Aromatisierung von Holzsticks

Alle Möglichkeiten der Nachbehandlung von Destillaten
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James Allardice
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von James Allardice »

So blöd finde ich die Frage nicht.
Es passiert ja - okay es wird jetzt nicht der pure Sherry und das frisch angekokelte Holz ins Destillat gebracht, aber in den Sherryfässern befindet sich bestimmt der ein oder andere Liter Sherry.
Ich nehme an, wenn das Holz mit Sherry/Portwein/Rum oder was auch immer kontakt hat oder diese aufnimmt, passiert im Holz etwas, es finden irgendwelche Veresterungsprozesse oder anderweitige Reaktionen statt, die für bestimmte Aromen sorgen.
Ich bin leider kein Chemiker, aber irgendwie so in diese Richtung.
Aber warum nicht direkt Holz und Sherry ins Fass?
Das probiere ich demnächst mal aus.

Gruß,
James
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James Allardice
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von James Allardice »

Man muss sich natürlich auch überlegen, ob die Vorbereitung der Sticks und die damit einhergehende Aromatisierung, nicht auch völlig unterschiedlich erfolgen muss.

Bourbonfass ~208 Liter: frische amerikanische Weisseiche - getoastet? - das Holz wird beim Fassbau erhitzt und befeuchtet, um die Dauben biegsam zu machen - Charring/Verkohlen - Bourbon mit 62,5%vol einfüllen - Reifung min. 2 Jahre

Dann ab nach Schottland - evtl. sind noch 1-2 Liter Bourbon drinn - frischer Single Malt rein - 10 Jahre warten - dann für 2 Jahre ins Sherryfass - was ist mit dem Sherryfass passiert?

Sherryfass ~265 Liter - frische europäische Trauben-, Winter-, Sommer-, Weisseiche???
https://oakbarrels.shop/sherryfaesser

....wenn die Größe des Fasses anders ist, ist auch wieder das Verhältnis Holzfläche zum Inhalt anders......

Man müsste die Geschichte schon mal ziehmlich genau aufdröseln.
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azeotrop
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von azeotrop »

James
Du wärst sicher am Besten geeignet so einen Vergleichstest zu machen. Du hast ja schon viel mit eingelegten Sticks probiert und hast damit einen Vergleich.
Es grüßt Azeotrop
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

Hier habe ich mal was über die Sherryfassindustrie geschrieben:
viewtopic.php?p=14197
Die Sherryfässer für Whisky haben also nichts zu tun mit den Fässern für Sherry.

Ob man nicht einfach Sherry dem gerade reifenden Whisky zugeben kann, ist also zuerst mal eine juristische Frage...
Darüber hinaus sehe ich nur die geringe Möglichkeit, daß die kurzzeitige Vorbelegung mit Sherry eine kurze Zeit andere? bakterielle Vorgänge zulässt als wenn man gleich Whisky reingibt. Zumindest an der Außenschicht des Fasses können ja auch bei Hochprozentigem Bakterien leben. Und der hohe Säuregehalt könnte auch eine geringe Auswirkung über die kurze Zeit haben.
Daß die Whiskyindustrie es aber geschafft hat, während des steigenden Whisky- und sinkenden Sherrykonsums unbemerkt die Technik umzustellen, macht es aber doch klar, daß es keinen großen Unterschied macht, wie man den Sherry in den Whisky bringt.
Dann wähend der langen Reifung hat der höhere Säuregehalt aber dann doch seine Wirkung vielleicht. Aber das ist ja identisch, egal wie lange das Fass mit ein paar Litern Sherry vorbelegt wurde. Daher könnte es einen Unterchied machen, wenn man erst nach der Reifung den Sherry dazugibt. Wobei das aber ja in gewisser stattfindet, da ja oft Sherryfässer mit nicht-Sherryfässern gemischt werden.
Mein Fazit ist jedenfalls, daß ich denke, daß man einfach Sherry dazugeben kann bei der Reifung. Und wenn es mir irgendwann nicht mehr gefallen sollte, suche ich den Grund eher woanders.

