne messbaren Überdruck läuft.
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Ich habe vergessen zu schreiben dass sich am Ende, nach dem Ausschalten und Abkühlen ein Unterdruck aufgebaut hatte. Der Ballon steckte ja noch auf dem Rohr. Der Ballon wurde angesaugt und dichtete gut ab.
Als ich den Ballon abzog, strömte die vorher ausgetretene Luft zurück in die Destille.

Es war mir ja nicht möglich zu bestimmen wieviel Liter Luft nun ausgetreten waren. Jede Volumenbestimmung hätte eine Druckerhöhung am Liebigausgang, und damit in der gesamten Destille bewirkt. Vielleicht mache ich das noch.

Ich habe auch danach noch etwas gespielt bei 1500W und 100% Reflux. Als ich ganz wenig in den Schlauch zum Liebig geblasen hatte, stieg die Siedetemperatur im Kessel und im Kopf auf 105°C an. Als ich die Luft schlagartig raus ließ war die Hölle los. Das Wasser war ja auf 105°C überhitzt, der Umgebungsdruck bedeutete aber einen Siedepunkt von 99°C. Es entstand viel Dampf mit brodelnden Geräuschen, ein wenig kaltes Wasser spritzte aus dem Liebigschlauch, aber alles blieb dicht und der Liebig war stark genug das in den Griff zu bekommen. Es dauerte geraume Zeit bis sich wieder alles eingependelt hatte.
Danach saugte ich am Schlauch und die Temperaturen gingen nach unten, der Kessel brodelte stark und ich erschrak. Als ich den Schlauch los ließ, hörte das Brodeln bald auf, aber auch hier dauerte es geraume Zeit bis die Temperaturen wieder normal anzeigten.

Was mich erstaunt hat ist dass der hochgestellte 15mm Liebig bei 100% Reflux und hoher Heizleistung (ich habe bis 2000W ausprobiert) keinen bemerkbaren Strömungswiderstand hatte.
Es ist auch interessant zu sehen dass der Druck am Liebigausgang nur von der ausströmenden Luft erzeugt wird, und nach gewisser Zeit auf Null zurückgeht.
Man kann also den Kopfdruck nicht durch Messung des Drucks am Kühlerausgang messen. Man muss zwingend vor dem Kondensator messen.
Ich kann das 18mm Führungsrohr des Rührwerks aus dem Kopf meiner Potstill nach oben rausziehen und stattdessen einen Anschluss für die Messung des Kopfdrucks anbringen.
Als nächstes werde ich also den Druck im Destillenkopf messen. Ich weiss ja nun dass ich abwarten muss, bis sich der Druck durch die überflüssige Luft abgebaut hat damit am Liebigausgang sauber der Umgebungsdruck herrscht.
Mein Steigrohr hat ja 54mm Durchmesser. Ich erwarte also dass Kesseldruck und Kopfdruck immer gleich sind.
Deswegen werde ich eine Seite des Manometers am Kessel und die andere Seite am Kopf anbringen und den Differenzdruck messen.
Auch das werde ich mit Wasser machen. Ich möchte mich gut auskennen, bevor ich solche Spielchen mit Alkohol machen werde.

Das dritte Experiment wird mit Packung im Steigrohr gemacht werden, aber auch erstmal mit Wasser. Dan sehen wir weiter.
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Nach einer erholsamen Nacht habe ich nochmal über eine Möglichkeit nachgedacht das Volumen der ausgetretenen Luft zu bestimmen.
Bald erkannte ich dass ich das ja ausrechnen kann, zumindest für trockene Luft.

Durch meine Messung weiss ich ja dass bei offenem Liebigausgang im Kessel der selbe Druck herrscht wie in der Umgebung. Das stimmt vor dem Aufheizen bei 20°C genauso wie nach dem Erreichen der Siedetemperatur von 100°C (vereinfacht).
Die Temperaturen in Kelvin sind dann 293,15 K und 373,15 K
Es gilt also P293,15 = P373,15

Zusätzlich gilt das allgemeine Gasgesetz V1 x P1/T1 = V2 x P2/T2
Da die beiden Drücke gleich sind P1 = P2 kann man den Druck herauskürzen
und es gilt
V1/T1 = V2/T2

Mit unseren Werten eingesetzt ist das V293,15/293,15 = V373,15/373,15
Das kann man umstellen zu

V373,15 = V293,15 x 373,15/293,15 = V293,15 x 1,273

Bei 100°C nimmt die Luft also das 1,273 fache Volumen ein wie bei 20°C

Nun möchte ich aber wissen wieviel von der Luft aus dem Kessel ausgetreten ist. Das nenne ich mal Vx
Auch hier muss ich auf die Temperatur achten, also verwende ich Vx373,15 für das Volumen das die ausgetretene Luft hätte wenn sie auch draussen 100°C heiss geblieben wäre. Zusätzlich brauche ich das freie Kesselvolumen da ja durch die Kesselabmessungen gebildet wird. Ich nenne es Vk. Der Kessel hat ja bei allen Temperaturen das gleiche freie Volumen. Also darf ich schreiben Vk = Vx373,15

