Destillationspraxis - Vom richtigen Umgang mit Kochböden, Kühler und Katalysator

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
Catweazle
Beiträge: 509
Registriert: 24. Nov 2018, 10:16

Destillationspraxis - Vom richtigen Umgang mit Kochböden, Kühler und Katalysator

Beitrag von Catweazle »

Hallo, hier eine Zusammenfassung aus der kleinbrennerei 1/2005

Der Grundsatz ist immer der gleiche!!! Nur aus erstklassigen Zutaten kann eine erstklassige Maische entstehen. Und nur aus einer erstklassigen Maische entsteht ein erstklassiges destillat!

Die Destillation ganz einfach….
Benötigt wird:
Brennfähige Maische
Eine destille mit/ohne Wasserbad, mit/ohne rührwerk
Moderne obstbrennereien verfügen über einen Verstärker und einem Katalysator
Auf solchen Geräten wird unter Anwendung der so genannten Gegen- strom-Destillation in einem Arbeitsgang unter Abtrennung von Vor- und Nachlauf das fertige Destillat (Mittellauf) hergestellt, das dann nur noch auf Trinkstärke herabgesetzt und filtriert wird. Die zu destillierende Maische wird in die Brennblase eingefüllt und mit Hilfe des Wasserbades auf Siedetemperatur gebracht. Die beim Sieden entstehenden alkoholischen Dämpfe nehmen ein wesentlich größeres Volumen ein als die siedende Flüssigkeit selbst, und werden daher in den Verstärker hineingedrückt. Dort müssen diese Dämpfe die eingebauten Böden, den Dephlegmator und den eventuell installierten „Katalysator“ passieren, bevor sie über das Geistrohr in den Kühler gelangen, in dem sie wieder kondensiert und auf maximal 20°C heruntergekühlt werden.
So weit so klar….
In Wirklichkeit verbergen sich hinter dieser groben Beschreibung aber sehr komplexe physikalische Vorgänge. Soll bei der Destillation aber auch Einfluss genommen werden auf die dabei ablaufenden Vorgänge, so ist doch eine gewisse Kenntnis der wichtigsten physikalischen Vorgänge erforderlich.

Betrachten wir zuerst die einfache gegenstromdestille
878FFF0D-2807-491B-8EE6-2F034B47E86C.jpeg
Gefunden auf www.brennerei-wissen.de
Wenn sich im Kessel eine Maische mit 7 %xmas befindet, entsteht ein alkoholdampf mit Etwa 38 %xmasA. Diesen Vorgang nennt man Verstärkung. Wie man an dem gegebenen Beispiel erkennt, ist die Ansicht, dass zuerst der Alkohol verdampft und dann das Wasser, völlig irrig. Am Siedepunkt der Maische entsteht immer ein Dampfgemisch, das aus Wasser und Alkohol besteht. Es ist lediglich der Alkoholgehalt im Dampf höher als in der Flüssigkeit, die destilliert wird. Diese Verstärkung ist aber bei Gemischen aus Alkohol und Was- ser nicht konstant. Grob kann man sagen, dass die Verstärkung um so geringer aus- fällt, je höher der Alkoholgehalt der siedenden Flüssigkeit ist. Je höher also der Alkoholgehalt einer Flüssigkeit ist, desto schwieriger wird die weitere Anreicherung des Alkohols im Destillat.
Wird dieser Dampf vollständig kondensiert, entsteht ein Destillat mit 38%mas. Wird dieses Destillat ein 2. destilliert, erhält man Bei vollständiger kondensation ein Destillat mit 74%mas.
Dies sind jedoch nur die theoretischen Werte, die bei einer Destillation nur erreicht werden können, wenn der aus der siedenden Maische entstehende Dampf im Brenngerät so vollständig kondensiert wird, dass das entstehende Kondensat wieder vollständig in die Maische zurückfließt. Es kann also kein Produkt in Form eines Destillates gewonnen werden. Da aber in der Praxis die Destillation nicht physikalischen Untersuchungen, sondern der Erzeugung eines Produktes dient, wird dem Brenngerät ständig Alkohol in Gestalt des Destillates an der Vorlage entnommen. Dadurch aber sinkt der Alkoholgehalt in der Maische ab, was zur Folge hat, dass im Verlauf der Destillation einer Obstmaische auch der Alkoholgehalt des Destillates, das an der Vorlage entnommen wird, ständig absinkt.
Um also ein hochprozentiges Destillat zu gewinnen, ist mehrfachbrennen unbedingt erforderlich!
Um also ein hochprozentiges Endprodukt bei einem einmaligen brennvorgang zu erhalten muss mit Verstärkern gearbeitet werden.
Dies Gelingt in einer Gegenstromdestille
B145A105-3AD3-4550-894B-AAAF6BD1C4BC.png
Gefunden auf www.brennerei-wissen.de
Um auf diese Weise zu einem hochprozentigen Destillat zu kommen, ist also eine mehrfache Destillation erforderlich. Wird nun mit einem Verstärker destilliert, geht der erzeugte alkoholische Dampf nicht direkt über das Geistrohr zum Kühler, sondern wird zunächst dem Verstärker zugeführt. Die auf dem untersten Boden befindliche Glocke zwingt nun den aufsteigenden Dampf durch die auf dem Boden stehende Flüssigkeit hindurch zu strömen. Dabei kondensiert dieser Dampf zu einem großen Teil auf diesem Boden. Bei der Kondensation aber wird auch die im Dampf enthaltene Kondensationswärme frei, die wiederum die Flüssigkeit
auf diesem Boden zum Sieden erhitzt. Durch die Kondensation ist dabei auf dem Boden eine Flüssigkeit mit höherem Alkoholgehalt als in der Brennblase entstanden, die nun wiederum einen im Alkohol- gehalt angereicherten Dampf liefert, der zum nächsten Boden aufsteigt. So wird im Prinzip in einem Arbeitgang mehrfach hintereinander der Alkohol im Dampf angereichert.

