Schlehenbrand - durch Mazeration und Destillation gewonnen

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azeotrop
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Re: Schlehenbrand - durch Mazeration und Destillation gewonnen

Beitrag von azeotrop »

Heute bin ich endlich dazu gekommen die Nachlaufgläschen zu messen, zu verdünnen und zu verkosten.
Ich habe gesammelt:
Mittellauf:
403 ml @ 78,33 vol% >> 316 ml Ethanol
Gläschen:
1) 40,25ml @ 70,9vol% >> 28,5 ml Ethanol
2) 38,01ml @ 70,5vol% >> 26,8 ml Eth.
3) 35,42 ml @ 65,9vol% >> 25,3 ml Eth.
4) 32,76 ml @ 63,7vol% >> 20,9 ml Eth
5) 44,73ml @ 58,9 vol% >> 19,9 ml Eth.
6) 35,74ml @ 54,6vol% >> 19,5 ml Eth.
7) 33,41ml @ 48,3vol% >> 16,1 ml Eth.
8) 51,6ml @ 37,5vol% >> 19,4 ml Eth.
9) 42,32ml @ 24,15% >> 10,2 ml Eth.
Der Rest blieb im Kessel

Die Gläschen 1 bis 7 wurden vor der Verkostung alle auf 40% verdünnt
Der dritte Brand hat den Nachlaufgeruch nun aus allen Gläschen komplett verdrängt.
Ich konnte selbst bei Gläschen 9 nichts mehr davon riechen oder schmecken. Auch nicht bei weiterer Verdünnnung.
Es blieb wohl alles im Kessel was damit zu tun hat.

Das Schlehen Aroma war in allen Gläschen noch wahrnehmbar, wurde aber kontinuierlich schwächer.
Wen man Gläschen 1 als 100% nimmt, würde ich mal schätzen dass Gläschen 9 noch bei 50% lag.

Ich konnte aber deutlich schmecken dass ab Gläschen 6 ein scharfer Geschmack an Gaumen und im Rachen wahrnehmbar war. Ich vermute dass das mit Säuren zu tun hat. Deshalb habe ich nur Gläschen 1 bis 5 verwertet.

Der Rauhbrand hatte damals 572 ml reines Ethanol gebracht.
Der dritte Brand hat mit Mittellauf (316g) und Gläschen 1-5 (120g) insgesamt 435 g reines Ethanol gebracht.
Das sind 76% von den 572g aus dem Rauhbrand.
Damit sind 24% des Ethanols aus dem Ansatzalkohols verloren gegangen.

Das Verhalten der Nachlaufgläschen ist völlig anders als bei "echten" Bränden aus vergorenen Früchten mit wenig %% in der Maische.
Dort kann man bei den Nachlaufgläschen beobachten dass der Nachlaufgeruch ziemlich schlagartig kommt und die Gläschen vorher noch gut sind.

Bei dem mazerierten Brand war noch beim zweiten Brand der Nachlaufgeruch über fast alle Gläschen verteilt.
Beim dritten Brand waren die Gläschen bis 24 vol% ohne Nachlaufgeruch. Weiter habe ich nicht gebrannt. Der Rest im Kessel hat natürlich gestunken.

Zufällig habe ich eine fast leere Flasche gefunden in dem ein früherer "echter" Schlehenbrand von mir abgefüllt war.
Ich konnte noch 20ml für einen Vergleich ausgiessen. Ich kann keinen signifikanten Unterschied zu dem mazerierten Brand feststellen. Da könnte aber jemand mit einer feineren Nase und einem feineren Gaumen anderer Meinung sein.

Nun steht noch die Verkostung des Himbeerversuchs aus. Das wird ein separates Thema.

Dieses Verfahren mit teilweiser Vergärung, Mazeration und nachfolgender Destillation scheint eine gute Methode zu sein um aus geringen Mengen von Früchten ein wohlschmeckendes Destillat zu machen. Voraussetzung ist dass man Neutralalkohol verfügbar hat.

Ich habe relativ sauberen Neutralalkohol verwendet. Es wäre interessant einen Versuch mit unsauberem Alkohol oder mit Nachläufen durchzuführen. Es könnte sein dass am Ende der Dreck im Kessel bleibt und das Produkt gut wird.

Ich bin aber sicher dass man mit einem Einfachbrand nicht weit kommt.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)