Wasserdistille für Weinbrennung?

Der Kauf von Destillen. Modellfragen und Bezugsquellen
TomCot
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Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von TomCot »

Hallo zusammen!
Ich las bis anhin einfach sehr gerne, ohne Account mit. Ihr seid toll und ich bin begeistert welches Wissen ihr habt und teilt. Mein Ziel war (und ist noch immer) irgendwann eine tolle Distille selbst zu bauen. Bis jetzt fehlt aber leider noch die Zeit (Weiterbildung).
Nun haben aber mein Cousin und ich bei der Hausräumung sehr viel alten Wein entdeckt, Leider ungeniessbar. Nun wehrten wir uns dagegen, dass der Wein entsorgt wird, um ihn zu brennen. Wir haben auch schon eine preiswerte Distille entdeckt, welche aber eigentlich für Wasser gedacht ist...: https://www.expondo.ch/royal-catering-d ... l-10011960
Vorteilhaft sieht der integrierte Erhitzer aus und die 'Temperaturkontrolle'.
Oder diese hier: https://www.expondo.de/royal-catering-d ... l-10010979
Mein Cousin war überzeugt, dass das auf jeden Fall klappt. Ich bin da skeptisch und so habe ich mich entschieden, aus der Stille zu treten und hier in die Runde zu fragen.
Was denkt ihr, könnte das klappen? Wie würdet ihr alten Wein brennen?
Vielen Dank bereits im Voraus
TomCot
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Alchemist
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Alchemist »

Servus TomCot,
erstmal Herzlich Willkommen meinerseits!

ich find beide Geräte nicht optimal. Aber dann wohl eher noch die zweite Variante.
Wenn ihr sagt, der Wein ist ungenießbar: wieso sollte aus einem ungenießbaren Produkt dann ohne Magie etwas tolles entstehen? Also wenn der Wein verdorben ist, wirst du mit dem Destillat auch nichts brauchbares erhalten.

Bevor ihr jetzt Geld verschleudert, würde ich eine sehr, sehr einfache Destillation versuchen. Hier ein Video, was ich meine:
Schmeiß dort mal 1 Flasche des verdorbenen Weins rein, und verkostet etwa 24 h später. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da etwas brauchbares daraus entsteht. Aber wenn ihr ohnehin so viel habt, macht 1 Flasche mehr oder weniger auch nichts.
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

In den links steht, daß der Verkäufer dich meldet beim Zoll. Das wird doch ein Problem, oder?

Eine Temperatursteuerung ist kein Vorteil bei Destillen normalerweise. In diesem Fall funktioniert es bei Wasser vielleicht doch ganz gut, da die Destille für Wasserdestillation ausgelegt ist. Aber Wein hat einen deutlich niedrigeren Siedepunkt. Und beim Feinbrand wird es nochmal deutlich tiefer. Ja, du wirst doppelt brennen müssen.

Ich könnte mir vorstellen, daß man aus altem Wein prinzipiell ein gutes Destillat holen kann. Einen Strich durch die Rechnung könnte dir aber die Schwefelung des Weines machen. Da kann man dann auch nicht viel reparieren, ohne die guten Geschmäcker zu opfern.

So eine Destillation wie in dem Video habe ich nie gemacht. Aber bevor du extra wegen diesem Wein eine Destille kaufst, ist es vielleicht keine schlechte Idee.

Vielleicht hält sich der Wein auch noch eine Weile. Dann könntest du ja in Ruhe selber erstmal eine Destille bauen.
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Dr.Cooper
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Dr.Cooper »

Ein weiteres Problem werden wohl die in der Destille verwendenten Dichtungen sein, denn diese sind fast ausschließlich aus Silikon hergestellt sein und eben das im Destillat nichts zu suchen.
Ich habe seiner Zeit auch mit dem destillieren von Wein angefangen und bin dann wegen der von derwo erwähnten Schwefelverbindungen ganz schnell davon weg gekommen.
Dem Destillatör ist nix zu schwör :dontknow:
Tom
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Alchemist
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Alchemist »

derwo hat geschrieben: 1. Apr 2023, 12:07 Ich könnte mir vorstellen, daß man aus altem Wein prinzipiell ein gutes Destillat holen kann. Einen Strich durch die Rechnung könnte dir aber die Schwefelung des Weines machen. Da kann man dann auch nicht viel reparieren, ohne die guten Geschmäcker zu opfern.
TomCot spricht von verdorbenem Wein, du von altem Wein. Für mich ist verdorbener Wein ungenießbar, untrinkbar, und alter Wein ja eigentlich was Gutes.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass aus verdorbenem Wein etwas gutes entstehen soll. Deswegen wäre der Kochtopf-Wasserdestillationsversuch eine schnelle Möglichkeit um das zu testen, ohne Geld auszugeben. Aber vielleicht hast du ja recht, dass es trotzdem passt.
Würdest du auch eine verdorbene Maische brennen?
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

