"Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Obst ernten oder kaufen, verarbeiten, vergären und brennen
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azeotrop
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"Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Hügelwilli-Edit:
Von mir abgetrennt aus diesem Thema:
Mein Vogelbeerbrand 2022



Nach der aktuellen EU Verordnung VERORDNUNG (EU) 2019/787 konsolidiert 2022 darf auch ein teilweise mazeriertes Produkt als Brand bezeichnet werden, aber nur bei den gelisteten Früchten, Beeren oder Nüssen. Siehe Seite 49.

EU Spirituosenverordnung 2019

Die Formulierung ist etwas kompliziert. Im Prinzip läuft es auf Aufspritten der Maische mit mazeriertem Alkohol vor dem Rauhbrand hinaus.
Auf 100kg Maische darf max. 20 Liter Mazerat zugesetzt werden.
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Hügelwilli
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von Hügelwilli »

Danke azeotrop. Wandert gerade in die Bibliothek.
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derwo
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Hätte ich nicht gedacht, daß sich das mal ändert.
Insgesamt eine seltsame Regelung: Einerseits wird im Gegensatz zu den Regeln für Geiste darauf geachtet, daß eine große Menge an Geistgut aufgewendet wird (100kg pro 20lt reiner Alkohol, beim Geist gibt es keine Regel), andererseits darf 18g/lt Zucker zugesetzt werden und beim Geist nur 10g/lt.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Ich verstehe das anders.
Beim Brand ist nicht die Menge des Geistgutes mit 100kg festgelegt, sondern die Menge des mazerierten Alkohols.
Der Grossteil im Kessel muss vergorene Maische sein.
Wenn man 100kg vergorene Maische brennen will, darf man bis zu 20 L mazerierten Alkohol zugeben. Wieviel Früchte etc. in den 20L mazeriert werden dürfen ist nicht festgelegt.
Der Alkohol für die Mazeration muss nicht einmal von der betreffenden Frucht stammen, Neutralalkohol geht auch. Es dürfen nur nicht mehr als 20L davon in 100kg Maische zum aufspritten zugegeben werden.

Die Regelung gibt es in ähnlicher Form schon seit 2008. EU Regelungen gehen oft leise an einem vorbei. Ging mir genauso.
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derwo
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Sie wird hergestellt durch:
— Mazeration von in Ziffer ii genannten Früchten, Beeren oder Nüssen, die teilweise vergoren oder unvergoren sind, wobei höchstens 20 Liter Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs oder Brand und/oder Destillat aus ►C2 derselben Frucht, denselben Beeren oder denselben Nüssen ◄ je 100 kg vergorener Früchte, Beeren oder Nüsse zugesetzt werden dürfen


"vergoren oder unvergoren", man kann also wie beim Geist unvergorene Früchte nehmen.
"höchstens 20 Liter Ethylalkohol...je 100kg vergorener Früchte, Beeren..." Also 20 Liter Alk pro 100kg Früchte. Aber warum steht hier dabei, daß es "vergorene Früchte..." sind, wo doch weiter vorne steht, daß sie nicht vergoren sein müssen.
Und entweder Neutralalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs oder Alkohol aus dem Ansatzgut (was aber wohl kaum gemacht wird).

Also wenn ich 100kg vergorene Vogelbeeren habe, darf ich 20lt Alk dazutun. Wenn ich 50kg unvergorene und 50kg vergorene Vogelbeeren habe, darf ich nur 50lt Alk dazugeben? Wenn die Flasche wie beim Dolomiti dann so günstig sein soll, würde man also die Vogelbeeren alle vergären, um die maximalmenge Alkohol zugeben zu können.

