Mein erster Rum

Alkohol aus Zuckerrohrmelasse, Rohrzucker oder Zuckerrohrsaft
Alex_69
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Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Liebe Brenner, ich habe es mal gewagt und mir eine Black Strap Melasse organisiert http://euratec.de/melasse.html. Ich habe nach verschiedenen Anleitungen, u.a viewtopic.php?f=23&t=32#p81 diesen wie folgt 12 Liter Maische angesetzt:
  • 2,5 l Melasse
  • 9,5 l Wasser
  • 2, 1 g Nährstoff für die Hefe
Ich habe den pH versucht mit einem Papierstreifen abzulesen. Dachte pH 7 gelesen zu haben und habe etwas Zitronensaft, 10 ml, dazu gegeben. Sollte sich rausstellen, dass ich es so nicht auf pH 5, sondern auf pH 4 eingestellt habe...

Das Ganze habe ich in einen Gäreimer mit Temperatursensor und Heizmatte gegeben und kräftig mit einem Zementrührer+ Akkubohrer durchoxodiert. Heizmatte habe ich um den Eimer gewickelt und alles mit einer Isolierdecke (Armaflex) zugewickelt.
Zur Herstellung der Maische habe ich die ersten 2 Liter Wasser kochend zur Melasse gegeben und alles hochverdünnt auf 11 Liter und den Nährstoff + Zitronensaft dazugegeben.

Die Hefe habe ich angefüttert, wie derwo rät:
  • 2,5 g Hefe in 25 ml Wasser bei 30°C für 20 min.
  • Dann 30 ml Maische dazu und nach 20 min. gut duschgequirlt.
Bevor ich die angefütterte Hefe dazugeben habe, habe ich auf 12 l aufgefüllt. Die Temperatur war ca 20°C und habe alles nochmals kräftig oxidiert, dann die Hefe rein. Alles gut durchgerührt und Deckel drauf. Der Temperatursensor wird auf 30°C eingestellt.

Gemessen hatte ich
  • Dichte von 1,088 g/cm3
  • 1,0902 SG 21,1 °C
  • 21,65 °Bx
Die Hefe hat erst nach 1 Tag richtig durchgestartet, und war am 2. und 3. Tag sehr aktiv (Heizung nahezu aus). Nach 7 Tagen war der Vorgang abgeschlossen.
Die Maische hatte folgende Werte ergeben:
  • Alkoholgehalt 5,6 vol%
  • Dichte 1,0419 g/cm3
  • Brechungsindex 1,35413
  • Mostgewicht 114,1 g/l
  • Gesamtextrakt 134,3 g/l
Ich habe 11 l mit einem Potstill-Aufbau mit 500 mm Steigrohr, Dephlegmator, Rohr mit Kupferwolle bis 3 Vol% abdestilliert. 1 Liter habe ich als Wunder zurück gehalten. Erhalten habe ich 2,5 Liter Destillat mit 25 Vol%. Also sollten in den 11 l 5,9 Vol% Alkohol gewesen sein.
Gemessen habe ich:
  • Alkoholgehalt 25,0 Vol%
  • Dichte 0,9677 g/cm3
  • Brechungsindex 1,34705


Als nächstes steht der Feinbrand an, aber davor habe ich ein paar Fragen an Euch:
Wenn ich den Rumrechner Rechner/Rumrechner.html nehme, erhalte ich für die Daten der Melasse (52 % Sacharide, 18 % Wasser) und einer geschätzten Dichte der Messe von 1,45 kg/l einen Alkoholgehalt von 8.9 Vol%. Die Werte der Dichte der Maische vor der Gärung passen recht gut mit meinen gemessenen 1,088 g/cm3 zu 1,083 g/cm3 berechnet. Doch ich habe nur 5,6 Vol% erhalten. Liegt es an der hohen Dichte der Maische, dass die Hefe sich nicht "wohl" gefühlt hat? Oder war es zu sauer mit pH 4?

Zweite Frage: In der Melasse sind 52% Saccharide, und 17-24% Glucose und Fructose: werden letztere nicht von der Hefe prozessiert?

