Quittenbrand 2021 [Oberfranke]

Obst ernten oder kaufen, verarbeiten, vergären und brennen
DerOberfranke
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Quittenbrand 2021 [Oberfranke]

Beitrag von DerOberfranke »

Grüßt Euch,

auch wenn ich schon etwas spät dran bin möchte ich euch gerne noch eine kurze Zusammenfassung meines Quittenbrandes aus dem Jahr 2021 geben.

Ausgangssituation waren 72 kg Birnenquitten die gereinigt und unentkernt mit einem Rübenhäcksler zerkleinert wurden.
photo_2021-10-29_10-44-13.jpg
2020 hatte ich bereits erste Erfahrungen mit Birnenquitten gemacht. Die Maische wurde auf 9 % aufgezuckert und doppeltgebrannt mit einem Raubrand bis 0 % Dampfgehalt. Als Ergebnis habe ich einen meines Erachtens nach soliden Quittenbrand mit lang anhaltendem Quittenaroma erzielt, der aber leider zumindest kurzzeitig etwas scharf/kernig auf der Zunge ist. Der Grund hierfür war (vermutlich) der etwas zu späte Abtrennpunkt bei 62% in Relation zur hohen Raubrandstäke (31,5 %) (https://hobbybrennen.ch/viewtopic.php?t=581).

Ziel war es deshalb einen qualitativ besseren Brand zu erzeugen. Da ich meiner Meinung nach die erreichbare Qualität eines gezuckerten Zweifachbrandes noch nicht ausgeschöpft habe sollte es diesmal wieder ein Zweifachbrand werden. Diesmal aber mit folgenden Änderungen.

-Raubrände nur bis 10 % Dampfgehalt. Hintergrund ist üblen Nachlauf gleich gar nicht erst mitzunehmen und einem Verdünnen des Mittellaufaromas durch die Zuckerung entgegenzuwirken. Ausbeuteverluste werden hingenommen, sehe ich aber nicht als Nachteil, da lediglich billiger Haushaltszucker verloren geht.
-spätere Abtrennung und Verdünnung der interessanten Fraktionen im Mittellauf/Nachlauf-Überang auf Trinkstärke für bessere Vergleichsreferenz

Die Maische wurde wieder auf 9% Alkoholgehalt wie folgt aufgezuckert:
-72 kg Birnenquitten
-55 l Wasser
-14 kg Zucker
--> 132l@8,9 % vol bei optimaler Gärung,

Raubrand:
Insgesamt wurden es 6 Raubrände mit über 22 kg pro Destillation in meiner 25 l Destille.
Vorlauf habe ich jeweils immer nur 10 ml abgetrennt um das Übelste loszuwerden.
Die Raubrände 1-3 ergaben in Summe 14,3l@38,5%
Die Raubrände 4-6 ergaben in Summe 15,1l@34,5%

Die Unterschiede lagen daran dass die Maische in 2 verschiedenen Gärfässern aufgeteilt wurde und die Zuckerung nicht ganz gleichmäßig verteilt war.

In Summe haben alle Raubrände dann folgende Ausbeute:

29,4 l@ 36,4 % vol (ca. 91 % Raubrandausbeute)

Feinbrand:
Der Feinbrand wurde auf 2 Brände verteilt. Vorlauf jeweils ca. 20 ml abgetrennt
Aus Raubrand 1-3 habe ich 4,02l@77,5 % geholt. Abgetrennt wurde bei 74,5 %vol
Aus Raubrand 4-6 habe ich 4,17l@76,5 % geholt. Abgetrennt wurde bei 69,5 %vol

In Summe ergibt sich (nur rechnerisch, die beiden Feinbrände werden getrennt gelagert):
8,18l@77,0 %. Das entspricht einer Mittellaufausbeute von 53,6%

Im Vergleich zum Quittenbrand 2020 ist die Mittelausbeute deutlich geringer (53,6 % anstatt 72,0 %)

