Destillationsanlage aus dem Iran

Selbstbau und Kauf von Destillen. Diskussionen über Bauweisen und Materialien
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Destillo
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Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von Destillo »

Hallo Hobbybrenner,

Hier ist ein Bild und ein Video von meiner Anlage im Iran (100 l Kessel), welche ich bis jetzt 2 mal im Betrieb genommen habe. Das Video zeigt meinen zweiten Destillationsversuch.

Die Anlage muss noch an manchen Stellen optimiert werden z.B. manuelle Rührwerk zu einem akkubetriebenen Rührwerk umbauen.

Ich freue mich sehr über weitere Feedbacks und Vorschläge.

Danke und Gruß - Destillo

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Die Anlage aus dem Iran.jpg
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derwo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von derwo »

Das Rührwerk würde mich noch interessieren.
Ist das eine Art Propeller? Oder rührt es am Boden der Destille?

Der Schlauch am Kühlerende ist nicht so toll. Das ist wahrscheinlich PVC und damit sowas von nicht alkoholgeeignet. Und PVC hat Weichmacher.
Über die anderen Dichtungen weiß ich nichts. Weißt du aus welchem Material die sind? Für mich schauen die an den Sichtgläsern nach Gummi aus. Aber wer weiß, vielleicht ist es wenigstens EPDM oder Silikon.
Es gibt immer den Kompromiss, Dichtungsringe mit Teflonband zu umwickeln.

Und ganz allgemein ist der dünne Produktkühlerausgang ein Minus an der Destille. Zwei Szenarien:
  • Die Maische schäumt über. Unten am Produktkühler sammelt sich ein Propfen mit Feststoffen. Es entsteht sofort gewaltiger Überdruck. Irgendwo reisst eine Dichtung. Alkoholdampf entweicht und entzündet sich am Gasbrenner.
  • Am Ende der Destillation schaltest du ab. Der Produktkühlerschlauch ist warum auch immer abgeknickt. Vielleicht als du den Destillatsbehälter weggeräumt hast. Nun kondensiert der Dampf in der Destille. Es entsteht Unterdruck. Der Kessel beult sich ein.
Hier kannst du sehen, wie es besser geht:
Shotgun Ausgang.jpg
Shotgun Ausgang.jpg (10.79 KiB) 273 mal betrachtet
Also erstens ist der Ausgang breiter, zweitens gibt es Druckausgleichslöcher.

Wie du dann daran den Destillatbehälter montierst:
Am besten, du hast einen Tisch direkt neben der Destille, wo der Behälter draufsteht. Einerseits vermeide Kunststoffschläuche, andererseits darf natürlich niemals Destillat in den Gasbrenner tropfen. Schläuche aus PTFE wären geeignet, sind aber kaum biegbar.
Also am besten wäre ein Tisch oder so neben der Destille zu haben und auf Schläuche ganz zu verzichten.
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azeotrop
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von azeotrop »

Nicht übel. Da kann man was anfangen, mit der Destille.
Für die Tri-Clamp Verbindungen gibt es ja Ersatzdichtungen aus PTFE. Möglicherweise sind die Dichtungen hinter den Gläsern auch in der Tri-Clamp Bauform.
Falls nicht, wie schon empfohlen, mit Teflonband einwickeln geht immer.

Man könnte auch den Ausgang des Produktkühlers auf vollem Durchmesser offen lassen und darunter einen Polyethylentrichter mit dem Parrot und das Auffanggefäss stellen. Dann ist das Ganze auch atmosphärisch offen. Das ist auch wichtig um einen sauberen Ablauf ohne Syphoneffekt (Gluckern und unruhiger Lauf) zu erreichen. Der Adapter den derwo gezeigt hat, ist natürlich erste Sahne.
Ich arbeite immer ohne Parrot weil meine Destille kleiner ist. Das Totvolumen des Parrot verzögert die Anzeige.
Bei der 100L Destille ist das vermutlich weniger störend.
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derwo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von derwo »

Es gibt natürlich aber auch Trichter aus Edelstahl.
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Destillo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von Destillo »

•Rührwerk: das ist ein Propeller Rührwerk. Ich habe jetzt leider keine Bilder davon, aber sobald ich wieder daheim bin (in 10 Tagen), schicke ich euch ein paar Bilder. Du siehst im Bild ein schwarzes rundes Teil auf dem Kessel, welche einen Griff hat und während der Destillation kann man daran manuell drehen. Ich wurde gerne später dieses Teil optimieren.