Dritte und letzte Frage: ich habe den Dunder aktuell bei pH 4: diesen muss ich ja auf pH 6 bringen, damit die richtigen Pilze darauf wachsen. Kalzium Hydrooxid bekomme ich, doch was, wenn ich Schwefelsäure brauche? Kann ich mit <18%ige Schwefelsäure arbeiten zum Einstellen? Hochprozentigere bekomme ich anscheinend nicht mehr...

Ich habe auch aus der Schlempe auch 1 Liter Dunder entnommen. Ich werde beide sich entwickeln lassen und berichten.
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Die Melasse von euratec hat zwar normalerweise ein tolles Aroma, deswegen würde ich sie auch wieder kaufen, aber nicht so viel Zucker wie andere Melassen. 52% Saccharide bedeutet inklusive zB unvergärbarer Cellulose. Saccharide ist ein Überbegriff, bedeutet eigentlich glaube ich nichts anderes als Kohlenhydrate. Die Angabe des Glucose- und Fructosegehalts bringt leider auch nicht viel, da die Melasse ja wohl auch noch Saccharose haben wird. Und um die Summe dieser drei Zuckerarten geht es uns ja, da diese drei die vergärbaren sind. Also die Kennzeichnung dieser Melasse ist unbefriedigend. Jedenfalls, wenn der Kohlenhydratgehalt 52% ist, ist der Zuckergehalt jedenfalls deutlich niedriger. Hier zB: https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/ ... /nutrients
100ml blackstrap Melasse haben dort 93.33g Kohlenhydrate, aber nur 66.67g Zucker.

Wie auch immer, 5.9vol% sind sehr sehr wenig. Du hast dich an meinem "einfachen Rumrezept" orientiert. Allerdings hast du angesäuert. Bei diesem Rezept habe ich auf eine pH-Einstellung verzichtet, da es ja ein einfaches Rezept sein soll. Etwas Kalk dazuzugeben, also den pH zu erhöhen bzw zu puffern, das wäre ok gewesen. Also die Gärung dann bei fast neutralem pH zu starten. Aber anzusäuern und dann die Gärung bei pH 4 laufen zu lassen, zumindest mit Backhefe geht das meist nicht gut. Backhefe mag es nicht zu sauer. Ansäuern ohne Puffer, da reichen geringste Mengen, um auf pH 4 zu kommen.

Jetzt wäre es interessant, wenn du die Maische vor dem Brennen mal verkostet hättest. Ist sie trockener als trockener Wein? Wenn nein, dann hat die Hefe nicht fertiggegärt. Vermutlich wegen dem pH. Wenn sie sautrocken ist, dann hatte die Melasse extrem wenig Zucker oder die Destille war undicht.


18%ige Schwefelsäure ist ok. Du kannst aber auch einfach sehr vorsichtig mit dem Calciumhydroxid sein. Anfangs brauchst du geringste Mengen, dann mit der Zeit werden es sehr große Mengen, weil die gebildeten Säuren mit dem Calcium einen immer größeren Puffer bilden. Ein zu niedriger pH bewirkt, daß der Dunder sich nicht weiterentwickelt. dann verlierst du Zeit. Nicht schlimm. Ein zu hoher pH aber, dann verrottet der Dunder auf eine nicht so tolle Weise. Er riecht dann nach totem Tier. "Erstrebenswert" ist eher ein Geruch nach Schweiß und Kotze.
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azeotrop
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von azeotrop »

derwo hat geschrieben: 16. Jun 2024, 19:28 100ml blackstrap Melasse haben dort 93.33g Kohlenhydrate, aber nur 66.67g Zucker.
Leider funktioniert der Link gerade nicht. Trotzdem Danke. Jetzt geht es wieder.

100ml Melasse wiegen ca. 140g. 67g Zucker wären ca. 49% Zuckergehalt. Die Dichte könnte aber auch anders sein.

