Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

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azeotrop
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Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von azeotrop »

Wenn man käuflichen Wein destilliert, erlebt man einen äusserst unangenehmen stechenden Geruch im Destillat. Das kommt daher, dass Weine in der Regel geschwefelt werden um einen mikrobiologischen Verderb zu verhindern.
Durch die Destillation reichert sich das Schwefeldioxid im Destillat stark an und kann nicht durch Destillation entfernt werden.

Beim Stöbern in alten Zeitschriften bin ich auf die Ausgabe 06/2021 der Zeitschrift "Kleinbrennerei" gestossen.

In dem Artikel "Schwefeldioxid bei der Destillation wirksam abscheiden" von Dr. Dirk Hofmann werden verschiedene Verfahren zur Entfernung von Schwefeldioxid diskutiert.
Er stellt dar, dass die beste Methode in der Zugabe eines Citratpuffers zum Rauhbrand besteht. Im darauf folgendem Feinbrand ist dann das Schwefeldioxid entfernt.
Die Entsorgung der Schlempe sei für die Umwelt unbedenklich.


Der Autor Dr. Dirk Hofmann leitet den Bereich Frucht- und Brennereitechnologie an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg.


Es folgen einige Zitate aus dem Artikel:

Schwefeldioxid ist flüchtig und geht bei der Destillation ins Destillat über. Eine se­lektive Abscheidung im Vorlauf gelingt in der Regel nicht ausreichend. Auch eine Bindung an Kupfer ist bei hohen Konzen­trationen nicht ausreichend, große Men­gen gehen ins Destillat über und führen zu hohen Gehalten und sensorischer Belas­tung des Destillates.


Bei Versuchsreihen mit Natronlauge, Kalkzusatz und Wasserstoffperoxid zur Behandlung der Schwefeldioxid-Problematik bei der Destillation von geschwefel­tem Wein zeigte sich in der betrieblichen Praxis eine Reihe von Erkenntnissen. Mit Kalk allein konnte keine zufriedenstel­lende Abreicherung des Schwefeldioxides während der Destillation erreicht werden.
Der pH-Wert des Weines lässt sich durch Kalk kaum anheben und das Bindungsvermögen reicht nicht aus um ausreichend wirksam zu sein. Wasserstoffperoxid be­darf einer mehrtägigen Reaktionszeit.
Da die Reaktion unspezifisch abläuft und H2O2 nicht exklusiv mit SO2 bzw. H2SO3 reagiert, treten Oxidationen aller Art auf.
Dies betrifft später insbesondere das Aromaprofil des entstehenden Destillates.
Auch bei Anwendung in Raubränden blei­ben diese Nachteile erhalten.
Die besten Ergebnisse konnten mit dem Einsatz von Natronlauge in den Raubrand erreicht werden, sowohl hinsichtlich der
Abreicherung als auch bezüglich des Aromaprofiles des Destillates. Jedoch traten über die Laufzeit der Destillation immer weiter steigende Konzentrationen an Schwefeldioxid im Destillat auf, selbst wenn auf leicht höheren pH-Wert zu Be­ginn der Destillation eingestellt wurde, wie beispielsweise pH 5,8.

Kompakt
So wird's gemacht.
Bei Einsatz von 140 L r.A. je Batch in einer 400-L-Blase mit einer Einfüllmenge Raubrand von 350 L sind 1,2 kg Citronensäure mit 1,2 L Natronlauge 32 %ig erforderlich. Die Einstellung des pH-Wertes muss in der Brennblase kontrolliert und gegebenenfalls erneut mit Natronlauge oder Citronensäure angepasst werden.
Umgerechnet entspricht das für 50 L r.A. je Batch in einem Brenngerät mit 150-L Blase mit einer Einfüllmenge Raubrand von 125 L dementsprechend 0,43 kg Citronen­säure mit 0,43 L Natronlauge 32 %ig - vereinfacht können auch 0,5 kg und 0,5 L eingesetzt werden. Ob die Lauge oder die Säure in Wasser vorgelegt wird, ist nicht entscheidend. Der Ansatz erfolgt zum Beispiel in einem Edelstahleimer, dessen Inhalt dann in die Blase gefüllt wird. Die Einstellung des pH-Wertes auf pH 5,6 bis 5,8 ist in der Blase zu überprüfen. Das Tragen persönlicher Schutzausrüstung wie Schutzbrille, Schutzhandschuhe, Sicher­heitsstiefel und einer geeigneten Arbeits­schürze ist bei dieser Arbeit im Interesse der eigenen Gesundheit sehr wichtig.


