PTFE Verbot

Diskussionen über geeignete oder ungeeignete Materialien für Destillen
Benutzeravatar
basilius
Beiträge: 18
Registriert: 14. Jul 2023, 14:08

PTFE Verbot

Beitrag von basilius »

es braut sich da was zusammen

Umweltschutz in neuer Dimension: Riesiger Substanzgruppe droht Verbot
Von Schminke bis hin zur Teflonpfanne: Die Chemikalien der PFAS-Gruppe finden sich in unzähligen Konsumgütern. Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn weil PFAS sowohl Mensch als auch Umwelt belasten können, denkt die EU über ein Verbot nach. Die Industrie warnt hingegen davor, dass das weitreichende Konsequenzen haben könnte.
Es ist ein bislang einmaliger Vorstoß: In der EU soll eine Chemikaliengruppe mit geschätzt mehr als 10.000 einzelnen Substanzen weitgehend verboten werden. Die Stoffe - abgekürzt PFAS genannt - finden sich in Alltagsgegenständen wie Anoraks, Pfannen und Kosmetik. Sie sind aber auch Teil von Industrieprozessen und technischen Anwendungen.
Das extrem breite Verbot wäre auch deshalb besonders, weil nur für relativ wenige der Substanzen direkt nachgewiesen ist, dass sie eine Gefahr darstellen. Wegen der enormen Vielfalt an Verbindungen ist ein Großteil der Stoffe bislang noch nicht untersucht. Es geht also um eine Art Vorsichtsmaßnahme.
Das grundlegende Verbot sei notwendig für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, wo sich die extrem langlebigen Chemikalien immer weiter anreichern, sagen die Initiatoren. Die Industrie hält den Schritt hingegen für unverhältnismäßig.
Am 22. März starten dazu öffentliche, sechsmonatige Konsultationen, wie die EU-Chemikalienagentur (ECHA) mitteilte. Die Entscheidung trifft am Ende die Europäische Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten.

Besondere Moleküle
Bei dem geplanten Verbot geht es um die Stoffgruppe der sogenannten per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Diese Chemikalien kommen nicht natürlich in der Umwelt vor.
PFAS werden auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. "Je nach Stoff überdauern sie mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte in der Umwelt", sagte Wiebke Drost, PFAS-Expertin beim Umweltbundesamt (Uba), kürzlich der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das Uba ist an dem Vorstoß beteiligt.
Begehrte Eigenschaften der Ewigkeitschemikalien
Aufgrund ihrer einzigartigen Merkmale werden PFAS heute in einer Vielzahl vor allem industrieller Produkte verwendet, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in einem Positionspapier aus dem Jahr 2021 schreibt.
Die Stoffe seien chemisch stabil, auch große Hitze mache ihnen nichts aus. Zudem haben sie eine sehr niedrige Oberflächenspannung und sind dadurch sowohl öl- als auch wasserabweisend. Ferner gelten sie als sehr belastbar.

PFAS in der Umwelt
PFAS gelangen laut Uba beispielsweise durch die Abluft von Industriebetrieben in Böden und Gewässer. Da die Substanzen auch in Alltagsprodukten enthalten sind, treten sie laut Uba auch in der Raumluft auf. Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass PFAS selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. "Mit der Aufnahme von PFAS aus verunreinigten Böden und Wasser in Pflanzen und der Anreicherung in Fischen werden diese Stoffe auch in die menschliche Nahrungskette aufgenommen", schreibt das Uba.

Die Gefahr
Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. "Von den relativ wenigen gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern", schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA). Besonders bekannt sind Perfluoroktansäure (PFOA) und Perfluoroktansulfonsäure (PFOS).
Studien ließen darauf schließen, dass PFOS und PFOA unter anderem eine verringerte Antikörperantwort auf Impfungen bewirken können, schreibt das Uba auf seiner Website. Zudem gebe es "eindeutige Hinweise" auf einen Zusammenhang zu erhöhten Serumspiegeln von Cholesterin. Laut EEA werden PFOA und PFOS auch mit Leberschäden sowie Nieren- und Hodenkrebs in Verbindung gebracht.

