Unangenehme Schärfe im Brand

Praxis und Theorie der Destillation. Sowohl Fragen zu und Berichte von Destillationen als auch theoretische Erklärungen und Überlegungen
graebsch
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Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von graebsch »

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und habe eine allgemeine Frage zur Schärfe von Bränden.

Kurz meine Erfahrung:

Ich brenne seit 2010 und habe mit einer kleinen Tischbrennerei begonnen.
Nachdem mich das Fieber gepackt hat, habe ich 2012 aufgerüstet und eine 20 Liter Anlage mit Wasserbad vom Hersteller Schmidt (Tirol) gekauft.

Am Anfang habe ich mit Turbohefe und hochprozentigen Maischen herumexperimentiert bin jedoch als Abfindungsbrenner rasch auf "ehrliche" Brände gekommen.

Ich brenne jedes Jahr etwa 300 Liter Maische, meistens Williams Birnen und/oder reinsortige Äpfel.

Das Fruchtaroma ist ein meinen Bränden ganz gut aber ich habe immer eine gewisse Schärfe im Brand und bekomme dies einfach nicht weg.

Daher mal hier die Frage an die langjährigen Brenner und Experten an was es liegen könnte?

Mein Prozess sieht folgendermaßen aus.
* Ich verwende nur Obst von bester Qualität
* Dieses wird sehr sorgfältig gewaschen. Bei Williams Birnen werden alle Birnen entstielt.
* Ich habe zum Maischen eine professionelle Kernobstmühle bei welcher so wenig wie möglich Kerne kaputt gehen sollten.
* Ich arbeite nach dem Einmaischen mit Ansäuerung (Entweder Phosphor Milchsäure oder Biogen-M um den pH Wert auf etwa 3 einzustellen, in letzter Zeit mit der Hefe Aroma-Plus von Schließmann und dem Verflüssiger Ultra-Fruit ebenfalls von Schließmann)
* Gärtemperatur (Raumtemperatur) ist in der Regel zwischen 20–23 Grad.
* Ich lasse meistens ca. 2 Wochen vergären und brenne dann in die abklingende Gärung.
* Rohbrand / Feinbrand Verfahren.
* Beim Rohbrand nehme ich alles mit und brenne auf etwa 5% in der Vorlage runter.
* Beim Feinbrand trenne ich Vorlauf ab und trenne den Nachlauf bei Williams etwa bei 67% in der Vorlage ab. (Bin ich hier schon zu weit im Nachlauf? Würdet ihr bereits bei etwa 70% auf Nachlauf umstellen?) Ehrlich gesagt tue ich mir, trotz all der Jahre Erfahrung, beim Abtrennen des Nachlaufs immer extrem schwer.
* Feinbrand bei Äpfeln habe ich schon auf 60% in der Vorlage runtergebrannt, ganz früher teilweise sogar auf 55%
* Nach dem Brennen lasse ich den frischgebrannten in großen Glasballons im Dunklen mindestens 6 Monate hochprozentig liegen.
* Nach den 6-9 Monaten verschneide ich Williams auf 40% und Äpfel auf 42%. Dabei mache ich es mit der Tropfenmethode, sodass das Wasser über Stunden nur leicht hineintropft.
* Zum Verschneiden verwende ich entweder sehr weiches Quellwasser aus einer Quelle bei uns in der Nähe mit einem Härtegrad von etwa 1dH oder ich verwende meine kleine Osmoseanlage und stelle selber kalkfreies Wasser
her.
* Nach dem Verschneiden lagere ich das ganze wieder 2-3 Monate in einem großen Glasballon bevor ich das Ganze in Flaschen abfülle.
* Williams wird nach dem Verscheiden wegen der vielen ätherischen Öle ja eigentlich immer milchig. Teilweise lasse ich ihn naturtrüb oder ich filtere Ihn mit einer Mini-Jet und einem BECO-Select, Tiefenschichtenfilter, A40.

Soweit mal zu meinem Prozess. Was haltet Ihr grundsätzlich davon?

Wenn ich einen Brand verkoste (egal ob Williams oder Apfel) der 1 Jahr alt ist oder einen der 3 Jahre alt ist, der Brand hat immer eine unangenehme Schärfe. Mit dem Aroma bin ich grundsätzlich zufrieden.