Es empfiehlt sich die Nutzung unseres Rechners pH-Puffer Rechner/pHPuffer.html
Das wäre für pH 5.7 (5.6-5.8 wird empfohlen) pro Liter reinem Alkohol im Rauhbrand 10g wasserfreie Citronensäure und 4.3g Natriumhydroxid.
Bitte beachtet die Sicherheitshinweise.
Zuletzt geändert von azeotrop am 4. Mär 2023, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.
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derwo
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von derwo »

Allgemein wäre es interessant, wenn man mal zwei Feinbrände macht, den einen mit stabilisiertem pH zu machen.

Ich halte die Dosierung mit 10g Citronensäure pro lt reinem Alkohol, also bei 30vol% also 10g pro 3lt, gefühlt für sehr viel. Ich denke, auch mit weit weniger bleibt der pH stabil. Ob ein Einhalten von 5.6 - 5.8 wirklich so kritisch ist? Wenn ja, sollte man ein funktionierendes pH-Messgerät benutzen.

Falls das jemand mal macht, wäre es schön, er misst den pH vor dem Brennen und auch die abgekühlte Schlempe nach dem Brennen. Wenn der pH gleich bleibt, könnte man die Puffermenge wahrscheinlich reduzieren.

Noch ein Hinweis: Es geht hier um Schwefeldioxid (scharf, brennend, Zündholzgeruch). Das "entschwefeln" in der von azeotrop gewählten Überschrift ist etwas allgemein gehalten. Es geht nicht um Schwefelwasserstoff (Böckser, faule Eier, gekochtes Gemüse).
Der Titel wurde von Hügelwilli verändert
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azeotrop
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von azeotrop »

Mit dem Titel hast du natürlich Recht. Ich wollte nur was zu Schwefeldioxid schreiben, nicht zu Schwefelwasserstoff. Ich habe den Titel des ersten Beitrags mal angepasst. Die anderen Beiträge müsste Hügelwilli umbenennen.
@Hügelwilli: Kannst du das für mich erledigen? erledigt
derwo hat geschrieben: 4. Mär 2023, 13:40 Ich halte die Dosierung mit 10g Citronensäure pro lt reinem Alkohol, also bei 30vol% also 10g pro 3lt, gefühlt für sehr viel. Ich denke, auch mit weit weniger bleibt der pH stabil.
Da stimme ich dir zu, mir kommt das auch viel vor. Hast du einen Vorschlag für eine vorsichtigere Dosierung?
derwo hat geschrieben: 4. Mär 2023, 13:40 Ob ein Einhalten von 5.6 - 5.8 wirklich so kritisch ist? Wenn ja, sollte man ein funktionierendes pH-Messgerät benutzen.
Ich glaube wenn man sich an den pH Wert Rechner oder die genannte Zusammensetzung hält, kann der ph-Wert gar nicht daneben liegen. Ausser man würde viel viel zu wenig von dem Puffer zugeben.


Mir ist noch ein PDF von Schließmann aufgefallen. Dort wird noch erwähnt dass der Citratpuffer bei reinen Kupferkesseln zu Korrosion im Kessel führen kann. Das gilt aber nicht für dampfführende Leitungen oder die destillatführenden Leitungen wie Liebig usw. Da kommt der Puffer ja nicht hin da er nicht flüchtig ist.
spirituosenfehler_9_2021.pdf
(117.58 KiB) 392-mal heruntergeladen
Da steht auch was über Bökser und andere Destillatfehler drin.
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derwo
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von derwo »

