Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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azeotrop
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von azeotrop »

Ein kurzer Hinweis zu eurer Annahme dass zwischen den Platten reiner Dampf sei.
Dampf in der Nähe des Siedepunkts ist immer Nassdampf, also eine Mischung aus verdampfter Flüssigkeit und kondensierter Flüssigkeit. Wenn die Anlage im Gleichgewicht ist, sind die Massenanteile gasförmiger Dampf zu mikroskopischen Flüssigkeitströpfchen gleich groß.
Der gasförmige Dampf hat natürlich an einer bestimmten Stelle einen höheren Alkoholgehalt als die Flüssigkeitströpfchen. So wie die VLE Daten das halt beschreiben.
Ein reiner gasförmiger Trockendampf existiert nur bei einer Temperatur die deutlich höher ist als der Siedepunkt. Der Zustand tritt aber nur in einen geschlossenen System mit höherem Druck auf. Eine Destille ist ja zum Umgebungsdruck hin offen.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
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derwo
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Die Frage ist, ob das die Sache nur komplizierter macht, aber ohne Einfluss auf das Ergebnis ist. Da sich ja ein stabiler Zustand einstellt, könnte das egal sein; im Dampfraum sind halt Flüssigkeitströpchen gespeichert, dessen Anzahl egal sein kann, so lange sie konstant bleibt. Genauso wie uns die Menge der Flüssigkeit in den Platten egal sein kann, solange sie sich nicht ändert (in der Praxis ist ein zu kleines Flüssigkeitsbett natürlich aber effizienzschädigend).

azeotrop hat geschrieben: 26. Nov 2022, 12:22Der gasförmige Dampf hat natürlich an einer bestimmten Stelle einen höheren Alkoholgehalt als die Flüssigkeitströpfchen. So wie die VLE Daten das halt beschreiben.
Sozusagen "damit" der Dampf und die Tröpfchen nicht interagieren, müssen sie eine gleiche Temperatur haben? Und deswegen einen unterschiedlichen Alkoholgehalt. Das würde selektive Kondensierung bedeuten. Und da bekommen wir alle Pickel bei dem Thema. :lol:
Oder vielleicht haben sie doch den gleichen Alkoholgehalt, aber eine unterschiedliche Temperatur? Dann würde es im Nassdampf ein beständiges hin und her zwischen gasförmig und flüssig geben, welches in sich ja stabil sein könnte.
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Alk52
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Ich hatte die letzen Beiträge nicht gesehen und beziehe mich erst mal auf den Einwand von wo vom 25. Nov 2022, 21:39

Schau Dir bitte noch einmal den Beitrag vom 25. Nov 2022, 15:58 an .

In der Betrachtung habe ich die Massenströme und die Energieströme getrennt dargestellt. Alle Pfeile haben von unten bis oben jeweils die gleiche Länge, aber die Pfeile zeigen doch nur, was drin ist und nicht wie viel.

Gibt es dort irgendeine Aussage, die falsch ist ?

Im Beitrag 25. Nov 2022, 19:00
habe ich den orangenen Pfeil erlärt, der genau die Wärme kompensiert, die als kühler Reflux von oben kommt. Also fließt hier Energie nach oben.
derwo hat geschrieben: 25. Nov 2022, 21:39 Die rote Energie nach oben hat halt zwei unterschiedliche Werte, je nachdem ob man den Pfeil in Bezug zur unteren oder oberen Platte sieht. Hast du das verstanden? Das ist wichtig. Sonst reden wir nur noch aneinander vorbei.
Mein Bezug (s.o.) ist ein beliebiger Boden, wie bereits beschrieben. Kessel und Refluxkühler/Ventil (in der Skizze) sind auch nur Böden, halt mit besonderen Randbedingung.
Zum Beispiel der Kesselboden, hier gibt es keinen Massenfluss nach unten, also auch keinen negativen Energiefluss nach unten.
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derwo
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 26. Nov 2022, 16:02 Schau Dir bitte noch einmal den Beitrag vom 25. Nov 2022, 15:58 an .
...
Gibt es dort irgendeine Aussage, die falsch ist ?
Der orangene Pfeil suggeriert, es gäbe innerhalb des Rückflusses einen Energiefluss von der unteren Platte auf die obere. Und das ist falsch.
Aber es kommt alles drauf an, wo du hin willst. Willst du Werte in die Graphik eintragen? Angenommen du willst zu dem roten Pfeil einen Wert wie 2590 Watt eintragen, dann ist das unvollständig, denn bezüglich der oberen Platte stimmen diese Watt, bezüglich der unteren Platte sind es aber 53 weniger als 2590 Watt. Und das ist ja genau das, was wir bzw vor allem du rausgefunden haben.