Angenommen ich berechne die Ausbeute in Relation zum Eigenzucker der Quitte, sprich über den Maischerechner berechne ich den theoretischen
Alkohol ohne Zuckerung und setzte meine Mittellaufausbeute in ein Verhältnis, so betragt diese:
Quittenbrand 2020: 3,830/1,448*100% =265 % Mittellaufausbeute
Quittenbrand 2021: 6,300/3,198*100% =197 % Mittellaufausbeute

Letztendlich zeigt das Ergebnis den erwünschten Effekt. Der Verdünnung des Mittellaufs durch Zuckerung kann mit früherer Beendigung des Raubrandes entgegengewirkt werden. Gleichzeitig nimmt man weniger Nachlauf mit in den Feinbrand.

Das ganze spielgelt sich auch im Geschmack wieder. Das unerwünschte Brennen auf der Zunge konnte behoben werden und der Abgang ist deutlich sauberer und sanfter. Das Aroma kann dadurch etwas besser freigestellt werden und wirkt gefühlt etwas intensiver. Meiner Meinung nach braucht sich die Quitte nicht vor kommerziellen Edelbränden, welche ich bis jetzt probieren durfte verstecken.
Jetzt fehlt nur noch der Vergleich mit einem nahezu ungezuckertem Dreifachbrand. Erwartungsgemäß sollte es da noch Potential nach oben geben. Die Frage die ich mir stelle und auch noch herausfinden möchte ist hierbei inwiefern sich der Mehraufwand bei gleichzeitig weniger Ausbeute lohnt...

Letztendlich muss man aber auch dazu sagen dass die Quitte sehr aromastark ist und der Aromaverlust mit solchen Spielerein verkraftbarer ist, als bei anderen Früchten. Meine dreifachgebrannte fast ungezuckerter Kirschpflaume ist brenntechnisch äußerst sauber, aber vom Aroma kein Wunderbrand.

Deshalb meine Idee:
Vielleicht wäre eine Obsttabelle hilfreich mit der man die Aromastärke verschiedener Früchte in Bezug auf den Eigenzucker zumindest vergleichen kann. Letztendlich könnte man daraus ableiten ob sich bei bestimmten Obstsorten z. B. leicht gezuckerte Zweifachbrände in Bezug auf Aufwands-/Qualitätsverhältnis mehr lohnen als ein Dreifachbrand.

Eine weitere Frage die sich mir stellt... Was wäre wenn man einen gezuckerten Doppelbrand so früh abtrennt, dass man die gleiche Alkoholausbeute bezüglich des Eigenzuckers erhält wie bei einem ungezuckertem Dreifachbrand. Wäre das Ergebnis vergleichbar? Letztendlich verwendet man den Zucker als Hilfsträger zur besseren Kontrolle des Brennvorgangs, der nicht direkt im Destillat landet, sondern dazu beiträgt sauberer abtrennen zu können. Ein Verlust ist es nicht wenn man dann den Nachlauf auf 0 herunterbrennt und diesen sammelt für z. B. späteren Neutralalkohol...
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derwo
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Re: Quittenbrand 2021 [Oberfranke]

Beitrag von derwo »