Die Abmessungen der Sherryfässer für Whisky werden natürlich von der Whiskyindustrie vorgegeben, sie müssen sich nicht nach den Abmessungen von echten Sherryfässern richten.

Bourbonfässer werden nicht getoastet. Natürlich, das Holz muss gebogen werden. Aber das geschieht ja nicht nur mit Hitze sondern auch mit Wasser. Der Prozess findet also bei etwa 100°C statt. Und bei dieser Temperatur bräunt sich Holz nicht.
Sherryfässer werden auch mit Hitze und Wasser gebogen aber dann lässt man die Hitze noch eine Zeit lang an. Also ein Deckel und die frisch gesägten Dauben werden über ein Feuer gestülpt und immer wieder gewässert, während man die Dauben immer weiter biegt und dabei Riemen anbringt. Dann wenn alles genug gebogen ist, bleibt das Fass noch eine Zeit lang über der Flamme stehen.
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James Allardice
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von James Allardice »

Kann ich mal machen, den Versuch mit Sherry und Holz.

Habe das mal wieder rausgekramt:
https://www.schnapsbrennen.at/discussio ... ky-reifen/

Da schreibt 'der Wo' , dass Jack Daniels die Fässer 4h toasted und danach Charrt.
Ist das denn so?

Damals schrieb auch 'der Wo' folgendes, interressantes:

Light toast: 190°C 30min, weiße Früchte, Tannine, Banane, Ananas, buttrig

Medium toast: 210°C 40min, Vanille, warm, süss

Medium+ toast: 210°C 50min, Honig, Haselnuss, Kaffee

heavy toast: 290°C 60min, Karamell, Rauch
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

James Allardice hat geschrieben: 19. Jun 2022, 17:53 Habe das mal wieder rausgekramt:
https://www.schnapsbrennen.at/discussio ... ky-reifen/ Hoffentlich wird es jetzt nicht peinlich...

Da schreibt 'der Wo' , dass Jack Daniels die Fässer 4h toasted und danach Charrt.
Ist das denn so? Nein, ich schreibe, daß man es an vielen Stellen im Internet so lesen kann. Heute denke ich, es ist eine Falschinformation. Bzw ist es ja gar nicht möglich, das Holz ist danach vollkommen durchgekohlt. Damals war ich mir bei der ganzen Sache unsicher. Später in dem Thread schreibe ich:
Ich habe die toasting-Werte von JD nun mal an Sticks ausprobiert. 4h bei 230°C, im Backofen:
Schon nach 30min sind die Sticks deutlich dunkler, schön gleichmäßig, dunkler als die JD smoking blocks auf den Fotos im Inet, bei denen man ja eigentlich gar nichts vom toasten sieht. Die Rauchentwicklung war nur anfangs hoch, trotzdem wird die Küche wohl noch eine Woche riechen. Kann sein, daß so getoastete Sticks weniger "angebrannt" schmecken und sich andere Aromen mehr durchsetzen, falls dieser Rauch (der nun weg ist) dafür verantwortlich ist. Nach 1h waren sie dunkelbraun, auf jeden Fall ganz anders als Whiskyplanken. Der Unterschied zwischen 1 und 4h (ich habe nur einige der Sticks so lange drinbehalten) ist minimal. Die Färbung geht ganz durch (hab zur Kontrolle einen 1h-Stick durchgesägt).
Sehr verwirrend. Nur daran, daß die Dauben dicker sind, kann es nicht liegen. Daß das Toasten nicht rundherum geschieht wie bei den Sticks, macht natürlich viel aus. Aber irgendwie glaube ich, die Angaben von JD sind schlicht falsch.



Damals schrieb auch 'der Wo' folgendes, interressantes:

Light toast: 190°C 30min, weiße Früchte, Tannine, Banane, Ananas, buttrig

Medium toast: 210°C 40min, Vanille, warm, süss

Medium+ toast: 210°C 50min, Honig, Haselnuss, Kaffee

heavy toast: 290°C 60min, Karamell, Rauch
Ja, das hatte ich im Internet gefunden. Auf einer Seite für Weinfässer.
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James Allardice
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von James Allardice »

Ich hatte ja auch schon ein paar Sticks durchgesägt und sie hier gezeigt. Diese Sticks bestätigen eigentlich, dass das mit dem langen Toasten nicht stimmen kann, da diese komplett durchgebräunt waren.
Jetzt, wo ich Sticks aus den Fassdauben gesägt habe, kann ich mir die Theorie vom stundenlangen Toasten noch weniger vorstellen. Denn in der Daube ist nur eine dünne Kohleschicht zu sehen, das restliche Holz ist hell.