•Der Schlauch: ich habe den Schlauch benutzt um die Distanz vom Alkoholaustritt zu offene Feuer von Gasbrenner zu Vergrößern. Aber ich werde nach einem geeigneten Tisch dafür schauen.

•Dichtungsringe: sie sind bestimmt aus Gummi. Weil ich sie in Iran leider mit etwas geeintes nicht ersetzten/finden kann, werde ich den guten Vorschlag von Azeotrop folgen und sie mit Teflonband einwickeln. Bei meinem nächsten Besuch nach Deutschland werde ich dann geeignete Dichtungen kaufen.

•Dünne Produktkühlerausgang: vielen Dank für die Bemerkung. Ich hatte nie daran gedacht, dass dieses dünne Rohr solche Probleme vielleicht verursachen konnte. Das Teil ist zusätzlich zum Parrot mir gegeben wurden. Eigentlich kann man raus schrauben und das Parrot direkt an Kühler anschrauben. Ist das dann okay? Oder besteht noch Gefahr?

•Parrot: Ich habe das Parrot bis jetzt nicht benutzt, weil ich während der Destillation eine klare Abtrennung von drei Phasen wünschte. Die aktuelle Alkoholprozent wäre eigentlich für mich egal gewesen, weil ich die Trennung von Phasen durch Temperatur und Verkostung gezielt habe. Brauche ich das Parrot in diesem Zusammenhang nur zum Druckausgleich?

Ich muss mich mit dem Thema Parrot und Phasentrennung mehr beschäftigen und mehr darüber lesen.
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azeotrop
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von azeotrop »

Das Teflonband hatte derwo schon vorher erwähnt.
Ich würde den Parrot weglassen.
Meine Empfehlung wäre dreifach zu brennen.
Zwei mal ohne Reflux und ohne jede Abtrennung bis nur noch reines Wasser kommt. Erst beim dritten hochprozentigen Brand Vorlauf (mit Reflux, nach Menge), Mittellauf ohne Reflux und Nachlauf ohne Reflux (nach Temperatur, Alkoholstärke und Geschmack) abtrennen.
Das Thema Dreifachbrand wurde hier irgendwo detailliert erläutert. Ich habe den Link gerade nicht zur Hand.
Die professionellen Brenner verwenden solche Destillen mit Böden etwas anders um in einem Brand das Gleiche zu erreichen wie beim Dreifachbrand. Das geschieht aber zur Kostenersparnis und nicht zur Qualitätssteigerung.
Damit kannst du später spielen wenn du den Dreifachbrand beherrscht.
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derwo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von derwo »

So ein Propeller ist sicher nicht wirkungslos, was das Anbrennen betrifft, optimal ist es aber auch nicht. Propeller sieht man eher an Destillen mit Mantelkessel, wo das Anbrennen ja kein Problem ist. Am Boden liegende Rührer gibt es an einigen osteuropäischen Obstdestillen, einigen schottischen Potstills und natürlich in vielen Hobbybraukesseln.

Wenn man einen Parrot (auf deutsch "Vorlage") dicht an den Kühler anschließt, schaukelt das Alkoholmeter meist sehr stark und die Messung ist schlecht ablesbar. Es muss zwischen Kühler und Vorlage Luft rein und rauskönnen.
Bleib ruhig bei deiner Methode ohne Vorlage.

azeotrops Vorschlag mit dem Dreifachbrennen kann ich zwar unterschreiben, auch ich brenne dreifach, aber ich verstehe, wenn das eine zu große Änderung auf einmal für dich ist. Und du hast diese Destille gekauft, um Einfachbrände machen zu können, denke ich jedenfalls. Du kannst das schon erstmal so lassen eine Zeit und dann schaust du halt mal.
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Destillo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von Destillo »

Wenn ich bei meiner Methode bleibe, dann soll ich am bestens die dünne Produktkühlerausgang abschraube und darunter direkt einen Trichter stelle. So sollte dann die Anlage in dem Zusammenhang sicher sein.

