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Teilkondensation
Berechnet den Dampf über und den Reflux unter einem Teilkondensator und die durch die Teilkondensation resultierende Rektifikation.

Ausgehend von 100g/min Dampf unter dem Refluxkondensator:

 

 

optionale Angaben:
hPa absoluter Luftdruck (75-10000 hPa)
Thermometerfehler

Resultat:

 







Der Refluxkondensator in Systemen wie CM (cooling management) ist darauf ausgelegt, kontrolliert einen Teil des Dampfes zu kondensieren und nach unten zu leiten. Je nach Einstellung der Wasserversorgung mehr oder weniger. So ein Kondensator wird oft Dephlegmator genannt.
Bei den anderen Systemen wird der Dampf komplett kondensiert und als Reflux zurückgeleitet. Die Teilung in Reflux und Produkt geschieht entweder danach (zum Beispiel bei LM) oder schon davor (zum Beispiel bei VM).
Wird nur ein Teil kondensiert, stellt sich die Frage, ob das Kondensat eine andere Alkoholstärke hat als der übrigbleibende Dampf, so wie ja Dampf aus einer alkoholhaltigen Flüssigkeit eine andere Alkoholstärke hat wie die Flüssigkeit. Die prinzipielle Antwort darauf gibt das Siedediagramm:
3 Diagramme
Links ist der Grenzfall 0% Reflux, rechts der Grenzfall 100% Reflux und in der Mitte ein Beispiel für den Zwischenbereich.
Die x-Achse ist die Alkoholstärke, die y-Achse die Siede- beziehungsweise Dampftemperatur. Die untere Kurve bezieht sich auf Flüssigkeit, die obere auf Dampf. Der rote Punkt ist jeweils die Temperatur und Alkoholstärke des Dampfes unter dem Refluxkondensator, also vor der Kondensierung. Die jeweils beiden blauen Punkte sind die Temperatur und Alkoholstärke des Reflux und des Dampfes über dem Refluxkondensator.
Der Dampf über dem Refluxkondensator ist im Diagramm auf derselben Höhe wie der Reflux selber, beide haben also dieselbe Temperatur. Allerdings ist die Alkoholstärke des Dampfes über dem Refluxkondensator eine Siedediagrammstufe höher als die des Reflux'. Genauso wie der Dampf einer Flüssigkeit dieselbe Temperatur wie die Flüssigkeit hat, aber die Alkoholstärke eine Stufe höher.
Ein Refluxkondensator verhält sich also ähnlich wie eine physische Platte und kann der Destille ebenfalls bis zu einen theoretischen Boden Rektifikation hinzufügen. Dies allerdings wie bei einer physischen Platte nur theoretisch, da dafür 100% Reflux benötigt werden, dann also kein Destillat produziert wird. Bei knapp 100% Reflux sollte aber knapp 1 zusätzlicher theoretischer Boden möglich sein.
Ein wissenschaftlicher Text dazu findet sich im VDI-Wärmeatlas, dort im Kapitel "J2 Kondensation von Mehrstoffgemischen" von Reiner Numrich. Die für dieses Thema interessante Seite ist hier downloadbar: VDI-Wärmeatlas, S.1120
Welche % Reflux im Bereich zwischen 0 und 100% Reflux nun genau welche Stellen im Siedediagramm bedeuten, das lässt sich nur iterativ berechnen. Es müssen folgende Regeln befolgt werden:
  • Daß der Reflux plus der Dampf über dem Refluxkondensator zusammen den Dampf unter dem Refluxkondensator ergeben.
  • Daß Reflux und Dampf über dem Refluxkondensator bei 100% Effizienz genau eine Siedediagrammstufe voneinander entfernt sind.
  • Und natürlich, daß die % Reflux nach der Rechnung so sind wie am Regler eingestellt.
Dafür muss man sich zuerst entscheiden, wie % Reflux definiert sind. Denn wenn Reflux und Dampf über dem Refluxkondensator eine unterschiedliche Alkoholstärke haben, bedeutet zum Beispiel halbes Volumen nicht mehr das halbe Gewicht oder die halbe Molmenge. Es ist also nicht mehr egal, worauf sich das bezieht. Bei unseren Rechnern bezieht sich % Reflux immer auf das Gewicht. Also ausgehend von 100g/min Dampf unter dem Refluxkondensator hat man bei 70% Reflux 70g/min Reflux und 30g/min Dampf über dem Refluxkondensator.
Wenn man diese Regeln befolgt, gibt es mathematisch nur eine Lösung, welche iterativ berechnet wird.
Der Rechner geht von 100g/min Dampf unter dem Refluxkondensator aus. Je nach Alkoholstärke bedeutet das unterschiedliche Heizleistungen. Und je nach Alkoholstärke sind unterschiedliche Kühlwassermengen nötig, um die eingegebenen % Reflux zu erreichen. Denn um dieselbe Masse Alkohol zu verdampfen wie Wasser ist viel weniger Energie nötig. Und genauso muss das Kühlwasser viel weniger Energie aufnehmen, um diese Masse zu kondensieren.

