→ English version
hobbybrennen.ch

Siedediagrammdaten
Ein Siedediagramm ist die graphische Darstellung der Verhältnisse zwischen der Alkoholstärke in der Flüssigkeit, der Alkoholstärke im Dampf beziehungsweise im aktuellen Destillat und der Siede- beziehungsweise Dampftemperatur.
Die Dampftemperatur und die Siedetemperatur der Flüssigkeit sind zumindest direkt über der Flüssigkeitsoberfläche identisch. Wohl aber unterscheiden sich die Alkoholstärken der Flüssigkeit und des Dampfes. Darauf beruht die Aufkonzentrierung von Alkohol bei der Destillation.
Zweidimensional dargestellt ergeben sich also drei Kurven:
  1. Das Verhältnis der Alkoholstärke in der Flüssigkeit zur Siedetemperatur.
  2. Das Verhältnis der Alkoholstärke im Dampf zur Dampftemperatur.
  3. Das Verhältnis der beiden Alkoholstärken zueinander.
Im folgenden Bild sieht man, woher wir die Messdaten haben, daraus die Originalmessdaten als rote Punkte und unsere daraus gebildeten Kurven in grün:
Siedediagramm
Das Glätten der Daten:
Dabei kann man sehr nah beim Original bleiben oder sich aber sehr weit entfernen. Das hängt idealerweise davon ab, was man für Hintergrundinformationen hat. Also vor allem, wie die Messdaten entstanden sind.
  • Wie schaute die Destillationsvorrichtung aus?
  • Wie wurde der Alkoholgehalt gemessen? Über die Dichte (Spindel oder Pyknometer) oder über den Brechungsindex (Refraktometer)? Wenn Refraktometer, wie wurde das Problem des Brechungsindex bei hohen Alkoholstärken gelöst, durch Verdünnung zum Beispiel? Mit welchen Formeln oder Daten wurde aus der Dichte oder dem Brechungsindex die Alkoholstärke ermittelt?
  • Nach welchen Daten oder Formeln wurden die Alkoholstärken für den Kessel hergestellt?
Und wir haben leider zu keiner dieser Fragen Antworten. Hätten wir welche, könnten wir abschätzen, wo es eher zu Messfehlern kommt und wo eher nicht. Und dann würde man die Kurven vielleicht etwas anders zeichnen.
Wir wissen nur, daß diese Daten oft von wissenschaftlichen Publikationen zitiert werden und das sie mit Abstand am meisten Datenpunkte haben verglichen mit anderen Quellen. Es sind 125 Messungen, also 125 mal Molanteil Ethanol im Kessel, Siedetemperatur und MOlanteil Ethanol im Destillat.
Ein Vergleich mit Computersimulationen wie Aspen Plus verlief enttäuschend. Also sind entweder die Messdaten extrem schlecht oder man kann ein Siedediagramm nicht so genau berechnen, wie man es messen kann. Wir denken jedenfalls, daß bei den Messungen so große Fehler nicht passieren können, welche nötig wären, um auf die Werte von Aspen zu kommen, und halten deswegen zu den Messwerten.
Es mag an manchen Stellen seltsam ausschauen, wie die grüne Linie von den Messdaten abweicht. In der Mitte der Kurve A zum Beispiel. Der Grund dort liegt in der seltsamen Wellenform der Originaldaten rechts unten in Kurve B. Wenn man diese korrigiert, verändern sich auch die anderen beiden Kurven, da ja alles zusammenhängt. Bei der Glättung dieser Welle haben versucht, die dabei zwangsläufig entstehenden Abweichung auf die beiden anderen Kurven gleichmäßig zu verteilen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß diese Welle so stimmt, es also ein Fehler ist, sie zu glätten.

Das Azeotrop von Ethanol und Wasser liegt bei Normaldruck 1013.25hPa wahrscheinlich bei 97.2vol% und 78.17°C. Das sind 95.60gew% und 89.48mol%.