Hier ist eine mit 52,4% Zucker: 100g enthalten 52,4 g sugars
https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/ ... /nutrients

Hier ist eine mit 101 g sugars auf 100 ml
https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/ ... /nutrients
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Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Hallo,
danke für die Tipps. Ich hatte mit der Schliemann Trockenreinzuchthefe für 25-50 Liter Masche Most gearbeitet. Diese mag es doch sauer, oder? Ich wollte mit Red Star Distillers Yeast (DADY) arbeiten, hatte diese aber nicht zur Hand. Ph 4 wollte ich ja nicht, sondern pH 5...
Der Geschmack der vergorenen Maische war trocken bis sauer. Undichte Distille, denke ich, kann ich ausschliessen, da ich mit dem selben Aufbau vor einer Woche noch ordentlich gearbeitet habe.
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Ok, sauer mag sie es schon, aber erstens nicht so warm und zweitens gilt die Dosierungsanweisung auch nur für sowas leicht vergärbares wie eben Most, oder? Also ich stochere schon irgendwie im Trüben, aber so eine Hefe hätte ich nicht genommen. Und wenn, dann in vielfacher Überdosierung, was dann wiederum sehr teuer wäre. Es ist keine Schande, in 10lt Rummaische einen ganzen Block Frischhefe reinzutun. Das sind zwei 7g-Päckchen Trockenhefe. Du hast 2.5g Hefe verwendet. Rummaische gärt schlecht, was sich aber gut durch Überdosierungen beheben lässt.

Und wenn die Hefe pH 5 mag und man das beachten will, dann bringt es wenig, bei pH 5 zu starten ohne jeglichen Puffer. Denn dann hat man kurz nach Gärbeginn schon einen niedrigeren pH.

Gut, deine Maische hat trocken geschmeckt und deine Destille ist wahrscheinlich dicht. Dann liegt es scheinbar am niedrigen Zuckergehalt der Melasse. Andererseits: in meinen Unterlagen kann ich nachschauen, was ich mit der euratec-Melasse erreicht habe:

1.
3.6lt bzw 4.4kg Melasse auf 12lt gesamt. Nährstoffe und Calciumcarbonat und 1 Block Frischhefe, gärte recht warm, aber nicht krass, von 139 auf 65 Oechsle, was rechnerisch 9.6vol% bedeutet. Laut Raubrandergebnis waren es dann 9.9vol%.

2.
14l Melasse auf gesamt 56l, Nährstoffe, Calciumhydroxid und 5 Block Frischhefe. Gärstart bei 42°C. Nach zwei Tagen durchgegärt, aber insgesamt 3-4 Wochen bei hoher Temperatur offen gelagert und schrittweise insgesamt 110g Calciumhydroxid rein. Trotzdem war der pH am Ende auf 4.5 unten. Laut Raubrandergebnis hatte die Maische nur 7vol% Alkohol. Ob es an einem niedrigeren Zuckergehalt der Melasse gelegen hat, oder daß viel Alkohol verdunstet ist, oder daß viel Alkohol von Bakterien zu Säuren umgesetzt worden ist, weiß ich nicht.

Die anderen Maischen mit dieser Melasse hatten Dunder dabei. Das ist dann noch komplizierter. Natürlich habe ich dann weniger Melasse genommen und hatte also weniger Alkohol am Ende.

Ja, musst du nun wahrscheinlich leider selber sehen, was du draus ziehst, also in welche Richtung du nächstes Mal was veränderst.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Super, danke für die Tipps. Ich mache mich dran :-)
Ach so, derwo: wenn ich deinen 1. Ansatz ansehe mit 3,6 l Melasse und 9,9 Vol% Alkohol bekomme ich mit meinen 2,5 liter Melasse rechnerisch 6,9 Vol% hin. Somit bin ich doch nicht so weit weg mit meinen 5,4 Vol%... könnte also der pH oder die falsche Hefe gewesen sein...
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Hallo, ich habe nun den zweiten Rum-Ansatz gemach mit derselben Menge Melasse und Wasser, siehe oben, habe aber, wie geraten, auf jegliche Säuerung verzichtet. Nach Zugabe der Nährsalze hatte ich aber trotzdem einen pH von knapp 5. Ich habe dieses mal DADDY als Hefe genommen, davon 14g, die ich erst mal angefüttert hatte. Die Maische hatte ca 30°C und zusammen mit der Hefe ging es auch fast schon bald los (1 Stunden danach). Es gärt sich gerade aus..
Nun mine Fragen:
- ich will ein Raubrand machen mit Potstill: dazu habe ich ein 500 mm Rohr (2") daran ein 120 Mm Rohr mit 70 g Kupferwolle und eigentlich dann nur noch ein 180° Rohr und Produktkühler. Benötige ich mehr Kupferwolle, also soll das 500er Rohr volle Packung haben? Oder ist das beim Raubrand nicht relevant, es muss nur alles rüber?
- Wie ist es mit der Isolation: aktuell ist alles bis zum Produktkühler gut thermisch isoliert.