Alk52 hat geschrieben: 26. Nov 2022, 16:02 Mein Bezug (s.o.) ist ein beliebiger Boden, wie bereits beschrieben. Kessel und Refluxkühler/Ventil (in der Skizze) sind auch nur Böden, halt mit besonderen Randbedingung.
Zum Beispiel der Kesselboden, hier gibt es keinen Massenfluss nach unten, also auch keinen negativen Energiefluss nach unten.
Aber er bekommt einen negativen Energiefluss von oben und er erzeugt eine Temperaturdifferenz zur oberen Platte. Es gibt ihn betreffend zwei zu berücksichtigenden Temperaturdifferenzen.
Anstelle
Die rote Energie nach oben hat halt zwei unterschiedliche Werte, je nachdem ob man den Pfeil in Bezug zur unteren oder oberen Platte sieht. Hast du das verstanden? Das ist wichtig. Sonst reden wir nur noch aneinander vorbei.
kannst du auch
Die rote Energie nach oben hat halt zwei unterschiedliche Werte, je nachdem ob man den Pfeil in Bezug zum Kessel oder der Platte darüber sieht. Hast du das verstanden? Das ist wichtig. Sonst reden wir nur noch aneinander vorbei.
nehmen.

Füll vielleicht mal dein Bild mit einem Beispiel aus, dann weiß ich was du meinst oder nicht meinst.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

derwo hat geschrieben: 26. Nov 2022, 16:53 Der orangene Pfeil suggeriert, es gäbe innerhalb des Rückflusses einen Energiefluss von der unteren Platte auf die obere. Und das ist falsch.
:o Suggestion ist nicht mein Ziel, aber das klärt sich gleich.
derwo hat geschrieben: 26. Nov 2022, 16:53 Aber es kommt alles drauf an, wo du hin willst. Willst du Werte in die Graphik eintragen? Angenommen du willst zu dem roten Pfeil einen Wert wie 2590 Watt eintragen, dann ist das unvollständig, denn bezüglich der oberen Platte stimmen diese Watt, bezüglich der unteren Platte sind es aber 53 weniger als 2590 Watt. Und das ist ja genau das, was wir bzw vor allem du rausgefunden haben.
Yeah, jetzt sind wir ganz dicht dran.
In unserem Beispiel sind im roten Pfeil 2590-53=2537W, im orangenen Pfeil stecken die 53 W, die genau den kühleren Rückfluss, energetisch betrachtet, kompensieren. Denk an die Trennung zwischen Massenstrom und Energiestrom.
derwo hat geschrieben: 26. Nov 2022, 16:53 Füll vielleicht mal dein Bild mit einem Beispiel aus, dann weiß ich was du meinst oder nicht meinst.
Nein, bis auf die Energiewerte hat es doch Hügelwilli oben schon ausgefüllt.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 26. Nov 2022, 18:46 In unserem Beispiel sind im roten Pfeil 2590-53=2537W, Kommt drauf an, von welcher Seite du es siehst. In die Flüssigkeit auf der Platte gehen von unten 2590 Watt, der Dampf an sich hat aber nur 2537 Watt, von der Flüssigkeit unten kommen 2537 als Dampf, denn dort müssen die 53 vom kalten Reflux von den 2590 abgezogen werden.im orangenen Pfeil stecken die 53 W, die genau den kühleren Rückfluss, energetisch betrachtet, kompensieren. Denk an die Trennung zwischen Massenstrom und Energiestrom.Wo vermische ich denn bitte Massenstrom und Energiestrom? Du vermischst es, wenn du versuchst die Energiepfeile an dieselben Stellen zu setzen, wo die Massenpfeile sind. Und du müsstest irgendwo darauf hinweisen, daß von unten bezüglich Masse 2537 Watt kommen (also weniger als 100g/min), bezüglich Energie es aber die vollen 2590 Watt sind, die auf die obere Platte kommen. Denn das ist die hier wichtige Trennung von Masse und Energie, auf die schlussendlich du uns ja hingewiesen hast. Also aus 2537 Watt entstehen weniger als 100g/min Dampf, aber dieser Dampf bringt 2590 Watt auf die nächsthöhere Platte.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Hügelwilli »

