Dreierlei vom Dunder

Alkohol aus Zuckerrohrmelasse, Rohrzucker oder Zuckerrohrsaft
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Hallo zusammen,

Gestern habe ich mich an meinen ersten Raubrand gemacht Ausgangsstoff war ein Melasse Wash im Verhältnis 4:1 mit einer Priese Magnesiumsulfat/Vitamin B. Vergoren bei ~30*C mit frischer Backhefe.

Gegen Ende des Raubbrands habe ich festgestellt dass sich mein Alkoholometer im Proofing Parrot schon länger nicht mehr gerührt hat. Was soll ich sagen, das Glas ist unten aufgeplatzt und der Parrot war 1 cm hoch mit Bleischrot gefüllt. Damit Ist mein erster Raubrand natürlich direkt in den Abfluss gewandert.

Wenigstens habe ich circa 15 l frischen Dunder geerntet. Diesen möchte ich gerne mit 50 % Wasser auffüllen und separat infizieren.

1. Eimer mit Essigmutter
2. Eimer mit Clostridium Butyricum (Aus einem japanischen Probiotikum „Miyarisan strong“)
3. Eimer mit Propionibacterium freudenreichii aus der Käseherstellung

Ich würde gerne einen kräftigen weißen Pot Still Rum erzeugen, ähnlich zum Beispiel einen Wray&Nephew nur mit saubereren Cuts zum pur trinken.

Dafür hatte ich mir folgendes überlegt: „Maische“mit sauberem Dunder ansetzen und lange bei hoher Temperatur vergären. Raubrand erzeugen, mit infiziertem Dunder versetzen und 2 mal nachbrennen. Den letzten Feinbrand natürlich wieder ohne Dunder Beigabe.

Haut das so hin? Auch ohne Schwefelsäure?
Das wäre jetzt so mein grober Schlachtplan. Im Detail bleiben natürlich noch viele Fragen offen, unter anderem:

1. Sollte ich den Eimer welchen ich mit Essig Mutter infizieren werde noch ein wenig nachträglich aufspritten?
2. Sollte ich den Eimer mit Propionibakterien noch etwas aufzucken?
3. Was muss ich machen, damit es dem Clostridium butyricum wohl ergeht? Muss ich das Behältnis luftdicht verschließen?
4. Wie hoch sollte der Anteil an infiziertem Dunder welchen ich zu dem Raubrand gebe sein? (Ich hätte jetzt mit 25 % angefangen)
5. Wie sollte die Zusammensetzung der 3 Dunderbeigaben sein. (Ich hätte nach Gefühl wohl 15% Essig Dunder und jeweils 5% aus Eimer 2 und 3 genommen.
6. Wie viel ABV sollte der Raubrand vor dem zweiten brennen haben?
7. Auf wie viel ABV sollte ich den zweiten Raubrand vor dem letzten brennen verdünnen?

Das sind jetzt gerade nur die dringendsten Fragen die mir im Kopf herum schwirren, da kommen sicher noch mehr dazu. Wäre toll eure Meinung zu hören.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Hallo TropicDunder,

fangen wir von oben an:
Magnesiumsulfat in eine Melassemaische zu geben, ist vollkommen unnötig. Melasse hat einen Haufen an Mineralien, daran wird es nicht scheitern. Ich weiß, es gibt in amerikanischen Foren diese Angewohnheit, daß Magnesiumsulfat überall reinmuss. Hier definitiv nicht. Wohl aber hat Melasse keinen Stickstoff. Da hätte man was machen können. Also DAP zum Beispiel oder organische Stickstoffquellen.

Ich hätte ehrlich gesagt den Raubrand nicht weggeschüttet. Das Bleiproblem hätte sich beim zweiten Brand gelöst. Warum ist die Alkoholspindel gebrochen? Hast du die Vorlage luftdicht an den Kühler montiert?

Das Verdünnen des Dunders ist wichtig, wenn die Bakterien gut arbeiten sollen. Es reicht aber, auf das ursprüngliche Volumen zu verdünnen. Also wenn du 10l Maische gebrannt hast, reicht es, den Dunder wieder auf 10l zu bringen.

Essigmutter braucht Zucker. In den ersten Eimer würde ich also etwas Melasse oder Zucker reintun. Oder minimal aufspritten.

Clostridien hättest du dir auch aus natürlichen Quellen holen können: Erde, Kartoffelschalen zB.

Propionibakterien aus Emmentaler. Da wären dann natürlich auch Laktosebakterien dabei, welche aber ebenfalls interessant sind. Muss meines Wissens nicht aufgezuckert werden.

Der Schlachtplan für sowas ist nicht so einfach. Man bekommt nämlich die guten Sachen nicht so einfach ohne die schlechten. Etwas genauer: Man bekommt die Ester nicht ohne die Säuren. Man muss also die Säuren im Nachhinein loswerden. Das bedeutet, man muss so einen Rum relativ hoch brennen, was dann vielleicht sogar mit einem Verlust anderer Aromen einhergeht. Ich kenne Rums von Hampden und Worthy Park. Sie sind natürlich beeindruckend, aber gleichzeitig fehlt ihnen auch was, was ein normaler Appleton aber hat.

Infizierten Dunder zum Raubrand zu geben, ist zwar sehr effektiv, was die Erzeugung von Estern angeht, aber man macht damit einen Schritt zurück, wenn man die Säuren schlussendlich wieder loswerden möchte. Traditionell wird das auch nicht gemacht. Es ist eine reine amerikanische Hobbybrennermethode, die sonst niemand macht. Auch bei Whiskey wird das nur von Hobbybrennern gemacht. Dunder oder backset wird von der Industrie höchstens für die Maische verwendet. Und übrigens keinesfalls im Endprodukt, was ja auch manche amerikanische Hobbybrenner machen. Es hat sich dort eine Tradition herausgebildet, unglaublich viel Vorlauf abzutrennen und aber beim Nachlauf sehr abgehärtet zu sein. Das ist das Gegenteil von dem, was auch bei teuren Bourbons oder Rums gemacht wird.

Die Bilder von Muck Pits beeindrucken vielleicht, es ist aber nicht so, daß diese Sauce dann direkt in großer Menge verwendet wird. Sie dient als Bakterienbehälter, aus dem dann eine kleine Menge entnommen wird, um die Maische oder/und den frischen Dunder zu infizieren.

Uninfizierter Dunder hat nur wenig Charakter. Er ist ja das, was es bei der Destillation nicht ins Destillat geschafft hat.

Schwefelsäure erhöht sehr stark die Veresterung. Gleichzeitig gehen dann aber auch mehr Säuren ins Destillat, es wird also ein wesentlich früherer Nachlaufschnitt erwartet. Einfach Schwefelsäure irgendwo reinkippen, gibt keinen guten Rum.

Wohl aber solltest du Schwefelsäure zur Hand haben, um den infizierten Dunder vor der Verwendung zu überprüfen. 10ml Dunder plus 10ml Raubrand + 1 Tropfen konz. Schwefelsäure, schütteln und 1h warten, dann daran riechen.

Die Dunderbehälter nicht luftdicht verschließen. Die Bakterien basteln sich schnell einen glibbrigen Deckel, der andere Baktrien draußenhält und damit verzögert, daß sich andere Bakterien ansiedeln und schlussendlich die Eimer sich angleichen. Angleichen werden sie sich aber sowieso irgendwann.