Ehrlich gesagt, dann wäre es doch keine so schlechte Regelung. Eigentlich finde ich es falsch, daß es bei zB Vogelbeeren nur das ganz krasse Produkt gibt, wo der ganze Alkohol aus den Beeren kommen muss, und das absolut billige (aber nicht unbedingt schlechte) Produkt, wo man fast keine Vogelbeeren braucht. Ich finde es gut, wenn es so ein Mittelding gibt.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 2. Dez 2022, 18:35 Wenn ich 50kg unvergorene und 50kg vergorene Vogelbeeren habe, darf ich nur 50lt Alk dazugeben?
Hier liegt dein Missverständnis. Für einen Brand dürfen nur vergorene Früchte verwendet werden. Zusätzlich darf mazerierter Alkohol zugegeben werden, aber keine unvergorenen Früchte.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

:thinking:
Mazeration von in Ziffer ii genannten Früchten, Beeren oder Nüssen, die teilweise vergoren oder unvergoren sind,
"teilweise vergoren oder unvergoren". Also dürften strenggenommen sogar nicht alle vergoren sein. :?:

"Aus Mazeration und Destillation gewonnen" suggeriert finde ich, daß keine Gärung stattfindet. Also als ob der Fokus aufs geisten liegt.
Das widerspricht sich teilweise. Sehr undurchsichtig das alles.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Die schränken die Mazeration nicht auf unvergorene Früchte ein. Du darfst auch teilweise vergorene Früchte fürs mazerieren verwenden.
Egal wie, von dem so erzeugten Alkohol (ohne die Früchte) darfst du maximal 20L in 100kg vollständig vergorene Maische kippen und dann brennen.
Ohne die vollständig vergorene Maische, oder mit weniger Maische ist es kein Brand.

Vom mazerieren mit teilweise vergorenen Früchten habe ich noch nie gelesen. Vielleicht ist das die Verwertung von Maischen wo die Gärung stehen geblieben ist.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Ich finde, man kann das sehr verschieden lesen. Ich denke aber, es muss einen praktischen Sinn ergeben.
Der Fokus liegt auf der Destillation eines Mazerats, also liegt es nahe einen Mindestfruchtgehalt zu fordern. Und es liegt nicht nahe, eine Vergärung zwangsweise zu fordern. Vor allem: je 100 kg vergorener Früchte, Beeren oder Nüsse zugesetzt werden dürfen, haha, vergorene Nüsse... Das gärt nichts, da gammelt höchstens was. Deswegen denke ich, das "vergorener" in diesem satz ist optional.
Ich weiß es aber nicht.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Du versteigst dich also zu der Aussage dass bei einem Brand der Schwerpunkt auf der Mazeration statt auf der Destillation vergorener Maische liegt. Dann bleib halt dabei.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Wenn ich lese: "Vogelbeerbrand - durch Mazeration und Destillation gewonnen", dann denke ich, wenn ich an das Gute glauben soll, daß es ein Mittelding ist zwischen einem echten Vogelbeerbrand und einem Vogelbeergeist. Wenn ich an das Schlechte glauben soll, denke ich, da hat eine Lobby durchgesetzt, daß man ein Billigprodukt in Zukunft Brand nennen darf.

Eigentlich denke ich, es ist in der Mitte davon. Das mit den vergorenen Nüssen passt aber leider nur zur schlechten Denkweise.

Ich schau mich mal im Internet um. Vielleicht gibt es einen Hersteller, der konkretere Angaben macht.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

https://www.schlossbrennerei.eu/Himbeer ... vol_20.htm
jeder kennt den Himbeergeist - ein Mazerat aus Himbeeren und Neutralalkohol destilliert,
bei einem Brand durch Mazeration und Destillation kommen auf 100 kg Himbeeren max. 20 Liter Alkohol zum Einsatz, zuvor werden die Früchte angegoren/vergoren,


https://bienenhof-pausch.de/himbeerbrand/
die Himbeeren sofort eingemaischt. Kurz vor Ende der Gärung haben wir sie dann noch in Bio-Alkohol kühl mazeriert. Dabei verbinden sich die typischen kräftigen Aromen, die bei der Gärung entstehen, mit den vollfruchtigen duftigen Noten.
...
Was heisst “Himbeerbrand durch Mazeration und Destillation gewonnen”? Der Gesetzgeber hat diesen Begriff und die Herstellunsgweise für genau festgelegte Früchte vorgesehen. Dabei darf den Früchten vor dem Brennen nur eine stark limitierte Menge Alkohl zugegeben werden, die wir noch deutlich unterschreiten.


