Hoch brennen - hoch trennen ?

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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Alk52
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Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von Alk52 »

An vielen Stellen hier im Forum wird Vorlauf-Mittellauf und Nachlauf angesprochen und es ist sicher nicht nur für Änfänger schwierig daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Was bedeutet hoch brennen ?

Gehen wir zurück auf Schmickl so finden wir als typische Temperatur für Aromabrände (Ostbrände etc.), um den Nachlauf abzutrennen, die 91°C.
An vielen anderen Stellen hier im Forum wird über eine Mittellaufausbeute zwischen 60..70 vol% diskutiert.
Der Trend geht zu 2-fach oder 3-fach Bränden, ich habe schon wieder mal einen 4-fach Brand produziert und frage mich, was nun.

Vielleicht können wir hier unsere Erfahrungen über verschiedene Abtrennmethoden /-Temperaturen diskutieren, sammeln und begründen.

Zurück zur ersten Frage, mein 4-fach Brand gehört sicher, auch als Pot-Still-Brand in die Gruppe hoch brennen.
Aber bei welcher Temperatur bzw. vol% trenne ich die in Gläschen gesammelten Nachlaufkandidaten ab.
Gestartet bin ich mit ca. 53 vol% im Kessel und habe, im 4.Brand, bei 74 vol% angefangen Gläschen zu sammeln.

Erreicht habe ich insgesamt
* 5,1 l mit ca. 86 vol%, Mittellaufausbeute von 54%
+1,5 l mit ca. 76 vol%, in der Summe eine Ausbeute von 66,7 %
+ zusätzlich div. Gläschen ab 74 vol% aktuelles Destillat gesammelt.

Die Gläschen emfinde ich alle als Nachlauf- schade, ich hätte gern gewählt. Aber vielleicht war es ja mit den 1,5 l schon zu spät.
Habe ich in diesem Brand nicht hoch genug getrennt?
Kann oder sollte ich die 1,5 l nutzen oder verwerfen?
Nichts ist ohne Grund.
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Vermische doch mal ein kleines Sample, zB 51ml von der Hauptfraktion + 15ml von den 1.5lt danach. Dann vergleiche es mit einem Sample nur aus der Hauptfraktion.
Ich denke, von den Zahlen her ist beides möglich. Das musst du selber versuchen zu schmecken.

Bei welchen vol% der Nachlauf beginnt, hängt grob von der Alkoholstärke im Kessel und schlussendlich vom Geschmack ab. Aber das weißt du ja.

Generell kann man die Frage deiner Überschrift ganz klar mit Ja beantworten. Das ist eine absolut gültige Regel.
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

Meiner Meinung nach hat Schmickl schon recht, mit seiner Temperatur von 91°C und dem Nachlaufbeginn.
Es stellt sich lediglich die Frage, wie die Temperaturmessung und deren Genauigkeit bei den Unterschiedlichen Brennanlagen und -gerätschaften aussieht. Die Kühlerlänge spielt natürlich auch eine Rolle, denn wenn das Thermometer 91°C anzeigt, braucht das Destillat bei der einen Anlage noch eine gewisse Zeit, bis es rausläuft - bei der anderen ist es schon raus....
Deshalb das Fraktionieren und erschnüffeln des Nachlaufs.
Da ich aber auch nicht grade zu den 'Nasen' gehöre, trenne ich mit Hilfe der Vorlage und nach %vol ab, zusätzlich wird mit dem Finger abgeschmeckt, da der eklige Nachlauf in meinen Augen (besser Gaumen) gut schmeckbar ist, und das ist beim Whisky meistens zwischen 58 und 60%vol.
Natürlich ist die Methode wieder hinfällig, wenn ich Hochprozentiges beim 3 oder 4-fach Brand in der Anlage habe, dann kann der Nachlauf auch schon mal bei 72°Ç (hier stand vorher °C, was natürlich Schwachsinn ist! :mrgreen: ) beginnen.

