Erster Single Malt Whisky [2022]

Getreide auswählen, maischen, vergären und brennen
DerOberfranke
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Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Gestern habe ich endlich Zeit für mein erstes Whiskyprojekt gefunden. Da ich ursprünglich aus der Bierbrauerrichtung komme, habe ich für das Ansetzen der Maische meine hierfür geschaffenen Vorrichtungen genutzt, dazu später mehr. Ziel ist es einen möglichst unkomplizierten Single Malt ohne Torf/Raucharomen herzustellen.

Für die Schüttung habe ich 18,5 kg Pilsner Malz der Firma Ireks verwendet, aus der später 70l Maische werden sollen. Der 25 kg Sack ist für knapp 30€ ab Werk erhältlich. Geschrotet habe ich das Malz mit der guten alten Drehstromriemenmühle.
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Gemaischt wurde die 18,5 kg Schüttung in einem Waschkessel der mit 60l Warmwasser direkt aus der Leitung befüllt würde. Die Temperatur beim Einmaischen betrug 62°C und kühlte sich nach der Schüttung auf 57,5°C ab. Das ganze habe ich dann erstmal ohne Befeuerung des Waschkessels eine Stunde bei gelegentlichem Rühren ziehen lassen. Die Temperatur betrug nach 60 min 53°C. Danach wurde der Waschkessel befeuert und gemächlich innerhalb von 30 min auf 62°C geheizt und noch eine kurze 10 minütige Rast eingelegt. Beim erneutem Überschreiten der 60°C Marke war der schnellste Anstieg der Stammwürze messbar und das händische Rühren ging zunehmend leichtgängiger. Binnen weiteren 30 min erreichte die Maische die Läuterzieltemperatur von 77°C. Während der gesamten Heizphase wurde durchgehend händisch gerührt.

Abgeläutert wurde in einem Edelstahlkessel mit eingelegten Läuterblech. Die Maische wurde händisch mit Eimern vom Waschkessel aus in den Läuterkessel geschöpft und dabei vorsichtig ein Treberkuchen aufgebaut (Dauer ca. 15 min).
photo_2022-11-13_21-15-03 (2).jpg
Der Rand des Läuterblechs ist mit einer lediglich gelegten Silikonschnur abgedichtet.

Die ersten 10 Liter aus dem Läuterhahn sind immer etwas trüb, da zum einen die ungefilterte Flüssigkeit zwischen Läuterblech und Topfboden abgesogen werden muss und zum anderen der Treberkuchen erst die richtige Dichte durch den Sog des Auslasshahns erreichen muss. Der erste Eimer flog deshalb wieder zurück in den Läuterbottich. Der Zuckergehalt der Vorderwürze betrug 19% SW. Die maximale verträgliche Läutergeschwindigkeit meines Aufbaus liegt in der Kombination mit der Malzmenge bei ca. 600ml/Minute. Insgesamt dauerte das Abläutern 2 Stunden während gleichmäßig verteilt ca. 45 Liter Nachguss mit ca. 85°C heißem Wasser dazu gegeben wurde. Nach 74l habe ich das läutern beendet. Die SW betrug nur noch 5%. Mehr wollte ich nicht holen um mir die Maische nicht zu sehr zu verdünnen.
photo_2022-11-13_21-15-02 (2).png
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(sieht eigentlich schon mehr nach Whisky aus als das was später aus der Destille kommt ;) )

Als Resultat habe ich 74l mit 15% SW geholt. Ursprünglich wollte ich nur 70l holen und dafür mit etwas mehr Zuckerhalt...habe mich aber wohl bei der Abläutermenge etwas verschätzt. Vielleicht hätten auch 5l weniger Aufguss gereicht. Ich erwarte, dass die Maische etwa. 6,5 %vol erreichen wird.

Heute morgen wurde Hefe zugegeben (Kitzinger Reinzucht Trockenhefe) und das ganze vergärt nun bei 20°C. Ich habe vorhin mal ins Gärfass gespitzt und es hat sich tatsächlich schon eine schöne Schaumkrone gebildet. Am kommenden Wochenende werde ich voraussichtlich mit den Raubränden beginnen.