Nun können wir rechnen

V373,15 = V293,15 + Vk = V293,15 + Vx373,15

Das stelle ich um zu Vx373,15 = V373,15 - V293,15

wir wissen auch von vorhin V373,15 = V293,15 x 1,273

also folgt Vx373,15 = V293,15 x 1,273 - V293,15
daraus folgt
Vx373,15 = V293,15 x ( 1,273 - 1 ) = V293,15 x 0,273

Das ausgetreten Luftvolumen kühlt aber auf 20°C ab und deshalb reduziert sich das Volumen wieder
Es gilt ja Vx293,15 = Vx373,15 x 293,15/373,15 = Vx373,15 x 0,786

dann gilt

Vx293,15 = Vx373,15 x 0,786 = V293,15 x 0,273 x 0,786 = V293,15 x 0,215
Da V293,15 dem freien Kesselvolumen VK entspricht, heisst das
Vx293,15 = VK x 0,215

Durch die Erhitzung des Kessels treten also nur 21.5% des freien Kesselvolumens aus, der Rest bleibt als heiße Luft im Kessel.

Diese Rechnung gilt leider nur für trockene Luft. Da die Luft im Kessel aber 100% relative Luftfeuchtigkeit hat (Mehr Wasser kann die Luft nicht aufnehmen) hat die heisse feuchte Luft eine geringere Dichte, also braucht ein größeres Volumen.

In einen früheren Beitrag habe ich die Zahlen für die Dichteunterschiede ja schon geschrieben.
Es streicht also eine größere Menge an feuchter Luft am Kondensator vorbei. Der Kondensator trocknet aber diese feuchte Luft und sie tritt als trockene Luft aus. Das Wasser läuft in den Kessel zurück.

Da die feuchte Luft im Kessel mehr Platz braucht, tritt entsprechen des Dichteunterschieds mehr Luft aus.

Vx293,15 = VK x 0,215 x 0,945/0,579 = VK x 0,35

Es treten also 35 % des freien Kesselvolumens aus. Dann hört der Luftaustritt auf.

EDIT:

Aber!!

Das Ganze stimmt zwar für 100°C heiße feuchte Luft, aber im Kessel entsteht ja jede Menge reiner Wasserdampf. Die Luft ist ja schon gesättigt mit Wasser, der reine Dampf wird aber immer mehr. Die Dichten von gesättigter heißer Luft und von Wasserdampf sind sehr ähnlich und durch die Turbulenzen im Kessel werden die beiden Gase gut vermischt. Nehmen wir mal an dass zu Anfang 50/50 gesättigte Luft und reiner Wasserdampf am Kondensator ankommen. Alles Wasser geht in den Kessel zurück und erzeugt neuen Dampf, die Luft tritt aber aus.
Am Ende dieser Überlegung steht, das der Wasserdampf irgendwann die Luft soweit "verdünnt" hat, dass keine Luft mehr im Kessel ist.

Damit stimmt die Vermutung von derwo, dass die Luft komplett aus dem Kessel verdrängt wird.

Durch meine Rechnung sieht man dass dies in 2 Phasen geschieht. Am Anfang gibt es noch keinen Wasserdampf. Kurz vor dem Siedepunkt sind also nur 35% der Luft ausgetreten und das ziemlich schnell. Aber das Blubbern hatte aufgehört. Die weitere Verdrängung durch den Wasserdampf erfolgt viel langsamer. Das deckt sich auch mit meiner Erfahrung dass auch bei laufender Destillation ein sehr zartes Lüftchen kühler Luft aus dem Liebig austritt.
Man spürt es mit dem nassen Fingerrücken, der Druck ist aber unmessbar klein.

Ich habe keine Ahnung wann dieser Vorhang vollständig abgeschlossen ist. Da muss ich mal besser aufpassen.
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

Das Video zeigt, daß vor dem Sieden das meiste an Luft ausgetrieben wird. Danach passiert nicht mehr viel. Ich denke auch, es ist nicht (nur) die Wärmeausdehnung, was in der Aufheizphase die Luft nach außen treibt, sondern vor allem der Liebig trennt die Luft vom Wasser, das Wasser fließt zurück, die Luft entweicht nach draußen. Am Anfang der Aufheizphase gelangt somit fast nur Luft an den Liebig und mit der Zeit immer weniger Luft, aber dafür mehr Wasserdampf. Schon am Ende der Aufheizphase ist nur noch wenig Luft in der Destille.

Dieser Prozess ist mathematisch nie abgeschlossen. Und sobald stabile Verhältnisse sind, also der Kessel kocht, müsste es folgends passieren:
Angenommen in der ersten Minute kommen 20 Blasen und in der zweiten Minute noch 10 Blasen, dann kommen in der dritten 5 und in der vierten 2.5 usw.
In der Praxis ist das natürlich durch die Druckschwankungen nicht mehr so erkennbar.

