Sicherheit beim Destillieren

Infos für Anfänger und typische Anfängerfragen. Anfänger müssen aber nicht zwingend hier ihre Themen starten.
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derwo
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Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von derwo »

Beim Brennen mit einer Potstill ist die größte Gefahr, daß der Deckel undicht ist, dann Gase oder Kondensat austritt und der Gasbrenner diese entzündet. Mit einer Heizplatte ist diese Gefahr nicht vorhanden. Außer der Alkohol läuft schon in die Elektrik.

Wenn der Deckel undicht ist, obwohl die Destille schon oft ohne Probleme gelaufen ist, ist meist das Steigrohr durch Maische teilweise verstopft. Also man hat zu stark geheizt und die Maische ist hochgeschäumt. Der sonst normalerweise dichte Deckel hält dem Überdruck dann nicht mehr stand.

Flammen von Alkohol sind bei Tageslicht unsichtbar! Ich habe mal einen Bericht von einem sehr erfahrenen Schnapsbrenner gelesen, der beim Brennen plötzlich gesehen hatte, daß die Kesselisolierung irgendwie komisch ausschaut und sich bewegt. Sie hat gebrannt und ist weggeschmolzen. Es war keine Flamme zu sehen. Es hat ein paar Sekunden gebraucht, bis er verstanden hat, was gerade passiert.

Homedistiller.org empfiehlt aus Sicherheitsgründen pauschal, den Kessel nie mit mehr als 40% starken Alkohol zu befüllen. Meist ist mehr aber sowieso nicht nötig, da höhere Alkoholgehalte eigentlich höchstens beim Feinbrand eines Dreifachbrands vorkommen. Und Dreifachbrände machen wenige. Ich bin einer davon, deswegen halte ich mich nicht an diese Regel. Einerseits ist diese Regel gut, da die Brandgefahr mit steigendem Alkoholgehalt tatsächlich zunimmt, andererseits ist diese Zahl willkürlich. Schon viel niedrigere Alkoholgehalte produzieren brennbare Dämpfe. Und bei Flüssigkeiten entscheidet nicht der Alkoholgehalt alleine über die Brennbarkeit, sondern auch die Temperatur. Wer sich mit Flambieren auskennt, weiß, wie viel besser das geht, wenn man den Alkohol vorher erwärmt.

Bei Refluxdestillen treten oben extrem hohe Alkoholgehalte auf. Die 40%-Regel macht hier noch weniger Sinn, da eine Refluxdestille 96% Alkohol auch aus einem Kesselinhalt mit 10% holen kann. Meist werden Refluxdestillen aber von Hobbybrennern betrieben, die schon etwas Erfahrungen haben, sowohl mit dem Schnapsbrennen als auch mit dem Selbstbau.
Die größte Gefahr ist hier bei LMs und VMs, nämlich daß die Kolonne flutet und dann oben hochprozentiges Destillat herausquillt, nach unten läuft und vom Gasbrenner entzündet wird. Oder das Kühlwasser fällt aus (zB vergessen anzuschalten oder Schlauch geknickt) und hochprozentiger Dampf tritt oben aus.
Und natürlich haben die meisten Refluxdestillen weit mehr auseinandermontierbare Teile, deren Dichtungen versagen können.

Ich teste auf folgende Weise meine Destille auf Undichtigkeiten:
Sobald Destillat oder Reflux produziert wird, halte ich einen metallenen Suppenlöffel an alle Dichtstellen und auch an die Öffnung oben am Refluxkühler. Wie wenn man einen Spiegel anhaucht, werden austretende Gase den Löffel beschlagen. Selbst sehr kleine Lecks werden sehr deutlich sichtbar auf diese Weise. Diese Überprüfung sollte man immer mal wiederholen während der Destillation.

Schnapsdämpfe sind in höherer Menge allerdings auch eigentlich gut riechbar. Vor allem am Anfang, wenn Vorlauf dabei ist. Aber nicht jeder Geruch beim Brennen bedeutet ein Leck. Noch vor dem ersten Tropfen entweicht aus dem Kühler immer ein ich finde künstlich apfelfruchtiger Geruch, Acetaldehyd ist das hauptsächlich.