Der geplante Brennvorgang: Geplant ist ein Dreifachbrand. 74l Maische auf 4 Raubrände@18,5l aufteilen und 4x6,1l bzw. 24,4l holen. Der Zweifachbrand sollte dann gerade so in meine Destille gehen. Hierbei ca. 50% holen (ca. 12l) und zum Abschluss noch der Dreifachbrand. Große Sorgen mach ich mir ums Überschäumen. Vielleicht könntet ihr mir ein paar Tipps geben wie ich dem Vorbeugen kann.

Mir ist bewusst dass meine Vorgehensweise von der üblichen Methode mit Heißwasseraufgüssen ohne Zuheizung abweicht und die Filterung deutlich feiner ist, aber ich hoffe, dass ich es trotzdem noch als Whisky bezeichnen darf ;)
geHeimBrenner
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von geHeimBrenner »

Frei nach der Wo: schönes Bier hast du gebraut, ist aber noch etwas entfernt von einer echten Whisky-Maische.

Im Endeffekt hast du durch deine Bier-Maischeplan Ausbeute verschenkt. Beim Bier kommt es ja auch darauf an, einen gewissen Restzucker-Gehalt durch unvergärbare Zucker zu erreichen. Beim Whisky ist das nicht erwünscht.
Aus diesem Grund gibt es auch die von dir genannten "Heißwasser-Aufgüsse ohne Zuheizung". Die zielen nämlich darauf ab, nach dem ersten Aufguss und einer Rast-Dauer von mehreren Stunden erst mal die Würze zu "sichern" und damit auch noch aktive Amylasen mit drin zu haben.
Bei deiner Vorgehensweise mit nur einem Aufguss und Aufheizen bis auf "Läuter-Temperatur" killst du die Amylasen, während der Gärung können sie damit nicht mehr weiterarbeiten und den noch verbliebenen (aktuell unvergärbaren) Zucker aufspalten.
Am Ende kostet dich das 2-3 Vol% die theoretisch noch mit in der Würze sind, beim Brennen aber jetzt als Zucker-Rückstand im Kessel bleiben.

Alkohol wird trotzdem entstehen und brennen kann man das Ganze natürlich auch :)
Viel Erfolg mit dem ersten Versuch!
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Malt Whisky-Maische geht bei meiner Destille noch, wenn sie zu 70% befüllt ist. Ich empfehle aber nur maximal 65%.
Bei 11lt in einer 17lt-Destille (28x28cm) stelle ich nach dem Aufheizen vor dem Beginn der Destillation 800W ein (Bei meinem Thermometer so 7cm über dem Deckel ist es dann so 70°C. Bei höheren Steigrohren muss man natürlich bei niedrigerer Temperatur runterschalten). Wenn der Kesselinhalt zu kochen beginnt, wird sein Geräusch leiser. Spätestens dann muss man ganz schnell runter- oder besser erstmal ausschalten. Achte mal drauf, wie sich das Geräusch vor der Destillation entwickelt. Diese 800W halte ich dann bis etwa 500ml Destillat gekommen sind. Dann schalte ich hoch auf 1.2kW. So ab 2lt Destillat dann auf 1.6kW.

Bevor es überschäumt, hört man aus dem Liebig meist ein unregelmäßiges Gluggern zusätzlich zum normalen Rauschen. Du solltest allgemein immer mal wieder am Liebig horchen um solche Zeichen erkennen zu können.

Beim Mittelbrand habe ich auch schon mal 15.15lt in den 17lt-Topf gegeben. Da habe ich mir dann aber sehr viel Zeit gelassen die ersten zwei Liter. 450Watt recht lange erstmal, wobei dieser Wert wenig aussagt, da die Wärmeabstrahlung einen große Teil davon abzieht.
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Update.

