Quittenmaische

Obst ernten oder kaufen, verarbeiten, vergären und brennen
greenhorn
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Quittenmaische

Beitrag von greenhorn »

Hallo!
Ich habe hier etwa 70-80kg Quitten und möchte diese einmaischen. Nun sind diese ja nicht unproblematisch zu verarbeiten. Die erste Frage ist der Flaum, muss der unbedingt entfernt werden? Dann würde ich einen Osthäcksler leihen und die Quitten zerkleinern. Ich habe mir dieses https://www.grossmannonline.de/product/ ... 101013464/ Enzym besorgt, eine Pektinlyase, und würde die zugeben. Sollte die Maische noch zu trocken sein würde ich mit Wasser verdünnen und Kaltgärhefe zugeben. In den Beiträgen zur Quitte habe ich gelesen, dass sie bis etwa 1/3 Wasser zugeben.
Kann das so hinhauen?
Viele Grüße greenhorn
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derwo
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Re: Quittenmaische

Beitrag von derwo »

Du hast ja ein Rührwerk, gell?
Für 80kg Quitten würde ich so 35lt Wasser dazugeben. Du kannst aber ja mal mit etwas weniger beginnen und dann schauen, ob du in der Gärtonne nur einen nassen Batzen oder eben eine Maische hast.
Kommt Zucker dazu?
Rubbel mal etwas Flaum ab und riech daran. Er hat das typische Quittenaroma, aber zumindest bei mir hat er bisher immer auch was Ranziges gehabt. Und er schaut so aus, als würde da sehr viel Schimmel oder so dabei sein. Eine Quittenmaische mit nur so 3% Alkohol geht von der Gärung direkt ins Vergammeln über. Kaum ist sie ausgegärt, wächst auf der Oberfläche schon ein weißer Film. Das sollte man vielleicht nicht noch unterstützen, indem man diesen Flaum dazugibt.
Das Abrubbeln geht eigentlich ganz gut. Ich fand einen etwas feuchten groben Baumwollappen, wie einer zum Bodenwischen, ganz gut. 60kg hab ich mal am Stück gemacht. Das Zerkleinern war das weitaus größere Problem als das Abrubbeln.
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

Ich bekommen demnächst auch einen ganzen Baum voll Birnenquitten und bin auch am planen.

Soweit ich gelesen habe verursachen der Flaum und die Kerne einen bitteren Geschmack in der Maische.
Für einen Quittenwein wäre das schlimm.
Ich frage mich aber ob diese Bitterstoffe beim Brennen mit ins Destillat übergehen würden oder nicht.
Eventuell behindern die Bitterstoffe auch die Hefe bei der Gärung.
Leider finde ich nichts eindeutiges drüber, trotz intensiver Suche.

Zusätzlich sind die Kerne von einer Hülle umgeben die einen dicken Schleim erzeugt. Man verwendet die Quittenkerne zum Lutschen um den Schleim gegen Halsweh zu nutzen. Man soll sie allerdings nicht runterschlucken da sie Blausäure enthalten.
Dieser Schleim könnte negative Auswirkungen haben, evtl. auf die Gärung, evtl. auch beim Brennen.

Derzeit plane ich noch den Flaum abzurubbeln und die Quitten händisch zu vierteln und die Kerne auszuschneiden.
Das klingt nach einer Heidenarbeit.
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

greenhorn

Das wäre ja toll wenn du eine Bezugsquelle für Pektinlyase gefunden hättest.
Ich finde dort leider keinen Hinweis darauf und fürchte dass es sich um normale Pektinase handeln könnte.
Hast du mehr Infos dazu?
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

Nachtrag
Ich glaube du hast einen Treffer gelandet. Hier ist die Spezifikation. https://www.eaton.com/content/dam/eaton ... eet-de.pdf

Das Enzym wirkt bei Temperaturen ab 10°C und erzeugt weniger Methanol. Es wird gentechnisch hergestellt, gilt aber wegen des "self cloned" Verfahrens nicht als gentechnisch verändert.

Ich werde es gleich bestellen.
Zuletzt geändert von azeotrop am 10. Okt 2022, 13:26, insgesamt 1-mal geändert.
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derwo
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Re: Quittenmaische

Beitrag von derwo »

Das Enzym enthält laut Überschrift der pdf Pektinmethylesterase.
Und laut wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Pektinmethylesterase ist das ein "allgemein verbreitetes Enzym in der Zellwand in allen höheren Pflanzen sowie einigen Bakterien und Pilzen, das die Methylester der Pektine spaltet und dabei Poly-Galacturonsäure bildet und Methanol freisetzt."