https://schoengarten.com/produkt/schleh ... vol-kopie/
Das besondere an unserem “Schlehenbrand aus Mazeration und Destillation gewonnen” ist der extrem hohe Fruchtanteil,

https://www.proschwitzer-weinshop.de/De ... -35-l.html
Durch den von der Natur bedingten geringen Gehalt an fruchteigenem Zucker entsteht wenig Alkohol in der Maische. Es besteht daher die Möglichkeit etwas Neutralalkohol hinzuzufügen.

Leider finde ich nichts zu Nüssen.
Die Früchte werden anscheinend meistens zumindest angegoren.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Ich verstehe nicht was du willst und werde auch nicht darauf eingehen.
Hier ist noch die Vorgängerverordnung aus 2008 die zwischenzeitlich durch die bereits gepostete ersetzt wurde. Da wurde auf Seite 18 für Obstbrände nur die Destillation vergorener Maische zugelassen.
Das Aufspritten mit kleinen Mengen mazeriertem Alkohol war damals noch unzulässig und kam erst mit der neuen Verordnung dazu.

Die Formulierungen stammen von Juristen und nicht von normalen Menschen.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Mir ist schon klar, daß für einen normalen Obstbrand nur vergorene Maische zugelassen ist. Kein Zucker und kein Alkohol darf zugesetzt werden.
Aber hier ist es anders. Es ist ein anderes Produkt.
Ich hätte gerne eine Antwort auf folgende Frage:
Müssen die Früchte vergärt sein?
Ich denke nein, denn Nüsse kann man nicht vergären. Du meinst glaube ich ja, denn sonst dürfte es nicht "Brand" heißen.
Wenn wir kein Beispiel aus der Praxis finden, kommen wir nicht weiter. Ist nicht wichtig. Interessant wäre es halt aber schon. So wie wir uns hier sonst halt auch sehr oft für unwichtige Sachen interessieren.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Es gibt zwei Arten von Bränden nach der EU Verordnung.

Obstbrände nach Anhang 1 9.a) Seite 43
Diese dürfen nur aus vergorenem Obst aus der zugehörigen Liste durch Vergärung und Destillation gewonnen werden.
Beispiel: Apfel aber auch Vogelbeere, keine Nüsse.

xxxx-Brände nach Anhang 1 16. Seite 49
Hier darf mazerierter Alkohol zugesetzt werden.
Beispiele: Haselnuss, aber auch Vogelbeere, kein Obst
Kennzeichnung: Es muss zusätzlich zum Namen xxxx-Brand noch der Hinweis "durch Mazeration und Destillation gewonnen" vorne auf dem Etikett stehen.


Man kann aus Vogelbeeren also einen Vogelbeerbrand nach 9.a) machen, oder einen Vogelbeerbrand nach 16. Der Letztere muss aber dann diesen zusätzlichen Hinweis tragen.

Einen Apfelbrand kann man nur nach 9.a) herstellen, da unter 16. keine Äpfel gelistet sind.

Warum unter 16. auch Nüsse gelistet sind verstehe ich auch nicht.
Allerdings sagt die Formulierung ja nicht dass man alle Früchte, Beeren oder Nüs­se die unter 16. gelistet sind, auch wirklich vergären kann.
Die Formulierung besagt nur dass man xxxx-brände aus nichts anderem als den gelisteten Früchten, Beeren oder Nüs­sen herstellen darf.
Was das im Hinblick auf nicht vergärbare Dinge aus der Liste bedeutet ist mir unklar.
Wen jedoch jemand einen Weg finden sollte Haselnüsse zu vergären, würde die Vorordnung noch immer passen.