Habe wie beschrieben schon mit unterschiedlichstem Wasser verschnitten, immer Kalkarm. Dies wirkt sich teilweise auf das Aroma am Gaumen und an der Nase aus aber die Schärfe bleibt immer.

Abrundungszuckerung habe ich mal ausprobiert war aber dann kein Fan davon und hat auch nicht viel gebracht, bzw. hat vielleicht etwas Schärfe genommen dafür aber das Aroma etwas verfälscht.

Was habt Ihr für Ideen an was die Schärfe noch liegen kann?
Vielleicht die Brennanlage nicht optimal konstruiert?

Vielen Dank schon im Voraus für Euer Feedback.

Schöne Grüße
graebsch
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derwo
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von derwo »

Hallo graebsch,
Du kannst hier ruhig ein Bild deiner Destille posten. Und auch einen link von dem Verkäufer.

Zu der Frage, ob es am Nachlauf liegt:
Wie viel vol% hatte denn der Kesselinhalt beim Feinbrand? Und kannst du die Mittellaufausbeute berechnen? Also wie viel des Alkohols beim Feinbrand im Kessel dann im Mittellauf landen?

Kalkarmes Wasser hilft nicht bei scharfem Geschmack, eher hartes Wasser. Aber ich glaube nicht, daß du da die Lösung suchen solltest. Das Thema Wasser würde ich erstmal abhaken.

Dann die Frage, woher deine Vorstellung kommt, daß dein Brand scharf ist. Mit was vergleichst du ihn?
Du hast ja Zucker probiert. Hast du auch Glycerin probiert? Ich empfehle das zwar nicht, aber angesichts, was du so investierst, ist das ja ein Klacks, und du solltest das mal ausprobieren.

Dann noch die Sache mit der Ansäuerung. Ich bin mir da nicht mehr sicher, ob die Empfehlung, bei pH3 zu gären wirklich das Optimum ist. Also das ganze System extrem saure Maische plus säuretolerante Hefe. Es hat sicher Vorzüge bei extrem zuckerarmen Sachen, daß die einem nicht weggammeln. Aber daß bei der Destillation ein sehr saurer Kesselinhalt dafür sorgt, daß mehr Essigsäure im Destillat landet, ist ein Fakt und vielleicht ein Grund für so eine Schärfe.

Dann könntest du mal Dreifachbrennen ausprobieren. Zumindest wenn deine Destille eine Potstill ohne zusätzliche Böden ist, ist doppelt vielleicht zu wenig. Gerade wenn du empfindlich bist bezüglich der Schärfe, ist das wahrscheinlich die Lösung.
graebsch
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von graebsch »

Hallo derwo,

danke für deine rasche Antwort.

Hier der Link zu meiner Anlage, ich habe aber keine 28 Liter sondern eine 20 Liter Anlage.
IMG_2004.jpg

https://www.tiroler-kupferschmiede.com/ ... troheizung

Die Williamsmaische hatten laut Vinometer etwa 8,5%. Ich hatte ca. 63 Liter Rohbrand mit ca. 24% Alkohol, dies ergab beim Feinbrand 8,6 Liter mit etwa 72%. Nachlauf kann ich nicht genau sagen aber sicher die gleiche Menge wie der Mittellauf oder knapp mehr. Im Kessel hatte ich je Sud Feinbrand (3 Süde hatte ich) jeweils etwa 21 Liter.
Ja es ist eine 20 Liter Anlage aber es geht etwas mehr hinein.
Bei einer Füllung von 20 Liter bin ich etwa 4 Zentimeter unter dem Deckel. Mit den 21 Litern dann halt etwa 3cm darunter.

Ach das wundert mich jetzt sehr, dass kalkarmes Wasser nicht gegen Schärfe hilft, dachte immer das sei das Wichtigste. Unser Leitungswasser hat 8dH, würdest du das mal probieren oder zu hart?

Meine Vorstellung warum ich ihn als Scharf wahrnehme sind vergleichbare Williams Brände von Top Brennern aus meiner Umgebung.

Glycerin habe ich nicht probiert, kannte das eigentlich gar nicht, ich habe das in einem anderen Thread gelesen vor ein paar Tagen wo du auch was beantwortet hast.
Wie habe ich Glycerin zu verwenden? Wäre dir für eine Anleitung, etc. dankbar.

Ok, das mit dem Ansäuern werde ich beim nächsten mal bleiben lassen wenn der pH Wert nicht jenseits von 3 ist.