Was ich aber definitiv mache: Alles was nach spätestens 91°C Temperatur kommt, ist bei mir Nachlauf.
Das wurde früher anders - nämlich nach Geruch abgetrennt - gehandhabt, und ich habe mich immer über die unangenehme Schärfe in meinen Bränden gewundert.
Zuletzt geändert von James Allardice am 9. Jan 2022, 11:34, insgesamt 1-mal geändert.
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Bei 72°C sicher nicht, eher bei 72vol%. :lol:

Noch als Ergänzung:
Bei sehr niedrigen Prozenten im Kessel kann man bei niedrigeren vol% abtrennen, weil noch gute Aromen da sind, die die hochkommenden schlechten überdecken.
Bei hohen Prozent kommen zwei Effekte:
1. Es wird zuerst geschmackloser und dann erst kommen die schlechten Aromen. Wenn man nun brennt, bis die schlechten Aromen kommen, hat man eine tolle Mittellaufausbeute und einen sauberen Schnaps, man hat aber das Aroma verdünnt.
2. Durch die hohen Prozente sind die hochkommenden schlechten Aromen gut versteckt. Sie tauchen erst beim Verdünnen auf. Dadurch beginnt man mit dem Glächensammeln eventuell zu spät.
Ich jedenfalls habe sehr oft alle Nachlaufgläschen verworfen. Mal wegen 1., mal wegen 2. Also auch mir passiert es, daß ich zu spät Gläschen sammel. Oft auch, weil ich vorher zu faul war, zu messen wie viel Alkohol im Kessel ist. Man kann solche Fehler sehr leicht vermeiden, wenn man sich gut vorbereitet und vielleicht auch während dem Brennen mal einen Zwischenstand misst.
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

Um auf den Threadnamen und die darin enthaltende Frage zu Antworten: Nein. :mrgreen:

.....wenn die Temperatur gemeint ist. Wenn die %vol gemeint sind ergibt sich das.
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Doch. Wenn man mit hohen Temperaturen beginnt, kann man auch bei hohen Temperaturen aufhören. 8-)
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

derwo hat geschrieben: 9. Jan 2022, 12:11 Doch. Wenn man mit hohen Temperaturen beginnt, kann man auch bei hohen Temperaturen aufhören. 8-)
Ich glaube nicht, dass man sich die Temperatur aussuchen kann, denn jedes Wasser-Alkohol-Gemisch hat doch seinen eigenen Siedepunkt.
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von geHeimBrenner »

James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 10:03 Meiner Meinung nach hat Schmickl schon recht, mit seiner Temperatur von 91°C und dem Nachlaufbeginn.
Das sehe ich eher kritisch. Die 91 Grad mögen für die Schmickl'sche Turbohefe-Maische mit 15-20% passen.
Was aber, wenn ich jetzt z.B. Whisky Wash mit "nur" 8% im Kessel habe? Da ist ja allein der Siedepunkt in einer Pot Still schon über den 91 Grad.
Dann doch lieber ganz auf das Thermometer verzichten und die Abtrennung oder zumindest den Beginn der einzelnen Phasen an der Alkoholstärke am Kühler festmachen.
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Alk52
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von Alk52 »

James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 13:48 Ich glaube nicht, dass man sich die Temperatur aussuchen kann, denn jedes Wasser-Alkohol-Gemisch hat doch seinen eigenen Siedepunkt.
Stimmt, aber meine Frage geht ein Stückchen weiter.

Klar ist die Aussage von Wo, dass hohe Start-vol% ein Abtrennen bei höheren Produkt-vol% zur Folge haben.
Wann bzw. bei welcher Temperatur oder vol% trenne ich den Nachlauf ab, wenn ich nach 1, 2 oder 3 Rauränden mit unterschiedlich hohen Start-vol% im Kessel brenne.

Hier eine Tabelle, berechnet mit dem Destllaitionssimulator 1 nach der Beschreibung und Brennanleitung einer professionellen Kleindestille (siehe Bibliothek) und einem fiktiv nachempfundenden 3-fach Brand, wie ihn Wo gemeint haben könnte.
.
hc_697.png
Wie ermittle ich jetzt den ungefähren Abtrennpunkt? Wenn ich eine Destillation plane?
Nach den aktuellen vol% des Destillates oder nach den %-Ausbeutewerten?