Ich habe auch noch nie einen "Haselnussbrand" gesehen der dann zusätzlich noch den vorgeschriebenen Hinweis "durch Mazeration und Destillation gewonnen" auf dem Etikett hatte.

Für Vogelbeeren gibt es das offensichtlich. Es gibt aber auch echte Vogelbeerbrände ohne diesen Hinweis. Diese sind dann nach 9.a) hergestellt.

Es sind ja nicht viele Einträge in den Liste nach 9.a) und 16. die sich überlappen.

Zu deiner Frage: Ja, ich meine dass xxx-Brände nach 16. zu 80% aus vergorenen Früchten, Beeren oder Nüs­sen bestehen muss.
Mit Nüssen kann man halt keinen Brand nach 16. herstellen. Aber man dürfte es.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Ich bin mittlerweile zu dem Schluss gekommen dass bei xxxx-Bränden nach Anhang 1 16. Seite 49 die vergorenen Früchte nicht unbedingt vollständig vergoren sein müssen. Die Hersteller solcher Brände verwenden manchmal nur teilweise vergorene Zutaten.
Sie dürfen aber nicht unvergoren sein, sonst müsste es ein Geist werden.
In jedem Falle dürfen diese teilweise oder vollständig vergorenen Zutaten im Verhältnis 1:5 (20L auf 100kg) aufgesprittet werden um den geringen Alkoholgehalt der Maische zu erhöhen und um vielleicht Aromen zu intensivieren.
Von den Herstellern wird das als tolle Sache beworben und suggeriert dass dies besser wäre als ein echter Brand ohne aufzuspritten.
Das Aufspritten soll als Mazeration Aromen aus der Maische "lösen" die ansonsten nicht ins Destillat gelangen würden.
Ich kann es nicht beurteilen.
Meine Vermutung ist jedoch dass dies ein Schlupfloch ist um mit weniger Rohstoffen mehr Destillat zu erzeugen.
Wenn dieses Verfahren besser wäre als die reinen Brände aus Maische, müsste man fragen warum dieses Verfahren für Obst nicht zugelassen ist. Obst bringt halt ohne aufspritten genug Destillat und man braucht diesen Kunstgriff nicht.

Ich möchte aber nicht ausschließen dass Aufspritten mit genügend Zeit zur Einwirkung die Aromen verbessern kann.
Das müsste man in einem Vergleichstest prüfen. Für mich sind das ganz neue Gedanken.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Ich vermute, daß das Ergebnis nicht gut ist.
Gar nicht so wegen der Geschmacksverdünnung. Ich befürchte, der Geschmack wird acrid kratzig muffig. Beeren aufspritten und Brennen, das geht nur gut, wenn es niedrigprozentig bleibt. Also so 20% jedenfalls geht nicht gut. Daß hier die Früchte vergärt sind, ändert glaube ich nichts daran.
Man könnte es verbessern mit: den Alkohol stark verdünnen vor dem Mazerieren. Vielleicht auch etwas mit Mehrfachbrennen oder mit viel Reflux.
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azeotrop
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Ich zweifle ja auch. Aber die Edelbrandhersteller sind auf den Zug aufgesprungen.
Ich habe aber keine Info in welcher Alkoholstärke die die 20L/100kg aufspritten. In der Verordnung gibt es keine Begrenzung. Es kann aber gut sein dass geringere Alkoholstärken besser funktionieren. Ich konnte noch keine Details herausfinden.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Mir geht diese Sache nicht aus dem Kopf.
Eine teilweise Vergärung macht doch überhaupt keinen Sinn. Höchstens wenn man schlecht vergorene Maischen aufpeppen möchte, die man ansonsten nicht nutzen könnte.
Ein Beereneinsatz von 5/1 erfordert viel Rohstoff. Wenn ich einen Geist mache, brauche ich weniger Beeren, aber mehr Alkohol.
Wenn ich aber über 80% Beerenanteil einsetze und durch eine unvollständige Gärung wenig Alkohol gewinne, kann ich beim Brennen ja nur etwas mehr als den zum Aufspritten verwendeten Alkohol gewinnnen. Damit kann man doch kein Geld verdienen, oder?