Herzlichst,
Alexander
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Daß der pH nicht 7 ist, ist keine Überraschung. So gut wie alles, was wir vergären, Obst, Getreide, Melasse, ist etwas sauer.
Ich finde nicht, daß du bei einem Raubrand eine so lange Kolonne brauchst. Gar kein Steigrohr ala Schmickl würde ich aber auch nicht unbedingt machen, denn dann kann es sehr leicht überschäumen. Ich würde alles gut isolieren, damit du weniger Energie verlierst. Keine Packung und keinen Dephlegmator. Ob du dann 500mm oder 120mm Steigrohr nimmst, ist ziemlich egal.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Danke Dir. Heute brenne ich den Raubrand ab.
Eine grundsätzliche Frage zum Feinbrand eines Rums: läuft es ab wie beim Obstbrand? Also, viele Proben nehmen und dann danach abschmecken, Vorlauf nach Geruch, Nachlauf nach Geschmack? Muss ich etwas anderes noch beachten? Ich habe noch nie Rumbrand abgeschmeckt, ich erwarte neue unerwartete Aromen...
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Genau, vom Prinzip her ist es das gleiche. Wichtig ist, daß man sich Zeit lässt mit den Entscheidungen. Und beim Vorlauf, daß man berücksichtigt, daß es ja nicht darum geht, ob die Fraktion alleine gut ist, sondern ob sie im gesamten gut kommt. Und beim Nachlauf, daß man nicht nur auf schlechte Aromen achtet, sondern auch darauf, wie die guten Aromen nachlassen.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Hallo!!
Habe heute den Raubrand des zweiten Melasse-Ansatzes gemacht: 17 l -Kessel mit Rührer, 500 mm isolierten Steigrohr, 120 mm isolierten Rohr mit Kupferwolle, 180° isolierten Rohr, Produktkühler.
image.png
image.png (152.83 KiB) 487 mal betrachtet
Obwohl ich nicht angesäuert hatte, die Hefe (DADDY) sofort losging bei 95 Oe, und nach einer Woche eine echt sautrockene Maische bei pH 4,4 (46 Oe) vorzufinden war, war ich erstaunt fast dieselbe Werte, wie bei meinem ersten Ansatz vorzufinden: also 7 Vol% laut Easydens und EasyRef. 11 von 12 liter habe ich abgebrannt und habe ca. 2,63 Liter Raubrand bei 24 vol% erhalten. Ich denke also, dass die Hefe alles, was an Zucker gefunden hat auch vergoren hat. Ist wohl diese Charge der Melasse so zuckerarm (sollten doch ca 9-10 Vol% rauskommen...)? Kennt Ihr andere Hersteller/Vertreiber von BlackStrap Melassen? Oder sollte ich lieber Melasse nehmen, also nicht Blackstrap?
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Ich fand diese Melasse immer sehr gut. Hatte mal eine andere, die hatte einen schlechteren Geschmack. Das war die hier: https://www.amazon.de/Nortembio-Agro-Ro ... B09SLSSD28 Deswegen würde ich bei der euratec bleiben.
Schaut wohl so aus, daß die Melasse weniger Zucker hat. Verglichen mit meinem "Einfachen Rumrezept" hast du aber auch mehr Wasser genommen, du hast aus 2.5lt Melasse 12 liter Maische, ich nur 10lt gemacht. Trotzdem, so 8.5vol% hättest du erreichen sollen.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Macht Zuckern der Black-Strap Melasse sinn? Klingt wiedersinnig...
Bzw. kann ich von der Melasse vorher den Zuckergehalt messen, z.B. über die Dichte, damit ich besser reagieren kann?
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Kann man nicht messen. Nicht nur Zucker hat eine hohe Dichte und einen hohen Brechungsindex.