Allgemeines. Ich muss zugeben dass ich mich nun noch mal intensiver mit Alpha- und Beta-Amylasen und den Ausbeute-Nachteilen der Bierbraumethode zur Whiskyherstellung befasst habe. Ich hatte tatsächlich einen Denkfehler, dass man bei ausreichend langen Rasten im 60°C Bereich die maximale Ausbeute erzielen kann...So wird es einem zumindest in vielen Bierbrauanleitungen erklärt und deshalb war ich aufgrund meiner Bierbrauererfahrung etwas gegen andere Informationen, wie sie derwo schön im Infothread über Amylasen erklärt hat, erblindet...Der Sinn der Maischetrennung zum Erhalt der Beta-Amylase ist mir nun soweit klar...

Zum Whisky:

er macht mir bei der Vergärung leider Probleme und hat diese seit Donnerstag weitgehend eingestellt bzw. es ist kein Fortschritt mehr messbar. So etwas ist mir vorher noch nie passiert.
Angesetzt hatte ich ja 15g Arauner Weintrockenhefe mit 10g arauner Hefenährsalz in 25°C warmer Maische (500ml) und habe das ganze 20 min ziehen lassen. Danach ging es in die 22°C warme Biermaische und die Vergärung startete bereits nach wenigen Stunden. Insgesamt ging die Vergärung etwas gediegener als bei einem Weizenbier und obergäriger Weizenhefe, dennoch war eine sehr schöne Schaumkrone sichtbar.
photo_2022-11-20_17-28-05.jpg
Die Hefe ist ca. 2 Jahre bei mir im Kühlschrank gewesen, wäre sie kaputt dann hätte die Vergärung ja nicht so gut gestartet?
Die Vergärungstemperatur ist während der Vergärung im Keller etwas abgekühlt, ging aber nie unter 19°C. Ich denke das sollte auch kein Problem sein?
Eine andere Ursache könnte sein, dass ich die Beta-Amylase zu früh gekillt habe und nicht einmal alles vergoren werden konnte was die Beta-Amylase ohne Vorarbeit der Alpha-Amylase hätte vergären können...

Zum Gärungsfortschritt. Aus 15 Brix bzw. ca. 15°P sind es nun 12 Brix und 10,5°P (beide werte mit Alkoholfehler) geworden. Die Vergärung hat also bei ca. 50% gestoppt. Aktuell dürfte die Maische nicht mehr als 3-3,5% haben. Geschmacklich ist sie deshalb süß-sauer-malzig. Umgekippt ist sie definitiv nicht, vielleicht wäre da noch etwas zu retten... die Frage ist wie gehe ich vor, bzw. wie würdet ihr vorgehen?

Meine Ideen:
1. Eine dezente Aufzuckerung auf ca. 6-7% damit die Maische zumindest möglichst schnell etwas haltbarer wird-->Wenn die Vergärung nicht mehr anpackt, hätte ich den Beweis dass mit der Hefe etwas faul war. Wenn die Hefe anpackt, weiß ich aber auch dass ich einen Prozessfehler bei der Verzuckerung gemacht habe.

2. Ich setze 2 Backhefeklöpse zu ohne Zuckerung. Wenn die Vergärung wieder anpackt lag es dann an der Weinhefe...wenn nicht Prozessfehler

3. Ich setze 2 Backhefeklöpse zu mit Zuckerung. Wenn die Vergärung startet, weiß ich nicht ob es an der Weinhefe oder am Brauprozess lag...

4. Ich brenne einfach die Maische so wie sie ist unter starken Ausbeuteverlusten. Malzig sollte es ja auf jeden Fall werden. Interessante Aromen die während der Gärung entstehen kann man aber nicht erwarten...