Wenn ich aber 500 Liter schlecht vergorene Maische habe, die für einen echten Brand ungeeignet wäre, ist es sicher besser noch 100L Alkohol hinzuzukippen als die Maische wegzukippen. Bei 2% in der Maische wären das ja 10L Alkohol von den Beeren plus 100L vom mazerieren.
Ich kann also max. 110 L Alkohol rausdestillieren.
Kommt sowas in der Industrie öfter vor? Keine Ahnung. Ich suche nur nach einem Sinn warum jemand sowas machen sollte.

Im Prinzip wird ja nur der zugeschüttete Alkohol aromatisiert und darf dann als Brand verkauft werden.
Die Verordnung sagt nichts über die Qualität des zugeschütteten Alkohols aus. Kann man auch seine Nachläufe nehmen?
Für mich klingt das wie Abfallveredelung.

Oder ist es so dass der zugekippte Alkohol in der Maische Aromen freisetzt, die beim direkten Brennen nicht erreichbar wären?
Dann wäre aber eine vollständige Vergärung doch auch effizienter als eine teilweise Vergärung.

Irgendjemand hat durch diese Regelung in der Verordnung einen Vorteil. Ich kann es nur nicht erkennen. :dontknow:
Man müsste halt den Lobbyisten kennen der diese Regelung in die Verordnung gedrückt hat.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Für mich ist das ein Geist mit hohem Fruchteinsatz und vielleicht zusätzlichen Gärungsaromen.
Ob man aus 100kg Schlehen 5lt Alkohol als Schlehenbrand herausholt oder 25lt als diesen Kompromiss, ist schon ein großer wirtschaftlicher Unterschied. Gekaufter Neutralalkohol ist viel billiger als ein durch Schlehen hergestellter.
"Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs oder Brand und/oder Destillat aus derselben Frucht". Also wenn man eh einen Brand aus derselben Frucht hat, braucht man sein Produkt nicht durch den Zusatz "durch Mazeration und Destillation gewonnen" herabzuwürdigen, es kommen also höchstens Nachläufe in Frage, was das Produkt aber deutlich verschlechtern würde. Aber wer weiß, teilweise, warum nicht. Allgemein geht es glaube ich um Neutralalkohol. "Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs" ist nicht irgendwas beliebiges sondern hat laut https://de.wikipedia.org/wiki/Ethylalko ... _Ursprungs "keine sensorischen Eigenschaften der Ausgangsprodukte."

Ich denke daß diese Produkte von vornherein so geplant sind. Nicht: "Hm die Maische gärt nicht gut, lasst uns aufspritten". Vergären ist nicht schwer, für den Profi, der Früchte einkauft und Liefermengen einhalten muss, sowieso nicht.

Dieses Produkt ist vom Verkaufspreis ein Mittelding zwischen Geist und Brand. Ein echter Schlehenbrand ist für viele nicht bezahlbar. Und ein Schlehengeist hat oft so gut wie kein Aroma, da an Früchten gespart wird, da es leider keine gesetzlichen Mindestmengen gibt. Zwischen beiden Produkten ist die Preisspanne sehr hoch, da hat es ökonomisch einen großen Sinn, wenn ein Mittelding hergestellt werden darf. Ich beispielsweise fahre weder Dacia Sandero noch Mercedes S-Klasse, sondern etwas in der Mitte.