In der Praxis ist das alles aber leider nicht so eindeutig wie in der Theorie. Um die Theorie zu überprüfen, haben wir mit zwei Destillen überprüft, ob bei fast 100% Reflux auch in der Praxis diesen einen zusätzlichen theor. Boden bekommen:
  • Mit einer CM mit einer sehr kompakten Refluxspule haben wir nur etwa 0.7 theor. Böden erreicht. Warum das so ist, darüber haben wir nur Vermutungen. Plausibel ist, daß der bei CM mit hohem Reflux sehr schwankende Destillatsstrom daran schuld ist. Wenn man versucht über 90% Reflux einzustellen, kommt abwechselnd gar kein Destillat und ein Schwall. Das bedeutet, man bekommt kein Destillat mit hohem Reflux. Man bekommt nur Destillat in den Momenten mit weniger Reflux. Und da es keine physische Barriere zwischen dem Dampf unter und dem über dem Refluxkondensator gibt, kann der obere stärkere Dampf sehr leicht durch unteren schwächeren verdünnt werden. Destillen laufen nicht vollkommen gleichmäßig, eine gewisse Vermischung ist nicht zu vermeiden. Aber auch das entspricht vom Ergebnissen her physischen Platten. Denn auch physische Platten sind normalerweise nicht zu 100% effizient, können also bei 100% Reflux nicht ganz einen theor. Boden erzeugen. Dies nennt man Platteneffizienz. In der Praxis werden oft Platteneffizienzen von unter 70% erreicht.
  • Bei einer anderen Destille, eigentlich einer Bokakob-LM, aber der Refluxkondensator wurde für diesen Versuch als Teilkondensator verwendet und über ihm wurde wie bei einer CM das Produkt abgezogen, haben wir dann aber bis zu 1.3 zusätzliche theor. Böden erzeugen können. Vielleicht weil das ganze Setup etwas größer war? Und zwischen der Alkoholstärke vom Reflux und vom Destillat lagen zumindest bei hohen % Reflux etwa 1.2 theor. Böden. Unterhalb 40% Reflux sank dieser Abstand allerdings und bei 0% Reflux wird er wohl bei 1 theor. Boden gelegen haben. Das kann aber auch nicht anders sein. Denn wenn bei sehr geringem Reflux der Abstand zwischen der Alkoholstärke vom Reflux und vom Produkt größer als 1 theor. Boden ist, bedeutet das, daß der Reflux heißer ist als der Dampf von unten, also daß die Kolonne nach oben hin also wieder ein Stück wärmer wird. Das kann nicht sein, der Temperaturabfall von unten nach oben ist ja die treibende Kraft bei der Rektifikation in einer Kolonne. Also falls man ein Setup hat, bei dem der Abstand der Alkoholstärke zwischen Reflux und Produkt größer ist als 1 theor. Boden, dann trifft das nicht für niedrige % Reflux zu. Wir haben diesen Fall leider nicht geklärt.
Wir können also nicht vorhersagen, wie viel zusätzliche Rektifikation ein bestimmtes Setup bei annähernd 100% Reflux bringt. Aber dieser Wert ist für eine Berechnung nötig.
Dieser Rechner ist also eher zur Erläuterung der Theorie als für die Praxis gedacht. Aber zur Simulierung dieser Effizienz gibt es trotzdem einen Regler. 50% Effizienz bedeutet, daß man nur die Hälfte der Rektifizierung bezüglich der gew% erreicht. Also angenommen, der Dampf unter dem Refluxkondensator hat 60gew% und der über ihm 70gew% bei 100% Effizienz, dann hat der Dampf über ihm bei 50% Effizienz nur 65gew%. Und 150% Effizienz bedeutet, daß man davon ausgeht, daß man zusätzlich zur Rektifizierung bei 100% Effizienz noch die Hälfte davon bekommt, was fehlt, wenn der Refluxkondensator bei 100% Reflux nicht nur einen (wie bei 100% Effizienz) sondern zwei theor. Böden bringt. Hier können allerdings bei hohen Teilkondensationseffizienzen und gleichzeitig niedrigen % Reflux diese Fälle auftreten, wo der Reflux heißer ist als der Dampf von unten, was wie oben erklärt unmöglich ist. Anstelle das irgendwie zu korrigieren, sodaß es der dünnen Datenlage entspricht, werden die beiden berechneten Temperaturen in diesen Fällen einfach rot markiert.

Die Berücksichtigung des Luftdrucks hat einen wesentlichen Einfluss auf die Temperaturen. Wird nichts eingegeben, geht der Rechner vom Normaldruck auf Seehöhe 1013.25 hPa aus.
Da fast niemand ein absolut genau anzeigendes Thermometer hat, kann zusätzlich ein "Thermometerfehler" angegeben werden. Dieser kann mit der Hilfe des Rechners Thermometerfehler bestimmt werden. Die hier berechneten Temperaturen sind dann die auf diesem Thermometer angezeigten, nicht die realen.

Informationen über unsere Siedediagrammdaten und den Einfluss des Luftdrucks
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