Schlehen

Obst ernten oder kaufen, verarbeiten, vergären und brennen
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T-500
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Schlehen

Beitrag von T-500 »

Ein Kollege erzählte mir neulich, dass er Schlehen gesammelt hat, um traditionell angesetzten Likör daraus zu machen. Nachdem ich ihm geschworen hatte, die Stelle mit den Büschen niemandem zu verraten, zeigte er mir die Örtlichkeit. Am Samstag bin ich mit meiner Frau dorthin gefahren.
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Jetzt möchte ich ein leckeres Destillat daraus machen. Für einen klassischen Brand ist das zuwenig. Deshalb schwebt mir ein Schlehengeist vor. Hat jemand von euch schon erfolgreich Schlehengeist gemacht? Ich persönlich mag eine leichte Steinnote- ähnlich einem guten Kirschwasser.
Ich habe aus dem Archiv der Kleinbrennerei sämtliche Artikel über Geiste/ Schlehen gelesen und habe eine Vorstellung bekommen, wie es gehen kann. Mich interessieren eure Erfahrungen. Die Schlehen hab ich erstmal eingefroren, damit sich die Gerbsäure abbaut.
Mit besten Grüßen
T-500 :)
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derwo
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Re: Schlehen

Beitrag von derwo »

Schlehengeist ist absolut top. Ich habe leider keine gute Stelle zum Sammeln.

Es gibt eine sehr große Bandbreite, wie viel man an Geistgut nimmt. Es gibt kommerzielle Produkte, bei denen man kaum was schmeckt von den Schlehen. Aber man kann auch Aromabomben machen.

Mit niedrigen vol% gegeistet geht es ein bisschen Richtung Johannisbeer-Kirsch-Kaugummiaroma. Mit höheren wird es eher gewöhnlich und kratzig. Das soll jetzt aber nicht abschrecken. Ich finde Schlehengeist, bei dem nicht an Schlehen gespart wurde, sehr gut.


Hoffentlich komme ich mal wieder zu welchen. Auf ebay gab es vor ein paar Jahren immer mal wieder welche für 5€ das kg.
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T-500
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Re: Schlehen

Beitrag von T-500 »

Hallo Derwo,
vielen Dank für Deine Hinweise. In einer Ausgabe der Kleinbrennerei habe ich zum Thema Verkostung von Bränden vs. Geisten folgendes gefunden:

"Gute Schlehenbrände zeichnen sich aus durch die Harmonie von Stein- und Fruchtcharakter. Da die Schlehe an sich eine sehr zartaromatische Frucht darstellt und bei Frischgenuss vor allem Gerbstoffe und Säuren im Vordergrund stehen, ist es besonders schwierig, hier die genannte
Harmonie zu erreichen. Oft sind Schlehenbrände bitter im Abgang mit intensiver Marzipancharakteristik. Schon leichter Nachlaufanteil macht diese Produkte vollends ungenießbar. Ein bei Schlehen vorkommender Fehler kann ein unangenehm parfümierter, fast Schnupftabak ähnlicher Geruch sein, dessen Entstehung wahrscheinlich auf bakterielle Tätigkeit durch unsaubere Verarbeitung zurückzuführen ist."

"Der Schlehengeist ist im Vergleich zum entsprechenden Brand von fast süßlichem Duft und entbehrt der herben Bittere im Geschmack. Er präsentiert sich fruchtig und feingliedrig im Geruch, ist im Geschmack aber nicht selten etwas fade und leer. Fehler treten zumeist durch die Verarbeitung schimmliger Rohware oder durch zu wenig Fruchtanteil bei der Destillation auf".

Bezüglich des Geistes herrscht schon mal Einigkeit, dass lieber etwas mehr Fruchtanteil zuzugeben ist. Sämtliche Beiträge raten zu einem Verhältnis Schlehe/ l reiner Alkohol zu einem 2:1 Ansatz und einer maximalen Mazerationsdauer von 1 Woche, damit kein zu hoher Steingeschmack (Marzipan) ins Destillat kommt. Es wird auch geraten, die Verstärkung beim Brennen gering zu halten, es werden sogar nur Helm und Geistrohr empfohlen oder nur mit schwach gekühltem Dephlegmator. Bei den Kleinbrennern wird nie vom Mehrfachbrennen gesprochen. Ich gehe daher davon aus, dass sie die Alkoholgehalte im Mazerat so hoch halten, dass sie mit einmaligem Brennen zurecht kommen. Dafür müsste der Ansatz in der Blase ja mindestens 20% Vol. haben
Ich probiere das einfach aus. Bei meinen Himbeeren hatte ich ja ein Verhältnis 1,5kg/1lrA. Der ist schon sehr gut geworden. Allerdings hatte ich den zweimal gebrannt. Vor dem Rauhbrand hatte ich damals in der Blase auf ca. 8% Vol herunterverdünnt, weil hier niedrigere Alkoholgehalte propagiert wurden.
Mit besten Grüßen
T-500 :)
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derwo
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Re: Schlehen

Beitrag von derwo »

1kg Schlehen pro 1lt reinem Alkohol sollten reichen. Das ist meine Erfahrung. Und auch anderswo findet man sowas, zB im Buch Spirituosentechnologie von Erich Kolb 1931.

Und das mit der langen Ziehdauer und dem hohen Alkoholgehalt, da würde ich dir raten zu experimentieren. Wird der Schlehengeist verglichen mit deinem Himbeergeist kratzig oder muffig, dann könnte es sein, daß es daran gelegen hat. Dann wäre es lehrreich gewesen, wenn du zwei Versionen gemacht hättest, die vielleicht unterschiedlich schmecken, oder vielleicht genau gleich, was auch lehrreich wäre.