Vielleicht habt ihr eine Empfehlung
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Nr 1 ist pragmatisch und man findet am meisten heraus.
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

gesagt getan. Ich habe nun 6kg Zucker auf 74l Maische zugegeben. Mal schauen ob die Party morgen wieder beginnt.
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Update. Bereits 10 Stunden nach der Zuckerung blubbert es wieder wie blöde. Also ist es wohl offensichtlich, dass es ein Prozessfehler war, was mich doch sehr stark verwundert. Ich hätte erwartet dass bei meiner Temperatur und Rastzeit deutlich mehr Zucker umgewandelt wird
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Sind es niedrigere Temperaturen gewesen als bei deinem normalen Bierbrauen? Dann hättest du das durch mehr Zeit ausgleichen müssen.
Ich raste bei den drei Aufgüssen von meinem Rezept insgesamt 6h.
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

also üblicherweise maische ich bei nen Pils bei ca. 45 °C ein und heize sehr gediegen in Richtung der 60-62°C Marke (1,5 Stunden lasse ich mir dabei Zeit). Letztendlich verschaffe ich der Beta-Amylase mehr Zeit in einen Bereich wo sie zwar nicht so schnell arbeitet aber dafür nicht kaputt geht. Danach geht es innerhalb einer weiteren Stunde auf ca. 70°C und dann zügig auf die Läuterzieltempreatur von 78°C. Damit habe ich insgesamt konstant gute Erfahrungen gemacht und es wurde der erwünschte Zucker umgewandelt. Teilweise gibt e ja Bierbrauzepte wo man bei 55°C einmaischt, 15 min hält dann auf 64°C heizt und dann noch mal 40min rastet. Ich kann mir bei besten Willen nicht vorstellen wie man damit eine sinnvolle Ausbeute erhält...gerade bei einem Pils.
Besteht die Möglichkeit dass Weinhefe allgemein etwas Schwierigkeiten mit Malzzucker hat?

Wenn ich mir deine Rastzeiten so anschaue liegt es wohl eher daran dass ich mir zu wenig Zeit gelassen habe...
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

DerOberfranke hat geschrieben: 21. Nov 2022, 11:18 Wenn ich mir deine Rastzeiten so anschaue liegt es wohl eher daran dass ich mir zu wenig Zeit gelassen habe...
Naja, du hattest ein ganz anderes Rezept. Das ist alles etwas undurchsichtig für mich. Ich habe meine Zeiten nur in den Ring geworfen, damit du siehst, daß es nicht unbedingt nur um 30min mehr geht.
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von geHeimBrenner »

DerOberfranke hat geschrieben: 21. Nov 2022, 11:18 Besteht die Möglichkeit dass Weinhefe allgemein etwas Schwierigkeiten mit Malzzucker hat?
Das wäre durchaus eine Mögliuchkeit. Ich glaube irgendwo mal gelesen zu haben, dass manche Hefen nur Einfachzucker verarbeiten können. Maltose ist hingegen ein Zweifachzucker.
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

geHeimBrenner hat geschrieben: 22. Nov 2022, 05:30 Das wäre durchaus eine Mögliuchkeit. Ich glaube irgendwo mal gelesen zu haben, dass manche Hefen nur Einfachzucker verarbeiten können. Maltose ist hingegen ein Zweifachzucker.
Hm, was mich halt etwas stutzig macht ist, dass die Zeiten die ich gefahren habe nicht unbedingt von gängigen Bierbraurezepten abweichen und da wird ja entsprechend des Prozesses auch ausreichend Zucker umgewandelt.

Es wäre auch interessant zu Wissen ob man unvollständig umgewandelten Zucker überhaupt mit dem Refraktometer oder der Bierspindel trotzdem mit misst. Denn messtechnisch habe ich genau die Würze gemessen, die ich erwartet habe. Nach Abschluss der Maltoserast bei ca. 65°C, hatte ich bereits die maximale SW gemessen und bis dorthin sollte ja leicht vergärbarer Malzzucker entstanden sein. Bei all meinen bisherigern Bierbrauvorgängen hat es sich ähnlich verhalten...ein starker Zuckeranstieg während den ersten halben Stunde der Maltosrast, der dann stehenbleibt und dann noch mal 30min zur Sicherheit halten. Auf eine Jodprobe hatte ich deshalb immer verzichtet.
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Der zugegebene Zucker, der anstandslos vergärt wird, ist aber auch ein Zweifachzucker. Normalerweise ist Maltose einfacher zu vergären als Haushaltszucker (Saccharose), und auch die Weinhefe ist eine Hefe der Gattung Bierhefen (Saccharomyces cerevisiae).

