Grüne Nüsse -Angesetzter

Spirituosen hergestellt durch in Alkohol mazerierte Früchte oder Gewürze oder durch andere aromatische Zusätze
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derwo
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Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Grüne Nüsse -Angesetzter

Beitrag von derwo »

Das ist ein klassisches Rezept, über welches hier aber noch nichts geschrieben ist. Es geht um das Ansetzen von grünen, also unreifen Walnüssen mit Schalen, traditionell geerntet am 24.6., also am Johannistag (genau ein halbes Jahr vor Heiligabend).

Ich habe das inzwischen glaube ich fünf mal gemacht und jedesmal weiterentwickelt.

Mir ging es bei meinen Weiterentwicklungen vor allem darum, das sehr eigenartig parfümierte Aroma von unreifen Nüssen etwas zu reduzieren und dafür das Nussaroma etwas erkennbarer zu machen. Und ich wollte den Alkoholverlust in den Nüssen reduzieren.
Unreife Nüsse färben den Alkohol (oder auch Wasser) schwarz und hinterlassen einen sehr starken charakteristischen Geruch, der übrigens auch in den Blättern zu finden ist. Das ist das Juglon oder hat irgendwas mit dem Juglon zu tun, welches in Walnussschalen sehr konzentriert enthalten ist. Dieses Aroma ist an sich das, was diesen Angesetzten ausmacht, aber ich finde es zu dominant.
Das Nussaroma erhöht man, indem man später erntet, also wenn sich in den Nüssen schon teilweise etwas Holziges gebildet hat, also ein Teil der späteren Nussschale.
Die Juglon-Aromen reduziert man, indem man die aufgeschnittenen Nüsse eine Zeit lang wässert, bevor man sie mit Alkohol ansetzt.
Den Alkoholverlust reduziert man, indem man die Nüsse zuerst sehr hochprozentig ansetzt und dann ein zweites mal mit dem späteren Verdünnungswasser. Dieses Wasser zieht dann einen Großteil des Alkohols aus den Nüssen. Meiner Meinung nach vertragen grüne Walnüsse das hochprozentige Ansetzen. Das ist nicht selbstverständlich. ZB Beeren würde ich nicht so hoch ansetzen.

Also hier das Rezept:
- Spät ernten, sodaß teilweise schon eine harte Schale in den Nüssen ist. Also in Deutschland bei einem heißen Frühsommer vielleicht 1.7., bei einem kalten eher 15.7. Walnüsse ernten geht ja sehr schnell und man muss auch normalerweise keine Weltreise machen, um einen Walnussbaum zu finden. Man sollte testweise ein paar Nüsse aufschneiden, bevor man die ganze Menge erntet.
- Alle Nüsse achteln, bis das Ansatzgefäß zu 3/4 voll ist. Das ist wegen der schon etwas harten Schale teilweise etwas anstrengend. Ich nehme ein großes Küchenmesser, drücke es etwas in die Nuss und hacke sie dann in zwei Teile. Das weitere Zerkleinern geht dann ohne Hacken, nur mit etwas Druck auf den Messerrücken. Es lohnt sich, dabei Handschuhe anzuziehen, da die Hände sonst danach etwas braun gefärbt sind und das dann nicht so leicht abgeht.
- Nun mit kochendem Wasser auffüllen und das Ansatzgefäß verschließen.
- 7-10 Tage jeden Tag einmal das Wasser wechseln (kaltes Wasser reicht). Wie oft man wechselt, ist eine ganz wichtige Stellschraube. Zwei mal mehr oder weniger, verändert den Charakter sehr stark. Mindestens beim letzten mal Aufgießen sollte man kalkfreies Wasser nehmen.
- Nach dem letzten Abgießen mit hochprozentigen Alkohol auffüllen. 90vol% oder mehr.
- Etwas Zitronenschale, Vanille und Zimt dazu. Vielleicht auch etwas Nelke und Anis. Eher zu wenig nehmen, da man später noch nachwürzen kann.
- Nach einem Monat durch einen Kaffeefilter abfiltern und die Nüsse ein zweites mal aufgießen, diesmal mit kalkfreiem Wasser.
- Nach zwei Wochen ebenfalls mit einem Kaffeefilter abfiltern.
- Nun hat man zwei abgefilterte Angesetzte. Der Alkoholgehalt des ersten wird etwa 55vol% sein, der des zweiten etwa 25vol%. Da man noch keinen Zucker dazugegeben hat, kann man den Alkoholgehalt messen. Nun kann man beide Aufgüsse miteinander zur gewünschten Alkoholstärke mischen. Wenn man den Angesetzten unter 40vol% haben will, kann es sein, daß man ein drittes mal aufgießen oder halt mit Wasser verdünnen muss. Wenn man nochmal aufgießt, holt man noch etwas Alkohol aus den Nüssen heraus.
- Dann gibt man 50g/l Zucker dazu. Einfachen Haushaltszucker, er löst sich nicht sofort, aber er löst sich.
- Geschmacksprobe. Eventuell nachsüssen. Eventuell mit Zitronenschale, Vanille und Zimt nachwürzen, also die Gewürze eine Woche oder so ziehen lassen und dann abfiltern und nochmal probeverkosten.
- Trotz Filtern setzt sich leider mit der Zeit ein unschönes, dunkles, pulvriges Sediment ab. Es lohnt sich daher, den fertigen Angesetzten ein paar Monate zu lagern und dann von dem Sediment abzuziehen. Leider bräunt sich auch etwas die Flasche, was dann unschön auffällt, wenn sie nicht mehr ganz voll ist. Vor allem, wenn man den Angesetzten verschenken möchte, muss er gut ausschauen, sonst wird er zu einem Staubfänger. Es empfiehlt sich daher, eine dunkelbraune oder schwarze Flasche zu verwenden, wo die Bräunung nicht auffällt, oder den so lange gelagerten Angesetzten, daß man hofft, daß er die Flache nicht mehr färbt, kurz vor dem Verschenken in eine frische saubere Flasche zu geben.


Mein nächster Versuch wird sein, noch etwas später zu ernten. Also erst, wenn die Hülle der Nüsse schon anfängt, dunkle Flecken zu bekommen.