Ich denke die unterschiedlichen Aromen sitzen in bestimmten Schichten im Holz, die durch das Charren entstehen.
Wenn die Fassinnenwand mit einer Wärmequelle von z.B. 800°C in kontakt kommt, verbrennt die Oberfläche. Die Temperatur nimmt aber logischerweise zur Außenwand immer mehr ab. In einer Tiefe von 3mm herrscht dann vielleicht eine Temperatur von 210°C, sodass dort die Vanillearomen entstehen. In einer Tiefe von 4mm wieder ein anderes Aroma und in 5mm wieder ein anderes usw.. .
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

Laut der einen Studie, auf die ich hingewiesen habe, ist es eher ein aufeinanderfolgender Prozess: Wenn man Holz toastet, kommen zuerst eher so Butter- dann Toffee- dann Schokolade-, dann Vanille- und Zimtaromen und dann verbrannte Aromen. Also die Aromen entstehen zeitlich aufeinanderfolgend, nicht der Temperatur nach.
Das ABER ist, daß manche Aromen eine gewisse recht hohe Mindesttemperatur benötigen. Also ohne hohe Temperatur gibt es zB keine Kokosaromen.
Was ich sagen will: veabschiede dich von der Vorstellung, daß eine bestimmte Temperatur ein bestimmtes Aroma bedeutet.
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azeotrop
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von azeotrop »

Diese Studie zeigt auch dass kurzeitiges Erhitzen nichts bringt. Es dauert bei den meisten Stoffarten 15 min bis die Stoffe entstehen, die meisten haben bei 30 min ihr Maximum und fallen bei längerem toasten wieder ab. Die Temperaturen wurden dabei die ganze Zeit konstant gehalten.
Es zeigt sich auch klar, je höher die Temperatur, desto höher ist die Menge an abgegebenen Stoffen.
Getestet wurde bei konstanten 175°C, 200°C und 225°C. Bei jedem Versuch mit höherer Temperatur stieg die Menge der erzeugten Stoffe um das 5 bis 10-fache an. Es wurde immer mit neuem Holz von Null an aufgeheizt.
Da nicht über 225°C hinaus getestet wurde, ist unklar was bei höheren Temperaturen geschieht.

Es scheint aber klar dass das kurzzeitige starke erhitzen mit einer Flamme eine geringere Wirkung hat als ein 30 minütiges toasten bei fester Temperatur von 225°C.

MIr ist aber unklar ob das verwendete Verfahren auch gültige Aussagen über das Verhalten der Sticks im Alkohol zulässt.
Es wurde ja gemessen wieviel von den jeweiligen Stoffen an die Luft im Ofen abgegeben wurde. Wieviel von den Stoffen noch im Holz verbleibt ist unklar.
Von daher würde ich nicht länger als 30 min toasten aber mindesten 10 min, das Ganze bei 200°C.
Ich vermute dass bei noch höheren Temperaturen zwar noch mehr von diesen Stoffen an die Luft abgeblasen wird, aber wenig im Holz verbleibt für die eigentliche Aufgabe im Alkohol.
Das ist aber aus der Studie nicht herauslesbar und nur meine Vermutung.
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

Ja, schade daß diese Studie nicht um höhere Temperaturen erweitert wurde.
Ich denke, das Holz muss halt aufgeheizt werden, daher wird die ersten Minuten nichts gemessen. Wenn die Hitze sofort da wäre, würde die Entwicklung der Stoffe sofort starten. Die Frage ist auch, ob die bei den höheren Temperaturen stärker (also schneller) oder nur länger geheizt haben.