Alk52,
wenn du irgendetwas anderes ausgegeben haben möchtest, also zum Beispiel irgendwas genauer aufgeschlüsselt von meinen beiden Rechnern, dann kann ich das gerne machen.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Hügelwilli,
danke für das Angebot, aber erst wenn wir nur noch 1 Variante haben, bis dahin möchte ich bei kleinen Schritten bleiben.

Wo,
ich könnte Deinen letzten Beitrag nehmen und Dir mit meinen Worten wieder nur das erklären, was ich bereits mehrfach geschrieben habe und Du übrigens (meistens) auch...

Aber ich habe eine andere Idee, wie ich das was ich meine und geschrieben habe, ausschließlich mit "roten und blauen" Pfeilen darstellen kann.

hc_1025.png
Durch jeden beliebiegen Bodenn wird
- der Dampf transportiert mit der Masse M1,n {großer Dampfpfeil nach oben}
- und der Leistung P1,n {großer roter Pfeil}
- der Reflux transportiert die Masse M2,n {großer Refluxpfeil nach unten}
- und verbraucht die Leistung P2,n um erwärmt zu werden {kleiner roter Pfeil}

Ich habe nichts über Alkoholgehalt und Temperaturen gesagt, das kommt später, wenn wir über Randbedingungen und Zahlenwerte sprechen.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Es kommt halt darauf an, was du dann bei den Pfeilen einträgst.
Für mich ist das das komplette Bild:
KolonneEnergie.png
Blau ist Flüssigkeit, weiß ist Dampf, grau sind Massenströme, egal ob Dampf oder Flüssigkeit, rot sind Energieströme, egal ob positiv oder negativ.
Man könnte jeweils zwei graue nach oben gehende Pfeile übereinander auch zu einem langen Pfeil vereinfachen, da der Wert der gleiche ist.
Und man könnte entweder ebenfalls zwei nach oben gehende rote Pfeile übereinander zu einem langen Pfeil vereinfachen, da der Wert der gleiche ist, oder man könnte den kleinen roten Pfeil zu dem größeren daneben zählen. Aber nicht kann man alle drei nach oben gehenden roten Pfeile zu einem zusammenfassen, so wie du das bei deinem Bild machst. Sonst unterschlägt man, daß aus der unteren Platte eine andere Energie nach oben geht, als in die obere reingeht. Wo ich wieder wissen möchte, ob du das verstanden hast und damit einverstanden bist. Denn sonst reden wir schon seit langer Zeit aneinander vorbei.
Bei unserem Beispiel (9.2gew% im Kessel, 2590 Watt Heizleistung, 100% Reflux) würde ich jetzt folgende Werte eintragen:
KolonneEnergie2.png
Nur g/min und Watt. Den Rest habe ich weggelassen.