Das Risiko
Von den allermeisten PFAS weiß man nicht, wie sie auf Mensch und Umwelt wirken. Viele Fachleute gehen aber davon aus, dass zumindest ein Teil negative Eigenschaften hat. "Es gibt Hinweise, dass auch andere PFAS gefährlich sind", sagte Uba-Expertin Drost.
Sie sieht den Bedarf, schnell zu handeln. "Wenn wir darauf warten, bis die Toxizität für jeden einzelnen Stoff nachgewiesen ist, kann es zu spät sein." Schließlich reicherten sich die PFAS in der Umwelt an und seien dort nicht oder kaum mehr herauszubekommen.

Der Vorstoß
Ein Problem bislang: Wird eine einzelne Substanz verboten, kann die Industrie sie durch einen ähnlichen, noch nicht regulierten Stoff ersetzen. Dieser kann aber genauso gefährlich oder gar gefährlicher sein als die ursprüngliche Substanz.
Deshalb haben Behörden aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Schweden vorgeschlagen, die Herstellung, Verwendung und das Inverkehrbringen von PFAS fast komplett zu verbieten. Der Vorschlag sieht je nach Anwendung verschiedene Übergangsfristen von bis zu dreizehneinhalb Jahren vor. Für einige wenige Bereiche gäbe es unbegrenzte Ausnahmen.

Die Kritik
Die Industrie sieht den Vorstoß sehr kritisch. "Ein umfassendes Verbot der PFAS hätte erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Industrie und deren Innovationsfähigkeit", sagte Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BDI, der dpa.
Viele Branchen hätten in den vergangenen Jahren PFAS durch andere Substanzen ersetzt. Das sei aber nicht in allen Bereichen möglich. Insbesondere in Industrieanlagen und bei Technologien wie der Herstellung von Brennstoffzellen, Halbleitern oder Lithium-Ionen-Batterien sei man auch in Zukunft auf PFAS angewiesen.

Ein komplettes PFAS-Verbot ginge aus Löschs Sicht zu weit: "Weil dann auch viele Anwendungen untersagt wären, von denen gar keine Gefahr ausgeht und die in der Industrie dringend benötigt werden."
Die Industrie sortiert sich noch
Was für Folgen könnte es geben? Derzeit werde in den Branchen noch geprüft, welche Auswirkungen das angestrebte Verbot hätte, sagte Lösch. Eine erste Bewertung zeige, dass viele PFAS-Verwendungen in Europa nicht mehr möglich wären.
Und auch bei Produkten und Anwendungen, für die es Ausnahmen gibt, würde die Abhängigkeit von Lieferketten außerhalb der EU zunehmen. Das gefährde den Erfolg der zahlreichen Strategien, mit denen die Unternehmen ihre Abhängigkeit von Absatz- und Beschaffungsmärkten verringern wollen. (dpa)

https://www.gmp-navigator.com/gmp-news/ ... anlagenbau

https://www.bmuv.de/faq/welche-pfas-wur ... g-verboten

https://www.vth-verband.de/newsletter/d ... in-der-eu/
Benutzeravatar
azeotrop
Beiträge: 2238
Registriert: 26. Okt 2018, 21:17

Re: PTFE Verbot

Beitrag von azeotrop »

PTFE ist kein giftiges PFAS sondern giftiges PFAS kann bei der PTFE Herstellung als Abfallprodukt anfallen.
Meines Wissens ist es bereits möglich PTFE herzustellen ohne dass giftige PFAS in die Umwelt gelangen.
Soweit ich es verstanden habe geht es um das Verbot PFAS in die Umwelt gelangen zu lassen und nicht um ein PTFE Verbot.
Der Titel ist aus meiner Sicht falsch.

Nachtrag: Er ist nicht falsch sondern vereinfachend und unvollständig. Siehe meinen nächsten Beitrag.
Zuletzt geändert von azeotrop am 24. Okt 2023, 20:11, insgesamt 1-mal geändert.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3425
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: PTFE Verbot

Beitrag von derwo »

PTFE ist aber trotzdem in Frage gestellt. Nicht weil es giftig ist, sondern eben genau deswegen, weswegen wir es verwenden: Weil es chemisch nicht zu zerstören ist. Und damit ist auch klar, daß es schwierig wird, einen Ersatz zu finden. Denn jeder Kunststoff, der sich nicht zersetzt, steht im Verdacht, daß wir ihn nicht mehr aus der Natur rausbekommen.