Wer aufgepasst hat, wird erkennen, das dieses Prinzip nur funktionieren kann, wenn die Flüssigkeit auf den Glockenböden so kalt ist, dass Im Vergleich zu dem Dampf dieser auch kondensieren kann.

Und wie bekommt man nun diese „kalte“ Flüssigkeit?

Über dem Verstärker befindet sich der dephlegmator. Dies ist eine Kühleinrichtung, die als Teilkondensator betrieben wird. Der auf dem letzten Boden erzeugte Dampf tritt also zunächst in diesen Dephlegmator ein. Die dortigen Kühlflächen werden aber nur soweit gekühlt, dass der eintretende Dampf nur teilweise kondensiert. Durch diese teilweise Kondensation wird nun ein Kondensat gebildet, in dem anteilig mehr Wasser enthalten ist, als es dem Wassergehalt des eintretenden Dampfes entspricht. Man kann sagen, dass das im Ver- gleich zum Alkohol schwerer flüchtige Wasser leichter kondensiert als der leichtflüchtige Alkohol. Dieses im Wassergehalt angereicherte Kondensat fließt nun über die Böden zur Brennblase zurück (Gegenstrom), und entzieht dabei dem aufsteigenden Dampf im Verstärker Wärme, wodurch dieser auf den Böden kondensieren kann. Der im Dephlegmator nicht kondensierende Dampfanteil enthält (bei gerin- gerer Gesamtmenge) nun mehr Alkohol als der in den Dephlegmator eintretende Dampf. Also findet im Dephlegmator ebenfalls eine gewisse Anreicherung des Alkohols in dem Dampfanteil statt, der zum Kühler gelangt.
Der Dampfanteil, der den Dephlegmator passiert, gelangt nun über das Geistrohr zum Kühler und wird dort dann vollständig kondensiert und gekühlt. Es entstehen am Dephlegmator also zwei Kondensatströme. Ein Teilstrom gelangt zur Vorlage als Produkt, während der andere Teilstrom als Rückfluss über die Verstärkerböden zur Brennblase fließt (Gegenstrom). Um gängige Brenngeräte sinnvoll zu be- treiben, muss der Teilstrom, der als Rückfluss im Brennapparat verbleibt etwa doppelt so groß sein wie der Teilstrom, der als Produkt gewonnen wird.

Durch die Gewinnung von Destillat nimmt allerdings der Alkoholgehalt in der Maische natürlich ständig ab. Dadurch steigt der Siedepunkt der Maische. Somit ist nun auch klar, warum eine Destillation mit einer festen Temperatur nicht funktionieren kann. Wenn man mit konstanter Geschwindigkeit destillieren will, muss man die Temperatur erhöhen.

Apropos Geschwindigkeit… wie sollte die destillationsgeschwindigkeit sein? Langsam oder schnell?