Welche Zahlen würdest du für diesesn Fall wo in dein Bild einzeichnen?
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Alk52
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Ich habe nicht die Absicht Zahlen in das Bild einzutragen.
Mein Ziel ist es Randbedingungen und Abhängigkeiten - für alle möglichen Fälle (Potstill..Entnahme..100% Reflux; CM, LM...) zu finden und die Kolonne an sich zu verstehen und zu beschreiben.

Ich habe den 1. Boden über dem Kessel in Deinem Bild (Reflux 100%) noch mal herausgezogen.

hc_1026.png
Die Zahlenwerte habe ich nicht nachgerechnet. Deine beiden 52 W Pfeile sind nicht richtig platziert. Der linke 52 W Pfeil zeigt in die Flüssigkeit über dem Boden, dort wird er nie ankommen, weil er schon vorher von Deinem -52 W Pfeil kompensiert/verbraucht worden ist, um den Reflux auf die KesselTemperatur (Dampf und Flüssigkeit) aufzuwärmen.
Dein roter -52 W Pfeil ist bei mir blau, um zu visualisieren, dass hier (gleich bekomme ich Pickel) 'negative' Leistung von oben nach unten fließt und kompensiert werden muss.

Wo ist bei Dir jetzt der Unterschied zu meinem Bild?
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 27. Nov 2022, 18:51 Die Zahlenwerte habe ich nicht nachgerechnet. Deine beiden 52 W Pfeile sind nicht richtig platziert. Der linke 52 W Pfeil zeigt in die Flüssigkeit über dem Boden, dort wird er nie ankommen, weil er schon vorher von Deinem -52 W Pfeil kompensiert/verbraucht worden ist, um den Reflux auf die KesselTemperatur (Dampf und Flüssigkeit) aufzuwärmen.
Eben nicht.
Der -52W-Pfeil vom Reflux reduziert die 2590 Watt, die von der Beheizung kommen. Deswegen steht auf den roten Pfeilen links 2538 anstelle 2590 Watt und auf den grauen Pfeilen links 98 anstelle 100g/min.
Der Dampf trägt also 2538 Watt als Verdampfungsenergie nach oben und in die Flüssigkeit der nächsten Platte. Da dieser Dampf aber wärmer ist als die Flüssigkeit der nächsten Platte, wird zusätzlich Wärmeenergie in die Flüssigkeit gebracht. Das ist der kleine rote Pfeil links. Daß das ebenfalls 52 Watt sind wie beim Reflux, liegt daran, daß Dampf und Reflux bezüglich der Alkoholstärke und Masse bei 100% Reflux identisch sind.
Der 1. Platte stehen dadurch wieder die vollen 2590 Watt zur Verfügung, welche dann aber wieder durch kälteren Reflux reduziert werden, diesmal nur um 15 Watt, da die Temperaturunterschiede geringer sind als eine Platte weiter unten.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Woher kommen die 52 W für den roten Pfeil nach oben ?
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

derwo hat geschrieben: 27. Nov 2022, 23:11Der Dampf trägt also 2538 Watt als Verdampfungsenergie nach oben und in die Flüssigkeit der nächsten Platte. Da dieser Dampf aber wärmer ist als die Flüssigkeit der nächsten Platte, wird zusätzlich Wärmeenergie in die Flüssigkeit gebracht. Das ist der kleine rote Pfeil links.
Und ursprünglich kommt die Energie für diese Temperatur vom Aufheizen des Kesselinhalts.

Im Beispiel hat der Dampf vom Kessel 91.5°C und die erste Platte nur 81.9°C.

Das ist genau das gleiche wie beim Tempraturunterschied des Reflux zum da wo er hinfließt. Aber das eine scheinst du zu akzeptieren, das andere nicht.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Von den 2590 W Heizleistung bleiben nach Verrechnung der -52 W für die Verdampfung 2538 W übrig. Diese 2538 W enthalten die 52 W Wärmeenergie, die sich aus Masse x spez. Wärme x Delta T berechnen lassen, also stehen auf dem 1. Boden nur 2538 zur Verfügung und nicht 2590 W.
So, auf dem nächsten Boden geht das Spiel von vorn los, hier kommt kalter Reflux von oben und der muss erwärmt werden und für den folgenden Boden stehen dann nur 2538 - X Watt zur Verfügung.