Ich habe schon oft Maische mit Absicht verderben lassen, damit sie ein interessanteres Destillat gibt.
Ist zugegebenermaßen nicht unbedingt das gleiche wie irgendein schaler alter Wein mit Essigstich. Aber viele der Stoffe, die den Wein mehr oder weniger ungenießbar machen, gehen nicht ins Destillat.
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azeotrop
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von azeotrop »

Ich habe von einem Bekannten gekelterten, und deutlich überreifen Weisswein gebrannt. Der Wein war nicht geschwefelt und schmeckte nicht mehr gut. Er war schon zu lange gelagert.
Der Weinbrand ist trotzdem erstaunlich gut geworden.
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

Und das ist glaube ich eine sehr typische Erfahrung. Wobei alter Wein glaube ich leider nur selten ungeschwefelt ist.
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azeotrop
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von azeotrop »

Das war ein Hobbywinzer mit Miniweinberg hinterm Haus.
Der hat sich den Schwefel gespart und lieber extrem sauber gearbeitet. Trotzdem konnte er nicht alles trinken und ewig hält Weißwein leider nicht.
Naja, der eine hat den Schaden, der andere brennt Schnaps draus. Da kann ich mit leben.
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TomCot
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von TomCot »

Wow, ich bin überwältigt. Vielen Dank für all die Tipps und Denkanstösse!
Ein, zwei Dinge möchte ich aufgreifen.

- Es handelt sich um älteren Wein, welcher nicht komplett ungeniessbar ist. Andere würden ihn vielleicht verkochen oder Glühwein daraus machen. Mit Jahrgang 1993 ist er einfach nicht mehr wirklich geniessbar, vielleicht ein bisschen sauer, auch die Farbe ist sehr speziell.

- Aufgrund des Alters gehe ich davon aus, dass der Wein geschwefelt wurde. Ich werde die Variante mit dem Wassertopf jedenfalls testen und mal schauen was dabei rauskommt. Bin sehr gespannt.

- Eine solche Distille (wie im Link, also die mit integriertem Kocher) war auf ricardo ausgeschrieben. Sie war für 100.- drin. Wäre also finanziell noch tragbar gewesen. Ist nun aber leider schon verkauft. So hätte ich auch die Zollanmeldung umgehen können. Hat sich nun aber onehin erledigt.

- Bezüglich der Silikondichtung (war mir nicht bewusst, dass dies so heikel ist) kam mir der Gedanke, dass vielleicht ein dünner aufgeschnittener PVC-Schlauch funktionieren könnte. Was haltet ihr von der Idee im Allgemeinen?

Danke an euch alle, ihr seid ein echt toller Haufen!
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

Über Kunststoffe: viewtopic.php?t=186

PVC wird da gar nicht erwähnt, da es die Hitze nicht aushält. Über die Lösungsmittelbeständigkeit braucht man da also gar nicht nachforschen.
TomCot
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von TomCot »

Gerade bemerkt, dass ich mich gar nicht für den 'Link-Tipp' bedankt habe. Sorry! Werde mich da jetzt mal in Ruhe einlesen.

P. S. Das Experiment mit dem Eis im Deckel der Pfanne hat soweit gut funktioniert. Leider ist der Wein offenbar tatsächlich geschwefelt, was das Destillat nicht gerade hochwertig bzw. etwas ungeniessbar macht. Gibt jetzt halt doch noch einen Glüh-und Kochweinversuch
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

TomCot hat geschrieben: 15. Apr 2023, 00:29Leider ist der Wein offenbar tatsächlich geschwefelt...
Als ich jedenfalls das erste mal destilliert hatte, Tetrapack-Wein von Aldi, hab ich danach keine Ahnung gehabt, ob das Schwefel ist, was man riecht oder was anderes. Habe dann ewig lang das Destillat mit einem Mixer durchgerührt, wodurch ja auch tatsächlich ganz ganz viel Gerüche rausgepustet werden... Jedenfalls hat die ganze Wohnung nach Schnaps gerochen. Irgendwie hat das Destillat aber auch danach noch immer gerochen. Gut oder schlecht? Keine Ahnung... Was ich sagen will: Am Anfang Wein, von dem man nicht weiß, ob er geschwefelt ist, zu destillieren, ist nicht sehr geschickt.
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Alchemist
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Alchemist »

Ein Beitrag in einem anderen Forum berichtet auch vom Durchmixen des Sulfithaltigen Weins, denn, die Sulfite reagieren mit dem Luftsauerstoff und werden verbraucht.