Ja ein drittes Mal brennen könnte ich auch mal probieren. Bisher dachte ich immer durch das 3te mal brennen würde ich zuviel Aroma verlieren, da der Brand ja immer reiner wird je öfters gebrannt wird.

Generelle Frage noch bzgl. Filtration. Wird deiner Meinung nach beim Filtern nicht auch sehr viel Aroma herausgefiltert?

Vom ganzen Prozess her, siehst du noch Verbesserungsmöglichkeiten?

Danke schon im Voraus für deine Expertise.
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derwo
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von derwo »

63lt 24vol% = 15.12lt Alk
8.6lt 72vol% = 6.192lt Alk
Also nur 6.192/15.12 = 41% des Alkohols kamen in den Mittellauf.
Ich denke deswegen, noch früher solltest du nicht abtrennen.

Ich sage nicht, daß hartes Wasser besser ist. Nur daß weiches nicht gegen Schärfe hilft.
Ich habe mal zwei Fläschchen mit Osmosewasser verdünnt und in eines der beiden etwas Kalk zusätzlich.
Das mit dem kalk war etwas weicher. Ist auch logisch: Brände aus Vergärung haben einen etwas sauren pH durch die Essigsäure. Der Kalk neutralisiert das. Aber kalkreiches Wasser schaut im Brand halt auf jeden fall trüb aus. Das ist schon mal sehr schlecht deswegen.

Die Topbrenner in deiner Umgebung arbeiten mit so einer Anlage oder mit einer mit Böden? Wahrscheinlich schon, oder? Das bedeutet aber nicht, daß du auch Böden brauchst. Du solltest es mal mit Dreifachbrennen probieren.
Durch einen dritten Brand kannst du nur Aroma verlieren am Ende der Destillation, wo die Schärfe ist. Die Aromen am Anfang gehen mit in den Mittellauf (oder Vorlauf), egal wie oft du brennst.
Dreifachbrennen verlangt dann einen sehr langen Mittelbrand. Und beim Feinbrand wirst du natürlich nicht bei 65vol% den Mittellauf beenden, sondern wesentlich früher. Wenn du weiterhin bei 65vol% abtrennst, hast du zwar eine wunderbare Alkoholausbeute, hast aber dein gutes Aroma durch den vielen Alkohol verdünnt. Also das Dreifachbrennverfahren wird dich etwas Herumprobieren kosten, deine bisherigen Regeln gelten nicht mehr.
Oder du brennst weiterhin zweimal, aber deutlich langsamer, wodurch dein Helm für Rektifikation sorgt. Du könntest ihn auch etwas kühlen.

Filtern hat meiner Erfahrung nach immer nur Vorteile gebracht. Ich habe allerdings nie professionelle Filtergeräte verwendet. Entweder nur Kaffeefilter oder diese Faltenfilter. Trübungen beim Verdünnen gibt es übrigens auch bei Dreifachbränden.

Und die Topbrenner bei dir, verwenden die irgendwas wie Glycerin? Oder geringe Dosen Aktivkohle?
Glycerin, auch Glycerol genannt, gibt es im Brennereifachhandel. Musst du halt mal ausprobieren. Schmeckt pur sehr süss und etwas künstlich eklig. Mischt sich halt gut mit Alkohol, süsst ihn und belegt angenehm den Gaumen.
Aktivkohle ist noch eine Idee. Da gibt es welche als Granulat für Säulen, welches sich nicht auflöst. Also nicht kleine Pellets, die alles schwarz machen. Ein paar gut ausgewaschene Bröckel davon in einen liter fertiges Destillat, einen Tag vielleicht, entfernt mehr schlechtes als gutes meiner Erfahrung nach. Ich mache es aber irgendwie trotzdem nicht mehr. Sollte ich mal wieder versuchen.

Also als erstes solltest du mit der Brennweise herumprobieren, also dreifach oder langsamer. Die anderen Ideen erst danach oder nur wenn du nächste Zeit nichts zum Brennen hast.
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T-500
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von T-500 »

Ein sehr interessantes Thema. Derwo- besten Dank für Deine wertvollen Tipps. Ich hab ein Video (Englisch) gefunden, was sich genau diesem Thema widmet. Ich persönlich finde den gesamten Kanal sehr interessant.
Mit besten Grüßen
T-500 :)
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azeotrop
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von azeotrop »

Tolles Video. Danke für den Link. Kannte ich noch nicht.
Geht in die Richtung die mir gefällt.