Was in deinem Plan vollkommen fehlt, ist der pH-Wert: Die Bakterein hören sehr schnell auf zu arbeiten, wenn der pH sinkt. Du musst den pH am besten mit Calciumhydroxid auf etwa 5 halten. Das erfordert anfangs nur sehr geringe Mengn und dann imer höhere. Du brauchst also auch ein pH-Messgerät. Ohne pH-Erhöhung verduften die gerade eben erzeugten Aromen auch gleich wieder. Das ist ein Problem, wenn man sehr sauer vergärt. Andererseits, wenn man sehr basisch vergärt, hat man dann eine schlechte Veresterung... Es ist recht komplex und man kann dann auf Ideen kommen, wie, den pH-Wert hoch zu halten und erst direkt vor dem Brennen abzusenken.

Ein reiner Zweifachbrand wird nicht reichen bei vielen Säuren. Vor allem, wenn man Dunder in den Raubrand mischt. Am Schluss sollte wenigstens eine Destillation ohne zugegebene Säuren stattfinden, um Säuren mit dem Nachlauf abzutrennen.

Mal schaun, was für Rückfragen kommen, und dann machen wir einen Plan.

Parallel wäre es gut, wenn du auch einen normalen Rum machst, falls du das noch nicht gemacht hast.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Wow, danke dir erstmal für die ausführliche Antwort.
derwo hat geschrieben: 6. Sep 2021, 10:18 Hallo TropicDunder,

fangen wir von oben an:
Magnesiumsulfat in eine Melassemaische zu geben, ist vollkommen unnötig. Melasse hat einen Haufen an Mineralien, daran wird es nicht scheitern. Ich weiß, es gibt in amerikanischen Foren diese Angewohnheit, daß Magnesiumsulfat überall reinmuss. Hier definitiv nicht. Wohl aber hat Melasse keinen Stickstoff. Da hätte man was machen können. Also DAP zum Beispiel oder organische Stickstoffquellen.

DAP habe ich auch hier, davon werde ich bei der nächsten Maische Gebrauch machen.

Ich hätte ehrlich gesagt den Raubrand nicht weggeschüttet. Das Bleiproblem hätte sich beim zweiten Brand gelöst. Warum ist die Alkoholspindel gebrochen? Hast du die Vorlage luftdicht an den Kühler montiert?

Ich vermute einfach, dass ich das Thermometer zu enthusiastisch in den Parrot habe reinfallen lassen. Somit ist der ganze Raubrand über Bleischrot gelaufen.

Das Verdünnen des Dunders ist wichtig, wenn die Bakterien gut arbeiten sollen. Es reicht aber, auf das ursprüngliche Volumen zu verdünnen. Also wenn du 10l Maische gebrannt hast, reicht es, den Dunder wieder auf 10l zu bringen.

Ist notiert. Noch habe ich zum Glück keine Verdünnung durchgeführt.

Infizierten Dunder zum Raubrand zu geben, ist zwar sehr effektiv, was die Erzeugung von Estern angeht, aber man macht damit einen Schritt zurück, wenn man die Säuren schlussendlich wieder loswerden möchte. Traditionell wird das auch nicht gemacht. Es ist eine reine amerikanische Hobbybrennermethode, die sonst niemand macht. Auch bei Whiskey wird das nur von Hobbybrennern gemacht. Dunder oder backset wird von der Industrie höchstens für die Maische verwendet. Und übrigens keinesfalls im Endprodukt, was ja auch manche amerikanische Hobbybrenner machen. Es hat sich dort eine Tradition herausgebildet, unglaublich viel Vorlauf abzutrennen und aber beim Nachlauf sehr abgehärtet zu sein. Das ist das Gegenteil von dem, was auch bei teuren Bourbons oder Rums gemacht wird.

Ich habe schon an meinem english gezweifelt, als ich von der Praxis gelesen habe den fertigen Rum mit dunder zu versetzen. Da zieht sich mir der Magen zusammen.

Mal schaun, was für Rückfragen kommen, und dann machen wir einen Plan.

——> :+1: :+1: :+1:

Parallel wäre es gut, wenn du auch einen normalen Rum machst, falls du das noch nicht gemacht hast.

Bevor ich das Bleimahleur entdeckt habe habe ich ein wenig von dem Raubrand probiert. Er hat so extrem nach Melasse geschmeckt, ganz ohne begleitenden Funk (oder dann zu mindest auf Holz gelegt) stell ich mir das etwas eindimensional vor. Ok, vielleicht auf Kolonne oder 3x gebrannt. Oder schwächt sich das Aroma von Rau zu Feinbrand doch so sehr ab, dass es die Melasse etwas bändigt?

Also, es sieht so aus als müsste ein gänzlich anderer Plan her. Gut dass ich noch nichts in die Wege geleitet habe. Ich sitze derzeit auf 15l unverdünntem „sterilen“ Dunder und 70l ausgegorener Maische (4:1). Ein solides PH Messgerät ist vorhanden, und auch den Gebrauch von Schwefelsäure möchte ich jetzt nicht mehr ausschließen. Werde aber wahrscheinlich bloß an Batteriesäure kommen, habe es versäumt noch rechtzeitig zuzuschlagen.

Muss die Maische kurz nach Beginn der Fermentation bereits infiziert werden. Oder reicht es den infizierten Dunder vor dem Raubrand mit der Maische zu vermengen? Meine 70l sind nämlich schon durch. Wann kommt die Schwefelsäure genau ins Spiel, erst vor dem Raubrand? Im infiziertem Dunder, oder in dem Maische + infiziertem Dunder-Gemisch?

Bisher habe ich an Infos mitgenommen:
Dunder mit Wasser auf das ursprüngliches Maischevolumen bringen. Infizieren und mittels Calciumhydroxid auf Ph ~5 halten.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Das Melassearoma wird auf jeden Fall weniger, wenn man dann höher brennt.

Batteriesäure geht auch. Man braucht halt etwa das Dreifache.

Ich finde, die Gärung sollte erstmal normal und gesund starten, was bei Rum ja eh nicht ganz so einfach ist, da Melasse eine so hohe Dichte hat. Und dann nach der Hälfte kann man mit der Infektion beginnen. Direkt die Bakterien oder infizierter und aber vorher getesteter Dunder. Dann lässt man das offen stehen. Falls sich ein Pellicle bildet, würde ich dieses nicht mitbrennen.
Das ist die einfachste Version.

Optional wäre, den pH von Anfang an oben etwas zu halten, damit die Säuren weniger flüchtig sind und also nicht mit dem CO2 aus der Maische getrieben werden. Vor dem Brennen dann vorsichtig und langsam mit viel Rühren verdünnte Schwefelsäure dazu, um den pH wieder etwas abzusenken. Es fällt dann Gips aus (Calciumhydroxid + Schwefelsäure = Gips). Der sammelt sich am Boden des Gärbehälters. Dieser zusätzliche Schritt ist sehr effektiv. Aber man muss dann höher brennen, sonst nimmt das scharfe Mundgefühl durch die Säuren überhand. Das ist die Kunst: Die Ester ohne die Säuren zu bekommen. Helfen tun dabei zB höhere Alkohole, da deren Ester eine niedrigerere Wahrnehmungsschwelle haben und auch sowieso interessanter sind als die Ethylester. Deswegen eher nicht DAP nehmen sondern organische Stickstoffquellen, also Proteine, oder vielleicht auch den Hefebodensatz der letzten Maische (da wäre auch Vitamin B dabei), außer der ist durch den Gips verschlammt. Und wie immer helfen gegen Säuren ein mehrmaliges Brennen. Also nicht mehrmals im Sinne von Kolonne sondern im Sinne von wirklich mehrmals, also mit Entleeren des Kessels dazwischen. Ich würde es an deiner Stelle gar nicht erst mit Doppelbrennen versuchen, sondern gleich einen Dreifachbrand planen. Mit deutlich über 40vol% im Kessel beim Feinbrand.

