Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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Dr.Cooper
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Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von Dr.Cooper »

Moin zusammen,
ich bilde mir ein das wenn ich doppelt brenne ein Teil der guten Aromen verloren geht. Ist dem so oder täusche ich mich dabei?
Wahrscheinlich kann ich dem durch langsames Brennen und saubebers Abtrennen der Fraktionen etwas entgegen wirken.
Oder verhält es sich so als wenn ich eine Gemüse bzw. Knochenbrühe ansetze/koche, je weiter ich einreduziere umso intensiver wird diese?
Dem Destillatör ist nix zu schwör :dontknow:
Tom
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azeotrop
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von azeotrop »

Es gehen keine Aromen verloren. Die gehen immer komplett mit ins Destillat.
Bei jedem Brand bleibt etwas vom Unerwünschten im Kessel zurück und wird weggeschüttet. Ein Teil vom Unerwünschten geht aber doch ins Destillat. Bei der nächsten Destillation bleibt wieder was vom Unerwünschten im Kessel und ein viel kleinerer Teil geht ins Destillat über.
Ich brenne meine Aromabrände immer 3 mal in der Potstill und habe ein sauberes und aromastarkes Produkt.
Beim ersten und zweiten Brand trenne ich nicht ab und brenne jeweils so lange bis nur noch Wasser kommt.
Erst beim dritten Brand trenne ich Vorlauf und Nachlauf ab. Da beim dritten Brand eine sehr hohe Alkoholstärke im Kessel ist, fällt die Abtrennung leichter und ist viel trennschärfer. In der Nähe des Übergangs zu Vorlauf oder Nachlauf finden sich viele starke Aromen.
Wenn man beim Einfachbrand abtrennt werden diese Aromen unweigerlich mit abgetrennt, weil die Trennschärfe so gering ist.

Wenn ich 2 L Destillen verkaufen würde, hätte ich das Problem dass von den 2 L beim dritten Brand zwar noch immer fast der ganze Alkohol enthalten ist, aber durch die hohe Stärke nur ein kleines Volumen hat das kaum den Boden der Destille bedeckt.
Ich würde dann den Leuten die Geschichte verkaufen man müsse bereits in der Maische 20% haben um mit einem Einfachbrand hinzukommen. Aber selbst bei 20% im Kessel ist die Trennschärfe für eine Abtrennung nicht ausreichend.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
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derwo
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von derwo »

Der einzige komerzielle Brand, der mit einer Potstill einfachgebrannt wird, ist peruanischer Pisco.

Es gibt hier auch eine Suchfunktion. Da findet man darüber sehr viel. ZB dieses hier:
https://hobbybrennen.ch/viewtopic.php?t=53

Schnapsbrennen ist rausschmeißen und aufkonzentrieren. Wer das komplette Aroma habe will, kann ja mal eine Brennmaische trinken.
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Dr.Cooper
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von Dr.Cooper »

derwo hat geschrieben: 25. Jun 2022, 11:50 Der einzige komerzielle Brand, der mit einer Potstill einfachgebrannt wird, ist peruanischer Pisco.

Es gibt hier auch eine Suchfunktion. Da findet man darüber sehr viel. ZB dieses hier:
https://hobbybrennen.ch/viewtopic.php?t=53

Schnapsbrennen ist rausschmeißen und aufkonzentrieren. Wer das komplette Aroma habe will, kann ja mal eine Brennmaische trinken.
Mahlzeit, ich habe sehr wohl die Suchfunktion genutzt aber leider konnte ich in dem von dir verlinkten Thread nicht antworten bzw. weiter fragen weil geschloßen.
Aber Danke für die Erklärung.
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Tom
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James Allardice
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von James Allardice »

Ich bin der Meinung, doppelt Gebrannter ist zum Anfang immer aromastärker, als ein 3-fach Gebrannter. Das ist aber nur vordergründig der Fall.
Wenn die Brände dann über längere Zeit gelagert werden relativiert sich die Geschichte langsam.
Bestes Beispiel ist mein Gin, den habe ich bis auf 83,5%vol gebrannt, ich glaube es waren 4 oder 5 Durchgänge auf der Pottstill. Aber jetzt nach einem halben Jahr Lagerung kommt der Wacholder voll durch.

Je öfter gebrannt wird, desto reiner der Alkohol, dass ist richtig.

Andersrum können sich aus einem 'schmutzigerem' Brand bei der Lagerung auch wundervolle Aromen entwickeln. Vergleiche einen 2-fach gebrannten Single Malt aus Schottland mit einem 3-fach gebrannten Single Malt aus Irland.