PTFE ist prinzipiell ungiftig. Zumindest weiß man nichts gegenteiliges. Die Herstellung ist giftig. Aber das lässt sich beherrschen. Aber natürlich auch versauen. Teflonband wurde mal getestet. Man hat Rückstände von der Herstellung gefunden. Aber anscheinend nicht in einem sehr hohen Bereich. Also für den, der es verwendet, ist PTFE-Band anscheinend sicher. Toll für die Umwelt und damit auch für uns ist es aber deswegen trotzdem nicht unbedingt.

Ich sehe zwei mögliche Entwicklungen:
1. Man findet Ersatz. Dann wird auch PTFE verboten.
2. Man findet keinen Ersatz. Dann werden langkettige Kunststoffe wie PTFE von dem Verbot ausgenommen.

Eine nicht undenkbare Verschwörungstheorie wäre, daß es Ersatz gibt und deswegen das jetzt hochgekocht wird. Und vorher eben nicht hochgekocht wurde.

Hier kann man was lesen:
https://extern.hobbybrennen.ch/files/ro ... oalkyl.pdf
Untersuchungen auf Rückstände von der Herstellung von PTFE.

https://extern.hobbybrennen.ch/files/re ... ort_en.pdf
Große pdf. Mit Suchfunktion dort nach PTFE suchen.
Ich habe beides nur überflogen. Vielleicht zieht man andere Schlüsse, wenn man es genau liest.


Und falls es für uns Brenner dann nichts mehr gibt, kehren wir halt alle zu Silikon und EPDM zurück (oder Mehlpampe). Denn da gibt es zumindest keine Hinweise, daß die Abbauprodukte giftig sind. Das ist schon auch viel wert.
Benutzeravatar
Alchemist
Beiträge: 381
Registriert: 2. Feb 2023, 13:12

Re: PTFE Verbot

Beitrag von Alchemist »

derwo hat geschrieben: 24. Okt 2023, 14:00 Ich sehe zwei mögliche Entwicklungen:
1. Man findet Ersatz. Dann wird auch PTFE verboten.
2. Man findet keinen Ersatz. Dann werden langkettige Kunststoffe wie PTFE von dem Verbot ausgenommen.
Bei 2. könnte es aber auch etwas anders ablaufen. Wie zum Beispiel bei Blei in gedrehten Armatur-Teilen. Blei verbessert zwar die Zerspanbarkeit ungemein, ist aber auch toxisch. Es gibt Elemente, die das nur ungleich ersetzen können. Blei wurde zwar in die Verbotsliste von der EU aufgenommen, aber es gibt eine Ausnahme spezifisch für den Fall von gedrehten Armatur-Teilen. Und immer wieder wird diese Ausnahme erweitert.

Selbiges war auch in der Elektronik-Industrie der Fall. Blei in Lotverbindungen. Wurde von Heute auf Morgen verboten. Hier gibt es auch keine gleichwertigen Alternativen. Silberlote sind wesentlich teurer, schlechter industriell verarbeitbar usw. Auch wenn es keinen gleichwertigen Ersatz gibt, hat man das Verbot durchgesetzt. Irgendwann wird das Blei in gedrehten Messingteilen erwischen und irgendwann auch PTFE.

Was ich damit sagen will: die EU kann PTFE auch in das Verbot aufnehmen, aber es könnte zugleich eine Ausnahmeregelung für spezifische Fälle geben, wie hier. Motivation ist, falls es keinen ordentlichen Ersatz gibt. Dann gibt es die Übergangsfrist, in der die Firmen die Umstellung von PTFE auf "PTFE-frei" machen müssen.

Und auch wenn die EU PTFE verbieten sollte, glaub ich nicht dass das die Hobbybrenner schwer treffen wird. Es gibt ja zB bleihaltiges Lot auch privat noch zu kaufen (glaube ich zumindest), selbiges könnt ich mir für PTFE vorstellen. Sonst erfolgt der Import über Fernost.