Insgesamt bin ich nicht so ein Fan von Dunder, da er, wie schon geschrieben, nicht viel neues mitbringt. Und aber Nachteile mit sich bringt: er erhöht die Dichte, was dann dazu führt, daß man den Alkohol- bzw Zuckergehalt nicht so hoch anpeilen kann.

In deinem Fall, wo die Maische ja schon fertiggegärt hat, kannst du trotzdem noch mit der Infektion starten. Wenn du aber erstmal einen Dunder zubereitest, wird sich die Maische vielleicht schon selber etwas infizieren, was aber ok ist. Dann regelmäßig den Dunder mit Alk und Schwefelsäure überprüfen. Je wärmer und je höher der pH, desto schneller wird was gehen. Vorsicht aber mit pH über 5.5. Das erhöht das Risiko, daß der Dunder in einer Weise gammelt, daß er nach totem Tier riecht (ich weiß leider selber nicht, welcher chemische Prozess dafür verantwortlich ist). Er soll sauer riechen, Käse, Schweiß, Erbrochenes und so. Wenn der pH tief ist, wird er mehr riechen als mit hohem pH. Das liegt aber nur daran, daß die Säuren dann flüchtiger sind. Nicht, daß mehr Säuren da sind.
Vielleicht peile mal ein bis zwei Wochen für den Dunder an, nachdem das erste Zeichen einer Infektion sichtbar ist (milchiger Film auf der Oberfläche) und dann noch ein oder zwei Wochen in der Maische. Auf 10l Maische vielleicht 2l infizierten Dunder.
Die Reste vom Dunder kannst du dann als Bakterienquelle aufbewahren, mit der du neuen Dunder infizierst, falls du dann noch weitermachst.

Pro 10l mit sagen wir mal 8vol% im Kessel dann 3l 26vol% Rauwasser, daraus dann 1.7l 47% Mittelwasser, keine Vorlaufabtrennung bis hierher, dann Feinbrand.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Eine Ergänzung zum pH:

Während der Gärung den pH hoch halten, damit das CO2 möglichst wenig Säuren und Ester ausbläst und Bakterien gefördert werden. Nach Abschluss der Gärung erstmal weiterhin den pH hochhalten, um die Bakterien weiterhin zu unterstützen. Und dann aber irgendwann den pH nach unten rutschen lassen, um die Veresterung zu unterstützen. Da sollte die Maische entweder abgedeckt sein oder ein Pellicle haben. Der pH fällt von alleine, aber schlussendlich solltest du doch genau die Menge an Schwefelsäure zugeben, um alles an Calciumhydroxid rauszuholen. Die Menge Schwefelsäure lässt sich aus der Menge Calciumhydroxid berechnen. Dafür gibt es einen Rechner hier: Rechner/CalciumhydroxidSchwefelsaeure.html
Die Schwefelsäurezugabe kann Aromen zerstören. Also setze dir die nötige Menge stark verdünnt an, vielleicht auf 5% verdünnt. Und gib sie dann im Lauf von mehreren Tagen langsam dazu. Wenn du dabei rührst, zerstörst du eventuell das vorhandene Pellicle. Und es wird kein neues aufgebaut werden, da die Bakterien den niedrigen pH nicht mögen. Wahrscheinlich ist es dann besser, die Maische abzudecken. Die Maische wird dann plötzlich viel stärker riechen als davor.

Beim Feinbrand kann man auch über eine leichte pH-Erhöhung nachdenken, um die Flüchtigkeit der Säuren zu verringern. Man verliert dann auch Ester, aber ich denke, es überwiegt das Positive. Minimale Mengen an zB Natriumhydroxid reichen dafür aus. Bröckelchen. Trotzdem ebenfalls in Stufen zugeben.

Es gibt da viel auszuprobieren...
Eine mögliche weitere Stufe ist, zu versuchen, die höherwertigen Säuren zu behalten, während man die minderwertigen loswird. Das wird dann richtig spannend:
viewtopic.php?f=23&t=669
viewtopic.php?f=23&t=329
Ich werde dieses Jahr wohl einen Malt Whisky mit dieser Methode machen. Mit direktem Vergleich ohne diese Methode.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Also wenn der Dunder tatsächlich nur ein Medium ist um die Bakterien aufzubewahren und zu vermehren, dann fliegt er raus. Auf HD werden ja sogar Thumper damit gefüllt (uninfiziert), daher dachte ich da ist noch mehr dran. Da ich direkt mit Bakterienkulturen infiziere, und von diesen ausreichend zu Verfügung habe brauche ich diesen Schritt ja eigentlich nicht.

Ich werde die Maische jetzt doch direkt infizieren. Dafür habe ich gestern bereits 10l von meiner Hauptmaische abgezweigt (bei der kleinen Menge kann ich die Temperatur grade besser steuern) und mit einem guten Teelöffel Propionikultur infiziert. Die Suppe lagert bei 34*C. Ich wollte gerade eine erste Ph Messung vornehmen doch die Sonde von meinem Ph Meter scheint kaputt zu sein (Ersatzsonde ~70€), ich denke ich hol mir für die Brühe lieber ein China Gerät.

Auf Amazon gibt es noch jemanden der (wahrscheinlich unwissend) 37% Schwefelsäure verkauft, da hab ich zugeschlagen. Hoffentlich bekomme ich keinen Besuch. Wenn man Schwefelsäure + Hausdurchsuchung eingibt bekommt man ja genug Einträge. Aber vielleicht sind das alles die die vorher Schwefelsäure + Hausdurchsuchung gegoogelt haben 😉.

Calciumhydroxid und Essigmutter kommen die nächsten Tage an. Mit der Essigmutter wollte ich erstmal ähnlich verfahren: 10l abzweigen, optimale Bedingungen schaffen, infizieren, beobachten und dann ab zum Hauptferment.

Das Colostridium kommt wohl leider erst Ende des Monats an, bis dahin hätte ich schon gerne einen ersten Raubrand durch und einen neuen ~100l Ferment angesetzt. Käme es eigentlich auf das gleiche raus, wenn ich alle beschriebenen Schritte unter Berücksichtigung einer Infektion mit jeweils nur einer Bakterienart durchführe und dann am Ende die Destillate blende? Oder gibt es da einen synergetischen Effekt während der Destillation?

Sollte ich den Hauptferment sowohl mit Propioni als auch mit Essigsäurebakterien und Colostridium infizieren gebe ich ja die Kontrolle über das spätere Verhältnis der einzelneren Ester auf. Oder kommt da schon was harmonisches bei rum wenn man die einfach machen lässt? Ich frage, weil ich mich noch genau erinne, vor Jahren mal eine Flasche „Ron Prohibido“ weggeworfen zu haben da er schmeckte als würde ich mit Butter gurgeln.