Ich würde nicht zuckern. Das verdünnt nur den Geschmack.
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azeotrop
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von azeotrop »

Ich hatte kürzlich mehrfach Gärungsprobleme und auch geringe Alkoholgehalte bei Rummaischen.
Es trat sowohl bei Nortembio als auch bei der Euratec Melasse auf.
Früher hatte ich mit Euratec problemlos hohe Alkoholgehalte erreicht.

Nun frage ich mich ob sich die Zusammensetzung der gelieferten Chargen vielleicht verändert hat.
Rückfrage bei den Lieferanten hatte nichts gebracht. Die bestätigten nur die veröffentlichten Daten, wobei die Daten vermutlich nicht von Analysen des Endverkäufers stammen. Ich glaube nicht dass man aktuelle Messwerte erhalten kann. Für die angedachten Zwecke als Pflanzendünger ist das vermutlich eher unwichtig.

Hat jemand kürzlich problemlos Rum mit diesen Melassen gemacht?
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Das klingt leider nicht gut.
Meine letzte Melasse von euratec hatte ich 2019.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Anzuckern um zumindest die 8-10 Vol% wären dann aber nicht ganz falsch....
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Hallo,

gestern habe ich nun die 5,4 liter Raubrand, 25 vol%, die ich aus 5 liter Melasse (2 mal 12 Liter Maischeansatz) erhalten habe, fein gebrannt. Ich habe mit 3 Glockenböden gearbeitet, darüber etwas Kupferwolle, da sonst kein Kupfer in der anlage ist, dann Dephlegmator, 180° Rohr, Produktkühler.
Ich habe 39 Fraktionen á 50 ml entnommen bis ich auf ca. 40 Vol% gekommen war. Die ersten 10 Fraktionen habe ich mit Dephlegmator langsam tropfen lassen, ca 2 Tr/s, also ca 8-10 min pro 50 ml. Dann ohne Dephlegmator bis zum ende schneller gebrannt ca 50 ml/2 Min.

Nun, ich kann einiges riechen, doch woran mache ich nun den Geschmack fest? Bei Fraktion 15 riecht das ganze recht gut, fast fruchtig, unter Fraktion 6 entnehme ich „Kleber“ oder ähnliches… Aber, bei Fraktion 21 wird der Geruch anstrengend muffelig, der Geschmack bitter… Da ich bis jetzt nur Obstbrände gemacht habe schmeckt alles sehr exotisch… Ich habe noch nichts verdünnt, also wirklich nur reingerochen. Habt Ihr Tipps, wie ich vorgehen könnte?
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T-500
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von T-500 »

Hallo Alex_69, dass Du alles in kleine Fraktionen gesammelt hast, ist hier sehr hilfreich. Ich stehe mit meiner 1/2 jährigen Erfahrung ja auch noch weit am Anfang, habe aber bezüglich der bisherigen Chargen ziemlich gute Entscheidungen bezüglich Abtrennung getroffen. Ich kann das natürlich nur auf meinen persönlichen Geschmack beziehen, weil ich mangels Erfahrung noch nicht weiß, wie ein zu lagerndes Produkt (z. B. Bourbon oder auch Rum „roh“ schmecken sollte. Hier hilft wohl nur Erfahrung sammeln, wie sich die Sensorik unter der Reifung noch ändern kann. Derwo kann diesbezüglich sicher viel mehr beitragen.
Ich würde mich an Deiner Stelle von Glas 10 rückwärts bis Glas 1 mit der Nase vorarbeiten. Ich bedecke das Gläschen mit der flachen Hand, schwenke den Inhalt und rieche dann unmittelbar daran. Dann Glas 9 usw. Dadurch kannst Du eigentlich ganz gut den Punkt erwischen, wo der Geruch in den typischen Klebergeruch wechselt. Dann hast Du zumindest den personlichen sensorischen Punkt, wo es DIR unangenehm riecht. Dieses Glas sowie die Gläser bis 1 wären dann erstmal Vorlauf. Wenn man die Gläschen stehen lässt, verfliegt der unangenehme Geruch auch noch. Zumindest bei den Grenzfällen.
In Richtung Nachlauf kannst Du ab Glas 20 ebenso in Richtung Ende verfahren. Ich persönlich verreibe den Inhalt der letzten Gläschen auf dem Handrücken und warte bis es trocken ist. Dann weiß ich zumindest, wie der Nachlauf riecht. Als Gegenrobe nehm ich 100% Mittellauf, in Deinem Fall Glas 15-20. Wenn ich dann entschieden habe, was geruchlich NL sein könnte, fang ich an zu schmecken. Dafür verdünne ich die Kostproben und vergleiche mit verdünntem Mittellauf. Ich bin meist mutig und schütte den schonmal zusammen und nehm das als Referenz. Die von Derwo geteilte Erfahrung- Vorlauf Nase, NL Gaumen kann ich bestätigen. Was kratzt und bitter schmeckt nehme ich nicht in den Mittellauf.
Wie jedoch erwähnt, ist das sicher bei Rum nur die halbe Wahrheit. Der soll ja nicht sofort getrunken werden, sondern soll noch reifen. Hier „darf“ das Destillat sicher zu Beginn strenger schmecken/riechen, weil durch Veresterungsprozesse noch Veränderungen eintreten.
Wenn es vollends schief geht, ist auch nichts verloren. Dann kann man immer noch mal nachbrennen.
Mit besten Grüßen
T-500 :)
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Ohne Verdünnen solltest du das nicht entscheiden.