Hügelwilli,
kannst Du das als Berechnung 3 zusätzlich erstellen?
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 28. Nov 2022, 17:17Diese 2538 W enthalten die 52 W Wärmeenergie, die sich aus Masse x spez. Wärme x Delta T berechnen lassen
Wie kommst du darauf? Ich verdampfe soundsoviel Ethanol und soundsoviel Wasser. Dafür gehen die 2538 Watt drauf, die nach Abzug des kalten Reflux von den eingebrachten 2590 Watt noch übrig sind. Das macht dann 98g/min Dampf mit 50gew%. Dieser Dampf enthält 2538W Verdampfungsenergie, gibt also beim Kondensieren auf Platte 1 2538 Watt ab. Zum Kondensieren muss er aber erstmal um fast 9.6°C abkühlen, das gibt zusätzliche Wärmeenergie ab, welche ebenfalls in Platte 1 landet. Der Dampf hat ja 91.5°C, sein Kondensationspunkt bzw Siedepunkt ist aber 81.9°C.

Edit: Und wenn jede Platte weniger Energie hochkommt, wo wandert die dann hin? Je mehr Platten wir haben, desto weniger hat der RK dann zu tun? Wenn deine Antwort ist: "Die Energie geht nach unten", dann sind es in dem Kessel also doch keine 2538 Watt sondern 2590 Watt, welche den Dampf erzeugen? Also doch 100g/min?
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Langsam aber sicher kommen wir voran.
Alk52 hat geschrieben: 16. Nov 2022, 11:15 Unser Fazit
Über einem Boden haben Dampf, Flüssigkeit und Überlauf die gleiche Temperatur. Damit ist der Reflux durch einen Boden kälter als der Dampf unter dem Boden.
Wir haben mehrfach darüber gesprochen, dass die Temperaturmessung in der Kolonne schwierig ist, weil Refuxtropfen die den Sensor treffen, zu geringeren Temperaturen führen, jetzt wissen wir warum das so ist.
Alk52 hat geschrieben: 25. Nov 2022, 15:58
- In den Kessel fließt nur die Heizleistung P0[J/s = W] ein. Abhängig vom Alkoholgehalt p0[gew%] stellt sich die Siedetemperatur T0 [°C] ein.
- durch einen Boden fließt
-- ein Massenstrom, Dampf[g/s]nach oben und Reflux[g/s] nach unten,
-- ein 'Energiestrom', die Verdampfungsenthalpie [j/s](rot) und (um den kälteren Rückfluss zu erwärmen) die Wärmeenergie [j/s] (orange) nach oben.
Du hast recht gehabt.
Damit sind wir gerade wieder einen Schritt vorangekommen.
Und können unsere bisherigen Erkenntnisse erweitern.

Ich schlage die folgende Verallgemeinerung vor:
- auf jedem Bodenn verdampft die Flüssigkeit bei der Temperatur Tn[°C], abhängig vom Alkohohlgehalt pn[gew%]
- dazu steht die in die Kolonne eingebrachte Heizleistung jedem Boden vollständig zur Verfügung,
- die transportierte Energie (Wärmestrom) ist die Summe aus latenter Wärme (Verdampfungswärme), die beim Kondensieren frei wird und spezifischer Wärme, die durch die Abkühlung beim Kondensieren frei wird
- die transportierte Masse errechnet sich aus der Heizleistung abzüglich der Leistung, die benötigt wird um den von oben eintretenden Reflux aufzuwärmen.
- der Reflux ist immer kälter
- und hat einen höheren Alkoholgehalt, als die Flüssigkeit in die er tropft.

Der letzte Punkt erfordert eigentlich eine genaue Betrachtung, aber die können wir erst mal nach hinten schieben.