Der Schwefelsäurerechner ist ja super! Wenn ich es richtig verstanden habe möchte ich ja nicht bloß das Calciumhydroxid ausfällen, sondern brauche einen kleinen Überschuss als veresterungskatalysator. Wie hoch sollte ich den ansetzen?

Wie auch immer, am Ende würde ich jetzt nun doch gerne ein kleines Ex-Bourbon Fass mit 50l Overproof abfüllen und für ein paar Jahre verstecken. Genug Zeit zum experimentieren bleibt mir also.
23DCE115-A743-4DFC-BFAC-FF4A52E97E55.jpeg
Benutzeravatar
azeotrop
Beiträge: 2223
Registriert: 26. Okt 2018, 21:17

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von azeotrop »

Eine Handvoll Gartenerde liefert dir viele Clostridien. Wenn du Landwirtschaft in der Nähe hast, die Flüssigkeit die aus Grünfuttersilos unten raus läuft enthält extrem viele Clostridien. Da reicht 1 EL voll.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Dunder ist nicht nur ein Medium, um die Bakterien aufzubewahren, da hast du mich falsch verstanden. "Muck" ist das Medium, also die Gruben ("muck graves") in Jamaika, wo Dunder, "cane trash", "lime" und alles mögliche andere vor sich hingammelt. Und das in etwa bekommst du, wenn du Dunder mehrere Monate mit hohem pH und hohen °C sich entwickeln lässt.
Dunder wird sehr wohl verwendet. Aber eben nicht dieser vollkommen vergammelte, sondern entweder frischer oder welcher mit einer relative frischen Infektion.
Und jede Brennerei mach das anders. Und alle Details erfährt man nicht. Und es hat sich kein einheitliches System durchgesetzt.

Die Thumper (bzw bei Rum heißen sie "retorts") werden in Jamaika mit "low wines" und "high wines" befüllt. Das eine ist der frühe Nachlauf, das andere der späte, schwächere Nachlauf. Wo der Vorlauf hinkommt, weiß ich nicht, falls überhaupt einer abgetrennt wird.

Man kann Schwefelsäure auch konzentriert auf ebay kaufen. Ich finde den link aber nicht mehr. Aber es ist eh egal.
Hier sogar von einem Versandhändler für unser Metier:
https://www.rekru.de/product_info.php?p ... -96-%-9001

Essigmutter bekommt man auch durch naturtrübem Apfelessig vom Drogeriemarkt oder auch von manchen Supermärkten.

Von synergetischen Effekten habe ich gelesen, daß es sie zwischen Hefe und Clostridien gibt. Da geht es aber um Vergärungseffizienz.
Du hältst die Infektionen ja getrennt in den Behältern. Und durch den Test mit Alk und Schwefelsäure, kannst du testen, was dich erwartet. Also einen Erkenntnisgewinn gibt es auf jeden Fall. Du weißt schon, bevor du das zur Maische gibst, was dich in etwa erwartet. Wenn du es genauer wissen willst, musst du halt die Maische aufsplitten...

Ich habe mit der Zugabe von Schwefelsäure auch schlechte Erfahrungen gemacht und bin mir nicht sicher, ob es nur an der zu schnellen und zu unverdünnten Zugabe oder auch am Überschuß gelegen hat. Deswegen empfehle ich dir, etwas defensiv keinen Überschuß zu verwenden.

Die Kanister sind nicht besonders praktisch. Wenn es ein Pellicle gibt und du den pH messen oder verändern willst oder etwas Dunder entnehmen willst, musst du es vom Rand lösen (mit einem Messer geht es gut) und etwas zur Seite zusammenschieben, dann das machen, was du willst, und dann es wieder zurückschieben. Das geht mit einem Eimer besser. Bei Bauhaus gibt es sehr günstig 15l- und 12l-Farbeimer. Die verwende ich (auch für kleinere Maischen).
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Das scheint eine schwere Geburt zu werden😂

In dem Kanister habe ich Maische infiziert, keinen Dunder. Notwendig war das wohl nicht, da ich diesen sobald ich eine erste Aktivität erkenne eh mit in den großen Hauptferment kippe. Ich dachte ich greife den Propioni Bakterien etwas unter die Arme. Den kleinen Kanister kann ich nämlich temperieren, den großen nicht.

Die 15l Dunder habe ich grade auf 20l hochverdünnt und in einem Braueimer mit Zapfhahn in den Heizungskeller gestellt, das soll etwas langfristiges werden. Auf dass es Muck werde.

Macht es denn jetzt einen Unterschied ob ich eine Maische mit reinen Bakterienkulturen (E,C&P) infiziere, oder mit (mit Muck) infiziertem Dunder versetze. Da bekomme ich meinen Kopf einfach nicht rum.

Was ist die Rolle des Mucks? Einen Ferment zu infizieren? Frischen Dunder zu infizieren mit dem ich einen neuen Ferment starte? Kommt das nicht auf das gleiche raus? Oder wird Muck kurz vor dem Raubrand mit in den Kessel (zu der bereits Infizierten Maische??) gegeben?

Sorry wenn ich mich wie der erste Brenner anstelle, ich hab grad einen gordischen Knoten im Kopf, bitte zerschlag den mal jemand.

Danke für den Link! Hatte mir einen Wolf gesucht. Seit dem 01. Februar 2021 darf Schwefelsäure über 15% nicht mehr an Privatpersonen abgegeben werden. Batterien selber befüllen geht also auch nicht mehr …
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

TropicDunder hat geschrieben: 7. Sep 2021, 19:46Die 15l Dunder habe ich grade auf 20l hochverdünnt
Das bedeutet, du hast aus 20l Maische nur 5l Raubrand geholt? Warum hast du so früh aufgehört? Du hast Alkohol und Aroma verschenkt.

Du kannst ruhig direkt mit den Bakterien arbeiten. Dann wird es halt zumindest eine Zeit lang eine Reinkultur. Das ist zum Studieren interessant, weil du vielleicht neugierig bist, wie genau zB Buttersäureethylester riecht. Man kann das aber auch direkt studieren, indem man sich ein paar Säuren kauft und sie mit Alkohol und Schwefelsäure selber verestert. Früher oder später wird sich die Reinkultur ändern, da ja doch irgendwie irgendwo andere Organsimen einen Zugang finden und sich dann vermehren. Muck ist im Endeffekt irgendwann ein Mischmasch, wo du nur wenig Kontrolle hast, was da lebt. pH und Temperatur sind deine Drehknöpfe, damit lässt sich nicht alles regeln. Aber früher oder später hat Buttersäure immer eine starke Dominanz glaube ich. Das ist ein Grund, warum ich von zu langen Infektionen abrate: Sie haben immer das gleiche Ananasaroma.
Was ist die Rolle des Mucks? Einen Ferment zu infizieren? Frischen Dunder zu infizieren mit dem ich einen neuen Ferment starte? Kommt das nicht auf das gleiche raus? Oder wird Muck kurz vor dem Raubrand mit in den Kessel (zu der bereits Infizierten Maische??) gegeben?
Das sind alles gute Möglichkeiten mit -wenn alles gut geht- nicht besonders unterschiedlichem Ergebnis.
Traditionell wird Muck benutzt, um Dunder zu infizieren, der dann kurz danach in eine Maische wandert, oder um direkt eine Maische zu infizieren (in der eventuell auch Dunder ist). Aber es geht auch anders: Einfach lange offen und heiß gären lassen. So macht das Worthy Park zB (bzw "Forsyths" steht auf den Flaschen drauf). Ich kenne eine Habitation Verlier -Abfüllung von denen. Die Zutaten für deren high ester Rum sind Melasse, Zuckerrohrsaft und Wasser. Und etwas kleingehacktes Zuckerrohr als Hefe- und Bakterienquelle. Kein Dunder. Der Dunder wird als Dünger für die Zuckerrohrfelder verwendet.