Ich denke nicht, daß die Bitterstoffe übergehen. Denn riechen tut es ja nicht bitter.
Genausowenig selbstverständlich der Schleim.
Ich empfehle, diese Fruchtteile zu isolieren und dann mit der Nase untersuchen. Das entscheidet, ob sie wegmüssen. Über deren Gärungsbehinderung kann ich keinen Hinweis finden.
Das Kerngehäuse mit den Kernen und dem Schleim kann man aus halbierten Quitten gut mit einem Löffel im Ganzen herauslöffeln. Eventuell die Kante des Löffels anschärfen, oben und bei Rechtshändern die linke Seite.
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

derwo
Ich finde auch keinen direkten Hinweis auf Pektinlyase.
Aber es wird in der Spezifikation jedoch von geringerer Methanolerzeugung gesprochen und das Enzym soll ab 10°C schon arbeiten.
Es wird auch die gentechnische Erzeugung erwähnt, aber betont dass es sich nicht um ein gentechnisch verändertes Produkt handelt.
Bei Pektinlyase wurde meist von gentechnisch verändertem Schimmelpilz geprochen. Das Eaton Produkt scheint was eigenständig anderes zu sein.
Bei den anderen Enzymprodukten von EATON fand ich keine Aussage zu Methanol und keinen Hinweis auf die gentechnische Herstellung. Deshalb glaube ich dass dieses Enzym vieles erfüllt was mir wichtig ist. Ich denke bei Quitte kommt man nicht um Enzymzugabe herum. Gerade weil wir die Früchte ja nicht so fein mahlen können wie es für eine optimale Saftausbeute hilfreich wäre. Ob die Methanolreduzierung so stark wie bei Pektinlyase ist oder ob es nur ganz wenig ausmacht ist derzeit noch völlig unklar.

Das mit dem angeschliffenen Löffel klingt erfolgversprechend.
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derwo
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Re: Quittenmaische

Beitrag von derwo »

Ich vermute, es ist ein Kombipräparat.

Polygalactuonase (peinlicher Schreibfehler in der Überschrift der pdf, wo Polygaractuonase steht) laut
https://www.biotech-enzymes.com/lebensm ... -pektinase "hydrolysiert Pektin zunächst in größere Bruchstücke und anschließend bis Oligogalacturonsäuren (Okata- und Tetra-Galacturonsäure)." Also so eine Art alpha-Amylase bezüglich Pektin.
Und die Pektinmethylesterase "Hydrolyse der Methylesterbindung und Freisetzung von Methanol und Pektin. Die Intaktheit der Polygalacturonsäure-Kette wird hierbei nicht berührt." ist also die Pektinase, die Methanol herstellt. Daß die Polygalacturonsäure-Kette nicht gebrochen werden, stört wenig, da das das erste Enzym ja kann.

Und je nach Dosierung und Kombinationsverhältnis der beiden Enzyme wird halt dann mehr oder weniger Verflüssigung erreicht und mehr oder weniger Methanol dabei erzeugt.

Auch die Enzyme dieses Produkts werden aus Schimmelpilzen gewonnen. Aber halt keine gentechnisch veränderten Schimmelpilze.
"Das Produkt ist aus einer Kombination von Oberflächen- und Submersverfahren aus Aspergillus-Spezies hergestellt."
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

Ich meinte folgendes:
Auf der Seite 2 der Spezifikation steht
Panzym YieldMASH XXL Enzym wird mit Hilfe von Mikroorganismen, die gemäß EU Definition als self-cloned charakterisiert sind, hergestellt . Der Mikroorganismus ist aufgrund:
- EU Richtlinie 2001/18/EG (in der jeweils gültigen Fassung)
- dem deutschen Gentechnikgesetz (GenTG)
als nicht gentechnisch verändert klassifiziert.
Das bedeutet dass der Schimmelpilz nicht natürlich erzeugt ist, sondern gentechnisch geklont wurde. Er wurde dabei aber nicht verändert.
Bei den anderen Enzymen von Eaton steht das nicht dabei. Da sind die Schimmelpilze nicht geklont.
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Alk52
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Re: Quittenmaische

Beitrag von Alk52 »

Ich werfe mal schnell ein:
Die Quitten unbedingt für ca. 14 Tage einfrieren, dann werden sie schön weich und lassen sich behandeln wie ein reifer Apfel.
Abrubbeln, Kerngehäuse entfernen und durch den Küchenfleischwolf funktioniert.