Für mich gilt auf jeden Fall: Malt Whisky und Obstmaischen immer 2x, alles andere wie z.B. Gin, Ouzo - also Sachen mit vielen ätherischen Ölen- mindestens 3x, eher 4 oder 5x. Das gilt natürlich für eine Pottstill.
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derwo
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von derwo »

Dr.Cooper hat geschrieben: 25. Jun 2022, 13:28Mahlzeit, ich habe sehr wohl die Suchfunktion genutzt aber leider konnte ich in dem von dir verlinkten Thread nicht antworten bzw. weiter fragen weil geschloßen.
Unten in dem link ist eine Weiterleitung zu dem gleichen Thema, wo man aber auch antworten kann. Das geschlossene Thema ist eine Zuammenfassung für den Anfängerbereich.

James Allardice hat geschrieben: 25. Jun 2022, 14:24Je öfter gebrannt wird, desto reiner der Alkohol, dass ist richtig. Vergleiche einen 2-fach gebrannten Single Malt aus Schottland mit einem 3-fach gebrannten Single Malt aus Irland.
Das ist halt so eine Sache, die Anzahl der Destillationen der großen Brennereien auf unsere Hobbybedingungen zu übertragen.
Bei den großen Brennereien landet der meiste Alkohol im Nachlauf, welcher aber in der nächsten Destillation wiederverwendet wird, also nochmal gebrannt wird. Dann ist der als doppeltgebrannt bezeichnete Whisky im Schnitt doch eher dreifach als doppelt gebrannt. Wenn wir Hobbybrenner bei einem doppeltgebrannten Whisky 65% des Alkohols in den Mittellauf nehmen (und keinen Nachlauf vom vorigen Whisky in die Destille dazugegeben haben), die schottische Brennerei aber nur 40% (den Rest aber weiterverwendet), welcher Brand ist dann sauberer/neutraler? Der der schottischen Brennerei.
Irischer Whisky ist tendenziell aromaärmer bzw feiner als schottischer. Aber die Anzahl der Destillationen ist nur eine Stellschraube von vielen, die dann zusammen schlussendlich den Brand sauber oder nicht so sauber machen. ZB der schottische Whisky von Mortlach ist nach Herstellerangabe 2.81 -fach gebrannt, aber aromastärker als die meisten nur doppeltgebrannten Whiskies.
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azeotrop
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von azeotrop »

Ich habe bei Aromabränden nur an Obstbrände gedacht. Darauf bezieht sich meine Antwort.
Zuletzt geändert von azeotrop am 25. Jun 2022, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.
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James Allardice
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von James Allardice »

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Iren nicht so 'dreckig' arbeiten, wie manche schottische Destillerie. Washbacks aus Holz usw., wobei ja auch viele Schotten Washbacks aus Stahl nehmen.

Aber wenn ich jetzt den Whisky von Auchentoshan mit dem von Aberlour oder anderen vergleiche, dann hat in meinen Augen, die 3-fach-Destillation keinen Mehrwert.
Catweazle
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von Catweazle »

Hallo,

Ich verfahre bei meinen Bränden auch wie azeotrop. Allerdings brenne ich mit Kolonne und kupferschwämmen, ohne aktiven reflux, um möglichst viel Kupfer im Dampf zu haben. Das führt dazu, das mein Honig-rauhbrand halt schon 40% hat. (Weiter runterbrennen ging nicht, Gas war alle🤦‍♂️🤷)
Die Sache mit dem kochen ist komplett anders wie brennen. Beim kochen zählt der Grundsatz: Wasser geht, Aroma bleibt… aber wenn wir ehrlich sind, geht hier auch schon sehr viel Aroma weg. Aber der hauptunterschied ist…… wir alle kochen doch nur mit wasser! Im Brennkessel kocht Alkohol. Und ich denke, das hier der Hase ist Pfeffer liegt. Mehr Alkohol, mehr gelöste Aromen, und alles wird aufgefangen. Und für alle die sagen: Moment…. Nicht alle Aromen sind wasserlöslich…. Stimmt. Deswegen wird der rauh- und mittelbrand ja auch extrem lange gebrannt. So landen irgendwann alle Aromen dort wo wir sie haben wollen. Das ist keine Behauptung die ich beweisen kann, sondern nur meine persönliche Schlussfolgerung. 😉

Bei meinem Quittenbrand habe ich die entsafteten Quitten (wurden mit Dampf entsaftet) die meine mutter für ihr quittengelee Entsafter hatte, für zwei Wochen im rauhbrand mazeriert. Danach war immer noch quittenaroma in den Stückchen. Also ab damit in den Geist(Brenn)Hut. Danach waren die quittenstücken absolut geschmacklos.