Stärke und unvergärbare größere Zucker haben einen ähnlichen Effekt auf Messungen wie vergärbarer Zucker. Eine Messung der Stammwürze hat insofern nur einen Sinn, daß, wenn am Ende alles geklappt hat, also das fertige Bier nicht zu wenig oder zu viel Restzucker hat, man den Alkoholgehalt abschätzen kann.
Auch ein Jodtest hat nicht immer einen Sinn. Bei meiner Maischmethode hat man normalerweise immer einen schlechten Jodtest, da nicht gut gefiltert wird und da ich mit sehr niedrigen Temperaturen maische und daher ein Teil der Stärke erst nach dem maischen umgewandelt wird.
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Update

Die Hefe hat den zugegebenen Zucker nach einer weiteren Woche Vergärzeit vollständig umgesetzt. Am letzten Wochenende habe ich alle Raubrände vollendet. Die Hefe wurde zum Großteil abgetrennt. In meinem Fall ganz einfach über den Auslasshahn des Gärbehälters, der ca. 3 cm oberhalb des Bodens platziert ist und somit der Bodensatz liegen bleibt.

Raubrände:

Die Raubrände wurden auf 4 Kesselfüllungen verteilt. Der letzte Kessel wurde ungeplant ziemlich voll, da ich mich um ca. 3 Liter bei der Menge verschätzt hatte. Beim ersten Raubrand habe ich die Heizleistung leider etwas zu spät und zu wenig reduziert, weshalb mir ca. 50ml Maische übergeschäumt sind. Hierbei war ich erstaunt wie dynamisch die Destille auf Gas reagiert. Kurz nach Abdrehen des Brenners war das Überschäumen beendet, verworfen habe ich die übergekochte Fraktion aber nicht und kurze Zeit später war das Destillat wieder schön klar. Raubrand 2 und 3 verliefen komplett ohne Überschäumen und beim 4. war ich dann etwas zu selbstbewusst mit dem Heizen und die Destille hatte mal einen kurzen Rülpser, ähnlich wie beim 1. Raubrand, gemacht. Insgesamt war das Überschäumen aber beherrschbarer als erwartet und bezüglich die Heizleistung hätte noch weiter reduziert werden können. Beim letzten Braubrand war die 25l Blase mit 22,5l eigentlich zu voll für eine Whiskymaische, hatte aber leider keine Zeit für eine Aufteilung auf 2 weitere Raubrände... Ich denke, dass der relativ hohe Brennhut der arabischen Destille für etwas Entspannung sorgt. Zwischen Anfangsmaischefüllstand und Geistrohr lagen immerhin noch 40cm.

Raubrand 1:
Aus 18,0 l Maische wurden 5,06l@24,5%, 10ml VL
Raubrand 2:
Aus 18,5 l Maische wurden 5,02l@25,0%, 10ml Vl
Raubrand 3:
Aus 18,5 l Maische wurden 5,05l@26,0% 10ml VL
Raubrand 4:
Aus 22,5 l Maische wurden 5,80l@26,0%, 15ml VL

Diesmal habe ich allgemein nicht so weit runtergebrannt. Meistens nur bis ca. bis 1-2 % Destillatstärke

Nach Rückrechnung aller Raubrandverläufe komme ich auf 6,9%vol Alkoholgehalt der Maische. Der Zucker hat mir ca. 4%vol gebracht und demzufolge hat mir mein Prozess nur ca. 3%vol Alkohol eingebracht was natürlich total mies ist. Nach Vergleich mit meinen Bierbrauprotokollen hab ich festgestellt, dass ich mich im Mittel ca. 2h länger unterhalb von 55°C bewege (geschuldet der klassischen Eiweißrast, in der die Beta-Amylase aber auch schon gemütlich und schonend arbeitet). Bei meiner o. g. Whiskymethode sind die Amylasen wohl zu schnell gekillt worden. Was mich dennoch stutzig macht ist, dass andere Braurezepte deutlich höhere und kürzere Temperaturen fahren und Erfolg haben. Vielleicht liegt es einfach an den Eigenschaften meines Braumalzes.