Wenn wir jetzt einer Meinung sind, könnten wir jetzt die Randbedingungen der Kolonne bei 100%, anteiligem Reflux und Potstill-Modus beschreiben.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 29. Nov 2022, 13:20 - auf jedem Bodenn verdampft die Flüssigkeit bei der Temperatur Tn[°C], abhängig vom Alkohohlgehalt pn[gew%]
- dazu steht die in die Kolonne eingebrachte Heizleistung jedem Boden vollständig zur Verfügung,
Eigentlich steht nur die Leistung zur Verfügung, die übrig bleibt, nachdem der kalte Reflux erhitzt worden ist. Aber vielleicht meinst du, das erst in einer späteren Zeile erwähnen zu können. Für mich klingt es nicht richtig.


Ich würde das so abwandeln:

- die transportierte Masse Dampf errechnet sich aus der Heizleistung abzüglich der Leistung, die benötigt wird um den von oben eintretenden Reflux aufzuwärmen.
- der Reflux ist nie wärmer und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt, als die Flüssigkeit, in die er tropft.
- der Dampf ist nie kälter und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt als die Flüssigkeit, in die er strömt.
- auf jedem Boden verdampft die Flüssigkeit bei der Temperatur Tn[°C], abhängig vom Alkohohlgehalt pn[gew%].
- die vom Dampf auf die nächste Platte übertragene Energie (Wärmestrom) ist die Summe aus latenter Wärme (Verdampfungswärme), die beim Kondensieren frei wird und spezifischer Wärme, die durch die Abkühlung beim Kondensieren frei wird.

Aber ob bei weniger als 100% Reflux die erste Zeile gilt, da bin ich mir noch nicht sicher.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 18:08 Eigentlich steht nur die Leistung zur Verfügung, die übrig bleibt, nachdem der kalte Reflux erhitzt worden ist...
Ich würde das so abwandeln:
- die transportierte Masse Dampf errechnet sich aus der Heizleistung abzüglich der Leistung, die benötigt wird um den von oben eintretenden Reflux aufzuwärmen.
Ja, die Formulierung ist gut, kurz und richtig.
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 18:08 - der Reflux ist nie wärmer und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt, als die Flüssigkeit, in die er tropft.
- der Dampf ist nie kälter und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt als die Flüssigkeit, in die er strömt.
Hier sollten wir uns auf meine 'harte' Formulierung einigen. Reflux kann nur aus Kondensat (Destillat) entstehen und dazu braucht es Dampf, der wärmer ist und kondensiert wird und damit ist zwangsläufig der Reflux kälter.
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 18:08 - auf jedem Boden verdampft die Flüssigkeit bei der Temperatur Tn[°C], abhängig vom Alkohohlgehalt pn[gew%].
- die vom Dampf auf die nächste Platte übertragene Energie (Wärmestrom) ist die Summe aus latenter Wärme (Verdampfungswärme), die beim Kondensieren frei wird und spezifischer Wärme, die durch die Abkühlung beim Kondensieren frei wird.
Yeah.
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 18:08 Aber ob bei weniger als 100% Reflux die erste Zeile gilt, da bin ich mir noch nicht sicher.
Ich kann mir keine Situation vorstellen, wo es anders sein könnte. Lassen wir es erst mal so stehen,
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

- der Reflux ist nie wärmer und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt, als die Flüssigkeit, in die er tropft.
- der Dampf ist nie kälter und hat nie einen niedrigeren Alkoholgehalt als die Flüssigkeit, in die er strömt.
Das berücksichtigt auch den Fall 0% Reflux, der ja nur theoretisch ist. Denn bei 0% Reflux gibt es keine gefüllte Platten. Das wäre also irrelevant und deine Formulierung wäre deshalb besser.
Aber bei 100% Reflux haben Dampf und die darüberliegende Platte dieselbe Alkoholstärke (aber unterschiedliche Temperatur).
Und vor allem bei Wasser oder dem Azeotrop im Kessel sind sowieso überall gleiche Temperaturen und Alkoholstärken. Da passt deine "harte" Formulierung dann nicht.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Dann schließen wir halt Wasser und Azeotrop aus.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Warum? Damit wir die andere Formulierung nehmen können?