Rektifikation:
Eine Destillation mit Rektifikation bewirkt eine höhere Aufkonzentrierung des Alkohols als es aus den Siedediagrammdaten ersichtlich ist. Die Kurve C wird also verzerrt. Von links nach rechts steigt sie schneller an und ist weiter rechts dann weniger steil. Höher als das Azeotrop kann man aber auch mit Rektifikation nicht kommen.
Bei Rektifikation ist aber die Dampftemperatur am höchsten Punkt der Destille, also nach der Rektifikation, nicht mehr identisch mit der Temperatur in der Flüssigkeit beziehungsweise direkt über der Flüssigkeit. Das Verhältnis zwischen der Alkoholstärke in der Flüssigkeit und der Siedetemperatur und das Verhältnis zwischen der Alkoholstärke im Dampf und dessen Temperatur, dieses beides bleibt aber trotzdem gleich. Kurve A und B verändern sich also im Gegensatz zu Kurve C nicht.

Der Einfluss des Umgebungsdrucks:
Eine Verringerung des Drucks bewirkt tiefere Siede- beziehungseweise Dampftemperaturen und eine Erhöhung des Azeotrops:
  • Die Erhöhung des Azeotrops macht im normalen Luftdruckbereich aber nur sehr wenig aus. Eine merkbare Erhöhung ist nur mit einer Vakuumdestillation beziehungsweise einer Destillation mit einem künstlich herbeigeführten sehr starken Unterdruck möglich. Dann allerdings ist es sogar auch möglich, das Azeotrop verschwinden zu lassen, also 100% Ethanol zu destillieren.
  • Die Temperaturen dagegen sind sehr temperaturempfindlich. Das macht die Berücksichtigung des Luftdrucks auch bei einer normalen Destillation ohne Unterdruck nötig, wenn man aus Temperaturen auf Alkoholstärken schließen möchte.
Der Luftdruck wird beeinflusst von der Seehöhe und vom Wetter:
  • Pro 100m Seehöhe sinkt die Dampftemperatur etwa um 0.3°C.
  • Der Luftdruck schwankt je nach Wetterlage um etwa 60hPa. Das bewirkt eine Temperaturspanne der Siedepunkte von etwa 1.6°C. Also auch wenn man immer an demselben Ort brennt, kann man sich nicht auf das Thermometer verlassen, ohne den aktuellen Luftdruck zu kennen. Die Druckabhängigkeit des Siedepunkts ist bei starken Alkohollösungen etwas geringer als bei schwachen.
Den aktuellen Luftdruck bekommt man am leichtesten mit Smartphone-Barometer-Apps. Viele Geräte haben einen Luftdrucksensor, welcher sehr genau arbeitet. Die meisten Apps zeigen aber nur den relativen Luftdruck an, manche aber auch beides oder es ist einstellbar. Dies sollte man überprüfen. Eventuell muss man mehrere Apps ausprobieren.
Wenn man stattdessen den Luftdruck von Wetterdiensten bezieht, handelt es sich so gut wie immer um den Luftdruck relativ zur Seehöhe, da nur dieser für die Wetterlage aussagekräftig ist. Falls es nicht möglich ist, den absoluten Luftdruck herauszufinden, kann unser Tool Höhenmeter - Luftdruck ihn berechnen.
Wir haben sowohl die Druckabhängigkeit der Alkoholstärke des Azeotrops als auch die der Temperaturen in unsere Rechner integriert. Aber je weiter man sich vom Normaldruck entfernt, desto unsicherer sind die Rechenergebnisse, weil die Datenlage sehr dünn ist. Die Alkoholstärke des Azeotrops in Abhängigkeit vom Druck haben wir aus diesem Diagramm entnommen:
Diagramm: Azeotrop-Alkoholstärke in Abhängigkeit zum Druck
Die Temperaturen der Siedepunkte in Abhängigkeit vom Druck werden mit Formeln nach Frost/Kalkwarf/Miller berechnet.
zum Verzeichnis der Rechner zum Forum