So wie du es beschreibst, würde ich Fraktion 6 bis vielleicht 18 mal unverdünnt zusammenschütten. Das ist dein vorläufiger Mittellauf. Daraus nimmst du sagen wir mal 100ml und verdünnst sie auf 40vol%.
Dann tastest du dich in beide Richtungen. Also nimm Glas 5, verdünne es oder einen Teil davon grob auf Trinkstärke. Entweder es ist gut oder es ist schlecht oder du bist dir nicht sicher. Achte darauf, daß du nicht warm verkostest. Alkohol erwärmt sich ja beim Verdünnen. Bist du dir unsicher, nimm zwei kleine Portionen von deinem vorläufigen Mittellauf und gib in eine ein paar Tropfen von Glas 5 hinzu. Wenn es mit den Tropfen besser ist als ohne, dann schütte Glas 5 zum Mittellauf.
Und so weiter. Beim Vorlauf ist es einfacher als beim Nachlauf. Beim Nachlauf musst du nicht nur entscheiden, ob die Fraktion gut oder schlecht ist, da geht es vor allem um die Kratzigkeit, sondern auch bemerken, ob sie langeweilig ist und also deinen MIttellauf geschmacklich vor allem verdünnt.
Sehr gut kann man ein paar Tropfen in einem Glas eintrocknen lassen und nach dem Eintrocknen dran riechen. Fraktionen mit viel Nachlauf entwickeln eingetrocknet einen sehr müffeligen Geruch. Ich rieche oft morgens an dem Glas von gestern abend. Riecht es schlecht, habe ich viel Nachlauf mitgenommen.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Danke euch. Ich habe erst mal mit dem physikalisch Greifbaren angefangen und habe mal Alkoholgehalt und Dichte der Fraktionen bestimmt: hier zwei Diagramme, zum einen der Alkoholgehalt und die Dichte der Fraktionen:
Rum_Feinbramd_24062024.jpg
Ich habe diese auch aufgetragen als Funktion der Geistrohrtemperatur:
Rum_Feinbramd_24062024_2.jpg
Gemessen habe ich mit EasyDens von Anton-Paar. Jede Fraktion enthält 50 ml Destillat.
Ich finde, dass man den Übergang zum Nachlauf bei der Darstellung über die Fraktionen schon erahnen kann. Ab Fraktion 19-20 fängt es an stärker zu riechen. Jetzt werde ich ans die Kunst gehen und eure Tipps schrittweise umsetzen.
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Ich rate davon ab, dem plötzlich etwas stärker abfallenden Alkoholgehalt zu viel Bedeutung für den Nachlaufschnitt zu geben.
Es stimmt zwar, daß der niedrigere Alkoholgehalt bedeutet, daß sich die Flüchtigkeiten der Geschmacksstoffe ändern, aber es ändert sich ja auch die Menge der Geschmacksstoffe im Kessel. So kann es sein, daß ein Geschmacksstoff zwar durch das Sinken des Alkoholgehalts zwar deutlich flüchtiger wird, aber vorher halt schon das meiste von ihm ins Destillat gekommen ist. Dadurch ist der Peak dieses Stoffes etwas vor dem deutlich sichtbaren Abfallen der Alkoholstärke.

