Gibt es gute Nachlaufanteile

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
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Alk52
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Gibt es gute Nachlaufanteile

Beitrag von Alk52 »

Seit ich meinen ersten Rum nach einer Anweisung aus HD Pugi's Rum or "Pugirum gebrannt habe, der einen bestimmten Bereich des Nachlaufes verwirft, komme ich immer wieder auf die Frage zurück:
Gibt es gute und schlechte Nachlaufanteile ?

Bei meinen letzten Raubränden (Apfelbrand) kam diese Idee wieder hoch.
Abhängig von Dampftemperatur bzw. Destillat vol% zeigten sich immer wieder gleiche Punkte, an denen zB. die Trübung begann oder endete.

Gibt es Untersuchungen dazu oder kann der Begleitstoffrechner bestimmte Bereiche identifizieren, die unbedingt verworfen werden sollten oder
Nichts ist ohne Grund.
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derwo
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Re: Gibt es gute Nachlaufanteile

Beitrag von derwo »

Ich halte es für einen Mythos, daß es eine späte Nachlauffraktion gibt, die verwendbar ist. Also ein sogenanntes "sweet water". In den Begleitstoffrechnern gibt es keine wirklichen Hinweise darauf. Bei jedem Begleitstoff, von dem Daten vorhanden sind, steigt die Flüchtigkeit an, wenn der Alkoholgehalt sinkt. Bei manchem mehr, bei manchem weniger. Aber es gibt nie einen Umkehrpunkt. Wohl aber brauchen sich manche üble Nachlaufstoffe auf, also deutlich bevor der Kessel leergebrannt ist, ist von ihnen nicht mehr viel im Kessel und also auch nicht mehr viel im aktuellen Destillat. Ich meine damit zB Buttersäure. Allerdings ist die Abflachung eher gering und außerdem steigt gleichzeitig stetig die Essigsäure im Destillat, welche zumindest von der Menge mit Abstand der "Hauptfeind" ist.
Also ich glaube es nicht, aber es spricht nichts dagegen, späte Fraktionen zu sammeln und zu testen. Aber teste sie nicht nur mit der Nase.
Homedistiller hat verglichen mit dem Rest der Brennwelt eine gewisse Tradition: Wahnsinnig viel Vorlauf abtrennen (und darauf wahnsinnig stolz sein) und sehr weit in den Nachlauf runterzubrennen (und da auch sehr stolz drauf zu sein). Das sollte man beim Stöbern dort immer im Hinterkopf haben. Und im konkreten Fall: Pugi möchte ja zwischen 40 und 20vol% "Rum-Oils" auffangen. Abgesehen davon, daß er nicht weiß, was Rum-Oils sind (denn sonst würde er es schreiben, und außerdem 2005 wusste das noch niemand so genau), es halt nur toll klingt: die Stoffe in den Begleitstoffrechnern, die mit Rum-Oil verwandt sind, sind entweder die Ketone oder die Terpene (alle unter "Sonstige"). Diese bekommt man entweder während und direkt nach dem Vorlauf oder am Ende des Mittellaufs, jedenfalls nicht deutlich nach Nachlaufbeginn. Das ist kein Beweis, nur ein Hinweis.

Es gibt durchaus gute Stoffe im Nachlauf. Leider. Die Raucharomen von Whisky zum Beispiel und auch Ethyllactat (und damit wohl auch andere Ester, von denen wir keine Daten haben). Diese werden vor allem beim Feinbrand dann zwangsläufig reduziert.