Du kannst aber halt nicht wissen, ob der Brand von 2021 wegen des kürzeren Raubrands oder des kürzeren Mittellaufs beim Feinbrand besser ist. Ich tippe, daß das zweite mehr ausgemacht hat als das erste.
DerOberfranke hat geschrieben: 24. Jan 2022, 12:12 Vielleicht wäre eine Obsttabelle hilfreich mit der man die Aromastärke verschiedener Früchte in Bezug auf den Eigenzucker zumindest vergleichen kann. Letztendlich könnte man daraus ableiten ob sich bei bestimmten Obstsorten z. B. leicht gezuckerte Zweifachbrände in Bezug auf Aufwands-/Qualitätsverhältnis mehr lohnen als ein Dreifachbrand.
Das ist halt sehr individuell. Bei Quitte ist es klar, daß die sehr weit oben auf die Liste kommt. Aber sonst? Schlehen sind auch weit oben. Mispeln auch? Und ich fand Pfirsich immer recht aromatisch. Apfel ist recht weit unten, aber trotzdem ist das immer wieder gut. Birnen sind wohl sehr sortenabhängig. Also ich tu mich schwer, so eine Liste zu erstellen.
DerOberfranke hat geschrieben: 24. Jan 2022, 12:12 Eine weitere Frage die sich mir stellt... Was wäre wenn man einen gezuckerten Doppelbrand so früh abtrennt, dass man die gleiche Alkoholausbeute bezüglich des Eigenzuckers erhält wie bei einem ungezuckertem Dreifachbrand. Wäre das Ergebnis vergleichbar? Letztendlich verwendet man den Zucker als Hilfsträger zur besseren Kontrolle des Brennvorgangs, der nicht direkt im Destillat landet, sondern dazu beiträgt sauberer abtrennen zu können. Ein Verlust ist es nicht wenn man dann den Nachlauf auf 0 herunterbrennt und diesen sammelt für z. B. späteren Neutralalkohol...
Da muss man aber sehr früh abtrennen. Eine ungezuckerte Quittenmaische mit der nötigen Wasserzugabe hat keine 3vol% Alkohol. Und deine Idee unterschlägt das Ausblasen von Aromen bei der Gärung, daß also eine hochgegärte Maische nicht nur relativ zum Alkohol weniger Aroma hat, sondern sogar absolut gesehen.
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Re: Quittenbrand 2021 [Oberfranke]

Beitrag von DerOberfranke »

derwo hat geschrieben: 24. Jan 2022, 21:12 Du kannst aber halt nicht wissen, ob der Brand von 2021 wegen des kürzeren Raubrands oder des kürzeren Mittellaufs beim Feinbrand besser ist. Ich tippe, daß das zweite mehr ausgemacht hat als das erste.
Ja das mag sein. Ich würde auch tippen dass das frühere Abtrennen mehr Wirkung hatte als ein kürzerer Raubrand. Wobei ich auch sagen muss, dass die Quitte bei meinen bisherigen Bränden den penetrantesten Nachlaufgeruch aufweist.
derwo hat geschrieben: 24. Jan 2022, 21:12 Das ist halt sehr individuell. Bei Quitte ist es klar, daß die sehr weit oben auf die Liste kommt. Aber sonst? Schlehen sind auch weit oben. Mispeln auch? Und ich fand Pfirsich immer recht aromatisch. Apfel ist recht weit unten, aber trotzdem ist das immer wieder gut. Birnen sind wohl sehr sortenabhängig. Also ich tu mich schwer, so eine Liste zu erstellen.
Wird wohl schwierig sein, da vieles auch standort- bzw. saisonabhängig sein wird. Aber ein grober Anhaltspunkt in zumindest 5 Aromastufen wäre natürlich cool.
derwo hat geschrieben: 24. Jan 2022, 21:12 Und deine Idee unterschlägt das Ausblasen von Aromen bei der Gärung, daß also eine hochgegärte Maische nicht nur relativ zum Alkohol weniger Aroma hat, sondern sogar absolut gesehen.
guter Punkt...das hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Hier wären mal Anhaltspunkte interessant wie viel Aroma einem dabei flöten geht. Ich vermute mal dass eine kalte, saubere und langsame Gärung vielleicht den Aromaverlust etwas mindert?
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derwo
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Re: Quittenbrand 2021 [Oberfranke]

Beitrag von derwo »

Ja, deswegen vergäre ich Obst möglichst kalt und mit Kaltgärhefe. Beweisen, daß es hilft, kann ich nicht. Aber es ist eine übliche Art, Obst zu vergären.