Du stellst dich überhaupt nicht wie der erste Brenner an. Ich komme bei den Fragen auch an meine Grenzen. In jedem Fall wäre es aber gut, wenn du auf deinem Weg zum vollen 50l-Fass mal einen normalen Rum machst.

Die Gesetzesänderung habe ich nicht mitbekommen. Gut zu wissen.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

derwo hat geschrieben: 7. Sep 2021, 21:24 Warum hast du so früh aufgehört? Du hast Alkohol und Aroma verschenkt.
41824A54-FD18-493E-89CC-5666C43BBE6D.jpeg



hab danach erstmal alles hingeschmissen


Bei mir in der Nähe ist ein Bioladen welcher unbehandeltes Zuckerrohr anbietet. Teils noch grün teils verholzt. Wäre das eine sinnvolle (noch Dunder, bald) Muck Beigabe? Ich glaube es kam aus einem afrikanischen Land, aber Zuckerrohr sollte mit seinem Milieu ja überall ähnliche Bakterien anziehen.

Wie dem auch sei, ich werde diesen Thread nutzen um meine Odyssee zu dokumentieren. Ich meld mich sobald es was neues gibt bzw. wenn meinem Dunder-Eimer Beine wachsen.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Ach ja, die zerbrochene Spindel... :doh:
Der Dunder hat dann natürlich etwas Restalkohol. Müsste aber trotzdem klappen.

Bei dem Zuckerrohr geht es glaube ich eher um die Hefen als um die Bakterien. Am interessantesten wäre, eine Maische anstelle mit zugegebener Hefe mit Zuckerrohr zu impfen. Sie vielleicht vorher vermehren, also eine Kleinmaische aus kleingeschreddertem Zuckerrohr, Wasser und Nährstoffen ansetzen und dann, wenn sie gut läuft, in die Melassemaische geben. Du wirst für dein Fass ja mehrere Maischen brauchen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Aloha zusammen,

hier mal ein kleines Update.
Habe gerade das erste mal unter den Deckel von meinem (soon to be) Muck geschaut.

Am 06/09 habe ich ja meine ausgegorene Maische mit einem gehäuften Teelöffel Propioni Bakterien infiziert.
Einen Tag später habe ich sauberen Dunder mit nur einer Schöpfkelle von der am Tag zuvor infizieren Maische beimpft.

Interessant ist, dass der Dunder riecht wie eine Sportsocke voller Trockenpflaumen, während die Maische den Geruch nur minimalst verändert hat. Und das obwohl ich die Maische über mehrere Tage sogar bei 35 Grad gelagert hatte. Sie hat auch eine komplett glatte Oberfläche, kein Schaum oder Pelicil.


Heute habe das Loch mit Essigmutter gefüttert (nein, das ist kein Flanksteak), einen Shot ungenießbaren Rum mit braunem Rohrzucker habe ich auch hineingegeben.
Dateianhänge
B136C350-F0CC-4EB4-BB4D-DB6F7BBDE932.jpeg
21DCC0CF-E13E-4B72-B831-F1A91D1341F6.jpeg
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Propionibakterien sind wahrscheinlich empfindlich gegenüber Alkohol. Das plötzliche dem Alkohol Aussetzen hat sie sicher dezimiert und gebremst. Deswegen würde man normalerweise während der Gärung infizieren, also bevor der Alkoholgehalt sehr hoch ist. Also ich würde dem Dunder noch etwas von dem Pulver gönnen, damit wahrscheinlicher ist, daß die Propionbakterien dort dominieren. Bei der Maische kannst du dir nicht sicher sein, ob die Propinoibakterien sich durchsetzen.

Den säuerlichen Geruch von Dunder kann man durchaus als wie Sportsocken bezeichnen. Das muss nicht unbedingt schon ein Erfolg der Propionibakterien sein.
Trockenpflaumen hat wahrscheinlich auch was mit dem Restalkohol in deinem ja ungewöhnlich alkoholhaltigen Dunder zu tun. Wenn ich den Geruch einer Melassemaische oder eines Dunders mit einer Frucht beschreiben soll, denke ich eher an Holunderbeeren. Das ist eigentlich recht ähnlich.

Was macht der pH?

Wie hältst du die Maische bei 35°C? Durch eine Beheizung der Maische oder des Eimers? Davon würde ich abraten. Denn der Alkohol verdunstet, wenn die Maiche wärmer ist als die Umgebung. Entweder der ganze Raum ist warm oder du musst die Maische abdichten.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

derwo hat geschrieben: 15. Sep 2021, 18:38 Propionibakterien sind wahrscheinlich empfindlich gegenüber Alkohol. Das plötzliche dem Alkohol Aussetzen hat sie sicher dezimiert und gebremst. Deswegen würde man normalerweise während der Gärung infizieren, also bevor der Alkoholgehalt sehr hoch ist. Also ich würde dem Dunder noch etwas von dem Pulver gönnen, damit wahrscheinlicher ist, daß die Propionbakterien dort dominieren. Bei der Maische kannst du dir nicht sicher sein, ob die Propinoibakterien sich durchsetzen.
Es wird bestimmt am Alkoholgehalt liegen. Trotzdem war ich verwundert, da ich den Dunder ja mit einer Schöpfkelle aus der Maische angeimpft habe. Also mit einem Bruchteil von dem was ich in die Maische gegeben habe, noch dazu sind die Propionibakterien in dieser ja offensichtlich abgestorben aufgrund des Alkoholgehalts.

All das lässt mich zweifeln ob es sich bei dem ersten Wachstum in meinem Dundereimer wirklich um Propioni Bakterien handelt.

@derwo Du hattest auf HD noch mal ein Experiment mit Käse, Erde & Kartoffel durchgeführt. Hatte dein Käseeimer anfangs Ähnlichkeit mit meinem?
derwo hat geschrieben: 15. Sep 2021, 18:38
Wenn ich den Geruch einer Melassemaische oder eines Dunders mit einer Frucht beschreiben soll, denke ich eher an Holunderbeeren. Das ist eigentlich recht ähnlich.

Holunder, Trockenpflaume … potato, potato😉

Aber du hast recht. Trockenpflaume minus das ledrige und tabakartige ist eigentlich Holunder 😂


Keine Sorge ich hatte nur 10l der Maische auf 35 grad gehalten. Auch nur für etwa 5 Tage. Mittlerweile steht die gesamte Maische wieder bei Zimmertemperatur. Sie ist jetzt übrigens 25 Tage alt.



Der PH, stimmt da war ja was. War leider sehr geschäftig und bin noch nicht dazu gekommen mich um das Calciumhydroxid zu kümmern. Daher leider viel zu niedrig.