Es geht ja darum, den pH-Wert zu erhöhen. Raubrände sind recht sauer. der pH wird angehoben auf 5.7. Dies kann mit Natronlauge geschehen. Dann aber sinkt der pH-Wert während des Feinbrands und früher oder später gelangt SO2 ins Destillat.
Ein entscheidender Absatz darüber aus der pdf über Schwefeldioxid und Citratpuffer:
Doch warum fällt der pH-Wert des Raubrandes des Weines über die Zeit der Destillation ab? Eine entscheidende Rolle spielt das Kupfer der Brennblase. Dieses geht bei der Destillation in Lösung, und die Bildung von Kupfersalzen führt zur Absenkung des pH-Wertes. Der Raubrand ist als Destillat letztlich frei von Metallionen, vor allem wenn mit Edelstahlgefäßen und Kunststoffbehältern gearbeitet wird. Diese Lösung kommt bei der Destillation mit dem Kupfer der Brennblase in Kontakt und löst Kupferionen aus dieser in sich auf. Abhilfe schafft hier der Wechsel auf einen anderen Werkstoff wie Edelstahl in der Blase. Auch Glas stellt eine Alternative dar. Oder man stellt folgende Überlegung an: Wie kann der pH-Wert über die gesamte Zeit der Destillation stabilisiert werden, um einen Anstieg der Konzentration an SO2 über die Zeit zu unterdrücken? Die Lösung liefert die Chemie. Grundlage ist der Einsatz eines chemischen Puffersystems.
Also sind wir mit unseren Edelstahltöpfen fein raus, oder? Ein Abfallen des pH ist nicht zu erwarten. Also reichen geringe Mengen von dem Puffer oder vielleicht sogar nur Natronlauge, also nur eine Erhöhung des pH. Wobei das allerdings sehr schwer zu dosieren sein wird, die paar Milligram NaOH, die wir da brauchen. Und wir könnten es nicht berechnen sondern nur messen. dann lieber doch den Puffer nehmen.
Das mit dem sinkenden pH durch Kupferionen kommt mir allerdings seltsam vor. Kupfer wird doch durch Säuren gelöst. Also zB die Essigsäure vom Raubrand, die löst die Patina (Kupferoxid) auf. Dann haben wir Acetationen und Kupferionen. Müsste da nicht der pH-Wert steigen? :thinking:

Ich zweifel nicht an dem pH-Puffer-Rechner. ich zweifel aber daran, daß die bei mir seit Jahren im Keller liegenden Citronensäure und Natriumhydroxid noch chemisch unverändert und feuchtigkeitsfrei sind. Natriumhydroxid ist sehr hygroskopisch, und wer weiß, ob nicht Luft-CO2 das nicht schon teilweise in Soda oder Natron umgewandelt hat. Funktionieren tut das dann noch, aber etwas andere Mengen werden benötigt. Also muss man messen.
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azeotrop
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 4. Mär 2023, 18:51 Das mit dem sinkenden pH durch Kupferionen kommt mir allerdings seltsam vor.
Mir auch. So wie das geschrieben ist, macht das keinen Sinn. Man müsste halt die zugrunde liegende wissenschaftliche Arbeit lesen können. Solche Zeitschriftenartikel lassen oft wichtiges weg.
derwo hat geschrieben: 4. Mär 2023, 18:51 Natriumhydroxid ist sehr hygroskopisch, und wer weiß, ob nicht Luft-CO2 das nicht schon teilweise in Soda oder Natron umgewandelt hat.
Die Reaktion mit CO2 muss natürlich vermieden werden. Natriumhydroxid muss zwingend in einen luftdichten Behälter aufbewahrt werden.
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derwo
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von derwo »

azeotrop hat geschrieben: 4. Mär 2023, 19:41Natriumhydroxid muss zwingend in einen luftdichten Behälter aufbewahrt werden.
Wobei ich mir nicht sicher bin, ob da ein normaler Druckverschlussbeutel ausreicht. Mein NaOH jedenfalls macht immer einen etwas klebrig-feuchten Eindruck.


Ich habe den Artikel übrigens gefunden, ohne daß das ein Scan der käuflichen Zeitschrift ist. Dann kann man das glaube ich hier anhängen:
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Re: Schwefeldioxid mit Citratpuffer aus dem Destillat entfernen.

Beitrag von azeotrop »

Ich denke es ist besser den Beutel mit NaOH in ein passendes Schraubglas zu geben. Dann ist es bestimmt dicht.
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