:D Wo, würdest Du bei einem 3-fach Brand basierend auf 10% Maische bei 60°C abtrennen?
Nichts ist ohne Grund.
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

geHeimBrenner hat geschrieben: 9. Jan 2022, 17:37
James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 10:03 Meiner Meinung nach hat Schmickl schon recht, mit seiner Temperatur von 91°C und dem Nachlaufbeginn.
Das sehe ich eher kritisch. Die 91 Grad mögen für die Schmickl'sche Turbohefe-Maische mit 15-20% passen.
Was aber, wenn ich jetzt z.B. Whisky Wash mit "nur" 8% im Kessel habe? Da ist ja allein der Siedepunkt in einer Pot Still schon über den 91 Grad.
Dann doch lieber ganz auf das Thermometer verzichten und die Abtrennung oder zumindest den Beginn der einzelnen Phasen an der Alkoholstärke am Kühler festmachen.
Deshalb brennt man ja auch Whisky meistens doppelt. Erst den Raubrand ohne Vor- und Nachlaufabtrennung. Danach erst den Feinbrand. ;)
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Nachlauf ab 91°C beginnt.
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

Alk52 hat geschrieben: 9. Jan 2022, 19:00
James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 13:48 Ich glaube nicht, dass man sich die Temperatur aussuchen kann, denn jedes Wasser-Alkohol-Gemisch hat doch seinen eigenen Siedepunkt.
Stimmt, aber meine Frage geht ein Stückchen weiter.

Klar ist die Aussage von Wo, dass hohe Start-vol% ein Abtrennen bei höheren Produkt-vol% zur Folge haben.
Wann bzw. bei welcher Temperatur oder vol% trenne ich den Nachlauf ab, wenn ich nach 1, 2 oder 3 Rauränden mit unterschiedlich hohen Start-vol% im Kessel brenne.

Hier eine Tabelle, berechnet mit dem Destllaitionssimulator 1 nach der Beschreibung und Brennanleitung einer professionellen Kleindestille (siehe Bibliothek) und einem fiktiv nachempfundenden 3-fach Brand, wie ihn Wo gemeint haben könnte.
.
hc_697.png

Wie ermittle ich jetzt den ungefähren Abtrennpunkt? Wenn ich eine Destillation plane?
Nach den aktuellen vol% des Destillates oder nach den %-Ausbeutewerten?

:D Wo, würdest Du bei einem 3-fach Brand basierend auf 10% Maische bei 60°C abtrennen?
Immer bei ca. 91°C. :D
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 13:48
derwo hat geschrieben: 9. Jan 2022, 12:11 Doch. Wenn man mit hohen Temperaturen beginnt, kann man auch bei hohen Temperaturen aufhören. 8-)
Ich glaube nicht, dass man sich die Temperatur aussuchen kann, denn jedes Wasser-Alkohol-Gemisch hat doch seinen eigenen Siedepunkt.
Genau, man kann es sich nicht aussuchen. Aber eine hohe Alkoholstärke bedeutet nunmal eine niedrige Siedetemperatur. Also "Hohe vol% brennen - hohe vol% trennen" stimmt und "Hohe °C brennen - hohe °C trennen" somit auch.

Alk52 hat geschrieben: 9. Jan 2022, 19:00 Wo, würdest Du bei einem 3-fach Brand basierend auf 10% Maische bei 60°C (du meinst 60vol%, oder?) abtrennen?
Das hängt neben dem Geschmack vor allem davon ab, wie lange du die Raubrände und Mittelbrände machst, also welche vol% du beim Feinbrand dann im Kessel hast.

Bei deiner Tabelle (super gemacht!) sieht man ja sehr schön, daß, wenn man stur nach vol% oder °C abtrennt, man je nach vol% der Maische, sehr unterschiedliche Mittellaufausbeuten bekommt, egal ob doppelt oder dreifach gebrannt. Und nun erklär mir mal einer, warum man von einer Weintraubenmaische mit 10vol% 70% Mittellaufausbeute bekommt und von einer Apfelmaische mit 5vol% nur 45vol%. Und um die Ausbeute zu erhöhen, muss ich einfach nur nochmal brennen. Irgendwann habe ich sogar 95% Ausbeute, ich muss nur oft genug brennen, damit ich die 91°C möglichst spät erreiche. Das kann doch nicht stimmen.
Und zumindest meine praktische Erfahrung mit hohen % beim Feinbrand im Kessel ist, daß man nicht mehr Ausbeute herzaubern kann, ohne Nachteile zu bekommen. Brennt man nur ein- oder zweimal und erhöht die Ausbeute, bekommt man Nachlaufgeschmack. Brennt man öfters und erhöht die Ausbeute, verdünnt man das Aroma.

geHeimBrenner hat geschrieben: 9. Jan 2022, 17:37Die 91 Grad mögen für die Schmickl'sche Turbohefe-Maische mit 15-20% passen.
Das ist die klassische Erklärung. Und falsch ist sie nicht. Ob aber für Turbomaischen der Einfachbrand wirklich das Optimum ist, das ist eine andere Frage.
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von geHeimBrenner »