Am Besten gefällt mir: Je mehr man säuft, desto weniger brennt es.

Aber wenn man den Witz weglässt kommt heraus:
Nichts ist so einfach wie man denkt.
Es grüßt Azeotrop
"Doubt not, therefore, sir, but that distilling is an art, and an art worth your learning."
(Nixon & McCaw)
graebsch
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von graebsch »

Entschuldigt bitte meine späte Antwort und danke noch für Eure Expertise und das sehr interessante Video.

@derwo
Die Top Brenner in meiner Gegend arbeiten teilweise mit und teilweise ohne Böden, je nach Anlage die sie haben.
Siehst du eigentlich einen Qualitätsvorteil bei einer Anlage mit Böden oder nur einen Zeitvorteil?

Ich werde mal versuchen den Scharfen ein drittes mal zu brennen. Theoretisch müsste ich doch die selbe Menge an Feinbrand herausbringen wie ich ursprünglich habe. Also wenn ich die 8,6 Liter mit 72% in die Brennblase schütte, müßte ich nach Abtrennung von Vorlauf (gibt es da noch welchen) und Nachlauf wieder 6,192 Liter Alkohol erhalten, richtig?

Die Idee mit langsamer brennen könnte ich auch noch probieren, müßte dafür den Helm etwas kühlen.

Bzgl. Glycerin und Aktivkohle weiß ich nicht ob das die Top Brenner bei mir verwenden. Das würde jedenfalls ganz sicher keiner zugeben, da alle sagen sie arbeiten nur "ehrlich".
Habe mit einem einmal bezüglich Abrundungszuckerung geredet, da hat er nur die Nase gerümpft ...

Denkst du, dass die Gärtemperatur, also die Raumtemperatur mit 20-23 Grad zu hoch ist? Also jetzt nicht wegen der Schärfe, sondern wegen dem Aroma?
Klar wäre 18 Grad besser, kann ich aber schwierig machen in dem Raum wo die Maische lagert, wobei ich schon überlege eine kleine Klimaanlage anzuschaffen.

Ich wurde in einem anderen Forum bei dem ich die selbe Frage gestellt habe auf etwas interessantes darauf hingewiesen.
Und zwar dass Acetaldehyd für die Schärfe verantwortlich ist. Acetaldehyd entsteht ja während des Gärprozesses in der Umwandlung von Zucker zu Ethanol.
"Demzufolge ist Acetaldehyd ein Zwischenprodukt der Gärung, d.h. aus Zucker macht die Hefe zuerst einmal Acetaldehyd und daraus dann erst den Ethanol. Daher: je vollständiger die Maische ausgegoren, desto weniger Schärfe im Schnaps."

Da ich bisher immer in die abklingende Gärung gebrannt habe könnte auch das das Problem sein. Ich brenne bereits meistens 2 Wochen nach dem Maischen.
Was hältst du davon, dies klingt für mich jedenfalls sehr plausibel?

Schöne Grüße
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derwo
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von derwo »

Ich denke nicht, daß die Brenner mit Böden einen generellen Vorteil haben. Es kommt auch dort auf die Bedienung an. Brennen die Brenner, die Böden auf der Destille haben, nur einmal? Dann würde ich sogar sagen, sie opfern Qualität für Geschwindigkeit und eventuell Ausbeute, haben also einen Nachteil.
Mit einem Potstill-Doppelbrandverfahren hast du aber zumindest bei sehr niedrigen Maischestärken ein Problem: Entweder miserable Ausbeute oder zu viel Nachlauf. Zumindest nach heutigen Qualitätskriterien. Deswegen mein Vorschlag Dreifachbrand. Aber wie gesagt musst du den ganzen Ablauf ändern. Es hat wenig Sinn, einen Doppelbrand nachträglich zum Dreifachbrand umzuarbeiten. Deswegen schlage ich vor, daß du deine bisherigen Erzeugnisse so lässt wie sie sind und aber bei kommenden Projekten etwas neues versuchst.

