Edelstahl 2" System

Der Selbstbau von Destillen
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Alk52
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Edelstahl 2" System

Beitrag von Alk52 »

Zum Brennen bin ich durch einen Freund gekommen, der mir Schmickls Buch "Schnapsbrennen als Hobby" empfohlen hat. Die erste Destille hatte eine 1200W Kochplatte, einen 5l Edelstahltopf, ein kurzes Kupfer Steigrohr und einen selbst gebauten Liebigkühler, ein wichtiger Schritt für mich, um erste Erfahrungen zu sammeln. Das Thema hat mich bei heute begeistert...

In meinem Thema Edelstahl Baukasten habe ich diverse Edelstahlteile ausprobiert und jetzt versuche ich, die gesammelten Erfahrungen systematisch zusammen zu fassen.

Ich werde meine Anlagen und ihre Komponenten (mit aktuellen Quellen) beschreiben. Hierbei beschränke ich mich auf Pot-Still bis CM-Reflux Kolonnen.
hc_985.png
Mein Aufbau, den ich als PotStill (Ohne SPP) oder CM-Reflux (mit SPP-Füllung) nutzen kann.
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Für Planung und Dokumentation benutze ich freigestellte Komponten, die ich in Powerpoint oä. kombiniere.

Was und wie viel braucht man überhaupt, um mit 2" Edelstahlkomponenten zu brennen?
- Heizung und Kessel
- Steigrohr, Rohre und Bögen, Kühler (Produkt- und ggf. Refluxkühler)
- Potstill und Refuxdestille
- Sichtgläser oder Sichttürme
- Thermometer

Heizung
Die Moonshiner haben ihre Kessel mit Holz befeuert. Gas ist eine alternative Lösung, die allerdings in Innenräumen an ihre Grenzen kommt. Aus diesem Grund habe ich mich für die einfache elektrische Heizvariante entschieden.
Kochplatten mit 2,6 kW gibt als Ersatzteile zu kaufen und sind ausreichend für ein 2" System. Der interne Thermoschalter muss überbrückt werden, damit die Kochplatte nicht taktet.
Meine 2,6 kW-Kochplatte habe ich mit einen geschweißten Rahmen auf einer 17mm Multiplexplatte in einem GS-Behälter als elektrisches Schutzgehäuse aufgebaut. Den vorgesehenen 7-Taktschalter habe ich anschließend durch diesen Schalter ersetzt.
Diese 3,5 kW Induktionsplatte habe ich getestet und in dieser Preisklasse sind die Induktionsplatten inzwischen "vollgasfest". Induktionsplatten haben allerdings konstruktionsbedingt, durch ihrern Lüfter, mehr Eigenverluste als einfache Kochplatten und 3,5 kW nutzt man bei 2" eh nur zum Aufheizen.

Kessel
Als Kessel für elektrische Beheizung haben sich Edelstahltöpfe mit Sandwich-Böden bewährt, aber bitte keine Schnellkochtöpfe, deren Dichtungssystem ist auf hohe Drücke ausgelegt und nicht wirklich zum Brennen geeignet.
Prinzipiell ist jeder Edelstahltopf mit Sandwichboden und Edelstahldeckel geeignet. In den Kaufhäusern sind derzeit Glasdeckel modern, deshalb finden wir unsere Töpfe/Kessel eher im Gastrobereich zB. bei Beeketal als erste Anlaufstelle mit breiter Palette. Die Töpfe/Kessel haben den besten Wirkungsgrad, wenn Innenbreite und Innenhöhe die gleichen Werte haben (zB. BKT 12, 17, 21, 25, 33) und der Bodendurchmesser sollte gleich oder größer als die Heizplatte sein.

Anschluss
Für den Anschluss von 2" TriClamp Komponenten an den Deckel ist die sicherste Lösung ein 2" Anschweissadapter (ein Edelstahl-Betrieb macht es schon für kleines Geld). Andere Größen oder Schraubadapter tun es auch, werden aber nur unwesentlich günstiger.

2" Steigrohr, Rohre und Bögen
Bei dem 2" Triclamp System werden die einzelnen Komponenten mit einer Dichtung (PTFE bzw. Teflon) und einer Schraubklemme verbunden. Die 2" Koponenten haben einen Innendurchmesser von 48mm, einen Aussendurchmesser von 51mm und einen Dichtungflansch mit 64mm. Es gibt diverse Komponenten. Aber was braucht man ?