Ich denke sobald ich den PH endlich mal angleiche geb ich nochmal einen Teelöffel Propioni dazu.
Dateianhänge
34707294-4E9C-4FEF-A0CD-FE4587A06291.jpeg
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Die Bakterien sind nicht unbedingt abgestorben. Vielleicht warten sie auch nur auf bessere Zeiten?

Hier ein paar Bilder von meinen Stinkeeimern:
https://hobbybrennen.ch/viewtopic.php?f=23&t=326

Bei Emmentaler waren es glaube ich vor allem die Milchsäurebakterien, die gearbeitet haben. Ob dann später die Propionibakterien zum Zug gekommen sind oder ob es Buttersäurebakterien waren, weiß ich nicht. Deines sieht jedenfalls nicht nach Milchsäurebakterien aus. Das wäre dann eher ein dünner weißer Film. Und falls Hefe arbeitet, also CO2 entsteht, dann mit Kügelchen drauf.

Das Calciumhydroxid ist ein Gamechanger. Die Bakterientätigkeit müsste dadurch stark ansteigen.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Aloha zusammen,

kaum ist meine Obstmaische durch, soll es auch hier in Sachen Rum direkt weitergehen. Dabei sollen auch meine zwei wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Projekt implementiert werden. Messen & Menge. Gewissenhaftes messen um besser auf unvorhergesehene Situationen reagieren zu können, sowie die Einsicht, dass ein 50l Boiler auch erstmal gefüllt werden muss. Den ersten Schwung Maische habe ich jetzt nach einem Monat abgebrannt. Nachbestellt habe ich mir insgesamt 60l Melasse, welche ich jetzt in 3 Schüben fermentiere. Raubrände alle auf der Pot Still, Feinbrände vielleicht zur hälfte Potstill und zur hälfte auf einer LM Reflux (?). Wer weiß? Erstmal versuche ich die Potstill genauer kennenzulernen und mit ihr etwas ordentliches zu zaubern. Am Ende des Projektes steht immer noch der Traum vom eigens befülltem first fill Ex-Boubon Quater Cask.

Wie dem auch sei, vor 2 Tagen habe ich die ersten 20l Melasse angesetzt. Dabei habe ich mich einer Heizmatte sowie zweier Heizgürtel bedient. Das Kaltwasser habe ich bevor ich es zur Maische gegeben habe 3 Stunden lang mit einem feinporigem Keramikausströmer und einer Aquarium Luftpumpe mit Sauerstoff gesättigt. Die Gärung begann augenblicklich nach der anstellung. Das Video zeigt den Fermenter nach 2 Stunden. Der Thermostat ist auf 35°C eingestellt, als die Fermentation in vollem Gange war ist sie jedoch von alleine bis auf 37°geklettert. Mit meinem infiziertem Dunder/Muck habe ich mich noch nicht an die Maische gewagt, vielleicht gebe ich jedoch vor dem Rohbrand etwas mit in den Boiler.

26.09.21
80l Maische mit 10% (123,25°Oe -> 52°Oe), pH 5,2 & Fermentationstemperatur 35-37°C:
47,9l Wasser

20l Melasse (46% Zucker, 19% Wasser)
12l Dunder (15% mit 58,75°Oe)
420g Frischhefe (10 Päckchen)
30g DAP
84g tote Frischhefe (2 Päckchen)
3 Vitamin B Tabletten

27.09.21
7,8% (67,45°Oe), pH 5,1
-> Zugabe von 1g Propioni freudenreichii & 50g Essigmutter

28.09.21
8,8% (59,75°Oe), pH 5,1


Dateianhänge
11FCBAF6-B6B3-47E5-B02C-C59567213808.jpeg
15A0D256-A112-4B8F-9874-42EF894F2262.jpeg
76B63740-8A5F-4240-ACD0-D631DEDBD8A3.jpeg
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Du hast eine LM gebaut oder gekauft?

Melassemaische muss nicht wirklich belüftet werden. Vor allem nicht so lange. Schade um das Aroma, was du dabei rausbläst. Aktuellere Studien zeigen, daß aufs Belüften komplett verzichtet werden kann, wenn die Nährstoffe sonst stimmen. Eine Kleinstmenge Olivenöl ist da meist noch bei den Nährstoffen beigefügt.

Die 123.25 Oechsle sind ein Messwert? Und die 52 Oechsle der erhoffte Endwert?

Der Dunder war der mit dem Alkohol? 15% meint 12l / 80l = 15%, oder?

Die tote Hefe müsste die Vitamin B Tabletten überflüssig machen.

10 Päckchen Frischhefe ist sehr viel, muss nicht sein.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Noch nicht, aber der Gedanke eines LM/VM Upgrades geistert mir schon seit einer Zeit im Kopfe herum - dann ist es meistens schon zu Spät. :mrgreen:

Ich habe nicht die gesamte Maische belüftet, sondern die Melasse in fast kochendem Wasser gelöst, in den Fermenter gegeben und dann mit kaltem belüftetem Wasser aufgefüllt.
Ja genau, 15% der Gesamtmaische. Der Dunder war frisch vom Vortag und sollte annähernd frei von Alkohol gewesen sein.

10 Päckchen sind echt nicht ohne, allerdings lag das MHD auch schon über 2 Wochen zurück. Das hat der Hefe jedoch anscheinend keinen Abbruch getan. Das nächste mal nehme ich wohl weniger um eventuell auch noch die in der Vermehrungsphase entstehenden Ester mit abzugreifen.

Genau, die 123,25 Oechsle habe ich unter Berücksichtigung der Temperaturabweichung gespindelt. Erschreckend nah an den vom Rumrechner ausgerechneten 124 Oechsle. Die restlichen 0,75 sind wahrscheinlich die welche ich auf dem gesamten Küchenboden verteilt habe :x

52°Oe wäre der vom Rumrechner ausgespuckte Endwert, ich hoffe das die Hefe die letzten 1,2 % auch noch gebacken bekommt. Der Gärspund gibt seit heute Morgen keinen Laut mehr von sich, und der Schaum auf der Oberfläche lichtet sich. Ich bin aber guter Dinge, dass da noch etwas geht. Wenn bei 9% Schluss sein sollte, dann setze ich die nächsten 80 Liter halt nur mit 9% an. So war es halt sehr einfach, da ich das gesamten 20l Melasse Gebinde auf Einmal und ohne abmessen verwenden konnte. Alles in allem bin ich hochzufrieden mit dem Ferment, 8,8% in 48 Stunden mit Backhefe, das ist wohl auch der Temperatursteuerung zu verdanken.

Wie lange würdest du die Maische nach Gärende noch ruhen lassen? Natürlich "klärt" sich eine Melassemaische nicht, aber nach einiger Standzeit kann man schon sehen, dass sich weniger Hefe in der Suspension befindet. Die Maische wird dunkler und reflektiert meiner Meinung nach anders. Was ist auf Rum bezogen vorteilhafter, brennen mit Hefe in der Suspension oder mit relativ "klarer" Maische?