Am Ende der Destillaton haben wir halt fast nur Wasser im Kessel und bei hohen Kolonnen haben wir fast Azeotrop oben.
Und Wasserdampfdestillationen für Geiste oder so müssen wir doch nicht unbedingt ausschließen.

Ich meine, dieses genaue Definieren ist ja irgendwo dein Projekt. Ich weiß nicht, was du damit genau willst. Es ist grundsätzlich natürlich richtig, das alles in eine Form zu bringen, aber ich würde es anders tun. Also eher mit Bildern mit den Massen- und Energieströmen. Das klärt meiner Meinung nach die Gegebenheiten besser als ein paar Regelsätze, bei denen sofort was nicht ganz korrekt ist, wenn man ein Wort falsch versteht, auch wenn ein komplettes Bild mit den Massen- und Energieströmen zugegeben ja leider auch nicht so einfach ist, wie man es zuerst denkt.
Aber da ist halt jeder ein bisschen anders.
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 21:13 Am Ende der Destillaton haben wir halt fast nur Wasser im Kessel und bei hohen Kolonnen haben wir fast Azeotrop oben.
Solange wir bei "fast" sind sollte die Kolonnne genauso funktionieren, wie wir sie jetzt verstehen.
Wenn wir dann nur noch Wasser in der Kolonne haben ist es doch müßig weiter nach Regeln zu suchen, oder?
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 21:13 Und Wasserdampfdestillationen für Geiste oder so müssen wir doch nicht unbedingt ausschließen.
Hier verstehe ich nicht wie eine Kolonne dabei sinnvoll eingesetzt werden könnte.
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 21:13 Ich meine, dieses genaue Definieren ist ja irgendwo dein Projekt...
Was spricht dagegen beides zu tun?
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von derwo »

Alk52 hat geschrieben: 30. Nov 2022, 22:39
derwo hat geschrieben: 29. Nov 2022, 21:13 Und Wasserdampfdestillationen für Geiste oder so müssen wir doch nicht unbedingt ausschließen.
Hier verstehe ich nicht wie eine Kolonne dabei sinnvoll eingesetzt werden könnte.
Wie immer zur Konzentrierung der flüchtigen Aromastoffe und zum Abscheiden der wenig flüchtigen Stoffe.



Die Frage, ob jeder Platte "erneut" exakt die Heizleistung zur Verfügung steht oder etwas mehr oder etwas weniger:
Energie, die durch Temperaturunterschiede übertragen wird, hängt ab 1. vom Temperaturunterschied, 2. von der Masse und -wegen der unterschiedlichen Wärmekapazitäten von Ethanol und Wasser- 3. auch von den gew%.

Zu 1.:
Da Flüssigkeit auf einer Platte und deren Überlauf (=Reflux zur nächstunteren Platte) dieselbe Temperatur haben, und da Dampf dieselbe Temperatur hat wie die Flüssigkeit, aus der er verdampft, liegt beim Eintritt des Reflux' auf die nächstuntere Platte dieselbe Temperaturdifferenz an wie beim Eintritt des Dampfes auf die nächsthöhere Platte. Unabhängig von den % Reflux. Reflux bewirkt also kein Auseinanderdriften der Temperaturdifferenzen. Punkt 1 können wir also beiseite schieben.

Zu 2.:
Je mehr Produkt wir abziehen, desto weniger Reflux fließt nach unten. Die Dampfentwicklung bleibt aber ähnlich. Also bewirkt die Temperaturdifferenz vom Dampf nach oben einen höheren zusätzlichen Energieübertrag als die vom Reflux nach unten. Jede Platte weiter oben steht also ein etwas größerer Energiebetrag zur Verfügung.