Immer dicke und möglichst wasserdichte Handschuhe neben der Destille liegen haben. Es kann vorkommen, daß man etwas Heißes anfassen muss.

Nie eine Destille ohne Überwachung laufenlassen!
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aragones
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von aragones »

Bleibt noch zu ergänzen das ein Handfeuerlöscher und ggf. eine Löschdecke in Reichweite der Destille erheblich zu Sicherheit beitragen und auch selbstverständlich sein sollten!
Habe die Ehre Herr Geheimbrannt!
gorbi73
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von gorbi73 »

Ich habe mir angewöhnt immer ein paar Siedesteinchen (kleine Tonscherben o.ä.) in den Kessel zu geben. Hatte mal einen schönen Siedeverzug beim potstillen, wo es mir explosionsartig die Brühe durch den Kühler geschossen hat.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Siedeverzug
Früher war alles anders, da waren sogar die Gummistiefel noch aus Holz.
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derwo
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von derwo »

gorbi73 hat geschrieben: 10. Nov 2018, 12:47 Ich habe mir angewöhnt immer ein paar Siedesteinchen (kleine Tonscherben o.ä.) in den Kessel zu geben. Hatte mal einen schönen Siedeverzug beim potstillen, wo es mir explosionsartig die Brühe durch den Kühler geschossen hat.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Siedeverzug
Kommt mir nicht plausibel vor. Vor allem nachdem ich nochmal den wikipedia-link gelesen habe. Natürlich glaube ich dir, daß die "Brühe durch den Kühler geschossen" ist, aber daß das Siedeverzug war, denke ich nicht. Und daher glaube ich auch eher nicht, daß dir Siedesteine geholfen hätten. Hochkochen und daher eine kurze Verstopfung, die dann plötzlich freigepustet wurde, wäre (ungesehen) mein Verdacht.
Unabhängig davon, ob ich hier gerade wirklich recht habe, sehr enge Steigrohre und trotzdem schnelle Destillation sind meist schuld an solchen Zwischenfällen.
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Kareltje
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von Kareltje »

Zum löschen eines Feuer kan man Wasser nutzen, aber nicht in ein Strahl, sondern in ein Art sanfte Dusche. Das Wasser kühlt die Flamme und verdünnt der Alkohol.
gorbi73
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von gorbi73 »

derwo hat geschrieben: 11. Nov 2018, 10:43
gorbi73 hat geschrieben: 10. Nov 2018, 12:47 Ich habe mir angewöhnt immer ein paar Siedesteinchen (kleine Tonscherben o.ä.) in den Kessel zu geben. Hatte mal einen schönen Siedeverzug beim potstillen, wo es mir explosionsartig die Brühe durch den Kühler geschossen hat.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Siedeverzug
Kommt mir nicht plausibel vor. Vor allem nachdem ich nochmal den wikipedia-link gelesen habe. Natürlich glaube ich dir, daß die "Brühe durch den Kühler geschossen" ist, aber daß das Siedeverzug war, denke ich nicht. Und daher glaube ich auch eher nicht, daß dir Siedesteine geholfen hätten. Hochkochen und daher eine kurze Verstopfung, die dann plötzlich freigepustet wurde, wäre (ungesehen) mein Verdacht.
Unabhängig davon, ob ich hier gerade wirklich recht habe, sehr enge Steigrohre und trotzdem schnelle Destillation sind meist schuld an solchen Zwischenfällen.
Das hat schon ganz ordentlich gerumst im Kessel.
Egal, seit ich den zerkloppten Blumentopf drin habe ist Ruhe. Und schaden tuts bestimmt nicht ;-)
Früher war alles anders, da waren sogar die Gummistiefel noch aus Holz.
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aragones
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Re: Sicherheit beim Destillieren

Beitrag von aragones »

....drum empfehle ich ein Thermometer zum messen der Kessel bzw Maischetemperatur... da weiß ich zumindest ungefähr was im Kessel los ist .
Habe die Ehre Herr Geheimbrannt!