James Allardice hat geschrieben: 9. Jan 2022, 20:13 Deshalb brennt man ja auch Whisky meistens doppelt. Erst den Raubrand ohne Vor- und Nachlaufabtrennung. Danach erst den Feinbrand. ;)
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Nachlauf ab 91°C beginnt.
OK, dann werfe ich jetzt mal die Daten professioneller Whuisky-Brennereien (siehe viewtopic.php?t=827 ) ins Rennen.
Beispiel Ardbeg ( http://wormtub.com/distilleries/distill ... ery=Ardbeg ), hier wird die Spirit Still mit 25% beladen und bei 62,5% abgetrennt. Ergibt laut Destillationssimulator 1 eine Dampftemperatur von 90,1 Grad. Also früher als die Schmickl'schen 91 Grad.
Noch extremer ist z.B. Bruichladdich ( http://wormtub.com/distilleries/distill ... ichladdich ), hier wird mit 27% gefüllt und nur bis 71% runtergebrannt. Dampftemperatur hier: 87,2 Grad.

Dieses Spielchen kann man quer durch die Bank mit diversen kommerziellen Brennereien durchziehen. Wenn die 91 Grad tatsächlich gesetzt wären - warum würde überhaupt irgendwer andere Cuts setzen?

Um zurück zum eigentlichen Thema zu kommen:
Hier mal zwei Beispiele aus dem Begleitstoff-Simulator, einmal mit 20%, einmal mit 27% im Kessel.
Hier zeigt sich meiner Meinung nach schön, dass mit höherer Stärke im Kessel auch schon eine Abtrennung zu anderen "Temperatur-Zeitpunkten" möglich ist.
In der Grafik sind jetzt mal nur Säuren berücksichtigt und die 91 Grad eingezeichnet.
Begleitstoff_20.JPG
Begleitstoff_27.JPG
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James Allardice
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von James Allardice »

Hallo Geheimbrenner,

grundsätzlich alles richtig. Aber ab spätestens 91°C beginnt der Nachlauf. Also musst Du bei alkoholschwachen Maischen doppelt brennen, sonst macht die Sache keinen Sinn, weil dir die Ausbeute fehlt.

Gruß,
James
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Ich probiere es auch mal mit unseren Rechnern:
Angenommen du hast 10l Maische und du schaffst wirklich die Schmickelschen 20vol%. Dann hast du bei 1.1 theoretischen Böden und Normaldruck die 91°C nach 1.68l mit 66.3vol% erreicht und 56% Mittellaufausbeute. In diesen Mittellauf sind 4.0% der Essigsäure gelandet. Das ist 7.22% relativ zur Alkoholausbeute.
Bei der anderen Maische hast du aber nur 16vol% erreicht. Nun musst du bei 1.01l 63.9vol% aufhören und hast eine Mittellaufausbeute von nur 40%. In diesen Mittellauf sind 2.6% der Essigsäure gelandet. Das ist 6.33% relativ zur Alkoholausbeute. Also 12.5% (100% - 6.33/7.22x100%) weniger Säure im Schnapsglas. Was doch bedeutet, daß man beim zweiten Brand mit nur 16vol% im Kessel hätte länger oder beim ersten hätte kürzer brennen müssen, oder?

Und bezüglich geheimbrenners Diagramme: Ist bei 91°C irgendwas besonderes? Steigen da plötzlich irgendwelche Stoffe rasanter als vorher an? Nein. 91°C ist bezüglich der Daten ein vollkommen willkürlicher Punkt. An den Diagrammen kann man nicht erkennen, ab wo es zu viel Säuren sind. Jedenfalls werden es nicht plötzlich mehr.