Meine Erfahrungen haben mich jedenfalls dazu geführt, daß auch meine gecharrten Sticks aus amerikanischer Weißeiche für Bourbon & Co vor dem Charren etwas getoastet werden. Also in den vollaufgedrehten und vollständig vorgeheizten Backofen (angeblich 270°C) zwischen 5 und 10min. Und die Sticks, welche nicht gecharrt werden vielleicht drei Minuten mehr. Mit 270°C Umluft geht es sehr schnell. Hier ein Bild mit Holz von einem Rotweinfass aus europ. Eiche (von Natur aus deutlich dunkler als Weißeiche) und rechts daneben, wie es nach dem Abschleifen und 8min bei 270°C schon ausschaut:
8min 270°C.jpg
Das ist für mich ein "light toast", also das sind die hellsten Sticks, die ich ungecharrt verwende. Die Bräunung geht natürlich nicht durch den ganzen Stick hindurch.
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slivomeister
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von slivomeister »

derwo hat geschrieben: 22. Jan 2022, 19:15 Edit: Ich persönlich glaube, dass es egal ist, den Stick in Sherry zu legen und dann den Stick in den Malt zu geben oder gleich ein bisschen Sherry in den Malt zu kippen.
Wenn aber natürlich eine Auslaugung des Geschmacks stattfindet, hat das schon einen Effekt. Also es ist ja unbestreitbar, dass unbenutze Sticks mehr Aroma abgeben als benutzte.
Nochmal dazu: Wie viel ml Sherry würdest du denn pro L ungealterten Bourbon hinzufügen?
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

Ich habe mal einen Esslöffel pro liter Fasstärke verwendet. War glaube ich ok.
Seitdem habe ich eine Flasche mit starkem Sherry, in der ich lange Zeit Sticks eingelegt hatte. Die Sticks habe ich dann tropfnass verwendet zum Reifen von Whisky. Und ich habe diesen inzwischen sehr holzigen Sherry auch direkt verwendet, ziemlich überdosiert, also so 50ml pro lt Fassstärke. Das wird dann schlussendlich aber verschnitten mit Whisky ohne Sherry. Bei einem Feinbrand kommen bei mir immer mehrere Liter raus, die dann in 1lt-Flaschen unterschiedlich reifen. Die Unterschiede sind dann oft sehr interessant.

Fang entweder klein an, du kannst ja jederzeit nachlegen. Oder reife in mehreren Gläsern.
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slivomeister
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von slivomeister »

derwo hat geschrieben: 12. Sep 2023, 00:04 Ich habe mal einen Esslöffel pro liter Fasstärke verwendet. War glaube ich ok.
Seitdem habe ich eine Flasche mit starkem Sherry, in der ich lange Zeit Sticks eingelegt hatte. Die Sticks habe ich dann tropfnass verwendet zum Reifen von Whisky. Und ich habe diesen inzwischen sehr holzigen Sherry auch direkt verwendet, ziemlich überdosiert, also so 50ml pro lt Fassstärke. Das wird dann schlussendlich aber verschnitten mit Whisky ohne Sherry. Bei einem Feinbrand kommen bei mir immer mehrere Liter raus, die dann in 1lt-Flaschen unterschiedlich reifen. Die Unterschiede sind dann oft sehr interessant.

Fang entweder klein an, du kannst ja jederzeit nachlegen. Oder reife in mehreren Gläsern.
Hört sich gut an. Ich habe hier noch den "Williams & Humbert Don Guido Pedro Ximenez Solera Especial Aged 20 Years". Habe den vor Ewigkeiten Mal geschenkt bekommen. Ganz lange nicht mehr getrunken - aber er schmeckt sehr gut! Meinst du, das wäre Verschwendung, den fürs Aging zu verwenden? Andererseits ist ein Esslöffel pro Liter bei meinem geringen Output auch nicht viel.
Ansonsten habe ich auch noch einen günstigeren Sherry, dessen Name mir gerade entfallen ist, hier rumfliegen.
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derwo
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Re: Aromatisierung von Holzsticks

Beitrag von derwo »

Das wird beides funktionieren.
Wenn du die Kapazität hast, kannst du ja beide Sherries ausprobieren.