Ich habe zwar keine Anlage mit echten Böden, aber verschiedene Refluxkolonnen, was im Prinzip dasselbe ist. Ich verwende sie schon lange nicht mehr für Aromabrände, nur noch Potstills im Mehrfachbrennverfahren. (Bzw beim Feinbrand nehme ich gerne eine kurze Kolonne für die Vorlaufabtrennung, schalte den Dephlegmator danach aber aus. Also der ganze Mittellauf läuft ohne Rektifizierung, also als Potstill) Das hat sich in der Praxis als besser erwiesen, gerade was die Schärfe angeht. Und theoretisch kann man es auch begründen: Der Grund ist, das Kesselentleeren zwischen den Bränden, was bei Refluxdestillationen entfällt. Dabei wird man sehr viel Essigsäure und andere Säuren komplett los.

Du kannst nicht einfach langsamer brennen, indem du mit weniger Energie brennst? Weil du nur ein paar Energiestufen hast?

Wenn die Brenner bei sowas wie Zucker die Nase rümpfen, dann ist das meiner Meinung nach ein gutes Zeichen. Wahrscheinlich nehmen sie dann aich kein Glycerin. Aktivkohle wohl auch nicht, aber das ist meiner Meinung nach was anderes. Da nimmt man ja eher was heraus aus dem Brand als daß man was dazufügt. Es ist eher sowas wie filtern.

Das in dem anderen Forum habe ich gelesen. Es ist halt auch die Frage, was genau du mit Schärfe meinst. Für mich bedeutet Schärfe was am Gaumen. Das, was Hubert dort beschreibt, wäre für mich ein Stechen in der Nase. Acetaldehyd und Ethylacetat, das ist halt Vorlauf. Ich glaube nicht, daß dein Problem darin besteht, daß du zu wenig Vorlauf abtrennst. Ich glaube auch nicht, daß zu viel Vorlauf entsteht, denn du arbeitest sauber, nimmst professionelle Hefe, säuerst die Maische und brennst direkt am Ende der Gärung.
Huberts Empfehlungen vermischen sich dann mit der Praxis von aufgezuckerten Turbomaischen. Was er schreibt, ist in diesem Kontext zu verstehen. Die Maische lange zu lagern hat keinen Sinn bei deinen ungezuckerten Maischen. Das schreibt auch Hubert. Dann bildet sich Essigsäure durch Bakterien, und die ist meiner Meinung für die Schärfe verantwortlich. Wenn du genug aufzuckerst und mit Turbohefe vergärst, dann kannst du das mit dem Lagern gerne machen. Aber da rümpfen die Brenner bei dir dann auch mit der Nase, meiner Meinung nach ebenfalls zu recht.

Die Raumtemperatur runterzubekommen, wäre schön. Die Hefe muss dann aber natürlich zu dieser Temperatur passen. Aber ich glaube, das Problem liegt bei der Nachlaufabtrennung. Also könntest du entweder langsamer brennen versuchen oder dreifach.
graebsch
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von graebsch »

Ja das mit dem Dreifachbrand werde ich dann wohl in Zukunft mal probieren.
Hast du mir da eine grundlegende Anmleitung wie ich das mache?
Also beim Rohbrand wahrscheinlich alles mitnehmen bis 4-5% in der Vorlage, also wie gehabt, aber dann wie weiter?
Beim Feinbrand 1 vor und Nachlauf abtrennen oder erst beim Feinbrand 2 oder bei beiden?
Bis wieviel Prozent (Richtwert) in der Vorlage oder bis zu welcher Dampftemperatur?
Puh ... da tun sich gleich ziemlich viele Fragen auf ... :)

Ja ich habe eine elektrische Heizung mit 3 Heizstufen. Rohbrand lasse ich auf Stufe 3 (teilweise nur 2) voll durchlaufen und den Feinbrand auf Stufe 1, also auf der niedrigsten. Es rinnt dann mit einem dünnen Strahl wie ein Faden aus der Vorlage.

Säuerst du alle deine Maischen an? Mit was arbeitest du da?
Was hältst du davon zum in "die abklingende Gärung" also nach rund 2 Wochen Gärzeit bei Äpfel und Birnen zu brennen?
Machst du das auch oder brennst du erst etwas später, also noch 4-6 Wochen?
Was hältst du von aufgezuckerten Maischen? Hast du das schonmal probiert? Meine Erfahrungen von früher (da habe ich noch nicht so perfekt gearbeitet) war nicht so wahnsinnig, hatte eher weniger Aroma als mehr.
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derwo
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Re: Unangenehme Schärfe im Brand

Beitrag von derwo »

Den Raubrand solltest du eventuell bei unter 4-5% beenden. Du musst verkosten. Testen, ob im Hintergrund noch was Gutes ist. Wenn nicht, brich ab, wenn ja, sammel ruhig noch so lange weiter, bis das Gute weg ist. Wahrscheinlich wirst du etws mehr sammeln als beim Doppelbrand.