Potstill-Aufbau
In der Grundausstattung brauchen wir ein Steigrohr mit 20, 30, 50 cm oder mehr. Ich habe mehrere Rohre in je 20 und 30cm Länge, die ich je nach Aufbau kombiniere. 2x 90° Bögen oder ein T-Stück mit Endkappe (ersetzt 90° Bogen mit Thermometeranschluß s.u.) und 1x 90° Bogen, um den Dampfstrom zum Kühler zu leiten.
Als Kühler wird üblicherweise ein 2" Shotgun Kühler mit 400mm Länge benutzt, der ausreichend dimensioniert ist und viel weniger Wasser verbraucht, als vorher gedacht.
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2 "OD64mm Dephlegmator, Reflux, Brennerei Kondensator. 400mm
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Als Sammler und Übergang zum Schlauch gibt es Minderer. Wer Angst vor Verstopfungen der dünnen Röhre hat kann ein 3mm Loch zum Abblasen eines möglichen Überdrucks knapp unter den Rand bohren (nicht bei Gasheizung!)

CM-Refluxkolonne
Zusätzlich zum PotStill-Aufbau werden weiter Komponenten benötigt.
Ein Refluxkühler, etwa die halbe Länge des Produktkühlers ist ausreichend, weil der Dampf nur kondensiert wird und nicht zusätzlich angekühlt werden muss.
Als Füllung der Kolonne (des Steigrohres) haben sich SPP bewährt, die gut zu 2" Systemen passen. Bei kurzen Füllungen reichen 1-2 Kupferschrubber, um die SPP in Position zu haltn. Aber bei längeren Kolonnen ist mir eine sichere Lösung mit einem V-Sieb lieber.
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Die im Netz angebotenen Flachsiebe, die anstelle der Dichtung eingebaut werden, eignen sich nicht für Heizleistungen > 1,2kW, weil dann die zurückfließende Reflux-Flüssigkeit nicht mehr gegen den Dampf durchkommt und die Kolonne in kurzer Zeit geflutet wird und der Druck im Kessel ansteigt.
Anstelle einer Kolonne können natürlich auch käufliche Böden genutzt werden, aber in der 2" Variante teuer und ineffektiv.

Sichtgläser und Sichttürme/Rohre
Die Sichtgläser stammen aus der Selbstbauszene, sind aufwändig und teuer. Besser finde ich die Sichttürme bzw -Rohre.
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Ich habe vor eine paar Jahren gleich 2 Stück gekauft. Das kurze Sichtrohr wird unter dem Refluxkühler oder direkt über dem Kessel eingesetzt, um den Reflux zu beobachten. Das 50cm lange Glasrohr nutze ich gern bei Raubränden, um die Schaumbilung zu beobachten und ggf. die Heizleistung anzupassen.

Thermometer
Ich möchte hier nicht die vielen hier im Forum diskutierten Lösungen erörten, sondern nur 2 Aspekte bei den 2" Systemen betrachten.
Entscheidend bei Temperaturmessungen im Dampf ist die sogenannte Eintauchtiefe und die thermische Ankopplung bzw. die Wärmeverluste der aussen liegenden Sensorteile inkl. Kabel. Glasthermmometer sind nicht mehr Stand der Technik im Hobbybereich. Inzwischen gibt es Einstichthermometer mit eigener digitaler Anzeige. Wer es etwas genauer haben möchte, nutzt Platin (Pt-) Sensoren oder "Grillthermometer"...

Die Einbauposition des 1. Thermometers sollte im höchsten Punkt des Dampfweges liegen. Bei Nutzung von zB. 2 90° Bögen, muss einer mit einem Messabschluss ausgestattet sein, aber die max. Eintauchtiefe beträgt hier ca. 44-47mm. Besser geht es mit einem T-Stück und einer Endkappe, in die ein Messanschluss eingeschraubt wird. Der Sensor kann sehr tief eingeschoben werden und waagerecht oder senkrecht eingebaut werden Im 2.Bild oben habe ich ein paar Möglichkeiten aufgezeigt.
Nichts ist ohne Grund.