Zu 3.:
Je mehr Produkt wir abziehen, desto geringer sind die Alkoholaufkonzentrierungen der Platten und deswegen auch die Temperaturunterschiede. Also wird diese ganze Sache mit den Temperaturunterschieden immer unwichtiger, je weiter oben wir sind und je mehr Produkt wir abziehen.
Zusätzlich aber driften bei Produktabzug die Alkoholstärken vom Dampf zum Reflux auseinander. Bei 100% Reflux war der nach oben gehende Dampf und der von oben kommende Reflux noch in Alkoholstärke und Masse identisch, nun aber ist der Rückfluss nicht nur weniger sondern auch alkoholärmer als der Dampf. Alkoholärmer bedeutet eine höhere Wärmekapazität pro Masse und somit einen höheren Energieübertrag des Reflux pro Masse und Temperaturunterschied. Also dadurch, daß der Reflux bei Produktabzug alkoholärmer wird, steht jeder Platte weiter oben ein etwas niedrigerer Energiebetrag zur Verfügung.

3. arbeitet also in gegenläufige Richtung zu 2. 2. erhöht die Watt nach oben, 3. erniedrigt sie. Gleicht 2. und 3. sich aus? Ich glaube nicht. Ich sehe jedenfalls keinen Hinweis. Es müsste sonst glaube ich einen klaren mathematischen Zusammenhang zwischen der Wärmekapazität der Stoffe und den Siedediagrammdaten geben. Und das kann ich mir nicht vorstellen.
Deswegen glaube ich, daß bei Produktabzug jeder Platte eine etwas andere Energie zur Verfügung steht als die ursprüngliche Heizleistung.
Aber wo kommt diese Energie her? Ich denke aus dem Aufheizen des Kesselinhalts und Kondensieren des Destillats bei unterschiedlichen Temperaturen. Wir haben bei unserem Beispiel den Kesselinhalt auf 91°C erhitzt, das Destillat kondensiert aber bei einer weitaus niedrigeren Temperatur. Das Destillat hat also weniger Wärmeenergie pro Masse als der Kesselinhalt. Diese Energie verbleibt im System, die Masse -also das Destillat- aber nicht, sie wird aus der Rechnung entfernt. Dadurch müsste bei Produktabzug jeder Platte nach oben etwas mehr Leistung zur Verfügung stehen. Viel kann das nicht sein. Denn begrenzt wird das dadurch, daß der Temperaturunterschied "insgesamt", also von Kesselinhalt zu Destillat ja begrenzt ist auf 100-78.2=21.8°C, und eine hohe Spanne aber nur mit hohem Reflux erreicht werden kann, und hoher Reflux wenig Massenstromunterschiede zwischen Dampf und Reflux und somit wenig Unterschied der Wärmeenergie zwischen Dampf und Reflux bedeutet.
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Alk52
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Lassen wir unsere Argumente erst mal so stehen.

Ganz unten bei meinen Messdaten und Diagrammen habe ich dieses alte Schätzchen gefunden.

hc_1031.png
Das ist doch ein guter Einstieg, um den Refluxkühler bei 100% und beim Übergang zum Produktabzug zu diskutieren.
Und zu prüfen, ob unsere Hypothesen zutreffen.

Weitere Messdaten liegen nicht mehr vor, aber habe vor mit den kalibrierten T-Sensoren eine 65cm Kolonne neu zu messen. Startwert 5 vol% im Kessel
Nichts ist ohne Grund.
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Alk52
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Re: Alkoholstärken, Massenströme und Temperaturen in Refluxkolonnen

Beitrag von Alk52 »

Das Bild der Temperaturmesswerte will ich nicht unterschlagen, beide zusammen bringen je nach Sichtweise noch ein paar Details heraus.

hc_1033.png
Bitte die unterschiedliche Zeitdauer beachten.
Nichts ist ohne Grund.