Mein Zwetschgenwasser 2020

Obst ernten oder kaufen, verarbeiten, vergären und brennen
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3424
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Mein Zwetschgenwasser 2020

Beitrag von derwo »

Den Sommer über habe ich Zwetschgen und diverse andere, ähnliche Früchte gesammelt und eingefroren. Zuerst waren Blutpflaumen reif, dann Mirabellen und als letztes Zwetschgen. Alles von ungepflegten Bäumen, also auf öffentlichem Grund oder von verlassenen Streuobstwiesen, was zwar romantisch klingt, aber nicht immer Qualität bedeutet. Viel Fallobst.
Bei den Zwetschgen am Schluss habe ich auch viel noch in der Sonne nachreifen lassen.
Insgesamt waren es 41.5kg.
Beim Auftauen habe ich zum ersten mal mit einer eigenen Puffer-Mixtur angesäuert. Pro 10l Maische 10g Zitronensäure und 1g Ätznatron in 100ml Wasser gelöst. Ich denke, das geht in die richtige Richtung, aber das nächste mal nehme ich wohl 20g Zitronensäure und 2.2g Ätznatron. Nährstoffe waren auch dabei: 1EL Blaukorn, etwas Kupferoxid, etwas Vitamin B und etwas Olivenöl. Und 800ml Wasser kamen durch den Gärstarter und die Ansäuerung dazu.

Die Gärung lief extrem sauber, trotz der nicht hygienisch einwandfreien Früchte, und am Ende war alles extrem sauer und trocken. Schmeckt dann richtig leer so eine Maische. Deswegen denke ich, daß ich mit dieser Ansäuerung auf dem richtigen Weg bin. Die Maische ist sehr sauer, aber gärt trotzdem vollkommen aus.
Insgesamt waren es 39.1l, inkl. der Steine. Diese wurden erst direkt vor dem Brennen entfernt, und zwar wieder mit meinem Salatschleudersieb. Bei meinen Kirschen hatte das besser funktioniert. Zwetschgen haben stabilere Häute als Kirschen, und die verstopfen den Sieb etwas. Außerdem sind die Steine größer und daher wäre ein etwas gröberes Sieb besser. 5l waren es dann weniger, also 34.1l waren noch übrig.

Raubrand: bis knapp über 100°C 12.43l 13.8vol% gesammelt. Die Maische hatte also gerade mal 5vol%. Das kann nur am geringen Zuckergehalt der Früchte liegen, eine unvollständige Gärung hätte ich bemerkt. Es roch nach Pflaumenlimonade. Pflaume viel präsenter als Zwetschge. Das habe ich schon öfter gemerkt: Zwetschgen haben frisch ein viel stärkeres Aroma als Pflaumen, aber das verliert sich dann etwas.

Mittelbrand: 7l 24.5vol% bis knapp über 100°C geholt. Roch ganz am Anfang nach Banane. Das ist ein Hinweis auf Ester von höheren Alkoholen und passiert eigentlich eher bei Mangel an anorganischem Stickstoff bei der Gärung. Da ich mit dem Dünger genug dieses Stickstoffs dazugegeben habe, ist das etwas seltsam. Dann wieder nach Pflaumenlimonade. Der letzte liter hat das Destillat eingetrübt. Da dieser liter an sich klar war und auch nicht irgendwie krass im Geschmack, denke ich, lag es einfach an der Verdünnung des bisherigen Destillats, also nicht neue Stoffe haben getrübt, sondern welche, die schon vorher ins Destillat gekommen waren.

Feinbrand: Beim Aufheizen roch es nach Rum-Pflaume oder Pflümli. 40ml Vorlauf habe ich abgetrennt. Den Mittellauf sensationell spät erst beendet: Bei 50.2vol%. Die Mittellaufausbeute war 73%. Das ist glaube ich mein Rekord. Aber die letzten Fraktionen hatten kaum Fehler und so ein Aroma wie schokolierte in Alkohol eingelegte Trockenpflaumen. Ich habe mir auch mehrere Tage mit der Entscheidung Zeit gelassen.

Ich bin gespannt, wie der in einem Jahr schmeckt. Ob ich da vielleicht dann bereue, so weit runter gesammelt zu haben.
Auch dieser Obstbrand hat wie mein ähnlich gemachtes Kirschwasser eher einen tollen Nachgeschmack als ein starkes Buket. Irgendwie scheint von der Dreifachbrandmethode mit diesen langen Rau- und Mittelbränden eine direkte Linie dahin zu führen. Vielleicht sollte ich noch kälter vergären. Mal sehen, der nächste Kandidat wartet schon: Ein Obstler. Da wird es etwas kälter sein.