In der Aufheizphase ist das anders. Denn der Dampfdruck wird mit steigender Temperatur immer höher. Es wird also mit steigender Temperatur mehr Dampf erzeugt. Einerseits wird die Luft, die aus dem Liebig weichen kann, immer weniger, also es müsste weniger blubbern, andererseits wird mehr Dampf pro Zeit produziert, also müsste es mehr blubbern. Der zweite Effekt scheint bei dir etwas größer gewesen zu sein als der erste.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Hattest du mein EDIT schon gesehen.
Ich denke in die gleiche Richtung wie du.

Nur das hier ist unglücklich formuliert:
derwo hat geschrieben: 28. Mär 2021, 11:50 Denn der Dampfdruck wird mit steigender Temperatur immer höher.
Der Dampfdruck einer Flüssigkeit entspricht natürlich immer dem Umgebungsdruck. Du meinst dass weit vor dem Siedepunkt schon kleine Mengen Wassermoleküle die Flüssigkeit verlassen und gasförmig werden. Das spielt aber mengenmäßig eine geringe Rolle.

Spätestens ab dem Siedepunkt beginnt aber der von dir vorausgesagte Verdrängungsprozess.
wobei mir der Begriff Verdünnungsprozess besser gefällt. Da es keine unendliche Verdünnung gibt, dauert der Prozess auch unendlich lange.

Ich hab schon eine Idee wie ich das Messen könnte. Die austretende Luft ist ja trocken. Trocknener als die Umgebungsluft.
Ich versuche mal mit dem Schlauch vom Liebig auf einen elektronischen Luftfeuchtemesser zu blasen. Wenn dann die Feuchteanzeige runter geht, brauche ich ja nur solange zu destillieren bis keine trockene Luft mehr kommt und wieder die Raumfeuchtigkeit angezeigt wird.
Mal sehen ob das klappt.
Es grüßt Azeotrop
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

Ich habe das Edit gelesen und ich weiß, daß wir ähnlich denken. Der Unterschied ist glaube ich, daß du denkst, der Verdrängungsprozess beginnt erst spät. Ich denke, er beginnt sehr früh.
Wenn ich meine Hand über einen Topf mit warmem Wasser halte, wird die Hand feucht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Luftfeuchtigkeit
Bei atmosphärischem Normaldruck von 1013,25 hPa kann ein Kubikmeter Luft bei 10 °C maximal 9,41 g Wasser aufnehmen. Die gleiche Luftmenge nimmt bei 30 °C schon 30,38 g Wasser auf und bei 60 °C sind es schon über 100 g Wasser.

Edit: Ich denke, diese Maxima werden durch das beständige "Rausfiltern" der Luft, auch erreicht.

Dieses Wasser ist dann natürlich nicht irgendwie "mit drinnen" in der Luft, sondern es verdrängt die Luft, da pro Volumen nun mal nur soundso viel Moleküle drinnen sein können.
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azeotrop
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von azeotrop »

Das was deine Hand spürt ist kondensiert Luftfeuchtigkeit.
Luftfeuchtigkeit hat nichts mit sieden zu tun.

Zu Anfang ist die Destille noch kalt und alles was bereits verdunstet wird an den kalten Teilen wieder kondensieren. Die Verdrängung / Verdünnung beginnt erst wenn die Destille heiß genug ist.
Wobei die Destille ja nur durch den Wasserdampf heiß wird.
Also kommt zuerst der Siedepunkt mit viel Dampf der die Destille aufheizt. Die verdunstende Menge weit vor dem Siedepunkt ist mengenmässig viel geringer.

Edit:
Bei feuchter Luft gehen die Wassermoleküle eine Bindung mit den Molekülen der Luftbestandteile ein. Deshalb kann Luft nur eine begrenzte Wassermenge aufnehmen. Diese Menge ist temperaturabhängig aber nach oben begrenzt. Steht mehr Wasser in Form von Dampf zur Verfügung als die Luft binden kann, dann bleibt dieser Überschuss von reinem Wasserdampf eigenständig übrig. Wobei durch die Turbulenzen natürlich eine intensive Vermischung der beiden Gase (Luft mit gebundenem Wasser plus reiner Wasserdampf) verursacht.

Falls mein Experiment mit dem Luftfeuchtemesser als Detektor für den Luftstrom gelingen sollt, könnte ich das ja ausprobieren.
Ich würde versuchen die Kesseltemperatur mal längere Zeit kurz unterhalb der Siedetemperatur halten und das Verhalten vergleichen mit der Situation mit siedendem Kessel.
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derwo
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Re: Druckmessung an Destillen

Beitrag von derwo »

In deinem Video ist das Blubbern jedenfalls schon fast zu Ende, wenn der Siedepunkt im Kessel erreicht ist. Siehe Minute 14 mit 98.5°C (Siedepunkt nur 0.5°V höher). Deswegen denke ich, daß da auch fast die ganze Luft draußen ist.

Weißt du, was das molare Volumen bei 100°C ist?

Also, auf was ich hinaus will, ist, daß die maximale absolute Feuchtigkeit bei 100°C vielleicht 100% oder nahe bei 100% ist. Also daß beim Erreichen des Siedepunkts keine Luft mehr in der Destille gehalten wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Luftfeuchte.png
Immerhin etwa 590g/m³ Wasser. Die Frage ist, wie viel mol% das sind.