Beim Mittelbrand dann im Prinzip das gleiche. So lange noch was Gutes dabei ist, brenne weiter. Pro 10lt wirst du mehr als 5lt sammeln. Eventuell sogar 7lt.

Wie viel vol% du dann beim Feinbrand im Kessel hast, hängt von der Alkoholstärke der Maische und eben den vorigen Entscheidungen ab. Unter 40vol% ist das so gut wie nie. Höchstens bei sowas wie unaufgezuckerten Quitten. Über 65vol% ist es aber auch nicht, außer du zuckerst auf. Aber dann hat das Dreifachbrennen wahrscheinlich eh keinen großen Mehrwert.
Eben, weil die Spanne so groß ist, ist eine Empfehlung einer Temperatur/Alkoholstärke beim Beenden des Mittellaufs nicht möglich. Viel besser ist eine Empfehlung, wie viel vom Alkohol in den Mittellauf kommt.
Also messe vor der Destillation Menge und Alkoholstärke des Kesselinhalts. Während du brennst, benutze mal diesen Simulator: https://hobbybrennen.ch/Rechner/Destill ... ator2.html
Gib bei theoretische Böden 1.3 ein, das könnte passen. Dann lasse ihn mal durchrechnen und merke dir, bei wie viel litern Destillat du "50% des Alkohols" hast. Ab da sammle in kleine Gläser und entscheide die nächsten Tage, was davon in den Mittellauf kommst. Ab "70% des Alkohols" kannst du meiner Meinung nach ungetestet in den Nachlaufbehälter sammeln.
Den Vorlauf würde ich in ganz kleine Gläser sammeln. Und du solltest den Helm beim Vorlauf etwas kühlen. Sprühflasche oder nasses Tuch zum Beispiel.

Ansäuern mache ich bei Obst meistens schon. Da ich mit pH rumexperimentiert habe, habe ich so einiges an Pülverchen zu Hause rumliegen, welche ich nie in meinem Leben aufbrauchen werde. Auch Kalk kommt meistens ein bisschen was rein. Aber ich glaube nicht, daß das wichtig ist. Zumindest wenn die Hefe für saure Vergärung geeignet ist. Ich nehme dann gerne eine Kaltgärhefe, wenn ich Obst im Winter vergäre.

4-6 Wochen Gärzeit würde ich kenesfalls bei unaufgezuckerten Maischen machen. Sonst je nach Alkoholstärke. Quittenmaische fängt sofort zu gammeln an, wenn man sie nicht gleich brennt. Wenn eine Maische mal gammelt, würde ich sie trotzdem brennen. Meistens wird es nicht so schlecht.

Wie viele hier habe auch ich mit Turbomaische angefangen. Inspiriert duch das Forum und Buch von Schmickl.
Es funktioniert recht gut, wenn man Obst mit sehr viel Aroma hat. Sonst nicht. In jedem Fall rate ich aber davon ab, den Eigenzucker der Früchte nicht mit einzuberechnen (und bei dckflüssigen Sachen auch die Feststoffe), also stur 8kg Zucker pro 25lt Maische zuzugeben, so wie Schmickl das beschreibt. Typisches Szenario: Anfangs nach Zugabe des ersten Drittels des Zuckers läuft alles gut. Dann gibt man das zweite Drittel dazu und plötzlich geht alles viel langsamer. Dann verliert der Neuling bald die Nerven und schüttet das letzte Drittel des Zuckers dazu, obwohl die Maische noch picksüß ist (er hätte sie mal kosten sollen). Die Maische hört auf zu gären und es werden nur so sagen wir mal 14vol% erreicht. Mit weniger Zucker und mehr Zeit wären vielleicht 19vol% erreicht worden. Und dann versucht er die nur 14%ige Maische wie im Buch mit nur einem Brenndurchgang zu brennen und trennt stur bei 91°C ab, welche bei so schwachem Kesselinhalt sehr schnell erreicht sind. Der meiste Alkohol bleibt im Kessel oder im Nachlauf. Schlussendlich hat man kaum mehr Schnaps als ohne Zuckerzugabe im Mehrfachbrennverfahren bekommen.