Mittelbrand:
Der Mittelbrand verlief gestern unspektakulär und reibungslos.
Aus 20,9l@25% wurden 10,7l@45% geholt, 10 ml VL abgetrennt.

Der Dreifachbrand folgt...
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Ja, ist schon krass deine schlechte Ausbeute. Hätte ich auch nicht erwartet.

Gut, daß du das Überschäumen so pragmatisch siehst. Gerade beim Dreifachbrennen kann man sich sowas bei den Raubränden erlauben. Aber den Kühler solltest du dir vor dem Feinbrand vielleicht reinigen.

Ich finde es falsch, schon im Vorfeld den Vorlauf abzutrennen. Lieber dann beim Feinbrand etwas mehr.
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azeotrop
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 5. Dez 2022, 20:57 Ich finde es falsch, schon im Vorfeld den Vorlauf abzutrennen. Lieber dann beim Feinbrand etwas mehr.
Ich auch.
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DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Okay dann werde ich das nächste mal auf eine vorzeitige Abtrennung verzichten. Nur zum Verständnis, welche Risiken seht ihr den Vorlauf bereits beim Raubrand abzutrennen, dass man schon zu viel gutes Aroma zu früh verwirft? Mein Gedanke war halt zumindest das Übelste zu entfernen damit ich beim Feinbrand möglichst wenig fieses Zeug durch den Kühler jage. Zur groben Vorstellung entstanden die 10ml bis ca. 70-75°C. Lässt sich Vorlauf nicht schwerer abtrennen, um so mehr %vol im Kessel ist aufgrund des niedrigeren Siedepunkts?
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

Bei niedriger Alkoholstärke landen leider auch viele wertvolle Stoffe im Vorlauf. Bei hoher Alkoholstärke dagegen gehen diese erst während des Mittellaufs ins Destillat.
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

der Dreifachbrand ist abgeschlossen

aus 10,7l@45,3% Mittelbrand wurden 4,38l@79,5% geholt. Vorlauf habe ich 20 ml abgetrennt, in Summe waren es dann aber ca. 95ml bei 76l Maische, wenn ich die Summe aller VL-Abtrennungen bei den Rau- und Mittelbränden mit einbeziehe. Bei den nächsten Bränden werde ich eure Empfehlung, nur beim Feinbrand VL abzutrennen, beherzigen.
Bei 78%vol Destillatstärke habe ich die Heizleistung reduziert, um den Nachlauf so weit wie möglich zu verzögern. Unterhalb von 76% konnte ich dann erste Nachlaufaromen erschnüffeln/schmecken und habe angefangen getrennte Fraktionen bis 69%vol zu sammeln. Letztendlich fiel der Cut bei 73%. Hierzu hatte ich 4 Entscheider-Shots auf 40% verdünnt und diese mit einer weiteren Helfernase verkostet. Beide Nasen konnten im Blindtest die Reihenfolge der Fraktionen eindeutig Identifizieren. Der Nachlauf wurde noch bis ca. 15% gesammelt. Die Gesamtausbeute liegt bei 66%.

Geschmacklich kann ich aktuell nicht viel sagen, da ich keine Referenz habe wie ein klarer Jungwhisky schmecken muss. Brenntechnisch scheint es ein sauberer Brand geworden zu sein. Inwiefern sich mein schlechter Maischeprozess und die damit verbundene Nachzuckerung negativ auf den Geschmack auswirkt, kann ich absolut nicht einschätzen. Ein unkomplizierter, milder Getreidegeschmack ist definitiv wahrnehmbar. Jetzt wird er Whisky erst mal einige Monate ruhen bis meine Eichensticks einsatzbereit sind.
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von AshleyGeorge »

Ich finde, du hast einen tollen selbstgemachten Whisky gemacht. Er wird vielleicht nicht so perfekt sein wie die gekauften Produkte, aber er sollte köstlich sein.
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Nach etwas mehr als 6 Monaten habe ich dem Whisky Eichensticks mit verschiedener Toastungsstärke zugegeben. Die Herstellung und Vorbereitung der Sticks kann hier nachgelesen werden viewtopic.php?p=17837#p17837. Das ganze dient nur zur Doku und nicht als Anleitung, da ich selbst noch nicht weiß ob etwas gutes dabei rauskommt oder nicht.