Es gilt abzuwarten, wie sich das entwickelt. Spekulationen helfen ohnehin nicht. Zur Not PTFE Bänder daheim bunkern, falls jemand in Panik verfällt.
Benutzeravatar
azeotrop
Beiträge: 2238
Registriert: 26. Okt 2018, 21:17

Re: PTFE Verbot

Beitrag von azeotrop »

Ich habe mal versucht mich an der Quelle einzulesen. Die ECHA (European Chemical Agency) hat Untersuchungen durchgeführt und eine Empfehlung an die EU Komission abgegeben. Der Prozess ist noch im Fluss und nicht abgeschlossen. Details findet man hier:
https://echa.europa.eu/de/restrictions- ... 72301/term

Im Gesetzeskauderwelsch ist als Regulation vorgeschlagen:
Alle PFAS sind verboten, ausser es gibt eine Ausnahmeregelung.
Dann folgen viele viele Seiten mit Ausnahmeregelungen.
Sowas ist ein übliches Vorgehen beim Formulieren von Gesetzen.
Um die Ausnahmeregelungen wird noch gerungen.

Die PFAS im Sinne der Regelung sind sehr weit gefasst.
Any substance that contains at least one fully fluorinated methyl (CF3-) or methylene (- CF2-) carbon atom (without any H/Cl/Br/I attached to it)........
Dann gibt es noch ein paar Ausnahmen die vermutlich nur ein Chemiker versteht.

Da PTFE aus CF2 besteht, fällt es unter die Regelung. Es ist noch keine Ausnahme für PTFE Dichtungen usw. festgelegt.

Ein Hersteller gibt eine schöne Zusammenfassung des derzeit Bekannten:
https://www.dicht.de/de/entwicklungspar ... fe-und-co/

Hier einige wichtige Stellen:
Die Untersuchung {durch die ECHA} umfasst unter anderem Fluorpolymere wie z.B. PTFE, PVDF, FEP, ETFE, die als Dichtungswerkstoff aktuell unersetzbar sind. Auch Fluorelastomere wie z.B. FPM und FFKM zählen dazu.
Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es weder ein Verbot der genannten Stoffe, noch eine Verordnung oder Richtlinie zur Handhabung. Es besteht kein akuter Handlungsbedarf für Unternehmen.
PFAS Verbot bei Kunststoffen und Dichtungen – unsere Einschätzung
Fluorkunststoffe gelten als Polymers of low concern (PLC), von denen nicht die Gefahren ausgehen sollten, die bei anderen PFAS bestehen. ...........
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass diese Werkstoffe einen hohen strategischen Stellenwert in nahezu allen Technologiesektoren haben und aktuell keine gleichwertigen Ersatzwerkstoffe bekannt sind. ...........
Bei einer gewissenhaften Untersuchung und Bewertung, so die Einschätzung unserer Experten, sollten Fluorpolymere und Fluorelastomere von den Verboten nicht betroffen sein. .......
Ich denke es ist noch zu früh um erkennen zu können wie das ausgehen wird.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)
Benutzeravatar
derwo
Beiträge: 3425
Registriert: 20. Okt 2018, 21:35

Re: PTFE Verbot

Beitrag von derwo »

Es kann auch sein, daß PTFE nur für besondere Einsatzgebiete und unter Entsorgungsauflagen erlaubt bleibt. Also dann sicher nicht die Klempner sondern eher die chemische Industrie.
Benutzeravatar
azeotrop
Beiträge: 2238
Registriert: 26. Okt 2018, 21:17

Re: PTFE Verbot

Beitrag von azeotrop »

Im Hintergrund läuft gerade eine Schlacht der Lobbyisten mit den Gesetzgebern ab. Solche Kleinigkeiten wie sie uns durch den Kopf gehen werden dabei vermutlich keine große Rolle spielen. Da werden erstmal die Interessen der ganz Großen ausgefochten.
Im Moment läuft ja noch die offizielle Anhörung der sogenannten Stakeholder, also Industrie und Verbände. Das muss öffentlich geschehen und ist auf der ECHA Website dokumentiert.
Danach wird dann eine Phase der Stille kommen, die leicht einige Jahre dauern kann. Was während dieser Zeit geschieht, geschieht im Verborgenen. Irgendwann kommt dann eine EU Verordnung heraus.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)