Meine Quitten sind ohne Enzyme gemaischt worden. Beim Brennen geht es dann halt mit Rührwerk.
Nichts ist ohne Grund.
greenhorn
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Re: Quittenmaische

Beitrag von greenhorn »

Hallo!
Insgesamt blubben nun etwa 150l Quittenmaische in 2 Gärfässern. Ich habe die Früchte abgerubbelt und dann mit einem Obsthäcksler zerkleinert. Kerngehäuse blieb drin und somit auch die Kerne. Aus dem Häcksler kam ein sehr trockenes, vielleicht kann man sagen, Granulat, kein oder kaum Fruchtsaft. Ich habe die Pektinlyase untergemischt und man hat gesehen sie arbeitet, es ist Fruchtsaft ausgetreten aber insgesamt war es doch wenig. Mit einem Mörtelrührer habe ich mehrmals umgerührt nach einigen Stunden war mir der Fruchtbrei immer noch zu trocken und so habe ich etwa 50l Wasser dazugegeben und verrührt. Danach die vorbereitete Hefe zugesetzt und alles verschlossen. Schliesslich hatte die Maische etwa die Konsistenz einer Birnenmaische. Heute Morgen habe ich nachgeschaut, es blubbert schön langsam vor sich hin. Vielleicht gebe ich nach und nach etwas Zucker dazu. Brennen werde ich 3x, das hat gut geklappt.
Zum Enzym habe ich folgendes gefunden: Hier https://www.eaton.com/de/de-de/catalog/ ... h-xxl.html
Das sagt der Hersteller, und hier https://www.agroscope.admin.ch/dam/agro ... aische.pdf
eine Untersuchung zur Mthanolbildung in Quittenmaische.
Viele Grüße greenhorn
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derwo
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Re: Quittenmaische

Beitrag von derwo »

Oh, ich glaube, azeotrops pdf und dein Produkt passen nicht zusammen.
Bei seiner pdf geht es ja um Panzym YieldMASH XXL und bei dir um Smash XXL.
Es ist wohl eine reine Pektinlyase. Und in der Studie wird gezeigt, daß der Methanolwert zwar erhöht wird, aber viel weniger wie bei eienr herkömmlichen Pektinase.
greenhorn
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Re: Quittenmaische

Beitrag von greenhorn »

Hallo!
Vielleicht noch ein persönliches Fazit aus der Maischezubereitung. Nachdem man bei Quitte um eine Wasserzugabe sowieso nicht herumkommt, werde ich in Zukunft auf die Zugabe von Enzymen verzichten. Es kann allerdings sein, dass durch den Pektinabbau und durch die dadurch bessere Zersetzung des Obstes, mehr Aromen in der Maische freigesetzt werden. Da hilft es nur Erfahrungen sammeln.
Was ich sicher beherzigen werde, öfter und mehr riechen und schmecken und dann auch den eigenen Sinnen trauen.
Viele Grüße greenhorn
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azeotrop
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Re: Quittenmaische

Beitrag von azeotrop »

Greenhorn
Ich hatte offensichtlich die Spezifikation des falschen Produktes gepostet. Danke dass du nun die richtige gezeigt hast.
Es handelt sich in der Tat um Pektinlyase und ich hoffe dass meine Bestellung bald eintrudelt.
Meine Quitten brauchen aber noch 2 Wochen am Baum.
Ich werde die Pektinlyase verwenden um weniger Wasser zugeben zu müssen.

Ich bin gespannt wie es bei dir weitergeht und werde meinen Bericht dann separat posten.

Nachtrag: Und Danke für das interessante PDF zum Thema Abhängigkeit der Methanolbildung von der Gärtemperatur. Das kannte ich noch nicht.
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greenhorn
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Re: Quittenmaische

Beitrag von greenhorn »

Sodale!
Die Quitten liegen nicht mehr im Fass, sie ruhen im Glas. Letzte Woche habe ich sie gebrannt. Der Ablauf war in etwa der selbe wie bei den Birnen hier: viewtopic.php?t=1024
Ich hatte etwas Respekt weil ich Azeotrops Kessel gesehen habe, aber nein problemlos. Aber eben, ich habe Wasserbaddestille und ein Rührwerk.
Ich glaube auch, dass der Brand recht gut geworden ist. Schmeckt wie das Qittengelee meiner Frau, nur halt ohne Zucker, dafür mit Alkohol :).
Vielen Dank für die Hilfe und viele Grüße greenhorn