Eine andere Möglichkeit wäre zum Beispiel die Zugabe von Natriumhydrogencarbonat.Ich zitiere dazu folgendes 1:1.
Durch Zusatz von ca. 1 gramm Natriumhydrogencarbonat (Backpulver) pro Liter Wein kann man alles freies SO2 abfangen, ohne den pH-Wert stark zu ändern. Wenn dann der Alkohol im Wein aus irgendwelchen Gründen auch immer abdampft, enthält er kein SO2 mehr.
Ist vermutlich nicht so zeitaufwendig wie das Durchmixen. Wäre interessant, wenn du das versuchen würdest und uns über das Resultat berichten könntest.
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

Das ist eben genau das, was glaube ich nichts bringt: Herumdoktern und dabei alle möglichen Nachteile in Kauf nehmen, ohne einschätzen zu können, ob es überhaupt ein Schwefelprolem gibt.
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Alchemist
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Alchemist »

Ah, ich hab dann deinen Beitrag falsch verstanden. Deine Aussage macht natürlich Sinn. Man sollte schon wissen, was man da eigentlich genau destilliert, um sich ggf. den Mehraufwand zu ersparen.

Ein Nachweis von Sulfiten könnte man mit ...permanganat machen. Kaliumpermanganat färbt von Rot nach Grün wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe. Wäre somit für Rotwein vielleicht möglich.
Aber dazu müsste man wieder KMnO4 besorgen.
Eine Iodlösung wäre auch möglich.
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derwo
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von derwo »

Hier eine Anleitung: https://www.c-schliessmann.de/media/bes ... saeure.pdf
Und dann hat er soundsoviel SO2 gemessen und muss trotzdem geschmacklich entscheiden, ob es im Destillat schmeckbar ist oder nicht. :D
SO2 ist im Wein normalerweise auch messbar, wenn nicht geschwefelt wurde.
TomCot
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von TomCot »

Viel Zeit ist vergangen und einige Versuche wurden gemacht. Kurzes Fazit: der Aufwand, dass das Destillat auch nur einigermassen trinkbar ist, ist unglaublich hoch! Es bleibt halt immer irgendwie etwas zurück.
Wir haben nun noch ein Versuch am laufen, bei welchem wir gedörrte Früchte ins Destillat gegeben haben, um zu schauen wie sich der Geschmack verändert und weil ich fand, dass es schade wäre, das Destillat wegzuschmeissen.
Im Grossen und Ganzen scheint es aber keinen Sinn zu machen den Wein zu destillieren, denn der Zeitaufwand ist extrem hoch und das Resultat bleibt halt so ein bisschen auf dem Niveau von "Naja, ein Versuch wars wert".
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Alchemist
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von Alchemist »

Könntest du uns kurz zusammenfassen, was du alles versucht hast?
Und wie würdest du den Geschmack des geschwefelten Weins im Destillat beschreiben?

Habt ihr auch eine Referenz versucht? Also einen Wein, von dem ihr sicher wisst, dass er ungeschwefelt ist? Ich tu mir beim Vergleichen ohne Referenz halt grundsätzlich sehr schwer. Ist halt schwierig zu beurteilen, was tatsächlich gut ist, wenn man nur Blödsinn miteinander vergleicht.

Schade, dass ihr bis dato noch keinen Erfolg hattet. Den schlechten Geschmack mit anderen Aromen zu übertünchen kann funktionieren, wird aber das grundsätzliche Problem nicht verhindern, dass Schwefelverbindungen enthalten sind. Ich kann mir vorstellen, dass der Körper darauf ziemlich abführend reagiert.
TomCot
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Re: Wasserdistille für Weinbrennung?

Beitrag von TomCot »

Hallo Allerseits

Ich hatte leider gesundheitlich gerade eine nicht optimale Phase (Gallenblasenentfernung und Bauchspeichldrüsenentzündung), deshalb habe ich mich lange nicht gemeldet.
Wir haben auch erst mit dem Mixer versucht, das Destillat zu schleudern. Die Wohnung roch schon heftig nachher, wie ja auch bereits beschrieben wurde. Ich kann nicht genau beurteilen, nach was das Destillat schmeckte, ich habe nichts womit ich es vergleichen könnte, schmeckte aber nicht nicht wirklich geniessbar...
Wir haben dann noch versucht Sultaninen reinzugeben um zu schauen, ob das den Geschmack so verändert, dass es geniessbar wird. Leider war auch dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt.
Wir haben dann beschlossen, dass wir vielleicht doch lieber versuchen eine Maische anzusetzen und dann "richtig" etwas zu destillieren. So werden wir uns jetzt noch vertieft hier ins Forum einlesen und versuchen einen Brennhafen selbst zu bauen. Mal sehen was wie das rauskommt.

Fazit des Versuchs: Alten Wein destillieren ist möglich, kommt aber auf den Wein und auch den zeitlichen Aufwand an den man reinsteckt. Ich würde eher davon abraten.