Außerdem, weiß jemand wo es für Privatkunden in Europa DistilaMax RM/EDV 493 zu kaufen gibt? Ich habe nur Shops aus NZ und Südafrika gefunden, das Porto tu ich mir nicht an. Besonders da sie die Hefe so teuer anbieten, dass für mich Steuer/Zoll bei der Einfuhr anfallen würde. Eine Menge russische Shops haben sie für 1/3 des Preises im Angebot. Von denen hat mir aber noch keiner geantwortet.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Ich hatte mal eine LM/VM-Kombi und fand es dann aber unnötig, zwei Systeme zu haben. Beim nächsten Bau habe ich dann eine reine LM gemacht. Und nun werde ich wohl auch für Neutralalkohol auf CM umsteigen. Das aber nicht, weil das besser wäre, sondern weil es halt in meinem konkreten Fall ganz gut passen würde.

Man darf sich von den Rechnern hier nicht blenden lassen, daß man damit wirklich alles ganz genau berechnen könnte. Noch darf man nicht glauben, daß ein Messgerät für kleines Geld genau sein kann.

Ich kann mir gut vorstellen, daß der Alkoholgehalt noch gut ansteigt.
Und du willst ja einen kräftigen Rum haben. Dafür ist es sowieso gut, wenn du das noch stehen lässt. Bei 9 oder 10vol% werden Bakterien sehr langsam arbeiten. Außerdem hast du sie recht spät, also bei schon hohem Alkoholgehalt reingegeben. Es braucht also Zeit bzw es kann nicht passieren, daß über Nacht plötzlich alles zu Essig wird.
Ich denke, mindestens eine Woche solltest du noch warten. Vielleicht vier Wochen? Halt aber nicht offen und beheizt, sonst verdunstet dir der Alkohol. Der hohe Alkoholgehalt hat den Nachteil, daß sich kein Pellicle bilden kann bei offener Lagerung.

Die hohe Gärgeschwindigkeit ist sicher aber auch den Nährstoffen zu verdanken. Vor allem dem DAP.

Es wird sich ein Bodensatz mit Hefe bilden, den würde ich nicht mitbrennen. Viel verliert man nicht, wenn man ihn weglässt. Ich habe es nur einmal ausprobiert, einen Rum-Bodensatz zu brennen. Es war ein extra Raubrand mit den untersten 7 oder so litern einer wahrscheinlich so 65 liter Rummaische. Es hat sich nicht gelohnt. Die Raubrände ohne Hefe waren besser.

Das letzte mal auf Rumhefesuche war ich so vor zwei oder drei Jahren. Ich habe aber eher nach Schizosaccharomyces pombe gesucht, also einer ganz anderen Heferasse. Das, was du suchst, ist ja die gleiche Heferasse wie normale Back- oder Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae). Deswegen würde mich das weniger interessieren. Aber mir ist schon auch klar, daß es da große Unterschiede gibt. Trotzdem ist es bei Rum nicht so wie bei Bier, wo außer der Hefe kein anderer Organismus arbeiten soll und deswegen die Gäraromen allein von der Hefe kommen. Bei Rum ist diese Aufgabe zugeteilt auch an Bakterien. Dadurch kommt der Hefesorte eine geringere Wichtigkeit zu.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

derwo hat geschrieben: 29. Sep 2021, 11:26
Das letzte mal auf Rumhefesuche war ich so vor zwei oder drei Jahren. Ich habe aber eher nach Schizosaccharomyces pombe gesucht, also einer ganz anderen Heferasse. Das, was du suchst, ist ja die gleiche Heferasse wie normale Back- oder Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae). Deswegen würde mich das weniger interessieren. Aber mir ist schon auch klar, daß es da große Unterschiede gibt. Trotzdem ist es bei Rum nicht so wie bei Bier, wo außer der Hefe kein anderer Organismus arbeiten soll und deswegen die Gäraromen allein von der Hefe kommen. Bei Rum ist diese Aufgabe zugeteilt auch an Bakterien. Dadurch kommt der Hefesorte eine geringere Wichtigkeit zu.
https://www.carolina.com/fungi/schizosa ... /156282.pr

Bitteschön. Versenden auf Anfrage auch weltweit, so wie ich das sehe fällt das auch nicht unter sensibles Material. Der Versand sollte also durchaus erschwinglich sein.


Kennst du diesen Artikel hier? Es geht um Wildhefen in frischem und fermentiertem Zuckerrohrsaft sowie auf der Pflanze selber. Äußerst interessant. Demnach ist in fermentiertem Zuckerrohrsaft hauptsächlich aber lange nicht ausschließlich Saccharomyces cerevisiae und carlsbergensis sowie Schizosaccharomyces pombe am werkeln. Sprich obergärige und untergärige Bierhefe sowie pombe.

https://journals.asm.org/doi/pdf/10.112 ... 73-75.1960
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

So günstig gab es das vor drei Jahren noch nicht. Wäre interessant beim nächsten Rum. Schizosaccharomyces pombe hat ihre Berühmtheit durch R. Arroyo erlangt, der in seinen berühmten Rum-Schriften (siehe unsere Bibliothek) viel in die Richtung gemacht hat. Und der Freak (positiv gemeint) von bostonapothecary.com forscht viel in Richtung Arroyo. Es geht ua darum, daß mit dieser Hefe eventuell mehr "rum oil" zu bekommen ist.
Die Rumhersteller, die auf normale Hefe setzen, sagen allerdings, daß Schizosaccharomyces pombe eher clean vergärt, deren Vorteil nur die höhere Temperaturverträglichkeit wäre (in tropischen Ländern nicht unwichtig, und für Bakterien auch gut). In gewisser Weise glaub ich das denen. Und diese Rasse hat ja sicher auch Unterarten. Also wenn man eine solche Hefe aus dem Labor bezieht, wer weiß, ob das wirklich das ist, wovon Arroyo schreibt. Hier ein amüsanter rant über diese Sache:
https://www.bostonapothecary.com/elephants-in-the-room/
Auch die Kommentare dazu lesen. (Nicht nur meinen... :lol: )
Also ich könnte mir gut vorstellen, daß ein Hefemix entnommen aus Zuckerrohr und dann vermehrt vielleicht wirklich das beste ist. Das spannendste auf jeden Fall. Mit einem Mikroskop gäbe es vielleicht auch was lustiges zu sehen.
TropicDunder
Beiträge: 33
Registriert: 5. Sep 2021, 22:47

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von TropicDunder »

Oh mann, rum people :mrgreen:
derwo hat geschrieben: 29. Sep 2021, 19:30 Also ich könnte mir gut vorstellen, daß ein Hefemix entnommen und aus Zuckerrohr und dann vermehrt vielleicht wirklich das beste ist. Das spannendste auf jeden Fall.
Dem wäre ich durchaus nicht abgeneigt, Zeit und Muße habe ich grade. Die ersten Fragen welche sich mir da aufdrängen sind:

1. Wie lasse ich die dem Zuckerrohr anhaftenden Hefen/Bakterien am besten in das Startermedium übergehen?
2. Welches Startermedium ist am besten geeignet? Zucker oder Melasse?
3. Welches SG um die Hefe nicht zu überfordern?
4. Optimale Temperatur?
5. Welche Hefenährstoffe in welcher Konzentration?

Ich hätte jetzt das Zuckerrohr längsweise gespalten und 1-2 Tage in so wenig Flüssigkeit (SG 1.015-1.020 & eine halbe Messerspitze DAP) wie möglich bei 28°C ziehen gelassen. Sobald sich etwas tut die Flüssigkeit in ein größeres Gefäß mit frischer Nährlösung geben und das Zuckerrohr entsorgen. Das Gefäß auf einen Magnetrührer, und ab die Post. Von da aus dann langsam das SG erhöhen.