In der Maische befinden sich aber neben Alkohol und Wasser sowie den Fruchtresten auch alle Aromastoffe, die ihrerseits sehr unterschiedliche Siedepunkte aufweisen. Zusammen mit der während der Destillation langsam ansteigenden Siedetemperatur führt dies dazu, dass sich im Verlauf der Destillation die Zusammensetzung des an der Vorlage anfallenden Destillates bezüglich dieser Aromastoffe ständig ändert. Bei niedriger Siedetemperatur zu Beginn der Destillation gehen da- bei vor allem leichtflüchtige Komponenten (Vorlauf) in das Destillat über, während bei zunehmender Destillationsdauer und ansteigendem Siedepunkt immer mehr schwerflüchtige Komponenten (Nachlauf) auftreten. Prinzipiell gilt hier, dass je mehr Böden bei der Destillation eingeschaltet sind, desto besser auch die Auftrennung der Aromakomponenten nach ihren Siedepunkten gelingt. Diese Wirkung der Böden kann zudem dadurch gesteigert werden, dass am Dephlegmator stärker gekühlt wird.
Die stärkere Kühlung am Dephlegmator erzeugt mehr Rückfluss über die Böden, und steigert damit die kondensierende Wirkung dieser Böden. Diese Wirkung ist jedoch in starkem Maße zudem auch von der Destillationsgeschwindigkeit abhängig. Wird sehr schnell destilliert, so bleibt praktisch keine Zeit, um auf den Böden ein Gleichgewicht zwischen Dampf- und Flüssigkeitsphase auszubilden. Eine Trennung der Komponenten nach ihren Siedepunkten wird dadurch unmöglich. Dies führt in der Praxis dazu, dass bei zu schneller Destillation infolge mangelhafrer Abtrennung von Vor- und Nachlaufbestandteile kein sauberer Mittellauf mehr gewonnen werden kann. Auf der anderen Seite führt dann eine langsame Destillation mit drei Böden und starker Kühlung dazu, dass eine sehr effiziente Trennung erfolgt, und auf diese Weise z.B. ein guter Hefe- oder Kornbrand erzeugt werden kann, diese Einstellung des Verstärkers bei der Destillation von Kirschmaischen aber zu sehr neutralen Destillaten führt, weil die leichtflüchtigen Kirsch-Aromen sich in diesem Fall zum größten Teil im Vorlauf befinden.

Fazit: (bezogen auf große kommerzielle brenngeräte mit ca. 150 Litern kesselvolumen aber ich denke für uns zählt das genauso…)
5-7 Liter Destillat Pro Stunde, wenn es auf die Qualität ankommt
Steinobst 1-2 Böden, Kernobst eher mit 3 böden arbeiten
Der Katalysator dient der aromaverbesserung
Vor- und nachlaufabtrennung fraktionieren und sensorisch vornehmen.

Wichtig bei den destillationsböden ist: Es kommt dabei nicht darauf an, wie die jeweiligen Destillationsböden konstruiert sind, sondern vielmehr darauf, dass diese Böden auf der gesamten Fläche einen intensiven Stoff- und Wärmeaustausch zwischen Dampf- und Flüssigphase gewährleisten. Dies kann durch die Schaugläser durchaus auch überprüft werden.

Nun noch ein bisschen was über den Katalysator: im Endeffekt ist hier nur sehr viel Kupfer im dampfweg verbaut. Bei Steinobst kann so die Klausuren gebunden werden. Allgemein hat Kupfer hier sehr protzige eigenschaften. Allerdings muss dieser Katalysator dementsprechend sauber sein. Es empfiehlt sich eine Kombination aus Lauge und anschließender citronensäure

Wann auf nachlauf umschalten?

In der Praxis stellt sich nun aber häufig die Frage, wann denn nun auf Nachlauf umzuschalten ist. Wie aus dem bisher dargelegten zu ersehen, kann eine solche Angabe aber gar nicht sinnvoll sein, da der Alkoholgehalt des Destillates an der Vorlage ganz entscheidend von den jeweiligen Destillationsbedingungen abhängt. So kann der Nachlauf bei langsamer Destillation und unter Verwendung von drei Bö- den bei starker Kühlung am Dephlegmator bereits im Bereich von 75%vol übergehen. Wird dieselbe Maische aber in nur einer Stunde vollständig über drei Böden mit schwacher Kühlung am Dephlegmator abdestilliert, so geht das Destillat im Bereich von 45 %vol schleichend in den Nachlauf über. Nebenbei bemerkt wird im ersteren Falle deutlich mehr an sauberem Mittellauf gewonnen als im zweiten Falle.
Dateianhänge
F6450D71-CB29-4E07-BCCA-23B18C306619.jpeg
Zuletzt geändert von Catweazle am 2. Nov 2022, 22:05, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör.

Quelle: Wilhelm Busch, Bildergeschichten. Die fromme Helene,1872
Benutzeravatar
azeotrop
Beiträge: 2238
Registriert: 26. Okt 2018, 21:17

Re: Destillationspraxis - Vom richtigen Umgang mit Kochböden, Kühler und Katalysator

Beitrag von azeotrop »

Falls die Bilder aus der Zeitschrift stammen sollten, musst du diese wieder löschen, ausser du hast eine Genehmigung von denen.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)
Catweazle
Beiträge: 509
Registriert: 24. Nov 2018, 10:16

Re: Destillationspraxis - Vom richtigen Umgang mit Kochböden, Kühler und Katalysator

Beitrag von Catweazle »

Geändert… beide Fotos stammen jetzt von der Seite www.brennerei-wissen.de
Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör.

Quelle: Wilhelm Busch, Bildergeschichten. Die fromme Helene,1872