Es wurden 6 Flaschen mit 900ml Whisky@63%vol
FL1: 15min@240°C
FL2: 15min@240°C
FL3: 15min@240°C
FL4: 15min@240°C, flambiert
FL5: 20min@240°C
FL6: 20min@240°C, flambiert
photo_2023-06-22_22-19-27.jpg
Jetzt heißt es abwarten und TeeSchnaps trinken.
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azeotrop
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von azeotrop »

Ich bin dabei und freue mich über die Dokumentation deines Versuchs.
Daumendrück
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Alchemist
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von Alchemist »

DerOberfranke hat geschrieben: 22. Jun 2023, 22:43 Es wurden 6 Flaschen mit 900ml Whisky@63%vol
Tolle Arbeit! Lese gern bei deinen Beiträgen mit, weil ich selbst ein Holzwurm bin. Das interessiert mich einfach. Bin gespannt was dabei rauskommt.

Lässt du die Flaschen verschraubt während der Lagerung? Gönnst du den Engeln wohl gar nichts? ;)

Zudem schreibst du, dass alle Flaschen 63 vol.% haben, aber am Bild kommt mir vor, dass an der zweiten Flasche rechts 53 vol% vermerkt ist. Ist wohl nur ein Tippfehler oder?
DerOberfranke
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von DerOberfranke »

Danke euch, ich bin auch gespannt.
Alchemist hat geschrieben: 23. Jun 2023, 08:47 Lässt du die Flaschen verschraubt während der Lagerung? Gönnst du den Engeln wohl gar nichts? ;)
Gute Idee, ich denke wenn der Lagerkeller wieder etwas kälter wird, dann lass ich die mal eine Zeit lang mit Wattepropf offen stehen.
Alchemist hat geschrieben: 23. Jun 2023, 08:47 Zudem schreibst du, dass alle Flaschen 63 vol.% haben, aber am Bild kommt mir vor, dass an der zweiten Flasche rechts 53 vol% vermerkt ist. Ist wohl nur ein Tippfehler oder?
habs eben nochmal überprüft aber da stehen 63%vol. Es täuscht bissle aufgrund der Schriftart und der schlechten Bildauflösung. Habe beim Etikettierer immer nur die unterste Zeile verändert, der Rest war copy/paste
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derwo
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Re: Erster Single Malt Whisky [2022]

Beitrag von derwo »

DerOberfranke hat geschrieben: 23. Jun 2023, 09:45
Alchemist hat geschrieben: 23. Jun 2023, 08:47 Lässt du die Flaschen verschraubt während der Lagerung? Gönnst du den Engeln wohl gar nichts? ;)
Gute Idee, ich denke wenn der Lagerkeller wieder etwas kälter wird, dann lass ich die mal eine Zeit lang mit Wattepropf offen stehen.
Da würde ich aufpassen. Erstens sind auch verschlossene Flaschen sowieso nicht ganz geruchsdicht. Wenn man einen Keller voller Schnäpse hat, weiß man das... Und zweitens ist ein einfaches Verdunsten nicht das gleiche, wie das, was im Fass passiert. Im Fass durchdringt der Schnaps das Holz, manche Substanzen mehr, manche weniger. Und das, was es ganz durchschafft, verdunstet dann komplett an der Außenseite. In der offenen Flasche dagegen verdunsten mehrheitliche die flüchtigsten Substanzen, also das, was man normalerweise als erstes riecht, wenn man eine Flasche öffnet. Genau das hast du dann nicht mehr. Du öffnest eine Flasche und es riecht nach nichts.
Ich habe mal über ein zwei Jahre so viel verdunsten lassen, wie Malt Whiskies in 12 Jahren verlieren. Das Ergebnis hat überhaupt nicht überzeugt.