Bleibt abzuwarten ob ich mir damit auch wirklich etwas Zuckerrohr natives hochziehe, und nicht bloß E. coli vom Erntehelfer.
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3412
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von derwo »

Ich könnte mir vorstellen, zur Hefegewinnung und Vermehrung findest du eher was in Bierbrauforen. Wir müssen allerdings nicht so darauf achten, keine Bakterien mitzuvermehren. Vielleicht ist das dann deutlich einfacher.
Apropos Bier: Schiz. pombe könnte man auch aus manchen Bieren gewinnen. Es gibt laut google afrikanische Hirsebiere, die damit vergärt werden. Wer weiß, die Africa stores in Großstädten haben vielleicht sowas? In Polen gibt es das sogar: https://darwina.pl/katalog/32483-browar ... ombe-.html

Ich würde das Zuckerrohr möglichst fein schreddern und auf so 35 Oechsle verdünnen, die üblichen Nährstoffe dazu, nicht zu viel, dann bei 25°C oder vielleicht auch mehr geschlossen mit Gärspund vergären. Immer mal wieder öffnen und Luft reinrühren und auch noch einmal Nährstoffe nachlegen.
Diese Minimaische dann komplett in die Hauptmaische geben.
Aber wahrscheinlich würde ich auch erstmal in Bierbrauforen stöbern.
geHeimBrenner
Beiträge: 182
Registriert: 24. Sep 2019, 16:16

Re: Dreierlei vom Dunder

Beitrag von geHeimBrenner »

TropicDunder hat geschrieben: 30. Sep 2021, 17:28 1. Wie lasse ich die dem Zuckerrohr anhaftenden Hefen/Bakterien am besten in das Startermedium übergehen?
2. Welches Startermedium ist am besten geeignet? Zucker oder Melasse?
3. Welches SG um die Hefe nicht zu überfordern?
4. Optimale Temperatur?
5. Welche Hefenährstoffe in welcher Konzentration?

Ich hätte jetzt das Zuckerrohr längsweise gespalten und 1-2 Tage in so wenig Flüssigkeit (SG 1.015-1.020 & eine halbe Messerspitze DAP) wie möglich bei 28°C ziehen gelassen. Sobald sich etwas tut die Flüssigkeit in ein größeres Gefäß mit frischer Nährlösung geben und das Zuckerrohr entsorgen. Das Gefäß auf einen Magnetrührer, und ab die Post. Von da aus dann langsam das SG erhöhen.

Bleibt abzuwarten ob ich mir damit auch wirklich etwas Zuckerrohr natives hochziehe, und nicht bloß E. coli vom Erntehelfer.
Da ich mich auch mit Brauen und "Hefebanking" beschäftige kann ich da vielleicht ein bisschen aushelfen. Zu Beginn etwas Erklärung, falls dir das zu lang ist einfach nach unten scrollen.

Es gibt wie so oft zwei Vorgehensweisen: die haushaltsübliche und die professionelle.

Im Hausgebrauch reicht es aus, eine Nährstofflösung vorzubereiten, Zuckerrohr darin zu versenken, das Ganze luftdicht, aber atmungsaktiv (kein Sauerstoff von Außen aber Gasaustausch, z.B. kleine Flasche mit Gärspund) zu verschließen und 2-3 Tage abzuwarten.
Nach dieser Zeit sollte schon eine Trübung der Nährlösung sichtbar sein. Was sich genau darin tummelt kann man hier aber nicht feststellen.

Beim professionellen Ansatz ist etwas mehr Aufwand erforderlich. Hier wird die selbe Nährlösung mit Agar versetzt und in Behälter (Petrischalen, zur Not tun es auch niedrige Einmachgläser) gegossen. Diese dünne Nährmedium-Schicht nennt sich dann "Agar-Platte". Hier beginnt dann der etwas aufwändigere Teil. Die Platten müssen keimarm gemacht oder im Optimalfall sterilisiert werden. Das schafft man daheim entweder mit einer starken UV-Box oder mit 50 Minuten im Backofen. Vorher den Behälter verschließen, ordentlich mit Alufolie verpacken (wenn nämlich zu viel Lösung in der Petrischale ist kocht die gern mal über) und nach den 50 Minuten mindestens eine Stunde unbewegt abkühlen lassen.
Wenn alles vorbereitet ist, öffnest du einen Platten-Behälter, legst ein kleines Stück Zuckerrohr in die Mitte, reibst ganz vorsichtig damit am Nährmedium und entfernst das Zuckerrohr wieder. Platte verschließen, mit Klebeband luftdicht versiegeln und abwarten.
Nach ein paar Tagen bilden sich kleine, weiße Punkte, kugelförmig und in der Mitte leicht erhöht. Das sind dann die Hefe-Kolonien. Andere Farben und Formen sind andere Mikro-Organismen. Hier wäre eine grundsätzliche Unterscheidung anhand von Farbe, Form, Aufbau, Geruch möglich.
Eine solche Kolonie kann dann mit der oben als haushaltsüblichen Vorgehensweise in Nährlösung vermehrt werden, dann hast du tatsächlich mehr oder weniger Reinzucht-Hefe und keine ungebetenen Begleiter.

So, nun mal zu den nackten Zahlen und Daten. Die erste Frage sollte ja beantwortet sein, ich sehe keine weitere Möglichkeit, die Hefe vom Zuckerrohr in das Nährmedium zu bekommen als die oben angeführten zwei Methoden.

Ad 2): Als Startmedium kannst du - je nachdem, ob du selektiv auf Hefe oder auf alle Organismen gehen willst - verschiedene Zusammensetzungen benutzen. Im Hobbybereich wird oft mit Malzextrakt gearbeitet. An sich reicht aber auch reines Zuckerwasser.
Wichtig ist, es der Hefe so einfach wie möglich zu machen, sich zu vermehren. Und dir sollte es so einfach wie möglich fallen zu erkennen, ob schon eine Vermehrung eingesetzt hat.
Ich würde deshalb empfehlen, mit einer Mischung aus 50% Haushaltszucker und 50% Fruchtzucker zu arbeiten. Dazu noch eine Portion Hefenährsalz, fertig.

Ad 3): Die Zuckerkonzentration im Nährmedium sollte sich irgendwo um die 5% bewegen. Das kannst du zur Vereinfachung über das Gewicht lösen, also 25g Zuckermischung auf 450g Wasser.

Ad 4): je wärmer, desto besser - aber nicht zu hoch. Die meisten Hefen vermehren sich bei Zimmertemperatur oder leicht darüber (bis zu 30 Grad) optimal. Kubanische Zuckerrohr-Hefen haben wahrscheinlich sogar eine höhere Temperatur-Toleranz, man muß es aber nicht herausfordern ;)

Ad 5): Hefenahrung kann man an sich kaum überdosieren. Ich nehme hier in der Vermehrung eigentlich immer Fertigprodukte und dosiere leicht höher als die Hersteller-Angaben. Zuckerwasser hat ja kaum eigene Nährstoffe, da sollte man etwas mehr einbringen als in Maische.

Hier noch eine Anleitung zur Herstellung von Agar-Platten, da wird allerdings Malzextrakt statt Zuckerwasser benutzt: https://netbeer.org/brauen/reinzucht-un ... estaemmen/

Viel Erfolg und gutes Gelingen!