Solche Spielereien gehen halt nur, wenn du mehr als einmal brennst.

Aber probiers mal aus… und spiele mit aufgezuckerter maische, einfach-, zweifach- und dreifachbränden…. Und du wirst, so wiesehr viele von uns, beim dreifachbrand landen. Bei mir war’s auf alle Fälle so.

Also eher kein aromaverlust, um die themafrage zu beantworten.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör.

Quelle: Wilhelm Busch, Bildergeschichten. Die fromme Helene,1872
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derwo
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von derwo »

James Allardice hat geschrieben: 25. Jun 2022, 16:23 Aber wenn ich jetzt den Whisky von Auchentoshan mit dem von Aberlour oder anderen vergleiche, dann hat in meinen Augen, die 3-fach-Destillation keinen Mehrwert.
Und wenn ich jetzt den Whisky von Glen Grant oder Glenfiddich mit dem von Auchentoshan vergleiche, dann hat in meinen Augen die 2-fach-Destillation keinen Mehrwert. ;)


Beim Kochen essen wir die Schlempe, beim Destillieren trinken wir den Dampf. Kochen ist also das Gegenteil vom Destillieren. :lol:
Die Aromen, die beim Kochen die Küche vernebeln, sind die, die wir beim Destilieren auffangen würden. Und das Gericht, das wir essen, ist das, was wir nach dem Destillieren wegwerfen. Wenn wir eine Zwiebelsoße drei Stunden lang einkochen, bis sie nur noch die Hälfte des Volumens hat, wird da nicht viel Geruch mehr übrig sein. Geschmack schon, da ja viele Gechmäcker wie zB einfach Kochsalz nicht flüchtig sind.
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James Allardice
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von James Allardice »

Das sehe ich anders. Der 12jährige Glen Grant ist doch schon ein guter Whisky und die älteren Abfüllungen gehören zum Besten, was der Whiskymarkt zu bieten hat.
Glenfiddich 15, 18, 21 Jahre sind auch schöne Brände, die älteren mit einer schönen Kakaonote.
Der 12jährige, da stimme ich zu, ist ein bischen 'flach auf der Brust'. :D

Der Vergleich mit dem Kochen hinkt ein wenig.
Gekocht wird meist mit 100°C, und da sind wir beim Brennen schon meilenweit im Nachlauf, im Glühweinbereich.
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derwo
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von derwo »

Ja, Vergleiche hinken aber immer mehr oder weniger.

Und das mit den Whiskymarken: die Aromastärke hängt halt auch immer von der Lagerung ab. Glenfiddich 12 nimmt halt billige alte gebrauchte Fässer, in denen nicht mehr viel steckt. Und die billigeren Glen Grants halt auch. Wenn dann von einer nicht ganz so riesigen Brennerei der nur 10-jährige ein Aromamonster ist, ist das aber natürlich kein Beweis für die Aromastärke des Rohwhiskies, sondern eher für eine Investition in relativ neue Fässer. Ich bin halt nicht so der Fan von (meiner Meinung) nach überholzten und übersherryten Whiskies. Ich achte immer sehr darauf, daß man Eigenheiten des Rohwhiskies stark herausschmeckt.
Ich habe seit Jahren einen ungeöffneten 18-jährigen Auchentoshan im Keller. Hab ehrlich gesagt gar keine Lust ihn zu öffnen, weil ich befürchte, daß ich außer mehr Holz und etwas mehr Alter nichts finden werde, was ich nicht vom 12-jährigen kenne. Wenn ich Whisky kaufe, kaufe ich inzwischen nur noch die recht jungen Standardabfüllungen. Also schon mit Altersangabe, aber halt nur 10 oder 12 Jahre. Keinesfalls gebe ich Geld aus für diese Distiller's Editions, wo die Standardabfüllung noch mal schnell in einem Sherryfass aufgemotzt wurde.
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James Allardice
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Re: Aromaverlust beim Doppeltbrennen?

Beitrag von James Allardice »

Ja, natürlich spielt First- oder Secondfill eine große Rolle.

Geht mir auch so. Ich bin auch nicht bereit für einen Whisky ohne Altersangabe viel Geld auszugeben.

Mal ab vom Whisky - ich interessiere mich für einen Highester-Rum, hast Du einen Tip?
Ein Hampden oder ein Worthy-Park machen mich schon neugierig.