Dieses "teilweise vergoren" ist trotzdem seltsam. Warum nicht vollständig vergoren?
Mir fallen dazu zwei Sachen ein:
- daß ich irgendwo mal gelesen habe, daß von Lebensmitteltestern mal Himbeergeist bemängelt wurde, weil offensichtlich angegärte Früchte verwendet worden sind. Wahrscheinlich von mangelnder Kühlung beim Transport der Beeren. Hier nun klingt es fast, als wäre das sogar erwünscht. Praktisch wenn der Zulieferer gleich noch das Vergären übernimmt. :lol:
- daß die Getränkeindustrie inzwischen viel Erfahrung mit kurz angegärten Produkten hat zur Erzeugung von alkoholfreien Produkten. Die Aromen bei einer kurzen Gärung scheinen doch einen großen Impact zu haben.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Interessantes Thema. Ich werde ja mit Schlehen und mit Himbeeren einen Versuch wagen.
Gerade die Himbeeren werden ja nur sehr wenig einen Alkohol bringen, aber die sind bei einem Geist auch schon aromastark.
Bei den Schlehen sollte man den Unterschied zu den schwächeren Geisten schon bemerken.

Vielleicht findet man irgendwann mal was im Internet wo sich ein Insider der Industrie bei dem Thema verplappert.

Die Anbieter verraten ja keine Details, aber loben das Verfahren sehr
https://bienenhof-pausch.de/himbeerbrand/
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von aragones »

Kann es nicht sein das ein Teil der Früchte sowohl vergoren wird und ein Teil märzerisiert wird mit Neutralem Alkohol und vor dem Brennen beides vermischt wird… ?
Zumindest hätte ich das unter Zugabe von märzeeisiertem Alkohol verstanden
Sehe das aber auch so das es irgendwie zwischen Geist und Brand einzuordnen ist.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von azeotrop »

Für mich ist es schon klar geworden dass nur beim Geist unvergorene Früchte verwendet werden dürfen.
Die ganz oder teilweise vergorenen Früchte werden nach der teilweisen oder vollständigen Gärung mit Alkohol versetzt um diese Früchte zu mazerieren.
So beschreiben es auch die Hersteller.

Ich suche aber nach wie vor nach dem Sinn.
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von aragones »

der Sinn ist , wie Derwo schon geschrieben hat höhere Alkoholausbeute und ggf noch ein paar Aromen die nur ein höher prozentiger Alkohol aus der Frucht rauslösen kann.
wie beim angesetzten auch … der Ansatz ist viel intensiver als ein Brand aus der gleichen Menge gemaischter Früchte.
Wobei Himbeergeist immer aus Märzeation und destillieren gewonnen wird . Ein reiner Brand ist zu teuer… hast du schon mal 10 kg Himbeeren gepflückt?
100 Liter Maisch mit grob10 % ergeben ca 20 Liter auf trinkstärke
100 Liter +20 Liter neutraler ergeben ca 60 Liter auf trinkstärke …
Und weniger nachlaufen beim einfach brennen
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Re: "Aus Mazeration und Destillation gewonnen"

Beitrag von derwo »

Ich denke schon, daß es auch um die Gärungsaromen geht. Dieser Punkt wird ja oft an Geisten kritisiert, daß sie einfach nach Frucht plus Alkohol schmecken. Ist denke ich nur eine Nebensache. Welche aber hilft, deses Produkt deutlicher abzugrenzen vom billigen Geist und näher heranzubringen an den teuren Brand. Und das ohne große Mehrkosten.
aragones hat geschrieben: 8. Dez 2022, 16:50... und ggf noch ein paar Aromen die nur ein höher prozentiger Alkohol aus der Frucht rauslösen kann.
Daran glaube ich nicht. Das "mehr" an Aroma, welches man bekommt, kommt einfach durch die längere Brenndauer, wenn man mehr Alkohol im Kessel hat. ich denke, mit einer reinen Wasserdestillation holt man mehr Aromen pro lt Destillat als mit 20vol% oder so im Kessel.