Hier ein Beispiel mit dem häufigen Fuselalkohol Isoamylalkohol mit dem Begleitstoffesimulator 1:
Iaoamyl.png
Die dünne blaue Linie ist der aktuelle Anteil Isoamyl. Die dicke schwarze Linie der aktuelle Anteil Ethanol. Die dicke blaue Linie der aktuelle Anteil Wasser. Du siehst, daß Isoamyl "früher" oder "schneller" ansteigt, als daß Ethanol sinkt.


Der Verlauf der Alkoholstärke ist bei dir eine ziemlich krumme Kurve. Hast du das Kühlwasser mal nachgeregelt? Wenn ja, wann bzw wo auf der Graphik? Wenn du nicht nachgeregelt hast, ist entweder die Kühlwasserversorgung instabil oder der sich ändernde Alkoholgehalt hat einen starken Einfluss auf die Platteneffizienz.
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Welchen Plot meinst ist Krumm, die als Funktion der Fraktion oder der Geistrohrtemperatur. Ich habe den Kühlwasserfluss so angepasst, dass ich ca 20K Temperaturdifferenz zwischen Ein- und Auslauf hatte.
Bin jetzt mit dem ersten Testen durch: ich habe Fraktionen 8-18 als Mittellauf deklariert und habe nur noch Fraktion 7 reingenommen. Vom Nachlauf war Fraktion 20 schon sehr kratzig und unangenehm. Also habe ich 7-19 nun als Destillat, also 13 Fraktionen, sprich 650 ml bei ca 88 Vol%. Habe aber nun viel Vorlauf, 300 ml… ist das normal?
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derwo
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von derwo »

Welchen Plot meinst ist Krumm, die als Funktion der Fraktion oder der Geistrohrtemperatur.
Bild
Hier der Alkoholgehalt. Er sinkt ab Fraktion 15 schneller und dann ab 21 wieder langsamer. Hast du an diesen Knicken nochmal was am Kühlwasser verändert?
Ich habe den Kühlwasserfluss so angepasst, dass ich ca 20K Temperaturdifferenz zwischen Ein- und Auslauf hatte.
Das ist seltsam. Also sagen wir von 20°C auf 40°C. Der Kühler hat das Wasser also nicht "aufgebraucht". Angenommen du würdest das Wasser bis 60°C erhitzen, also um das doppelte, würde ja die Hälfte an Wasser ausreichen. Also obwohl du den Kühler mit Wasser überversorgst, kommt noch Destillat? Das bedeutet, der Kühler ist viel zu klein. Aber du nimmst doch immer so wenig Watt nur? Diesmal auch? Also es kann doch nicht sein, daß der Kühler keine 1000 Watt effizient bewältigen kann. Hast du nochmal ein Bild von dem Kühler?
Habe aber nun viel Vorlauf, 300 ml… ist das normal?
Ich halte es nicht für normal. Aber im amerikanischen Raum gibt es viele Hobbybrenner, die so viel Vorlauf abtrennen.
Alex_69
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Re: Mein erster Rum

Beitrag von Alex_69 »

Ok, ich war sehr ungenau. Ich hatte den Dephlegmator ja an, also so geregelt, dass ich relativ wenig Destillat abgreife beim Vorlauf: also 50 ml in 6 Minuten. das habe ich so beibehalten bis Fraktion 11 und dann den Dephlegmator schrittweise abgedreht bis Fraktion 15, bis ich ca in 2-3 Minuten die 50 ml je Fraktion hatte. Ja, es waren ca. 900 W.
Hier ein Bild des Kühlers
Anlage.jpg
Ach so: heute ist mir aufgefallen, dass die Vorlauffraktion 5 und 6 gar nicht so mehr "Kleber" riechend sind. Es ist vieles verflogen durch das mehrmalige öffnen.... bin jetzt verunsichert, ob ich mit Metalldeckel, so ist es jetzt) oder besser Korken Arbeit sollte... und wo nun der Vorlauf endet... wenn ich warte und belüfte verriecht es?