James Allardice hat geschrieben: 10. Jan 2022, 11:01 Aber ab spätestens 91°C beginnt der Nachlauf. Also musst Du bei alkoholschwachen Maischen doppelt brennen, sonst macht die Sache keinen Sinn, weil dir die Ausbeute fehlt.
Peruanischer Pisco wird im Einfachbrand bis Trinkstärke runtergebrannt. Es ist kein Verdünnungswasser erlaubt. Das bedeutet, bei einer Maische mit 10vol% wurde ein Pisco mit 40vol% etwa bei 99°C abgetrennt. Er hat dann 10.1% der Essigsäure bzw 11.3% rel. zu Ethanol mitbekommen.
11.3% ist zwar mehr als 6.33 oder 7.22%, aber dafür, daß erst bei 99°C abgetrennt wird, erwartet man ein schlimmeres Ergebnis, oder? Warum ist es aber nicht so? Weil halt nur 10vol% im Kessel sind und das bedeutet, daß man relativ spät abtrennen kann.
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von geHeimBrenner »

derwo hat geschrieben: 10. Jan 2022, 11:50 Und bezüglich geheimbrenners Diagramme: Ist bei 91°C irgendwas besonderes? Steigen da plötzlich irgendwelche Stoffe rasanter als vorher an? Nein. 91°C ist bezüglich der Daten ein vollkommen willkürlicher Punkt. An den Diagrammen kann man nicht erkennen, ab wo es zu viel Säuren sind. Jedenfalls werden es nicht plötzlich mehr.
Worauf ich mit den Grafiken hinasuswollte: bei 20% im Kessel wird bei 91 Grad schon bei einer in Relation geringeren Konzentration an Säuren abgetrennt als bei 27% im Kessel und gleicher Temperatur.
Im Umkehrschluss könnte man bei niedrigeren Prozenten auch in höhere Temperaturen gehen, um das gleiche Säuren-Verhältnis zu erreichen, welches bei höheren Prozenten noch als akzeptabel angesehen wird.
Im Grunde also eine ähnliche Aussage zu der, die du dann in Textform geliefert hast.

Für mich stellt sich das Bild demnach momentan so dar: je niedriger die % im Kessel, desto höher können wir mit der Temperatur gehen bzw. desto später kann abgetrennt werden. Umgekehrt: je höher die % im Kessel, desto frühere Abtrennung ist nötig. Das kann allerdings auch wieder eine Gedanken-Verirrung sein ...

Und ich sehe genau dieses Zitat als den springenden Punkt:
derwo hat geschrieben: 10. Jan 2022, 11:50 Ist bei 91°C irgendwas besonderes? Steigen da plötzlich irgendwelche Stoffe rasanter als vorher an? Nein. 91°C ist bezüglich der Daten ein vollkommen willkürlicher Punkt.
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Alk52
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von Alk52 »

Wie gehofft hat sich eine interessante Diskussion ergeben, die wir weiter vertiefen müssen...

Im Schmickl habe ich die Seiten 83-87 noch einmal genau gelesen. Der Beginn des Nachlaufes liegt unabhängig von den Kessel-vol% bei 91°C, aber der Start des "Edelbrandes liegt, bei geringen Kessel-vol% (zB. 5 bzw. 12%) unter dem Siedepunkt des Wasser-Alkoholgemisches.
Am Anfang meiner Brennversuche habe ich hier schon für mich entschieden, da paßt was nicht.

Kommen wir schnell nochmal auf meine Ausgangsfrage zurück - bei welchen Temperaturen bzw. Alk-vol% soll ich denn den Nachlauf abtrennen?
In meinen Experimenten Apfelbrand 2021 stehe ich vor dem letzten Feinbrand.

Ich habe den Raubrand mit 16.5 vol%, die frühen Nachlaufanteile des 4-fach Brandes und des Refluxbrandes zusammengemischt und stehe jetzt von ca. 30 l mit 28 vol%.
Nach langen Überlegungen und dem Begleitstoff-Simulator 2 habe ich folgenden Plan.
hc_699.png
In Gläschen werde ich bei knapp unter einer Mittelaufausbeute von 50% zu sammeln beginnen, also bei 88,0°C und bis 91°C bzw. ca. 70 % Ausbeute sammeln. Insgesamt erwarte ich 1,6 Liter in Gläschen, also ca. 20 Gläschen je 80 ml.
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derwo
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Ich würde größere Gläschen nehmen, falls du welche hast.
Und denk daran, daß du die Gläschen verdünnen musst. Also nur halb voll machen.
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Alk52
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von Alk52 »

Ich habe 400ml Gläschen und werde mit einem Messzylinder je 80ml sammeln.
Die Proben werden per Pipette in kleinen Schnapsgläsern einzeln gemischt.
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Re: Hoch brennen - hoch trennen ?

Beitrag von derwo »

Dann würde ich direkt in die Gläser ca. 200ml sammeln. Interessant können die kleineren Fraktionen vielleicht sein, aber qualitativ wirklich besser wird das nicht.