Frage:

Dreifachbrennen: Ist es korrekt, dass bei jedem Brennvorgang/Hitzebehandlung verliert das Destillat an Geschmack und Aroma? Ich verstehe, dass bei jedem Brennvorgang das Destillat an Reinheit gewinnt und dementsprechend an die Qualität aber was passiert dann mit dem Geschmack?
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Dr.Cooper
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von Dr.Cooper »

Destillo hat geschrieben: 4. Sep 2022, 10:52 Wenn ich bei meiner Methode bleibe, dann soll ich am bestens die dünne Produktkühlerausgang abschraube und darunter direkt einen Trichter stelle. So sollte dann die Anlage in dem Zusammenhang sicher sein.
Richtig, das ist auf jeden Fall besser
Frage:
Dreifachbrennen: Ist es korrekt, dass bei jedem Brennvorgang/Hitzebehandlung verliert das Destillat an Geschmack und Aroma? Ich verstehe, dass bei jedem Brennvorgang das Destillat an Reinheit gewinnt und dementsprechend an die Qualität aber was passiert dann mit dem Geschmack?
Der Meinung war ich auch, wurde aber eines besseren belehrt und mittlerweile brenne ich auch mindestends doppelt.
siehe hier >>>> viewtopic.php?p=15591#p15591
Dem Destillatör ist nix zu schwör :dontknow:
Tom
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azeotrop
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von azeotrop »

Destillo hat geschrieben: 4. Sep 2022, 10:52 aber was passiert dann mit dem Geschmack?
Gute Frage. Ich frage mal anders herum. Wo soll denn der Geschmack verschwinden.
Geschmacksbildend können nur flüchtige Stoffe sein. Alles was verdampft wird auch wieder kondensiert und landet im Destillat. Vorausgesetzt die Destille ist dicht.
Man kann sich die Frage stellen ob beim Verdampfen flüchtige Stoffe zersetzt werden. Das ist sicher bei den Estern der Fall. Sie können wieder in Säuren und Alkohole zerfallen. In gleicher Weise bilden sich aber auch Ester aus Säuren und Alkoholen.
Ich denke nicht dass man die Frage analytisch eindeutig beantworten kann.
Die Erfahrung zeigt aber dass Mehrfach Obstbrände eher mehr als weniger Aroma haben.
Bei anderen Aromabränden wie Rum und Whiskey kann das ganz anders ausfallen, weil man da eher "dreckig" als "sauber" brennt. Das ist aber ein eigenes Fachgebiet in dem ich Anfänger bin.
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derwo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von derwo »

Beim Mehrfachbrennen wird der Kessel zwischen den Destillationen geleert. Dadurch verschwindet eine große Menge an Nachlaufaromen. Das ist der große Unterschied zwischen Reflux-Einfachbrand und Potstill-Mehrfachbrand.

In der Praxis hat der Einfachbrand dann etwas kratzig saures auf der Zunge übrig, der Dreifachbrand dagegen ist viel sanfter und trotzdem genauso aromastark. Geschmacksärmer ist der Mehrfachbrand nur dann, wenn man die größere Reinheit beim Feinbrand dazu benutzt, die Mittellaufausbeute zu erhöhen, wenn man also später den Mittellauf beendet und dadurch das gute Aroma mit schwachem Aroma verdünnt. Wenn man also beim Dreifachbrand zB 80% des Alkohols als Mittellauf rausbekommt, hat man diesen Fehler höchstwahrscheinlich gemacht.
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Destillo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von Destillo »

Vielen Dank für die tolle Erklärung. Wenn ich genügend Erfahrung mit der Anlage gesammelt habe, dann werde ich sehr gerne mit Dreifachbrennen anfangen um einfach die Unterschiede zwischen den Endprodukten zu sehen und vergleichen zu können

Frage: ich hatte sehr viel Probleme mit der pH-Einstellung bei der Apfelmaische. Soll ich für diese Problematik einen eigenen Beitrag machen? Oder soll ich hier weiter diskutieren?
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azeotrop
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von azeotrop »

Ein eigenes Thema ist immer besser als die Vermischung von Themen.
Nur so kann die Suchfunktion später was finden.
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derwo
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Re: Destillationsanlage aus dem Iran

Beitrag von derwo »

Destillo hat geschrieben: 4. Sep 2022, 11:49 Vielen Dank für die tolle Erklärung. Wenn ich genügend Erfahrung mit der Anlage gesammelt habe, dann werde ich sehr gerne mit Dreifachbrennen anfangen um einfach die Unterschiede zwischen den Endprodukten zu sehen und vergleichen zu können
Beziehungsweise vielleicht erstmal zumindest Doppelbrennen. Das macht auch schon einen großen Unterschied zum Einfachbrennen.